Christopher A. Weidner Astro easy In 5 Schritten entdecken, was das eigene Horoskop verrät Besuchen Sie uns im Internet: www.droemer-knaur.de Alle Titel aus dem Bereich MensSana finden Sie im Internet unter www.knaur-mens-sana.de Originalausgabe Dezember 2009 Copyright © 2009 Knaur Taschenbuch. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden. Redaktion: Ralf Lay Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München Umschlagabbildung: FinePic®, München Satz: Adobe InDesign im Verlag Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck Printed in Germany ISBN 978-3-426-87450-9 2 4 5 3 1 Inhalt Astrologie – ist einfach! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Der Einstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Was ist Astrologie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Was ein Horoskop ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Wie ein Horoskop funktioniert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Wie ich ein Horoskop bekomme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Ein Horoskop lesen: Tierkreis, Häuser, Planeten und Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Die Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Die wichtigsten Deutungsstrukturen: Das Große Kreuz und die Planeten . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Fünf Schritte der Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Die Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Schritt 1: Den Signifikator bestimmen . . . . . . . . . . . . . 68 Schritt 2: Ein Haus oder einen Planeten im Zeichen deuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Schritt 3: Einen Planeten im Haus deuten . . . . . . . . . . . 73 Schritt 4: Häuserherrscher bilden und deuten . . . . . . . . 78 Schritt 5: Aspekte in die Deutung einbeziehen . . . . . . . 82 5 Schritt 1: Worum es geht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Die Ebene der Planeten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Die Ebene der Häuser: Das Große Kreuz . . . . . . . . . . . . 90 Schritt 2: Planeten und Häuser in den Zeichen . . . . . . . . . 93 Die Planeten in den Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Das Große Kreuz: Aszendent, Deszendent, Imum Coeli und Medium Coeli in den Zeichen . . . . . . . 154 Schritt 3: Die Planeten in den Häusern . . . . . . . . . . . . . . . 177 Schritt 4: Die Häuserherrscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Schritt 5: Aspekte deuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Kleines astrologisches Repetitorium . . . . . . . . . . . . . . . 301 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 6 Astrologie – ist einfach! J eder, der schon einmal ein Horoskop in den Händen gehalten hat, wird sich bei dieser Überschrift zunächst denken: Das kann nicht sein! Und tatsächlich wirkt solch eine Horoskopgrafik auf den ersten Blick alles andere als leicht durchschaubar. Für das ungeübte Auge ist da zunächst nichts anderes als ein Durcheinander aus Symbolen, Kreisen und Linien zu erkennen, die wohl irgendeiner Ordnung zu folgen scheinen, aber keiner, die sich auf Anhieb erschließt. Für den Laien, der bislang unter dem Begriff »Horoskop« jene kleinen Textchen verstanden hat, wie sie in der entsprechenden Rubrik der Illustrierten und Tageszeitungen zu finden sind, gibt der Anblick einer solchen Darstellung, dem Haupthandwerkszeug des seriösen Astrologen, zunächst nur Rätsel auf. Manche lassen sich davon jedoch nicht abschrecken, sondern wollen