Dyckerhoff GmbH Werk Lengerich Bedeutung der Kalksteinlagerstätte am Teutoburger Wald für die Produktionspalette des Zementwerkes Lengerich Einziger Hersteller für Tiefbohrzement mit API Monogramm in Deutschland Onshore Offshore Inhalt 1. Kennzeichen und Einsatzgebiete von Tiefbohrzent ........................................................ 3 2. Chemisch-mineralogische Anforderungen an einen Tiefbohrzement-Klinker .................. 5 3. Tiefbohrzement-Produktion in Deutschland und Europa ................................................. 8 4. Tiefbauzemente.............................................................................................................10 5. Erforderliche Kalksteinqualität für die Herstellung von Normalzementen .......................11 6. Erforderliche Kalksteinqualität für die Herstellung von Spezialzementen ......................13 7. Bedeutung der Kalksteinlagerstätten am Teutoburger Wald für die Produktion von Tiefbohrzement .............................................................................................................16 8. Bedeutung des technischen Equipments für die Herstellung von Tiefbohrzement .........20 9. Bedeutung des vor Ort vorhandenen Know-hows und der Prüfeinrichtungen ................21 10. Zusammenfassung ....................................................................................................23 Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 2 1. Kennzeichen und Einsatzgebiete von Tiefbohrzent Die Erschließung von Öl- bzw. Gaslagerstätten findet heutzutage in immer größeren Tiefen statt. Sie erfordert die Einzementierung der Verrohrung zum Abdichten und Abstützen der Bohrlochwand (Abb. 1 links). Außerdem soll der Zementmantel die Migration von Lagerstättenflüssigkeiten oder -gasen in höher- oder tiefergelegene Formationen unterbinden (sog. "zonal isolation"). Bei der Tiefbohrzementierung wird eine Zementschlämme durch die Rohrtour zur Bohrlochsohle gepumpt und dort von unten nach oben in den Ringraum zwischen Gesteinswand und Rohrtour gepresst (Abb. 1 rechts). Pro Bohrloch sind zwischen 50 und 250 Tonnen Zement nötig, um das Rohr mit einem schützenden und abdichtenden Mantel zu umhüllen. Die Bohrlöcher sind bis 4.500 Meter (Öl) oder 7.000 Meter (Gas) tief. Mit dem Lengericher Tiefbohrzement wurden sogar Bohrungen bis zu einer Tiefe von 9.000 m durchgeführt. 2007 wurden weltweit insgesamt 108.000 Bohrungen mit einer gesamten Zementationsstrecke von 160.000 km abgeteuft. Abb.1 Schematische Darstellung einer Tiefbohrzementierung; links: Ringraumzementierung in Intervallen; rechts: Einbringen der Zementschlämme in den Ringraum zwischen Rohrtour und Gesteinswand. Abb. aus: Lehrstuhl für Bauchemie Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 3 Der Jahresverbrauch an Tiefbohrzement beträgt weltweit im Gegensatz zur Normalzementproduktion von 3,7 Mrd. Tonnen - nur wenige Mio. Tonnen 1. Die hohe Bedeutung der Produktion des Werkes Lengerich mit einem weltweiten Versand von ca. 350.000 Tonnen pro Jahr erkennt man am Vergleich mit der Produktion von Tiefbohrzement in den USA, die bei insgesamt 1,5 Mio Tonnen2 liegt. Die besondere Bedeutung der hohen Qualität zeigt sich auch daran, dass Lengericher Tiefbohrzement bis zu Bohrstellen in Südamerika geliefert wird. Tiefbohrungen nach Öl oder Gas stellen besondere Anforderungen an den Zement, der das Bohrloch befestigen muss. Ein Einsatz von Normalzementen bei Tiefen ab 2.000 Meter ist mit Normalzementen ausgeschlossen, da dieser unter dem hohen Druck und der Temperatur sofort erstarren würde und ein Fortsetzen der Bohrung nicht mehr gestatten würde. Den Tiefbohr-Zementschlämmen werden polymere Additive (Zusatzmittel) wie Verzögerer, Wasserretentionsmittel, Dispergiermittel, Entschäumer und Schäumer zugesetzt, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen. Hochleistungsadditive werden