Quelle Fachzeitschrift TITELTHEMA Pharma ✔ ✔ ✔ Planer ✔ Food ✔ Betreiber ✔ ✔ ✔ Kosmetik ✔ Einkäufer ✔ www.pharma-food.de Chemie ✔ Manager ✔ DATEN ALS ASSET Vom Feldgerät zum Electronic Batch Record Speziell im regulierten Bereich, etwa in der pharmazeutischen Produktion, geht Asset Management häufig über die „werterhaltende und wertsteigernde Instandhaltung“ gemäß der Namur-Empfehlung 91 hinaus. Hier gilt es zum Beispiel, vielfältige Daten von intelligenten Feldgeräten im Zuge des Electronic Batch Recording (EBR) zu dokumentieren. Das schließt auch Daten ein, die für die Prozessführung nicht direkt relevant sind und daher außerhalb der Verantwortung des Prozessleitsystems liegen. Diese Datenströme zuverlässig und effizient zu führen, stellt Anlagenbetreiber und Automatisierungsspezialisten vor komplexe Aufgaben. I ntelligente Feldgeräte sind heute in der Lage, eine Vielzahl von Informationen über Status und interne Abläufe, wie Selbsttests, Diagnosevorgänge oder Kalibrieroperationen, zu liefern. Manche dieser Daten, etwa Angaben zum genauen Verlauf von Kalibrierun- Autor Dr. Thomas Schmidt, freier Fachjournalist gen oder Justierungen, liefern wichtige Informationen über den Zustand der Messstelle, den Produktionsprozess und damit die Qualität jeder einzelnen Produktionscharge im Batch-Betrieb. Dabei sind viele dieser Daten für die eigentliche Prozessführung oft entbehrlich. Solche Informationen besser als bisher zu nutzen, ist auch ein zentrales Ziel der PATInitiative der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA). Dabei werden Aussagen über die Produktqualität auf der Basis eines fortgeschrittenen und umfassenden Prozessverständnisses angestrebt. Qualität für Prozess und Produkt Es gibt unterschiedliche Wege, um Informationen aus dem Feldgerät – mit oder ohne Zutun des Leitsystems – in die übergeordnete Ebene des MES (Manufacturing Execution System) zu übertragen. Gerade bei großen Datenmengen bzw. vielen Datenquellen ist es dabei wichtig, sich für eine effiziente Lösung zu entscheiden. Einmal in einer Datenbank der MES-Ebene angekommen und zugeordnet, stehen diese Informationen dann nicht nur für die Prozessdokumentation, sondern auch für das „Plant Asset Management“ zur Verfügung, also zum Beispiel die vorbeugende Instandhaltung. 14 Pharma+Food · September 2007 Wie eine solche Lösung für die Datenübertragung aussehen könnte, hat ein Hersteller von Automatisierungssystemen beispielhaft in einer Großanlage der pharmazeutischen Industrie demonstriert. Rund ein Fünftel der insgesamt mehr als 600 PAT-Messstellen dieser An- lage bestimmen pH-Werte; die modernsten Messgeräte darunter sind über Foundation Fieldbus angebundene, modulare Transmitter vom Typ Protos. Sie arbeiten jeweils mit vollautomatischen Kalibriereinrichtungen und Sensoren mit pneumatischer Wechselarmatur zusammen. ENTSCHEIDER-FACTS Für Anwender Bild: Yokogawa 쮿 Intelligente Feldgeräte liefern wichtige Informationen über den Zustand der Messstelle, den Produktionsprozess und damit die Qualität jeder einzelnen Produktionscharge im Batch-Betrieb. 쮿 Solche Informationen besser als bisher zu nutzen, ist auch ein zentrales Ziel der PAT-Initiative. 쮿 Durch den Einsatz des Plant Resource Managers (PRM), angeschlossen an den Systembus des Prozessleitsystems, kann auch ein hohes Datenaufkommen bewältigt werden. Das PAA-Modul erweitert dieses PRM-System um ein frei konfigurierbares Logik-Werkzeug. 