mehr darüber erfahren, und einige wollen sogar selbst lernen, wie sie diese Grafik zum Sprechen bringen. Wie geht man da vor? Astrologie ist eine Sprache, aber beileibe keine Geheimsprache. Sie besitzt »Vokabeln« und eine »Grammatik«, nach der die »Wörter« zu einem sinnvollen Ganzen zusammengebunden werden. Astrologie zu lernen funktioniert in meinen Augen genauso wie das Lernen jeder anderen Sprache. Früher dachte man, man müsse zuerst lauter Vokabeln pauken, um dann irgendwann in der Lage zu sein, eine vernünftige Konversation zustande zu bringen. Heute weiß man, dass man eine Sprache am besten lernt, indem man sie spricht! Dabei kommt es nicht darauf an, schon jede Feinheit in der Ausdrucksweise 7 zu beherrschen, sondern auf die rasche Umsetzung des Gelernten in der Praxis. Das macht zum einen auch mehr Spaß, zum anderen motivieren die ersten Erfolge und steigern die Lust auf mehr. Mit der weiteren Übung offenbaren sich immer mehr Details von ganz allein. Genau diese Erfahrung habe ich in meiner langjährigen Praxis als Dozent gemacht: Wer den Einstieg in die Astrologie wählt, indem er erst einmal versucht, alle technischen Details zu verstehen, bevor er sich daranwagt, ein Horoskop zu interpretieren, der wird später den Eindruck haben, dass es sich um eine komplizierte Angelegenheit handelt. Die größte Schwierigkeit besteht oft darin, die vielen einzelnen Bausteine zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen. Wenn wir erst die Bausteine lernen, um dann später daraus eine Interpretation zu basteln, werden wir viele frustrierende Augenblicke erleben, weil der Zusammenhang fehlt. Es ist, als ob wir die Wörter einer Fremdsprache lernen und dann versuchen, uns mit jemandem in dieser Sprache zu unterhalten. Wir würden scheitern, weil wir nicht wissen, wie wir die einzelnen Wörter zusammenfügen können, so dass sie auch eine sinnvolle Botschaft ergeben. Vielleicht wird man uns in etwa verstehen, und wir werden sogar eine Antwort bekommen, aber mit einer wirklichen Konversation hat das nichts zu tun, ganz zu schweigen von den Missverständnissen, denen wir ganz ungewollt Vorschub leisten. Wenn wir hingegen beginnen, nicht einfach nur Einzelteile zu lernen, sondern sie in ihren jeweiligen Kontexten gleich anwenden, werden wir zwar am Anfang mehr Information aufnehmen müssen, aber schneller zu Ergebnissen kommen und damit zu dem Gefühl, dass die Deutung eines Horoskops tatsächlich konkrete Aussagen über das Leben eines Menschen bringen kann. Astrologie ist nicht kompliziert, sie ist lediglich komplex! Und Komplexität kann man reduzieren. Das ist der Schlüssel, ge8 rade am Anfang. Es besteht – nicht nur – bei Einsteigern in die Astrologie eine Neigung, sich mit zu vielen Informationen zu befrachten, vielleicht aus der Vorstellung heraus, dass man sonst etwas übersehen würde. In der Folge vermehren viele die Anzahl der Horoskopfaktoren, in der Hoffnung, doch noch endlich die eine treffende Aussage zu finden, anstatt die ganz einfachen Schritte der Deutung konsequent zu Ende zu denken. In der so entstehenden Informationsfülle ertrinken die wirklich wichtigen Aussagen förmlich, und leicht gleiten wir ins Beliebige ab. Denn die Erhöhung der Anzahl zu deutender Faktoren verleitet dazu, anstatt sich gründlich mit einem Element zu beschäftigen, lieber auf ein anderes auszuweichen, nur weil man die gewünschte Information nicht gleich gefunden hat. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und überhaupt erst einmal zu erkennen, was das Wesentliche, das wirklich Wichtige im Horoskop ist, das steht am Anfang eines erfolgreichen Einstiegs in die Materie. Aus diesem Grund habe ich das Buch einerseits im klassischen Stil eines »Astrologie-Kochbuchs« aufgebaut, in dem die einzelnen Bausteine dieser Disziplin beschrieben werden, doch sind sie in ein Schema aus fünf Schritten eingebettet, anhand deren die Deutung erarbeitet wird. Jeder Schritt fügt dem vorangehenden eine nächste Stufe an Komplexität hinzu, so dass Sie sich fortlaufend steigern, aber auch Zeit lassen können, jeden Schritt in Ihrem eigenen Tempo zu durchlaufen, bis »es sitzt«. Jeder Schritt gibt auch einen Hinweis darauf, was als Nächstes kommt. So wird es Ihnen leichtfallen, den roten Faden in der Hand zu behalten. Sie werden sehen: Astrologie ist einfach, wenn Sie es sich nicht zu kompliziert machen. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, einer klaren Linie in der Herangehensweise zu folgen, die einzelnen Deutungselemente von Anfang an sinnvoll zu 9 kombinieren: das bringt den gewünschten Erfolg. Wer dann noch die Komplexität steigern möchte, kann dies im Anschluss an die Lektüre dieses Buches gern tun. Doch dann werden Sie sich auf einer sicheren Grundlage bewegen, weil Sie bereits ein Gefühl dafür bekommen haben, worauf es ankommt und worauf nicht. 10 Der Einstieg D a wir möglichst rasch in die Praxis kommen wollen, begnügen wir uns in diesem Kapitel mit den wirklich relevanten Fakten rund um die Astrologie und ihr wichtigstes Werkzeug: das Horoskop. Sie erfahren etwas über die Grundidee der Astrologie, was ein Horoskop eigentlich ist und wie Sie es lesen können. Was ist Astrologie? Astrologie basiert auf dem Grundsatz »Wie oben – so unten«. Damit ist gemeint, dass sie die geordneten Rhythmen und Zyklen der Gestirne des Himmels »oben« benutzt, um die Erfahrungen des Menschen »unten« auf der Erde zu beschreiben und zu erklären. Der Begriff stammt vom griechischen Wort astrología (»Sternkunde«). Im Gegensatz zur konstanten Ordnung des Himmels erfahren Menschen ihr Leben in dieser Welt wie einen ungeregelten Fluss der Ereignisse. So erschien ihnen der Himmel zu allen Zeiten wie das Versprechen, sich im Chaos auf der Erde zurechtfinden und Regelmäßigkeit in der Welt erkennen zu können. Der Schlüssel ist dabei die Betrachtung des Horoskops, das als Momentaufnahme des Himmels zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort den Code für die individuelle Ordnung dieses Augenblicks enthalten soll. 11 Es ist wichtig, zu verstehen, dass Astrologie nicht von einer Bestimmung handelt, sondern von den Möglichkeiten, die in jedem Augenblick stecken und darauf warten, von uns genutzt zu werden. Jeder Moment besitzt eine einmalige Qualität und eröffnet deshalb Erfahrungen, die für sich genommen einzigartig und unwiederbringlich sind. Von ihnen geht ein schöpferischer Impuls aus, den wir nutzen können, um unsere Zukunft selbst zu gestalten. Der Geburtsmoment eines Menschen, auf den sich sein Geburtshoroskop bezieht, ist auch ein solcher Augenblick. Um dieses Horoskop geht es hier in erster Linie. Die Astrologie verrät uns, wie wir den schöpferischen Impuls, der in jenem besonderen Augenblick unserer Geburt steckt, wahrnehmen und in unser Leben integrieren können, um unseren Zielen näher zu kommen und an den Herausforderungen des alltäglichen Lebens zu wachsen. Ein Horoskop zu deuten schärft unsere Sinne nicht so sehr für das, was wir sind, sondern vielmehr für das, was wir werden können! Was ein