zugesetzt, um eine vollständige Ringraumzementation der Rohrtour bei den im Bohrloch herrschenden extremen Bedingungen (Temperaturen bis 260°C, Drücken bis 200 MPa (= 2.000 bar) und aggressiven Lagerstättenwässern) zu gewährleisten. Der Zusatz von Wasserretentionsmitteln bzw. Fluid Loss-Additiven (FLA) zur Zementschlämme verhindert z.B. übermäßige Wasserabgabe (sog. Fluid Loss) an porösen Formationen während und nach der Platzierung im Bohrloch. Dadurch wird das Eindicken der Schlämme während des Pumpvorgangs verhindert und ein konstanter Wasser-ZementWert gewährleistet, der eine vollständige Hydratation des Zementes erlaubt. Um gleichzeitig Verpumpbarkeit über mehrere 1.000 m zu gewährleisten, werden der Tiefbohrzementschlämme zusätzlich Fließmittel, sog. Dispersants zugesetzt. 3 1 (Lehrstuhl für Bauchemie, Techn. Universität München, http://www.bauchemie-tum.de/masterframework/?p=Tief&i=13&m=1&lang=de Zugriff am 12-06-15) Hier wird die Produktion auf 1 Mio Tonnen geschätzt. 2 Minerals Yearbook 2008, Ch. 16.21, Table 15 3 Lehrstuhl f. Bauchemie, a.a.O. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 4 2. Chemisch-mineralogische Anforderungen an einen Tiefbohrzement-Klinker Zementklinker besteht im Wesentlichen aus den Klinkerphasen Tricalciumsilicat (mineralogische Kurzformel: C3S), Dicalciumsilicat (C2S), Tricalciumaluminat (C3A) und Calciumaluminatferrit (C4AF), die beim Brennen der Ausgangsstoffe entstehen. Die verschiedenen Klinkerphasen unterscheiden sich sowohl in ihrer Reaktionsgeschwindigkeit als auch in ihrem Beitrag zur Festigkeitsentwicklung des Zementsteins. C3A und C3S hydratisieren am schnellsten, während C4AF und C2S deutlich langsamer reagieren.4 Bei den Bohrarbeiten zur Gewinnung von Erdöl verwendet man Tiefbohrzement für die Zementschlämme, die nach dem Erhärten die niedergebrachte Verrohrung gegen das Gebirge abschließen soll, öl- und gasführende Horizonte gegeneinander und gegen wasserführende Schichten absperren und die Verrohrung in ihrer Lage fixieren soll. Nur in einfachen Fällen, d. h. bis zu einer Tiefe von rd. 1.200 bis 2.000 m, kann man für eine solche Zementierung üblichen Bauzement verwenden, in größerer Tiefe ist Tiefbohrzement erforderlich. Seine Eigenschaften und deren Prüfung sind von dem für die Qualitätsrichtlinien der Tiefbohrzemente maßgebenden American Petroleum Institute (API) in der Vorschrift API STD 10A und lOB festgelegt. So darf hiernach u.a. der Gehalt an Tricalciumaluminat (C3A) im Zement nur maximal 3 % betragen5, wohingegen ein nach europäischem Standard genormter Zement zwischen 7 und 16% C3A 6enthält. Der Gehalt des Zements an C3A ist deswegen begrenzt, weil die Zementschlämme mit 38 bis 46% Wasser gegen eine Verunreinigung durch salzhaltiges Gestein, auch durch die Bohrspülung unempfindlich sein muss, die außer Ton noch Natriumlauge, -carbonat, -silicat, -phosphat und -chlorid, auch organische Stoffe, wie Stärke, Methylzellulose, Tannin oder Quebracho enthalten kann. Sie soll kein Wasser absondern, möglichst 3 Stunden lang pumpfähig bleiben und in möglichst kurzer Zeit etwa 3,5 MPa Druckfestigkeit erreichen, aber auch nicht zu fest werden. - Die Gebirgstemperatur kann schon in 1.800 m Tiefe mehr als 60 Grad über der Außentemperatur liegen, in 4.500 m Tiefe hat man bei einer Ausgangstemperatur von rd. 15°C schon mit einer Gebirgstemperatur von mehr als 150°C zu rechnen. Deshalb müssen Versteifung und Festigkeit von Zement für Tiefen von z. B. 3.600 m (12.000 ft), 4.200 m (14.000 ft), 4800 m (16.000 ft) bei einer von 82 auf 115, dann 160 °C usw. ansteigenden Temperatur und einem entsprechend erhöhten Druck geprüft werden7. Aluminium ist ein Hauptbestandteil der Tonmineralien, die in der Mischung mit Kalk als „Mergel“ bezeichnet werden. Um einen möglichst aluminiumarmen Zementklinker zu brennen, muss der Kalkstein möglichst geringe Anteile an Mergel haben, d.h. nur ein möglichst reiner Kalkstein ist für die Produktion von Tiefbohrzement geeignet. 