- Johanneskirche

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Evensong 30.Januar 2015
Ratinger Kammerchor / Dominikus Burghardt
Sermonette Uwe Vetter
Text Lukas 12 : 15-22 / Apg 20 : 32-35
Hin-Gabe
Warum sollte geben glücklicher machen
als nehmen ?
LukasEvg 12. Jesus, der Christus, sprach: (15) >
… Nicht kommt – wenn einer Überfluss
besitzt – sein Leben aus den Dingen, die ihm
gehören (niemand lebt davon, dass er viele
Güter hat).<1 (16) Und er erklärte es ihnen in
einem Gleichnis und sprach: Es war ein
reicher Mensch, dessen Feld hatte guten
Ertrag gebracht. (17) Und er überlegte und
sagte zu sich: Was soll ich tun? Ich habe
nichts, wo ich meine Früchte speichere. (18)
Und dann kam ihm eine Idee, und er sprach :
Das will ich tun: Ich werde meine alten
Scheunen abreißen und größere bauen und
darin aufhäufen all mein Korn und meine
Güter stapeln (19) und dann werde ich zu
meiner Seele sagen : Liebe Seele, du hast viele
Güter auf Lager, auf viele Jahre; hab nun
Ruhe, iss, trink, und sei froh. – (20) Doch Gott
sprach zu ihm : >Du Narr! In der
kommenden Nacht wird deine Seele von dir
gefordert; wem wird dann gehören, was du
bereit gehalten hast?<
euch in allem gezeigt, dass man so arbeiten
muss : sich der Schwachen annehmen, in
Erinnerung der Worte des Herrn Jesus, dass
er selbst gesagt hat: >Glücklicher ist es zu
geben als zu nehmen.<2
1.Den Spruch kennen wir: Geben ist seliger als
nehmen. Wer heute so etwas laut sagt, muss sich
auf allergische Reaktionen gefasst machen.
°Geben ist seliger als nehmen… Komm, das ist
doch ein abgedroschener Spendensammlerspruch; will mir jemand das Geld aus der Tasche
ziehen? - °Geben ist seliger … „seliger“! Ziehen
hier Ablassprediger durch und singen wenn-dasGeld-im-Kasten-klingt-die-Seele-aus-dem-Fegefeuer-springt? - °Geben ist seliger als nehmen…
für wen denn? Ich ziehe doch keine Schmarotzer
heran! - °Geben ist seliger als nehmen… das
sag mal den „reichen Kornbauern“, die es im
Überfluss haben und Scheunen in Steueroasen.
- Geben ist seliger als nehmen, wo das heute
gepredigt wird, dort hockt die Gemeinde als
Menschentraube hinter den Säulen und sucht
Deckung wie bei einer Bombendrohung. Aber
vielleicht war das zu biblischen Zeiten schon so,
und der Herr Jesus hat deshalb vom reichen
Kornbauern erzählt. Damit alle sagen konnten:
das sind wir ja nicht, und entspannter zuhören
konnten.
Man sollte den Christus schon kennen und als Ebenbild Gottes
sehen, damit der Spruch sein bauern-fängerisches Geschmäckle
verlöre. Dann wüsste man, dass Jesus, der Christus, (anders als
Johannes der Täufer) kein versteckt drohender Verzichtsprediger
ist. Und dass sein Evangelium von der Gnade Gottes erzählt.
Gnade, dieses seltsam klingende Lutherwort, ist in der Sprache
Jesu zuweilen ein ausgesprochen kalorienreiches, von
Lebensfreude sprudelndes, farbenfrohes Wort. Das zu Grunde
liegende hebräische Wort „Chesed“ könnte könnte übersetzen
mit das „übervolle Maß“; gedacht ist an ein Getreidemessbecher
mit Häubchen, über dessen Rand es rieselt, während einem
zugeschaufelt wird. Überfluss ist im Kornbauergleichnis
keineswegs etwas Negatives, es ist Segen, guter Ertrag, ehrlich
erworben, also etwas, das der Mensch dankbar genießen darf.