Horoskop ist Das Horoskop ist die Grundlage aller astrologischen Arbeit. Dieser Begriff stammt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus hora (»die Stunde«) und skopein (»schauen«). Ursprünglich war dies die Bezeichnung für jenen Stern, der am Osthorizont aufsteigt, da dieser »die Stunde anzeigt«, das heißt deren Qualität beschreibt. Heute verstehen wir unter einem Horoskop die grafische Darstellung der Positionen von Planeten und anderen für die Astro12 logie relevanten Faktoren in unserem Sonnensystem, wie sie von der Erde aus wahrgenommen werden. Technisch gesehen ist ein Horoskop also nichts anderes als eine nach besonderen Auswahlkriterien gezeichnete Karte des Himmels, wie er sich zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort dem Auge des Betrachters darbietet. Es ist eine Momentaufnahme der regelmäßigen Bewegungen der Himmelskörper und lichtet ihre Positionen wie eine Fotografie ab. Inhaltlich aber ist das Horoskop ein Instrument, um das chaotische Dahinströmen der Zeit anzuhalten und jenen Augenblick sichtbar zu machen, der uns ein Gefühl von Ordnung geben kann. Ein Horoskop besteht aus den Planeten, deren Positionen in den zwölf Zeichen des Tierkreises und in den zwölf Sektoren der Häuser aufgezeichnet werden. Das Geburtshoroskop wird auf den Moment der Geburt erstellt, den die meisten Astrologen als den Augenblick des ersten Atemzugs bezeichnen, weil dann der neugeborene menschliche Organismus anfängt, in einen unmittelbaren Austausch mit der Welt zu treten, unbeeinflusst vom Kreislauf der Mutter. Erst jetzt beginnt für das Kind sein eigener Lebensrhythmus und damit aus astrologischer Sicht das eigenständige Leben. Die Astrologie geht davon aus, dass sich das Muster aus den Konstellationen zum Zeitpunkt und am Ort der Geburt auf irgendeine Art und Weise in das Leben des Menschen »einprägt« und während des ganzen Daseins als Bezugspunkt erhalten bleibt. Im Grunde kann auf jeden Zeitpunkt und auf jedes Ereignis ein Horoskop erstellt werden. Deshalb bezeichnet man das für den Moment der Geburt aufgestellte genauer als »Radixhoroskop« (vom lateinischen radix [»Wurzel«]) oder kurz »Radix«. Den »Besitzer« des Horoskops nennt man übrigens manchmal auch den »Nativen« (vom lateinischen nativus [»angeboren, natürlich«]) oder einfacher den »Horoskopeigner«. 13 Wie ein Horoskop funktioniert Die Astrologie geht von der Annahme aus, dass es einen Zusammenhang zwischen Augenblick und Ort der Geburt und den zeitgleich abgebildeten Gestirnsständen gibt, also zwischen »oben« und »unten«. Das bedeutet aber nicht, dass bestimmte Augenblicke zwingend bestimmte Situationen erzeugen – jeder Augenblick ist der Startschuss in eine Zukunft voller Möglichkeiten, unendlich an der Zahl, aber qualitativ nicht beliebig. Hier setzt das Horoskop den Rahmen, das auf diesen Augenblick berechnet wird. Bei der Geburt wird jedem Menschen ein Augenblick und damit ein Horoskop zugeordnet. Dieses wiederum bildet die Grundlage der Persönlichkeit und ist gültig vom ersten bis zum letzten Atemzug. Das heißt, zu jeder Sekunde unseres Daseins verfügen wir über ein und dasselbe Horoskop. Nun widerspricht eine solche Aussage ganz offenkundig unserer allgemeinen Lebenserfahrung: Niemand käme doch auf die Idee, von sich zu behaupten, er sei mit dreißig Jahren derselbe Mensch, der er mit fünf, fünfzehn oder sogar mit fünfundzwanzig Jahren war. Dieser Widerspruch löst sich auf, wenn Sie sich vergegenwärtigen, dass das Horoskop nicht das Leben selbst, sondern