Grundlagen der Avalanche Impulsschalter In der Optik gibt es oft Bauteile, die eine hohe Spannung zur Ansteuerung benötigen. Typisch sind das die Pöckelszellen, die Kristalle mit Doppelbrechung verwenden. Diese in der Regel KDP oder ADP- Kristalle werden in Laserresonatoren eingebaut und haben die Aufgabe, entweder die Moden zu stabilisieren (Modelocker) oder die verstärkte Mode aus dem Resonator auszukuppeln (Cavity dumper, Q- switch). Cavity dumper mit einem zylindrischen KDP* Kristall braucht zur Drehung der Polarisation um 90° typisch 3,2 kV, die Spannung muss innerhalb von max. 10 ns aufgebaut werden. Über diese Bauteile, deren Konstruktion und Eigenschaften will ich in einer besonderen Kapitel berichten. Hier geht es um die Technik, die es möglich macht, innerhalb eines Durchlauf der Mode im Laserresonator die Polarität umzudrehen und damit den Laserstrahl aus dem Resonator auszukoppeln. Die typische Last, die umgeschaltet werden muss Die typische Pockelszelle aus KD*P hat die Form eines Zylinders, Durchmesser 12 mm, Kristallänge 24 mm. Mit aufgedampften Elektroden je 8 mm Länge ergibt sich eine Kapazität von 8- 10 pF. Im praktischen Aufbau im unseren Experiment (Laser ranging instrument- Kristall Optik FFB , 1981) hat sich die Lastkapazität mit kurzen Anschlüssen und Vorspannungseinstellung auf ca. 100 pf summiert. Wenn man die Parameter einschätzt, ergibt sich für gewünschte Schaltzeit von 5 ns und die Kapazität von ca 100 pf bei Impulshöhe 3,6 kV ein Spitzenstrom von 80 A. Solche Parameter sind von Elektronenröhre nicht erzielbar. Mit einem Avalancheswitch ist es gelungen, eine nachhaltig stabile Funktion aufzubauen. Zum Prinzip der Avalanchetransistoren Auch im Halbleiter ist, ähnlich wie in Gasen, die Stossionisation möglich. Die Ladungsträger bewegen sich in einer Kristallstruktur- typisch Silizium, aber auch Germanium, die einzelne Atome ausfüllen. Fehlen in der Kristallstruktur Defekte, so verhält sich der Kristall als Isolant. Werden im Kristallgitter absichtlich andere Atome eingebaut, z. B. Indium (hat nur 3 Elektrons in der Aussenhülle, also sucht nach dem fehlendem Elektron, man bezeichnet die Leitfähigkeit als ein Loch, also In ist ein Akzeptor) oder Arsen (hat wieder einen Elektron zuviel, der kann sich im Gitter bewegen- As ist Donator), so haben wir es mit P oder N Leitfähigkeit zu tun. In dem Transistor werden Schichten mit unterschiedlichen Dotierung, also Zugabe der Donoren oder Akzeptoren gestaltet, so dass eine Dreipolstruktur entsteht. Eine Elektrode hat dann die Funktion, in den Raum zwischen Basis und Kollektor externe Ladungen zu injizieren, es ist der Emitor. In vorgespanntem Betrieb, d.h. mit angelegter Spannung zwischen Kollektor und Basis weden die Ladungsträger aus dem Kristall weggepumpt, ohne Ansteuerung vom Emitor bleibt nur ein kleiner Reststrom, also eigentlich nur Rauschen der Zufallsladungsträger. Im Transistorkristall entsteht also eine praktisch ladungsfreie Zone, in der sich der Potential verteilt. Die Gradienten des Feldes sind durch die Konstruktion gegeben. Moderne Transistoren werden in Planartechnologie hergestellt. Das bedeutet, das auf dem Halbleitersubstrat werden die Dotierungen und Schichten nacheinander aufgetragen. Die älteste Planartechnologie war vom Fairchild als 2N696 auf den Markt gebracht, ursprünglich als Mesa hergestellt. Mesa ist abgeleitet vom „Tisch“, das ist die Form, die man beim Betrachten des Chips mit Aufsichtsmikroskop sieht. Die Struktur wurde planar hergestellt, die einzelne Transistoren aus dem Wafer herausgesägt und die Kanten abgeätzt. Die Säge hat die Kristalle in der Nähe des Schnittes degradiert- deshalb war es notwendig, die Schnittstellen abzuätzen. Diese Transistoren haben für damalige Zeit hohe Spannung vertragen, bis ca. 200V, waren auch schnell und vertragen auch für damalige Zeit viel Strom- bis 1 A. Entsprechend dimensioniert sind auch die Bondanschlüsse, also Golddrätchen zwischen dem Gehäuse und Chip dimensioniert. Erste wirklich zuverlässige Stück kamen vom Fairchild (2N696), nachdem sie oxydpassiert wurden. Beim experimentieren mit diesen Transistor hat man festgestellt, das beim Übertreten der