Würde man den Christus kennen, wäre man neugierig auf die
Art, in der er sich ausgedrückt hat. Wo Luther übersetzte: Geben
ist seliger als nehmen… stand im Evangelium das Wort
Magnificat
Apg 20. Abschiedspredigt des Paulus vor der
Christengemeinde in Milet. (32) Und nun
empfehle ich euch Gott und dem Wort Seiner
Gnade, der da mächtig ist euch zu bauen, und
zu verteilen das Erbe unter allen, die geheiligt
sind. (33) Ich habe von niemandem unter euch
Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. (34)
Ihr wisst selbst, dass mir diese (meine) Hände
zum Unterhalt gedient haben – für mich und
die, die mit mir gewesen sind. (35) Ich habe
1
Wörtlich: Nicht ist – wenn einem Überfluss vorhanden ist – sein Leben
aus den Dingen, die ihm gehören.
2
>Makáriòn estin mállon didónai è lambánein< / >Glücklich-ist (es)
mehr-zu geben.als-zu nehmen<.
1
>makarios<3, das Signalwort am Anfang der Seligpreisungen.
Makarios bedeutet selig, glücklich. Und mit dem Begriff
glücklich bekommen Menschen von heute große Ohren. Macht
hier irgendetwas glücklich ? Und der Christus sagt: glücklicher
ist es zu geben als zu nehmen. >Glücklicher ist es zu geben
als zu nehmen.< Stimmt das ? Was ist dran an dieser
prophetischen Nachricht? Warum sollte geben glücklicher
machen als nehmen ?
2. Kennen Sie sich aus in der Welt der reichen
Kornbauern? Die meisten „Superreichen“ leben
in London. 370.000 Millionäre; die weltweit
meisten Milliardäre haben in London ihren
Wohnsitz. Besser gesagt, sie haben dort
Immobilien gekauft um ihr Geld anzulegen, in
Appartements mit PKW-Lift, dass man sein
Auto mit aufs Zimmer nehmen kann. Und damit
es wenigstens so aussieht als wohnte da jemand,
deponieren sie dort ihre PenthousePets,
persönliche Wohnassistentinnen. Einige von den
Superreichen sind selber echte Touristenattraktionen. Und mancher Städtereisender denkt
beim Anblick dieser protzigen Herrn in
Begleitung ihrer extrem jungen und extrem
blonden BotoxQueens mit dem entschlossenen
Shoppingblick: Die gönn´ ich dem! Es gibt doch
noch Gerechtigkeit auf dieser Welt. … Aber
dann gab es eine ernsthafte BBC-Reportage und
die zeigte: Unter diesen Superreichen gibt es
seriös
reiche
Menschen,
die
haben
Außergewöhnliches geleistet, eine Erfindung
gemacht, eine geniale Geschäftsidee gehabt und
sind mit ungewöhnlichem Fleiß auf redliche Art
unermesslich reich geworden. Die Journalisten
fragten sie: Was macht man, wenn man mehr
hat, als man jemals im Leben ausgeben kann?
Wenn alles genossen ist, überall war und alles
doppelt hat: Designerkleider, neuste Clubs,
exzentrische Partys, spezialgetunte Autos,
CityPenthouse, Landsitz, Privatjet… Was mach
Der Spruch >Geben …als nehmen< ist in den Evangelien und
neutestamentlichen Briefen in der Sache präsent, aber nicht ein zweites
Mal wörtlich erwähnt. Deshalb gehen viele Bibelforscher davon aus, dass
es sich um einen Prophetenspruch handelt, d.h. um ein Wort, das
christliche Propheten z.B. im Gottesdienst als Eingebung des
auferstandenen Herrn empfangen haben und das in der Gemeinschaft der
Heiligen als authentisch identifiziert und entgegengenommen worden ist.
In den ersten beiden Generationen der Kirche wurden unter den
Gläubigen neben der heiligen Gottesdienst- und Gebetssprache Hebräisch
vor allem Aramäisch, Griechisch und Lateinisch gesprochen. Das
griechische Wort >makarios< könnte von daher die Empfangssprache
dieses Verses gewesen sein.