nur seine Möglichkeiten abbildet. Um einen Vergleich aus der Musik anzuwenden: Das Horoskop ähnelt dem Thema einer Melodie, das Ihre Wesensart widerspiegelt. Das Leben, wie Sie es bis jetzt gelebt haben, ist eine Variation dieses Themas unter den unendlich vielen möglichen. In all Ihren Handlungen, Gefühlen und Gedanken »klingt« es unüberhörbar durch. Dadurch erhält Ihr Leben Kontinuität, einen »roten Faden«, und zugleich öffnet sich Ihnen mit jedem neuen Augenblick auch eine neue Chance, 14 Ihr Dasein im weiteren Verlauf anders zu »komponieren«. Im Klartext heißt dies: Das Horoskop determiniert nichts, sondern ist eine Möglichkeitsstruktur. So gesehen ist es eigentlich ausgeschlossen, den exakten Verlauf des Lebens aus einem Horoskop vorherzusagen: Jeder Moment Ihres Daseins birgt ja eine Unzahl an Möglichkeiten in sich, und woher soll ein Astrologe wissen, welche davon sich tatsächlich verwirklichen wird? Er kann lediglich die Zeitqualität bestimmen, die auf Sie zukommt, und dann anhand der Kenntnisse über Ihr bisheriges Leben und auf Basis seines hoffentlich gesunden Menschenverstands die Vielfalt einschränken und den Bereich der Wahrscheinlichkeiten eingrenzen. Eine Prognose ist nicht generell unmöglich, aber das menschliche Leben steht nicht »in den Sternen«, sondern entfaltet sich über dem Thema des Horoskops als eine »geprägte Form, die lebend sich entwickelt«, wie Goethe es in seinen »Orphischen Urworten« ausdrückte. Zu jedem Zeitpunkt meines Lebens verbindet mich mein Horoskop also mit dem Augenblick meiner Geburt, dessen Qualität es widerspiegelt. Was kann mir dies nutzen? Der Blick in mein Horoskop gibt mir in verfahrenen Situationen den Sinn für neue Optionen zurück: Es bringt mich wieder in Berührung mit jenem einzigartigen Augenblick meiner Geburt, in dem noch alles möglich war. Das Horoskop hat diesen Moment festgehalten und für mich bewahrt. Wenn ich mich jetzt meinem Horoskop zuwende, öffnet sich mein Blick wieder für alle Alternativen, die ich in mir trage und die ich im Laufe meines Lebens nicht genutzt oder schlichtweg vergessen habe. Ich schöpfe aus dem Bewusstsein, dass ich mehr in mir trage als das, was ich im Moment als meine Persönlichkeit erlebe. Diese ist immer nur ein beschränkter Ausschnitt meines Potenzials, entstanden und entwickelt aus unzähligen Entscheidungen, die 15 meinem Leben eine bestimmte Richtung gegeben haben, wobei andere Perspektiven ausgeschlossen wurden. Sich mit dem Horoskop auseinanderzusetzen kann mich gerade in Situationen, in denen sich die Zukunft vor mir verschließt, dabei unterstützen, meine Möglichkeiten wiederzuentdecken und den Weg in die Zukunft wieder frei zu machen. Um es zusammenzufassen: Das Horoskop ist wie ein roter Faden im wechselvollen Leben des Menschen. Es begleitet ihn von der ersten bis zur letzten Stunde und verändert dabei seine Gestalt nicht: ob er nun fünf, fünfundzwanzig oder fünfzig Jahre alt ist. So kann es zur Landkarte des eigenen Lebens werden, zum schöpferischen Impuls für die Entdeckung eines Charakters, der wie in einer Erzählung unser Leben zusammenhält. Wie ich ein Horoskop bekomme Um ein Radixhoroskop erstellen zu können, werden folgende Angaben benötigt: das Datum, die genaue Uhrzeit sowie der Ort der Geburt. Da seit 1890 die Eintragung der Geburtszeit in den meisten Ländern der Welt behördlich vorgeschrieben ist, kann sie heute jeder über einen Auszug aus dem Geburtsregister beim zuständigen Standesamt erhalten. Bevor Sie loslegen, müssen Sie sich