4 Nach VDZ-Online: Hydratation des Zements und Gefüge des Zementsteins. https://www.vdzonline.de/fileadmin/gruppen/vdz/3LiteraturRecherche/KompendiumZementBeton/1-4_Hydratation.pdf 5 Schlumberger: Cement Chemistry and Additives – Oilfeld Review Vol. 1; 6 Locher, D.: Zement: Grundlagen der Herstellung und Verwendung. – Düsseldorf 2000, S. 31 7 Keil, F.: Zement-Herstellung und Eigenschaften – Springer Verlag 1971 Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 5 Zur Erzielung der gewünschten Eigenschaften des Tiefbohrzementes ist nicht nur die stoffliche Zusammensetzung der Hauptkomponenten des Tiefbohrzementklinkers entscheidend. Weitere Faktoren sollen hier nur kurz aufgelistet werden: - Kornform und -größe der Zementklinkerminerale (steuerbar über den Brennprozess; Mahlfeinheit des Rohmehls u.a.) - Maximal zulässiger Gehalt bestimmter Spurenelemente, die das Abbindeverhalten beeinflussen können - Spezieller Mahlprozess des Tiefbohrzementklinkers - Gesonderte Qualitätskontrolle unter im Labor nachgestellten Einsatzbedingungen - Gleichmäßigkeit der Eigenschaften. Der Zement-Mischung für die Zementierung der Bohrlöcher wird mit diversen Zusatzmitteln auf die exakt passende Verarbeitbarkeit eingestellt, so dass insbesondere bei anspruchsvollen Bohrbedingungen es auf die absolute Gleichmäßigkeit des Tiefbohrzementes ankommt. Geringfügige Qualitätsschwankungen des Tiefbohrzementes können bereits zu unerwünschten Wechselwirkungen mit den Zusatzmitteln führen, welche zu Stillständen der Bohranlagen (verbunden mit hohen Kosten für die Explorationsfirmen) oder gar zu nachträglichen Havarien (Bsp. Deepwater Horizon Havarie im Golf von Mexiko) führen können Zertifizierung durch das American Petroleum Institute (API) Der weltweit wichtigste Standard für die chemischen Eigenschaften und physikalischen Anforderungen an den Tiefbohrzement ist die Specification 10 A des American Petroleum Institute (API). In diesem Standard werden die Normgrenzen für 6 verschiedene Tiefbohrzemente festgelegt, welche jeweils in unterschiedlicher Sulfatbeständigkeit hergestellt werden können. Der mit Abstand wichtigste Zementtyp ist der Class G HSR (hochsulfatbeständig), wie er auch hauptsächlich in Lengerich hergestellt wird. Neben den technischen Anforderungen aus der Specification 10 A müssen Hersteller, die die Zertifizierung nach API erhalten wollen, besondere Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme erfüllen. Es muss die gesonderte API Specification Q1 erfüllt werden, welche auf Grund Ihrer technischen Ausrichtung in Teilen höhere Anforderungen als die ISO 9001 verlangt. Die Überprüfung der Einhaltung der technischen Vorgaben, als auch der Erfüllung der Vorgaben bezüglich des Qualitätsmanagementsystems erfolgt alle 3 Jahre durch ein einwöchiges Audit im Herstellwerk durch einen Auditor des API. Dieser bereits durch die API geforderte technisch und qualitativ hohe Standard sorgt dafür, dass weltweit fast ausschließlich Tiefbohrzemente mit API-Zertifizierung zum Einsatz kommen. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 6 Abb. 2 API-Zertifikat für das Zementwerk Lengerich Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 7 3. Tiefbohrzement-Produktion in Deutschland und Europa In Deutschland gibt es ausschließlich das Werk Lengerich der Dyckerhoff GmbH, welches eine API-Lizenz für die Herstellung von Tiefbohrzement besitzt. Hergestellt werden im Werk Lengerich primär der Class G HSR als Standardzement, sowie der Class C Grade O (normale Sulfatbeständigkeit) und der Class B HSR für spezielle Tiefbohranwendungen in Kontinentaleuropa. In Europa außerhalb Deutschlands gibt es noch weitere Produktionsstandorte, wie folgende Tabelle zeigt: Land Unternehmen Türkei Geschätzte Jahresproduktion < 15.000 t/a Belgien C.C.B < 50.000 t/a Kroatien CEMEX < 5.000 t/a Italien Italcementi Slowenien Salonit Anhovo < 5.000 t/a Spanien Lafarge < 60.000 t/a Frankreich Lafarge < 15.000 t/a Norwegen Norcem < 40.000 t/a Griechenland GESAMT (nur Lizenz für Zement--Produktion in Salonit) (nur Lizenz, keine Produktion) < 190.000 t/a Die aktuellen API-zertifizierten Werke sind in der API Composite List einzusehen, welche unter dem folgenden Link abzurufen ist. https://mycerts.api.org/Search/CompositeSearch Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 8 Abb. 3 Auszug aus API Composite List8 Zementarten: Ordinary (O), Moderate Sulfate Resistant (MSR), and High Sulfate Resistant (HSR). 8 https://mycerts.api.org/Search/CompositeSearch Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 9 4. Tiefbauzemente Tiefbauzemente unterscheiden sich von Tiefbohrzementen durch unterschiedliche Qualitätsanforderungen und Einsatzgebiete. Ein Anbieter von Tiefbauzement ist z.B. die Heidelberg Geotechnik in Ennigerloh. Die Heidelberg Geotechnik bietet beispielsweise den Thermocem an, wobei es sich um ein Bindemittel handelt, welches für den Einsatz in Geothermiebohrungen optimiert ist. Diese Bohrungen gehen, im Gegensatz zu den Bohrungen, bei denen ein Tiefbohrzement nach API-Standard eingesetzt wird, nur zirka 100-150 Meter tief. Der Themocem besteht aus hochsulfatbeständigen Bauzementen (ähnlich dem PZ Sulfadur aus Lengerich) und ist versetzt mit Bentonit, einem quellfähigen Tonmineral, und Graphit, der zur besseren Wärmeleitfähigkeit des Bindemittels beigemischt wird. Die Bohrungen im Tiefbohrbereich gehen im Gegensatz zur Geothermieanwendung im Allgemeinen bis in 7.000 Meter Tiefe, der Lengericher Zement ist sogar bis in Tiefen von 9.000 m eingesetzt worden. Weitere Produkte die Heidelberg Geotechnik herstellt, wie z.B. Verfüllmassen für ehemalige Bergbaustollen (sogenannte Dämmer), Abdichtungen für Deponien (Dichtwandmassen), Bodenverfestigungen oder Bindemittel für Horizontalbohrungen bestehen aus Mischungen von normalen Bauzementen mit Bentonit, Kalkprodukten, Kalkstein- und Hüttensandmehlen. Ähnliche Produkte wie Dichtwandmassen, Dämmer und Bodenverfestiger werden unter anderem auch im Werk Lengerich hergestellt und von dort vertrieben. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 10 5. Erforderliche Kalksteinqualität für die Herstellung von Normalzementen Die Zementwerke in Deutschland, die Klinker für Normalzement produzieren, befinden sich auf Lagerstätten, die aus karbonatreichen Sedimentgesteinen bestehen, deren Karbonatgehalt unter optimalen Bedingungen um 78% CaCO3 betragen sollte, da nur bei dieser Zusammensetzung die Bildung der gewünschten Zementklinkerminerale beim Brennen erfolgt. Meistens handelt es sich bei diesen Lagerstätten um marin gebildete Sedimente, die sich durch gleichbleibend mächtige Schichten ausweisen, ohne größere Sedimentationsanomalien, und nur geringen tektonischen Verwerfungen unterliegen. Beispiele hierfür sind die Kalksteinlagerstätten in Rüdersdorf, Geseke (Abb. 2) und Deuna. Abb. 4 Beispiel für eine typisches Kalksteinlagerstätte zur Klinkerproduktion für Normzemente. Die Schichten lagern annähernd söhlig, Qualitätsunterschiede sind mit dem Auge kaum auszumachen (Steinbruch Fortuna der Dyckerhoff GmbH in Geseke) Falls der Karbonatgehalt der Lagerstätte geringer ist, muss die Rohmaterialmischung durch Zuschläge im Karbonatgehalt angehoben werden, was zum Beispiel für die Karbonatgesteine des Beckumer Raums zutrifft. Hier sind bereits für die Herstellung von Normalzement 20- 25% Zuschlag in Form eines hochprozentigen Kalksteins aus dem Warsteiner Raum erforderlich. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 11 Limitierende Faktoren einer Lagerstätte sind z.B. wechselnde Sedimentationsbedingungen mit einhergehendem wechselndem Chemismus oder abnehmende Karbonatgehalte, die die Lagerstätte für die Zementproduktion begrenzen. Abb. 5 Beispiel für die Begrenzung einer Lagerstätte in die Teufe ist das Bohrprofil der fast horizontal liegenden Schichten der Oberkreide im Raum Geseke9. Hiernach ist nur eine Mächtigkeit von ca. 25 – 30 m für die Zementproduktion geeignet, da ein CaCO3-Gehalte von im Mittel 78% CaCO3-angestrebt wird. Die „Oberen schloenbachi-Schichten können zum Teil durch die „mittleren SchloenbachiSchichten“ auf 78% (rot gestrichelte Linie) eingestellt werden. Zur Erzielung des richtigen Mischungsverhältnisses sind zwei Abbaustellen im Steinbruch erforderlich. Die darunterliegenden Schichten sind für die Zementproduktion nicht mehr geeignet, da die Schichten zu niedrige CaCO3-Gehalte aufweisen (grau hinterlegt). 9 GEOLOGISCHES LANDESAMT NORDRHEIN W ESTFALEN (Hrsg) (1985): Geologische Karte von NordrheinWestfalen 1:25.000, Erläuterungen zu Blatt 4317 Geseke. Krefeld. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 12 6. Erforderliche Kalksteinqualität für die Herstellung von Spezialzementen Für die Herstellung von Spezialzement (u.a. Tiefbohrzement) sind nur solche Kalksteine geeignet, bei denen beim Brennen kein Tricalcium-Aluminat (C3A) entsteht. Hierfür sind nur Karbonatgesteine mit einem möglichst geringen Tongehalt, bzw. möglichst geringen Aluminiumgehalt (von weniger als 3% Al2O3, siehe Kapitel 2) geeignet. Die Tonminerale sind als Alumosilikate Träger des Aluminiums mit Gehalten von rd. 20% Al2O3, das für die Herstellung von Tiefbohrzementklinker gerade nicht geeignet ist. Die Karbonatgesteine des Beckumer Raumes scheiden dadurch für eine Produktion von Tiefbohrzement aus, da sie mit einem mittleren Al2O3-Gehalt von rd. 5% Al2O3 einen viel zu hohen Aluminiumgehalt besitzen. Zur Erzielung eines Rohmaterialgemisches von unter 3% Al2O3 müssten 40% der Mischung aus zuzufahrendem reinsten Kalkstein bestehen, der entweder aus dem Warsteiner Raum geliefert werden müsste oder vom Teutoburger Wald kommen könnte (Cenoman-Kalkstein). Optimal sind daher hochprozentige Kalksteine, mit Kalziumkarbonatgehalten von mehr als 83%, die in der Lengericher und Höster Lagerstätte in Form des Cenoman-Kalkes und des Cenoman-Pläners anstehen. Abb. 6 Materialstrom für die Herstellung von Tiefbohrzementklinker. Neben den hochprozentigen Cenoman-Kalksteinen wird zur Einstellung der angestrebten Mischungszusammensetzung ein Anteil von ca. 35% sog. „Hoher Mergel1“ benötigt 1 „Hoher Mergel“ ist die Bezeichnung aus der Produktion; stratigrafisch mit der Weißen Grenzbank und Teilen der oberen Kalk-MergelWechselfolge gleichzusetzen Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 13 Damit sich beim Tiefbohr-Klinkerbrand Zementklinkerminerale bei einer Sintertemperatur von rd. 1.500 C bilden, müssen in der Rohmehlmischung aluminiumarmer Sand und aluminiumarmes Eisenerz als „Flussmittel“ zudosiert werden, . Hieraus entsteht ein Zementklinker, der nicht wie ein Normalzementklinker aus den Klinkerphasen C3S (Tricalciumsilikat), C2S (Dicalciumsilikat) und C3A (Tricalciumaluminat) besteht, sondern aus den Klinkerphasen C3S, C2S und C4AF.10, siehe nachfolgendes 4-StoffDiagramm. 10 Heinrich, J.G.: Heterogene Gleichgewichte- Grundlagen und spezielle keramische Systeme, S. 160 ff http://video.tu-clausthal.de/videos/inw/vorlesung/tkws2009/Physikalische_und_chemische_Grundlagen_der_Keramik%20Teil_I.pdf auch: Locher, F.W. (2000): Zement, Grundlagen der Herstellung und Verwendung. – Düsseldorf , S. 63 Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 14 100% Fe2O3 100% SiO2 100% Al2O3 Abb. 7 Darstellung der CaO-Ecke des Vierstoffsystems CaO-Al2O3-Fe2O3-SiO2 in einem dreidimensionalen Tetraeder (vierflächige Pyramide). 