3
>makarios<, wenn man alles hat und die
Scheunen voll sind ?
Da antwortete der Reiche: Du spendest. ´You
give to charities`. Wenn man alles mitgenommen
und alles durch hat, dann bleibt nur noch eins:
Geben. ´You give to charities`. Du gibst, damit
andre was damit machen. Du gibst andren
Baumaterial, und baust am Leben andrer
Menschen mit. Und schaust zu, was sie draus
machen. ´Big fun`.4
3. >Glücklicher ist es zu geben als zu
nehmen.< Erst wenn wir uns nicht verfolgt
fühlen, sehen wir: der Christus spricht
keineswegs (nur) über die glamourösen
Schaumkronen der Gesellschaft. Er zeigt uns
etwas, mitten unter uns.
° Die reiferen5 Menschen sehen es zuerst.
>Glücklicher ist es zu geben als zu nehmen.<
Wir feiern Geburtstag, oder Weihnachten, und
irgendwann rutscht uns der Satz raus: Bitte
schenkt mir nichts! Das Leben ist gut zu mir, ich
brauche nichts. Ich will nicht in einem Lagerhaus
hausen, und horten und stapeln. Selbst etwas zu
schenken macht mir mehr Spaß. Wenn Ihr Euch
beteiligen wollt, lasst uns schauen, was wir
gemeinsam bauen können, ein Projekt
hochziehen helfen, wo man sieht, wie es wächst
und gedeiht. Sowas macht mich makarios, froh,
glücklich.
° >Glücklicher ist es zu geben als zu
nehmen.< Ist Ihnen aufgefallen, was es für eine
Welle der Hilfsbereitschaft gibt, seit Flüchtlinge
in hellen Scharen in die Stadt kommen ?
Manches mag ein emotionales Strohfeuer sein,
4
Die Reporter blendeten aus verständlichen Gründen weder den Namen
noch die Adresse dieses spendablen Reichen ein. Und die meisten
Zuschauer werden zu wenig Einblick in die Hobbykultur des Interviewten
gehabt haben um überprüfen können, wieviel Praxis dieser herrlichen
Theorie entspricht. Aber diesem einen nahm man es tatsächlich ab.
Gerade weil es ohne Ideologie und Altruismus und so entwaffnend
vergnügungsorientiert rüber kam.
5
Wie viele Großeltern sind glücklich, wenn sie ihren Enkelkindern die
kleinen Extras finanzieren können, die aus einem kargen Studium eine
unvergessliche Zeit machen, Großeltern, die es genießen, mit Hin-Gabe
am Leben teilzuhaben, das sich da gerade ausprobiert und was traut und
erste Flugversuche macht. Und sie sagen sich: Ich bin doch kein Narr.
Ich geb lieber mit warmer Hand. Wem wird gehören, was ich für meine
Seelenruhe gehortet habe, wenn man kommende Nacht meine Seele ruft?!
2
manches gut gemeint, aber wenig koordiniert.
Auch wenn einem schwarz vor Augen wird,
wenn man an die Schleuserverbrechen denkt,
denen man indirekt hilft: Hier begegnen sich
jetzt Menschen, und sie sehen sich an, und dann
kickt etwas ein, was nicht von Apellen und
Gesetzesvorschriften aufgenötigt werden kann.