zunächst eine Horoskopgrafik besorgen. Während man sich noch vor gar nicht allzu langer Zeit mit mathematischen Formeln und komplizierten Umrechnungen auseinandersetzen musste, um schließlich die Position der Planeten und der anderen Horoskopfaktoren in eine Grafik mit der Hand einzutragen, ist das heute überhaupt kein Problem mehr. 16 Die schnellste und einfachste Variante ist die, sich eine Grafik über das Internet zu besorgen und sie einfach auszudrucken. Kostenlos und professionell ist dies beispielsweise beim Anbieter www.astro.com möglich. Sie können sich dort sogar einen eigenen Ordner anlegen, in dem Sie online Daten sammeln, zum Beispiel von Freunden, Bekannten und Verwandten. Um das Horoskop auszudrucken, stehen verschiedene Formulare zur Verfügung. Für den Anfang genügt die Standardgrafik. Wenn Sie sich dann später in die Materie vertiefen möchten, finden Sie eine Vielzahl an Möglichkeiten, die fast alle Bedürfnisse seriöser Astrologie abdecken. Wer sich unabhängig vom Internet bewegen und auf seinem Rechner selbst Horoskope erstellen will, der kann auf eine der vielen Softwareangebote zurückgreifen, die es mittlerweile in den unterschiedlichsten Preislagen und für jedes astrologische Bedürfnis gibt. Viele davon sind im Buchhandel erhältlich und zumeist für den Anfang brauchbar. Wer jedoch Gefallen an der Astrologie gefunden hat und sich vielleicht sogar mit dem Gedanken trägt, sein Wissen durch eine Ausbildung zu vertiefen, der kommt nicht umhin, sich ein professionelles Astrologieprogramm anzuschaffen. Ein Horoskop lesen: Tierkreis, Häuser, Planeten und Aspekte Auch das Lesen des Horoskops als Landkarte zur Persönlichkeit des Menschen will gelernt sein. Bevor wir uns in die Deutungspraxis stürzen, möchte ich Sie einladen, sich mit den einzelnen Faktoren dieses scheinbaren Gewirrs aus Linien, Kreisen, 17 Symbolen und Zahlen zu beschäftigen – Sie werden feststellen, dass es leichter ist, als es auf den ersten Blick aussieht. Um ein Horoskop lesen zu können, müssen Sie sich zuerst die Symbole einprägen, die bei der Darstellung verwendet werden. Übersichten dazu finden Sie im »Kleinen astrologischen Repetitorium« (siehe Anhang). Am besten kopieren Sie sich diese und legen sie neben das Horoskop. Das Horoskop besteht aus dem Tierkreis, dem Häuserkreis, den Planeten und den Aspekten. Der Tierkreis, auch »Zodiak« genannt, wird als breites Band mit zwölf gleich großen Abschnitten dargestellt, der das gesamte Bild als Kreis umrahmt. Jeder Abschnitt trägt das entsprechende Symbol des Tierkreiszeichens. Die Häuser oder Felder sind zwölf durchnumerierte Bereiche im Inneren der Grafik, die für gewöhnlich unterschiedlich groß sind. Die dicker gezeichneten Linien mit den Pfeilspitzen am äußeren Rand des Tierkreises markieren die zwei Hauptachsen, auch »Großes Kreuz« genannt. Die Planeten werden als Symbole dargestellt, die am inneren Rand des Zodiaks wie angeheftet sind. In der Mitte der Grafik findet sich ein weiterer Kreis: er enthält die Linien der Aspekte und ihre Symbole. Der Tierkreis Der Tierkreis mit seinen zwölf bekannten Zeichen (siehe auch Seite 301 ff.) ist die wichtigste symbolische Struktur in der Astrologie, sowohl rein formal als auch inhaltlich. In Abbildung 1 ist das Symbol der Sonne eingetragen, und zwar genau an der Stelle, an der sie sich zum Zeitpunkt der Geburt – hier an einem 17. Januar – befand: im Tierkreiszeichen Steinbock. Wenn wir sagen: »Ich bin Steinbock«, ist genau diese Konstellation gemeint. Wenn wir sagen: »Ich bin Löwe«, befindet sich die Sonne 18 Abbildung 1: Der Tierkreis in einem Horoskop im Tierkreiszeichen Löwe. Jedes Tierkreiszeichen umfasst folglich etwa dreißig Tage. Die Häuser Während sich die Tierkreiszeichen aus der jährlichen scheinbaren Bewegung der Sonne um die Erde herleiten, haben die Häuser einen deutlichen Bezug zur täglichen Bewegung der Sonne und dem Wechsel von Tag und Nacht, also der Rotation der Erde um ihre eigene Achse. Häuser werden auch »Felder« oder »Orte« genannt. 