11 Der Bildungsbereich des erforderlichen Zement-Klinkerminerals C3S ist durch die rote Flächen umrandet. Der Bereich für die chemische Zusammensetzung für die Normalzementklinker ist durch einen grünen Kreis markiert. An dieser Stelle bildet die Zusammensetzung aus CaO, Al2O3, SiO2 und Fe2O3 ein sog. Eutektikum. D.h. die Zusammensetzung beginnt bei 1455°C aufzuschmelzen und C3S zu bilden. Für die Herstellung von Tiefbohrzement muss die Bildung von C3A vermieden werden. Die Zusammensetzung dieser Rohmehlmischung ist durch einen gelben Kreis markiert. Auch hier liegt bei 1450 °C ein Eutektikum, das jedoch im Vergleich zum grün gefärbten Eutektikum weniger Aluminium, jedoch mehr Eisen enthält. Abbildung aus Locher (2000), ergänzt durch Farbmarkierungen. 11 Anm: dies ist eine übliche Darstellung u.a. in der Zementchemie, um den Zusammenhang zwischen stofflicher Zusammensetzung und Bildungsbereiche von Zementklinkerminerale darzustellen. Die Eckpunkte des vollständigen Tetraeders sind durch jeweils 100% der vier Stoffe CaO-Al2O3-Fe2O3 und SiO2 gekennzeichnet. Innerhalb des Vierstoffsystems lassen sich jede beliebige Zusammensetzung durch einen Punkt im Tetraeder darstellen, bzw. die Bildungsbereiche der Zementklinkerminerale. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 15 7. Bedeutung der Kalksteinlagerstätten am Teutoburger Wald für die Produktion von Tiefbohrzement Die Kalksteinlagerstätten (Steinbrüche Lengerich und Höste) unterscheiden sich von den o.g. Lagerstätten des Beckumer Raumes und der meisten übrigen deutschen Lagerstätten, die für die Zementproduktion genutzt werden, dadurch, dass sowohl mergelige Kalke (TuronPläner) als auch hochprozentige Kalke (Cenoman-Kalk und Cenoman-Pläner) in größeren, als eigene Qualität verwertbaren Mengen anstehen. Die Lagerstätte am Teutoburger Wald setzt sich sowohl aus mergeligen Kalkschichten als auch aus hoch karbonatreichen Schichten zusammen. Dies ist einerseits begründet durch die unterschiedlichen Sedimentationsbedingungen während der Bildungszeit der Gesteine in der Oberkreide. (vgl. hierzu KAPLAN 199212), andererseits durch die tektonischen Verformungen zu Beginn des Tertiärs. Die Tektonik hat die horizontal abgelagerten Wandhöhe: 8 Meter Abb. 8 Bild aus dem Steinbruch Lengerich, tektonisch überarbeiteter Grenzbereich zwischen den Turon-Plänern und den Cenoman-Kalken Rechts im Bild steht der Turon-Pläner an (Rohmaterial für die Herstellung von Normalzement, in der Mitte des Bildes ist die Schwarz-Bunte Wechselfolge aufgeschlossen (Korrekturmaterial für das Normal-Rohmaterial), links im Bild die (hier auf die Schwarz-bunte Wechselfolge überschobenen) Cenoman-Kalke, die für den Normalzement deutlich zu hohe Karbonatgehalte aufweisen und das Rohmaterial für den Tiefbohrzementklinker darstellen. Kalksteinschichten nicht nur um rd. 25° steiler gestellt, sondern auch noch stellenweise die karbonatreichen Kalksteinschichten (Cenoman-Kalk) über die Turon-Pläner überschoben. 12 Kaplan, U. (1992): Die Oberkreide-Aufschlüsse im Raum Lengerich/Westfalen. – Geol. Paläont. Westf., 21: 7 - 37; Münster. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 16 Die Auffaltung der Gesteinsschichten und die tektonischen Verformungen gestatten einen qualitätsgesteuerten Abbau, der an verschieden Stellen des Steinbruchs vorgenommen wird, je nachdem, ob Rohstoff für die Produktion von Normalklinker oder für Tiefbohrklinker gefordert Die für die Produktion von Tiefbohrzementklinker benötigten hoch karbonathaltigen Gesteine als Hauptkomponente sind im Steinbruch jederzeit zugänglich und stehen sowohl im Steinbruch Lengerich als auch im benachbarten Steinbruch Höste in ausreichender Qualität und Menge zur Verfügung. Die nach dem Lagerstättengutachten von der Fa. Mining Technology Consult (MTC, Clausthal) berechneten Vorräte an hoch karbonatreichen Gesteinen reichen deutlich über den mittelfristigen Planungshorizont von 35 a hinaus. Die Lage der hochprozentigen Kalke im Steinbruch Lengerich ist in den beiden Luftbildern im Anhang dargestellt. Eine derartige Lagerstättenkombination (mergelige Kalke und hochprozentige Kalke in einer Lagerstätte) ist in Deutschland nicht häufig anzutreffen. Das Vorkommen von hochprozentigen Kalken in einer Lagerstätte führt i. d. R. zur Ansiedlung eines Kalkwerkes, das das hochprozentige Rohmaterial (ausschließlich) für die Herstellung von Branntkalk nutzt (Beispiel Rüdersdorf, s.u.). In der Rüdersdorfer Lagerstätte sind Wellenkalk und Schaumkalk räumlich eindeutig durch eine Fahrstraße getrennt. Während der Wellenkalk von der Fa. Cemex zur Produktion von Zement abgebaut wird, nutzt die Fa. Fels-Werke GmbH den Schaumkalk zur Produktion von hochwertigen Kalkprodukten. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 17 Abb. 9 Typischer CenomanKalk aus dem Lengericher Steinbruch mit CaCO3-Gehalten von >85%, aufgrund des hohen Karbonatgehaltes weißliche Färbung Wandhöhe: ca 10 Meter Abb. 10 Beispiel einer typischer Lagerstätte für die Zementproduktion; hier Mergelkalk aus dem Beckumer Steinbruch mit CaCO3-Gehalten von < 75%, aufgrund des niedrigen Karbonatgehaltes dunkelgraue Färbung. Weiterhin zu beachten die söhlige Lagerung der Gesteinsschichten Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 18 Abb. 11 Luftbild und Schnitt durch die Rüdersdorfer Kalksteinlagerstätte. Während der Wellenkalk (82% CaCO3) zur Produktion von Normal-Zementklinker genutzt wird, wird der hochprozentige Schaumkalk mit 92 % CaCO3 zur Produktion von Branntkalk genutzt13. 13 Rüdersdorfer Zement GmbH (2004): 750 Jahre Kalksteinbergbau in Rüdersdorf.Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 19 8. Bedeutung des technischen Equipments für die Herstellung von Tiefbohrzement Aufgrund des hohen Eisengehaltes des Tiefbohrrohmehls, im Gegensatz zum Rohmehl für Normal, ist der Tiefbohrzement deutlich dunkler gefärbt und würde – als Untermischung im Normalzement – zu Farbveränderungen führen, die aufgrund von Kundenanforderungen ausgeschlossen werden müssen. Deswegen wird am Standort Lengerich auf ein möglichst „sortenreines“ Produktionsverfahren geachtet, was durch den Betrieb von zwei getrennten Ofenlinien (Drehofen 4 und Drehofen 8), getrennten Zementmahlanlagen und getrennten Silos bewerkstelligt werden kann. Das Kalksteinrohmaterial für die Produktion von Normalklinker und von Tiefbohrklinker wird nach dem Brecher separat in der Rohmaterial-Lagerhalle getrennt gelagert. Für eine gleichmäßige Beschickung der beiden Drehöfen ist eine Zwischenlagerung in der rd. 30.000 t fassende Rohmaterial-Lagerhalle gegeben, in der das Material durch richtungsversetztes Auf- und Abhalden zusätzlich homogenisiert wird. Abb. 12 Blick in das 30.000 t umfassende Rohmateriallager des Werkes. In der Halde werden vier Mischhalden betrieben, die äußeren beiden Halden beinhalten das Rohmaterial für die Herstellung von Tiefbohrzement-Klinker, die beiden inneren Halden sind für die Normalklinkerproduktion bestimmt. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 20 Die Kapazitäten der im Werk vorhandenen Klinkersilos sorgen dafür, dass Tiefbohrklinker gezielt nach unterschiedlichen Qualitäten selektiert und in der Zementmühle wieder in der gezielten Qualität zusammengeführt werden kann. Dies ermöglicht schnelle Reaktion auf eventuelle Änderung im Ofenverlauf und stellt sicher, dass der Kunde keine Änderungen in den Zementeigenschaften zu befürchten hat. Weiterhin verfügt das Werk Lengerich mit dem rd. 11 km entfernten Binnenhafen in Ladbergen über eine exzellente Anbindung an die großen Überseehäfen in Hamburg, Bremen und Rotterdam, so dass auch Kundenaufträge größer 10.000 t in einem einzigen Lot abgewickelt werden können. Eigene Logistikzentren mit Lagerkapazitäten in den wichtigsten Abnehmerländern runden für den Kunden das Logistikkonzept ab, so dass der Kunde keine Befürchtung haben muss, nicht rechtzeitig mit Tiefbohrzement versorgt zu werden. Eine strikte Beachtung der Qualitätsvorgaben bei der Auswahl des Rohmaterials und eine für die Tiefbohrzementproduktion