zulässiger Spannung der Transistor nicht vernichtet wurde, sondern kam wieder zu sich, nachdem die Spannung zurückgenommen wurde. Der Durchbruch erfolgte erstaunlich schnell und die Wärmeentwicklung blieb ungefährlich, wenn der Kurzschlusstrom begrenzt wurde. Was passierte also? In der ladungsfreier Zone des Mesa-Transistors hat der Gradient einen Wert erreicht, bei dem die Energie eines Ladungsträgers beim Zusammenstoss mit dem Kristall mehr, als einen zusätzlichen Ladungsträger produzierte- also typisch eine Lavine. Diesen Effekt kann man noch optimieren durch abgestufte Dotierung des Kristalls. Durch die Planarstruktur wurde die gesamte ladungsfreie Zone stark ionisiert, also entstanden keine heisse Punkte -hot spots- die gewöhnlich den Transistor unbrauchbar machen. Diese Ionisierung bleibt eine Zeit auch nach dem Zusammenbruch der Spannung bestehen- also eine Pause bis zum nächsten Impuls muss man einplanen. Die Rekombination der Ladungsträger mit dem Kristall braucht Zeit in Grössenordnung 1µs. Die Verlustleistung würde aber für Erwärmung sorgen- die Wiederholfrequenz der Impulse ist dadurch limitiert. Man verwendet diese Technologie auch bei den Leistungsgleichrichter, die dadurch höhere Zuverlässigkeit erreichen. Mit der Zeit kamen auch Planar-Epitaxial hergestellte Transistoren, die ähnliche Qualitäten, wie der Mesa- Transistor besitzen. Die Durchbruchzeit kann aber variieren, je nach der Dotierungsverteilung im Transistor. Bei einigen kann man eine kleine Verzögerung, einen Hocker an der Entladungsflanke beobachten, es gibt Arbeiten, die mehrere verschiedene Transistoren auf Avalanchequalität getestet und verglichen haben. Ich persönlich habe eine Menge von 2N3019 von verschiedenen Herstellern mit Erfolg verwendet. Allerdings, man muss die Transistoren selektieren, die Sperrspannung kann zwischen 140 und 280V variieren. Aus 100 Stück lassen sich die 14 bis 15 Stück mit wenig abweichender Spannungsfestigkeit um die 240V aussuchen. In dem Bericht ERL-0154-TM wurde gute Erfahrung mit 2N5192 berichtet. Andere Entwickler empfehlen 2N2222. Anschliessend die Tabelle der schnellen Avalancheschalter: 2N697 2N910 2N2102 2N2218 2N2222 2N2484 2N3019 2N3055 2N3503 2N3569 2N3641 60V 100V 120V 75V 75V 60V 140V 100V -60V 40V 60V 1A 0.35A 1A 0.8A 0.8A 0.05A 1A 15A 0.6A 0.5A 0.5A TO5 TO18 TO5 TO5 TO5 TO18 TO5 TO3 TO5 TO105 TO105 BC 141 2N3643 BC 300 BC879 BCX 22 BCX 56 2N4400 2N5192 2N3707 100V 60V 120V 100V 125V 100V 60V 80V 30V 1A 0.5A 1A 1A 0.8A 1A 0.5A 4A 0.05A TO39 TO105 TO39 TO92 TO18 SOT89 TO92 SOT32 TO92 Die Spannungen sind vom Hersteller zum Hersteller anders verteilt, man muss selbst die Transistoren sortieren. Dazu braucht man eine ganz einfache Einrichtung: Ein Trenntrafo ist für die Sicherheit unumgänglich. Für die Testschaltung braucht man die kleinste Ausführung, die Ausgangspannung soll man so hoch, wie möglich einstellen (es gibt oft dafür die Anzapfungen an der Wicklung). Die Diode 1N4007 soll aus der Ausgangsspannung unipolare Halbwellen erzeugen, wie im Bild: Der Spitzenwert soll etwa 380V erreichen. Am Testkopf bekommen wir dann die Avalancheschwingungen, die Frequenz ist durch R1 und C1 vorgegeben. Die Schwingungen beginnen immer, wenn die Avalanchespannung des Transistors erreicht ist. Während der Messzeit, also einer Halbperiode der Netzspannung, soll die Amplitude konstant bleiben. Eine Änderung bedeutet, dass im Transistor hot spots entstehen und damit er nicht geeignet ist. Hier noch etwas schnellere Betrachtung: Die Durchbrüche dauern unter 5 ns, also mit dem Tastkopf und 150 Mhz Oszillograph nicht mehr exakt messbar. Die Versuchsanordnung ist hier: Mit dem 100 pF als C1 ergibt sich die Frequenz von etwa 100 kHz. Die Testlast kann erhöht werden mit C1 6,8 nF, so entstand auch das Bild oben. Wie man auch sieht, als Trenntrafo dienen zwei Printtrafos 220V/15V/18V hitereinander geschaltet. Und nun die fertige Schaltung mit Schaltzeit unter 5 ns und 3,2 kV Impulshöhe. Die verwendete Transistoren sind alle 2N3019. Die Widerstände R2 bis R15 kann man variieren nach der Avalanchespannung einzelner Transistoren, damit die Spannungsreserve für jeden Transistor immer gleich bleibt.