19 Der Häuserkreis ist in den Tierkreis eingebettet, und zwar so, dass jede Spitze eines Hauses (so werden die Linien genannt, die den Anfang eines Hauses markieren) in ein Tierkreiszeichen fällt. Dieses Zeichen bestimmt die grundsätzliche Qualität des Hauses, nach der es gedeutet wird. Die wichtigsten Häuserspitzen sind die von Aszendent (AC) und Deszendent (DC), die horizontal in das Horoskop eingezeichnet sind, und Imum Coeli (IC) sowie Medium Coeli (MC), die eine Achse bilden, welche von unten nach oben führt. Sie bilden das Rückgrat des Horoskops. Besonders wichtig ist der Aszendent: Er ist das Tierkreiszeichen, das zum Zeitpunkt der Geburt gerade am östlichen Horizont aufgeht (vom lateinischen ascendere Abbildung 2: Die Häuser im Tierkreis 20 [»aufsteigen«]). In unserem Beispielhoroskop in Abbildung 2 ist es das Tierkreiszeichen Skorpion. Es bilden sich vier Quadranten, und jeder Quadrant wird wiederum in drei Häuser gegliedert. Diese insgesamt zwölf Häuser verkörpern zwölf grundsätzliche Lebensthemen, die den Rahmen für die menschliche Entwicklung vorgeben. Jedes Haus berührt dabei eine andere Facette: Zusammen ergeben sie das Kaleidoskop der Möglichkeiten eines eigenen Lebens. Die Sonne in unserem Beispiel befindet sich jetzt nicht mehr nur im Tierkreiszeichen Steinbock, sondern auch im dritten Haus. Die Sonne bleibt zirka zwei Stunden in jedem Haus. Dies ist wesentlich individueller als ihre Position im Zeichen, in dem sie sich etwa dreißig Tage lang aufhält. Deshalb legen wir im Gegensatz zur populären Astrologie besonderen Wert auf die Deutung der Sonne im Häuser- und nicht so sehr im Tierkreis. Die Planeten Der Tier- und der Häuserkreis sind statische Strukturen. Die Planeten (vom griechischen planétes [»Wanderer«]) sind im Gegensatz dazu bewegliche Punkte: Sie durchlaufen den Tierkreis, jeder in seinem eigenen Rhythmus und seiner eigenen Geschwindigkeit. In der Astrologie werden Sonne und Mond zu den Planeten gezählt, auch wenn sie es astronomisch gesehen natürlich nicht sind (siehe auch Seite 315). Die Tierkreiszeichen entsprechen eher Eigenschaften, die Häuser bestimmen Verwirklichungsebenen, und die Planeten zeigen Handlungspotenziale. Bildlich gesprochen, stellen die Häuser eine Szenerie zur Verfügung, die durch die Eigenschaften der Tierkreiszeichen eine bestimmte Färbung oder 21 Abbildung 3: Die Planeten im Horoskop Stimmung erhalten, während die Planeten die eigentlichen Akteure im Bühnenbild sind, die Leben und Handlung ins Spiel bringen. Aspekte Wenn sich zwei Planeten im Horoskop in bestimmten Winkelabständen, sogenannten Aspekten, zueinander befinden, wird dies in der Astrologie besonders gewertet: Die Prinzipien der beiden Planeten vermischen sich auf eine dem Aspekt entsprechende Weise. Im Horoskop finden wir die Aspekte oft als Netz von Li22 Abbildung 4: Aspekte nien in der Mitte dargestellt, welche die einzelnen Planetenpositionen verbinden, aber auch als Aspektetreppe oder Aspektarium (siehe Abbildung 9 auf Seite 87). 23