Und sie sagen: Egal, ich kümmere mich. Und
wenn es nur ein einziger Mensch ist, dem ich
aufhelfe, ich will es wissen. Wer sich mit
Hingabe hineinbegibt, wird von einer Welle des
Lebens erfasst. Die ist stärker als bloße Vernunft
und Skepsis. >Glücklicher ist es zu geben als
zu nehmen.<
° Und es gibt Kirchen, die stehen da wie tot. Da ist nichts mehr,
was nach Heiligem Geist schmeckt. Ein hohles Gebäude,
verlassen von den Geschäftsmäßigen, die ausgetreten sind nach
ihrem Credo: Für sich behalten ist profitabler als
mitverantworten. Verlassen den Gläubigen, die nicht mehr
glauben, dass Gott hier wohnt. Und dann passierts, eine
Handvoll Christen erinnert sich an ihre eigene Taufe. Und sie
suchen einander, sammeln sich, bilden eine geistliche
Gemeinschaft, beten, planen, und starten mit Hin-Gabe eine neue
Gemeinde. Und siehe da, es regt sich Leben! >Glücklicher ist es
zu geben als zu nehmen.<
Die Wahrheit dieses Satzes bewahrheitet sich,
wir können das beobachten. Und beileibe nicht
nur in der Welt des Überflusses:
In einer Talkshow sonnt sich ein Fernsehbekannter Partylöwe im Rampenlicht, der
sein Unternehmen verkaufte und, von
Kameras begleitet, nur noch Urlaub
macht. Über Eck hatten sie als eine
malerische Nonne gesetzt, die sich um
obdachlose illegale Einwanderer kümmert.
Beugt Mr.Holiday sich vor, legt ihr die
Hand aufs Knie und sagt: Wir beide sind
uns doch sehr ähnlich. Ich genieße mein
Leben, und was Sie machen - so selbstlos
ist das doch auch nicht. Geben Sie zu, am
Ende macht Ihnen Ihre Arbeit sogar Spaß.
– Die Nonne entfernt seine Hand wie
Flusen von ihrem Habit und sagt: Na und.
Chor : Nunc dimittis. Nun lässt Du, Herr,
Deinen Diener in Frieden gehen.
Fürbitten
Und nun bitten wir Dich, Vater Jesu Christi,
Quelle allen Lebens, um Einlass in dieses
Wochenende. Mach, dass jeder finde, was er
wirklich braucht, und jede entdecke was sie
vermisst. Herr, nimm diese Woche von unseren
Schultern und senke auf uns herab Dein
Erbarmen.
° Wir bitten Dich für alle, die immer noch nicht
steinreich sind, obwohl sie sich das schon so oft
gewünscht haben. Wir bitten Dich für jene, die
nicht sorglos in den Tag hineinleben und keine
Scheune brauchen, um ihr bisschen Hab und Gut
zu lagern. Wir bitten Dich für die, die sich jeden
Tag von neuem durchwurschteln: Lass sie Tage
erleben, wo auch sie sich einmal sagen: Hab
Ruhe, iss und trink, und sei froh.
° Wir bitten Dich für alle, vom Leben überreich
gesegnet sind. Die – ob aus eigener Kraft oder
durch glückliche Umstände – mehr mitbekommen
haben als sie selber brauchen. Die die Mittel
haben, aber nicht wissen was sie auf Erden damit
tun sollen. Wir bitten für alle, die Wald vor
Bäumen nicht sehen. Herr, sende Du ihnen den
zündenden Funken und rufe dem, was nicht ist,
dass es sei.
° Wir bitten Dich für die armen Seelen, die in
ihren Gütern gefangen sind, .Wir bitten Dich für
die Scheunenwärter, eingepfercht in all ihren
Dingen, die ihre Sorgen loswürden, wenn sie die
Kraft hätten zu entsorgen. Herr, bricht ein in ihre
Enge, brich die Tür auf und lass Licht und Wind
hinein, und entführe sie in ein Leben das auf sie
wartet.
° Wir bitten Dich für alle, die mit Hingabe bei
der Sache sind, die übereifrigen frommen
Nervtöter, die sich immer in alles hineinsteigern.
Wir bitten Dich für die, die sich rasend gern
verausgaben. - Beschütze sie vor sich selbst und
gib ihnen ein gutes Maß; beschütze vor den
Schamlosen, die so etwas ausnutzen. Und lass sie
nicht dem Spott verfallen, wenn sie nicht ganze
Welt retten.
Der HERR segne den Eingang zur Nacht. Das
bitten wir durch Jesus Christus, im Heiligen
Geiste. Amén.
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