Friedrich-Schiller-Universität Jena Mathematisches Institut Prof. Dr. David J. Green Algebra 2 Sommersemester 2006 12 Transzendenzgrad Transzendenzgrad Motivation: • Dimensionsbegriff für Varietäten: Koordinatenring k[V ] = k[X1 , . . . , Xn ]/I(V ) für algebraische Mengen, Funktionenkörper k(V ) = Q(k[V ]) für V eine Varietät. dim V := tr degk k(V ). • Noether-Normalisierung: Die Anzahl der Parameter ist eindeutig durch die Ringerweiterung bestimmt. Definition Sei K/k eine Körpererweiterung und S ⊆ K eine Teilmenge. Man nennt S eine Transzendenzbasis von K/k, falls die beiden folgenden Eigenschaften gelten: 1) S algebraisch unabhängig über k 2) Erweiterung K/k(S) algebraisch. Die Mächtigkeit von S heißt der Transzendenzgrad tr deg(K/k) der Erweiterung. Lemma 12.1 Sei K/k eine Körpererweiterung, S ⊆ K eine über k algebraisch unabhängige Teilmenge, und sei α ∈ K \ S. Dann S ] {α} ist algebraisch abhängig über k ⇐⇒ α algebraisch über k(S) Zusatz: Die Implikation von rechts nach links gilt auch dann, wenn S algebraisch abhängig ist. Beweis des Zusatzes. Der in der Vorlesung angegebene Beweis dieser Implikation benutzte diese Voraussetzung nicht. Bemerkung Sind k ⊆ L ⊆ K Körper, so gilt: Erweiterung K/k ist algebraisch ⇐⇒ K/L und L/k sind beide algebraisch. Vgl. hierzu Blatt 10, Aufgabe 1. Lemma 12.2 Sei K/k eine Körpererweiterung und α1 , . . . , αN ∈ K Elemente derart, dass K/k(α1 , . . . , αN ) eine algebraische Erweiterung ist. Ferner seiem α1 , . . . αn algebraisch unabhängig über k für ein 0 ≤ n ≤ N . Dann nach Umnummerierung der Elemente αn+1 , . . . , αN gibt es ein n ≤ r ≤ N derart, dass α1 , . . . , αr eine Transzendenzbasis für K/k ist. Lemma 12.3 (Steinitzscher Austauschsatz) Sei K/k eine Körpererweiterung, und seien A, C zwei Teilmengen von K mit folgenden Eigenschaften: A ist algebraisch unabhängig und K/k(C) ist algebraisch. Ferner sei C endlich. Dann gibt es eine Zerlegung C = C1 ] C2 ] C3 derart, dass C1 mit A in bikjektiver Korrespondenz steht, und A ] C2 eine Transzendenzbasis für K/k ist. Beweis. Nach und nach werden wir Elemente aus C durch Elemente aus A ersetzen, und zwar so, dass K weiterhin algebraisch über k(C) ist. Wähle α1 ∈ A. Ist α1 ∈ C, dann o.E. α1 = γ1 . Ist α1 6∈ C, dann ist α1 ∈ K algebraisch über k(γ1 , . . . , γN ). Nach dem Zusatz zu Lemma 12.1 sind α1 , γ1 , . . . , γN algebraisch abhängig, also gibt es ein 0 6= f ∈ k[X1 , Y1 , . . . , YN , ] mit f (α1 , γ1 , . . . , γN ) = 0. Da α1 algebraisch unabhängig ist, muss mindestens eine der Unbestimmten Yi in f vorkommen. Unter solchen Polynome f wählen wir eins aus, in dem die kleinst mögliche Anzahl der Yi vorkommen. Nach Umnummerierung sind diese o.E. Y1 , . . . , Yr für ein r ≥ 1. Jetzt fassen wir f als Polynom in k[X1 , Y2 , . . . , Yr ][Y1 ] auf. Der Grad dieses Polynoms beträgt mindestens eins, da Y1 in f vorkommt; und der führende Koeffizient g ∈ k[X1 , Y2 , . . . , Yr ] erfüllt g(α1 , γ2 , . . . , γr ) 6= 0, aufgrund der Minimalitätsvoraussetzung für die Anzahl der Yi in f . Somit ist g(α1 ,γ12 ,...,γr ) f (α1 , γ2 , . . . , γr )(X) ein normiertes Polynom in k(α1 , γ2 , . . . , γN )[X] mit Nullstelle in γ1 , also ist k(α1 , γ1 , . . . , γN ) und nach der Anmerkung auch K algebraisch über k(α1 , γ2 , . . . , γN ). Nun setzen wir für ein n ≥ 1 voraus, dass K über k(α1 , . . . , αn , γn+1 , γN ) algebraisch ist, wobei α1 , . . . , αn Elemente aus A sind. Jetzt wählen wir ein αn+1 ∈ A \ {α1 , . . . , αn }. Wir gehen davon aus, dass αn+1 nicht in {γn+1 , . . . , γN } liegt – wenn aber, dann ist o.E. αn+1 = γn+1 . Da αn+1 algebraisch über k(α1 , . . . , αn , γn+1 , . . . , γN ) ist, sind α1 , . . . , αn+1 , γn+1 , . . . , γN algebraisch abhängig. Unter den Polynomen 0 6= f ∈ k[X1 , . . . , Xn+1 , Yn+1 , . . . , YN ] mit f (α1 , . . . , αn+1 , γn+1 , . . . , γN ) = 0 wählen wir eins aus, in dem die wenigsten Unbestimmten Yi vorkommen: da die αi algebraisch unabhängig sind, muss mindestens ein Yj in f vorkommen, also o.E. kommen nur Yn+1 , . . . , Yr in f vor, für ein r ≥ n + 1. Ähnlich wie oben fasst man jetzt f als nichtkonstantes Polynom in k[X1 , . . . , Xn , Xn+1 , Yn+2 , . . . , Yr ][Yn+1 ] auf, und folgert, dass γn+1 und deshalb auch K algebraisch über k(α1 , . . . , αn+1 , γn+2 , . . . , γN ) sind. Wir machen also weiter, bis entweder C oder A ausgeschöpft ist, nachdem wir gerade γn durch αn ersetzt haben. Ist C aber nicht A ausgeschöpft, so ist K algebraisch über k(A0 ) für A0 = {α1 , . . . , αn } eine echte Teilmenge von A. Nach Lemma 12.1 steht dies in Widerspruch zur algebraische Unabhängigkeit von A. Somit ist A ausgeschöpft, und es ist A = {α1 , . . . , αn }. Wir wenden jetzt Lemma 12.2 an: evtl. nach Umnummerieren der γn+1 , . . . , γN gibt es ein n ≤ r ≤ N derart, dass α1 , . . . , αn , γn+1 , . . . , γr eine Transzendenzbasis für K/k ist. Wir sind fertig, mit C1 = {γ1 , . . . , γn }, C2 = {γn+1 , . . . , γr } und C3 = {γr+1 , . . . , γN }. 2