쮿 Durch die Verknüpfung der Protokollinformationen aus dem Feldgerät mit der Batch-ID aus der Rezeptsteuerung des Prozessleitsystems wird eine sichere und lückenlose Chargenzuordnung im Sinn von 21 CFR Part 11 möglich. 쮿 Darüber hinaus können eben diese Daten auch zum Beispiel für die Feldgerätediagnose und die vorbeugende Instandhaltung eingesetzt werden. Vom Feldbus in die MES-Ebene – Effizienter Datentransfer für effiziente Prozesse Bis zu 100 solcher Geräte sollen schon bald in der Anlage ihren Dienst tun. Sie übermitteln die für die Prozessführung erforderlichen Messdaten der Wasserstoffionen-Konzentrationen. Speziell bei den vom Leitsystem initiierten, regelmäßig notwendigen Kalibriervorgängen erstellt jedes der Geräte zudem vollautomatisch Protokolle und speist diese in den Feldbus ein. Werden im Rahmen eines Kalibrierzyklus mehrere Durchgänge notwendig, etwa aufgrund von Fehlern im Ablauf, werden dementsprechend auch mehrere Protokolle ausgegeben. Die Transmitter entsprechen damit der cGMP (Current Good Manufacturing Practice)-Anforderung nach vollständiger elektronischer Dokumentation der Geräteaktivität. Diese erheblichen Datenmengen zu übernehmen, zu dekodieren und zusammen mit der jeweiligen Batch-Indentifikation an die übergeordnete MES-Ebene weiterzugeben, zum Beispiel in den Electronic Batch Record, war die Aufgabe für den Anbieter der Automatisierungslösung. Es gehört zu seiner Philosophie, auch Geräte von Fremdanbietern umfassend zu unterstützen. Deshalb war es selbstverständlich, eine Lösung spezifisch für diesen Betreiber zu entwickeln. Die Basis dafür bildete das Plant Resource Management (PRM)-System, das ergänzend zum Leitsystems Centum CS3000 für das Asset Management entwickelt wurde. Im Mittelpunkt der Überlegungen stand die Frage: Wie kann man das Prozessleitsystem von Aufgaben entlasten, die nicht direkt der Prozessführung dienen? Dazu gehören auch Übertragung und Verarbeitung der Kalibrierprotokolle. Hierfür bietet sich der Plant Resource Manager an. Um die Datenübertragung realitätsnah zu modellieren und die entsprechenden Software-Bausteine zu testen, wurde eine Testinstallation aus pHTransmitter entsprechend dem Segment des Foundation Fieldbus mit der Schnittstelle zum Leitsystem-Bus und einem PRM-System eingerichtet. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Testphase hat inzwischen die Implementierung in der Anlage begonnen. Bild: Knick Elektronische Messgeräte Bild: Yokogawa TITELTHEMA pH-Transmitter Protos (links) mit automatischer Kalibriereinrichtung (Mitte) und Sonde mit pneumatischer Wechselarmatur (rechts) Datenhandling im Detail Der Einsatz des Plant Resource Managers bringt gleich mehrere Vorteile beim Datenhandling: Einmal ist das System direkt am Systembus des Prozessleitsystems angeschlossen, sodass auch hohes Datenaufkommen bewältigt werden kann, ohne dass es außer der Feldbuskarte in der prozessnahen Komponente (PNK) weiterer Schnittstellen bedarf. Zum anderen verfügt der PRM mit dem PAA-Modul (PRM Advanced Application) über ein frei konfigurierbares Logik-Werkzeug vom Typ einer Kommandosprache. Mit deren Hilfe lassen sich verschiedene Ereignisse wie „Abholen des Protokolls“, „Verifizieren des Empfangs“, „Dekodieren“, „Verknüpfen mit einer Batch-ID“ und „Ablegen in Datenbanken“ logisch strukturieren, in Beziehung setzen und ausführen. PAA entspricht in Funktionalität und Benutzeroberfläche weitgehend dem Exapilot, der das Leitsystem Centum CS3000 ergänzt und dort das Aufsetzen und automatische Abarbeiten von Kommandoprozeduren