spezialisierte Anlagentechnik ist der Grund dafür, dass der Lengericher Tiefbohrzement erfolgreich eine Rolle auf dem Weltmarkt spielen kann. Diese konsequente Trennung des Materialflusses vom Steinbruch bis zum fertigen Produkt ermöglicht in Lengerich die Produktion eines Tiefbohrzementes mit hoher Qualität, der sich von den Produkten der Wettbewerber, die auch Tiefbohrzement herstellen, deutlich abhebt. Im Gegensatz zu Lengerich stellen die meisten Wettbewerber Tiefbohrzement als Batchproduktion (d.h. als Chargenproduktion) her. Die (i.d.R. einzig vorhandene) Ofenlinie und die Zementmühlen werden sowohl für die normale Bauzementherstellung als auch für Tiefbohrzementproduktion verwendet. Dies schließt (im Gegensatz zur Lengericher Anlage) eine eigens für die Produktion von Tiefbohrzement optimierte Anlage aus und erzeugt Vermischungen bei Sortenübergängen. In Anbetracht dessen, dass die Jahresproduktion aller Wettbewerber in Europa zusammen kleiner ist als die Jahresproduktion Lengerich wird ersichtlich, dass es für die Wettbewerber nur begrenzte Produktionskapazitäten für Tiefbohrzement gibt. 9. Bedeutung des vor Ort vorhandenen Know-hows und der Prüfeinrichtungen Seit 1955 wird Tiefbohrzement in Lengerich hergestellt. Das Werk Lengerich verfügt daher mit seiner geschulten Mannschaft über einen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz in der Produktion von Tiefbohrzement. Das Labor des Werk Lengerich fungiert weiterhin innerhalb des Buzzi Unicem Konzerns als zentrales Kompetenz-Zentrum im Bereich Tiefbohrzementherstellung, da es über einen eigenen Laborbereich für die Prüfung des Tiefbohrzementes verfügt. Das Lengericher Labor unterstützt auch konzerneigener Werke in Nordamerika und Russland, sowie im Bereich Forschung und Entwicklung neuer Tiefbohrbindemittel. Es ist mit geeigneten Prüfeinrichtungen ausgestattet, um eine punktgenaue Qualitätssteuerung zu gewährleisten. Hierfür werden auch über die API Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 21 Specification 10 A hinausgehende Prüfungen in Abstimmung mit den Kunden durchgeführt, welche hohe Ansprüche an die Gleichmäßigkeit des Tiefbohrzements stellen. Abb. 13 Hafen Ladbergen mit Big Bag Abfüllanlage und Umschlagsbereich (Fa. Oelrich) Abb. 14 Umschlag Binnenschiff- Seeschiff mit Big Bags in Bremen Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 22 10. Zusammenfassung Das Zementwerk Lengerich ist das einzige Werk in Deutschland, das einen zertifizierten Tiefbohrzement für Tiefen bis 9.000 m herstellen kann. Für die Produktion von Tiefbohrzement sind folgende Voraussetzungen erforderlich: 1. eine Kalksteinlagerstätte, die neben dem Vorrat an mergeligen Kalken für die Produktion von Normzementen auch ausreichend große und zugängliche Vorräte an hochprozentigen Kalksteinen für die Produktion von Tiefbohrzement aufweist; 2. ein entsprechende technische Anlagenstruktur, die es gestattet, die beiden Zementgruppen vom Brecher bis zur Verladung möglichst „sortenrein“ und mit einer extrem gleichmäßigen Qualität zu produzieren; 3. entsprechende technische Anlagen, die die besonderen Anforderungen an die Mahlung des Tiefbohrzementes erfüllen können, 4. ein entsprechendes Know-how der Produktionsmannschaft und der Qualitätssicherung. Ein Zementwerk, das ausschließlich Tiefbohrzement produziert, ist angesichts des weltweit vergleichsweise „geringen“ Bedarfs wirtschaftlich nicht denkbar. Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 23 Cenoman-Kalke „Hoher Mergel“ (weiße Grenzbank) Ansicht des Steinbruch Lengerich Zentralfeld und Ostfeld, Blick vom Wärmetauscherturm des Drehofen 8 in nordöstliche Richtung. Im Ostfeld findet zurzeit der Hauptabbau statt. Die für die Produktion von Tiefbohrzementklinker benötigten „hochprozentigen“ Kalksteinschichten sind farblich transparent rot unterlegt Tiefbohrzement aus dem Zementwerk Lengerich Seite 24