ermöglicht. Solche Prozeduren erleichtern zum Beispiel bei Wechseln des Betriebszustandes von Anlagen oder Anlagenteilen die Arbeit des Betriebspersonals und verbessern die Reproduzierbarkeit solcher Abläufe. Ein entscheidender Schritt auf dem Weg der Kalibrierdaten vom Feldbus zur SQL-Datenbank ist die Dekodierung der Informationen vom Feldgerät, die wegen des dort limitierten Speicherplatzes zunächst binär abgelegt werden, und das Einfügen in ein Klartextformular mit mehreren Dutzend Einzelinformationen. Die dafür erforderliche Übersetzungsrou- 16 Pharma+Food · September 2007 Testinstallation eines Plant Resource Management (PRM)-Systems mit einem Protos-Transmitter tine wurde von dem Automatisierer in Zusammenarbeit mit Fachleuten des Feldgeräteherstellers entwickelt und innerhalb des PRM implementiert. Wenn auch dieser Software-Baustein gerätespezifisch sein muss, sollte das Gesamtkonzept des Datentransfers unter Einsatz des PRM-Systems im Prinzip auf viele intelligente Feldgeräte anwendbar sein. Der zweite wichtige Schritt der Datenverarbeitung im PRM besteht in der Verknüpfung der Protokollinformation aus dem Feldgerät mit der Batch-ID aus der Rezeptsteuerung des Prozessleitsystems. Damit werden diese Daten eindeutig einem bestimmten Produktions-Batch und somit einer Produktcharge zugeordnet. Erst dies ermöglicht eine sichere und lückenlose Chargenzuordnung im Sinne der CFR 21 Part 11 der FDA. Die Übergabe der Daten von der SQLDatenbank des PRM-Systems in ein ebenfalls auf SQL basierendes Betriebsdateninformationssystem (BDIS) bzw. ins Electronic Batch Recording lässt sich nun leicht realisieren. Handelt es sich beim Zielsystem ebenfalls um eine SQLDatenbank – wie im vorliegenden Fall – kommt auch eine bloße Übergabe der entsprechenden Speicheradresse und damit ein Datenmanagement entsprechend einem „Single-source-of-information“-Konzept als Lösung in Frage. Im BDIS bzw. EBR werden die Feldgeräte-Informationen schließlich um Daten aus anderen Systemkomponenten, etwa dem Prozessleitsystem auf dem Wege über ein Plant Information Management System (PIMS), dem Laborinformationssystem (LIMS) sowie dem ERP- System, wie beispielsweise SAP, ergänzt und so die Batch-Dokumentation entsprechend den regulatorischen Anforderungen komplettiert. Plant Asset Management inbegriffen Ein weitgehend automatisiertes Verfahren, um cGMP-konform Electronic Batch Records zu erstellen, kann die Produktion effizienter gestalten, ohne selbst unmittelbar „wertschöpfend“ zu sein. Rasch verfügbar und mit wenig manuellem Aufwand verbunden, steigert der EBR nämlich die Produktdurchlaufzeit. Die zusammengefassten Daten besitzen einen Wert jenseits der Dokumentation. Darüber hinaus können eben diese Daten auch zum Beispiel für die Feldgerätediagnose und die vorbeugende Instandhaltung eingesetzt werden. So lassen sich etwa aus der statistischen Auswertung der Kalibrierprotokolle über einen längeren Zeitraum hinweg Aussagen über den Funktionsstatus der pH-Transmitter sowie den Zustand und das Alterungsverhalten der Sensoren ableiten. Besonders interessant und nützlich in diesem Zusammenhang ist die Korrelation mit den Prozessbedingungen, die zu Fehlern bei der Kalibrierung und damit zu wiederholten Kalibrierungen führen. Solche Untersuchungen sind typische Aufgabenstellungen im Rahmen des „Plant Asset Management“. Auch hier können die Daten aus dem Feld helfen, Effizienzreserven zu erschließen. KONTAKT Weitere Infos www.pharma-food.de P+F 600