Einsatz von BHKW in der Wohnungswirtschaft Bernd Thomas 1 Einleitung Die gekoppelte Erzeugung von elektrischem Strom und Wärme, kurz Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), führt in anerkannter Weise zu einer effizienteren Nutzung der Primärenergie im Vergleich zur getrennten Produktion von Strom und Wärme in Großkraftwerk und Heizkessel. Die Ursache für die höhere Energieeffizienz der KWK ist in der Nutzung der bei der Erzeugung von elektrischer Energie anfallenden Abwärme zu Heizzwecken begründet. Aus diesem Grund kann die eingesetzte Primärenergie im Vergleich zur getrennten Erzeugung wesentlich besser ausgenutzt werden. Während bei der Stromerzeugung in deutschen Kraftwerken gegenwärtig nur ein Anteil der Brennstoffenergie von durchschnittlich ca. 38% in Strom gewandelt und die Restenergie über den Kühlturm ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird, ist es bei der KWK durch die gleichzeitige Wärmenutzung möglich, über 90% der Primärenergie in Form von Strom und Wärme bereitzustellen. Bild 1 zeigt diesen Effekt deutlich: Bild 1 Vergleich des Primärenergieverbrauchs bei Einsatz einer KWK-Anlage in der Wohnungswirtschaft im Vergleich zur getrennten Erzeugung von Wärme und elektrischer Energie Es ist zu erkennen, dass zur Erzeugung der gleichen Anteile Nutzwärme und elektrischer Energie bei Einsatz einer kleinen KWK-Anlage in Form eines Blockheizkraftwerkes nur 100 Anteile Primärenergie einzusetzen sind, während bei der getrennten Erzeugung in Gasbrennwertkessel und Kraftwerk 141 Anteile Primärenergie erforderlich sind. Dieses entspricht einer Primärenergieeinsparung von 29 % durch das Blockheizkraftwerk. Dabei ist ein Blockheizkraftwerk mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 30% und einem thermischen Wirkungsgrad von 60% zugrunde gelegt worden, was die relevante Größenordnung für in der Wohnungswirtschaft eingesetzte Geräte gut widerspiegelt. Somit ergibt sich ein deutlicher energetischer Mehrwert bei Verwendung einer KWK-Anlage, obwohl der elektrische Wirkungsgrad des Blockheizkraftwerkes geringerer ist als im Großkraftwerk, wie Bild 1 zeigt. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat das Potenzial der KWK erkannt und strebt an, bis zum Jahr 2020 25% der in Deutschland benötigten Strommenge in Kraft-Wärme-Kopplung zu erzeugen [1], was in etwa einer Verdopplung gegenüber dem Stand des Jahres 2008 gleichkommt. 2 Technologie Das technologische Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung ist nicht neu; es wird bereits seit vielen Jahren mit der Auskopplung von Fernwärme aus Kraftwerken praktiziert. Als limitierender Faktor stellt sich dabei jedoch die Verteilung der Wärme von der Erzeugung – im Kraftwerk – bis zu den Verbrauchern über Fernwärmenetze dar. Es ist offensichtlich, dass derartige Netze zum einen nicht beliebig groß und zum anderen, insbesondere bei bereits 1 bestehender Bebauung, nur mit erheblichem finanziellen Aufwand erstellt werden können, was die Verbreitung der Technologie mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit stark einschränkt. Um diesen Nachteil zu umgehen, wird die Kraft-Wärme-Kopplung in den kleinen und kleinsten Leistungsbereich herunter skaliert, so dass die Strom- und Wärmeproduktion direkt in den Arealen oder den Wohngebäuden erfolgen kann. Augenscheinlich vermindern sich damit auch die ansonsten bei der Verteilung von Strom und Fernwärme auftretenden Energieverluste, was die Energieeffizienz der KWK im kleinen und kleinsten Leistungsbereich weiter verbessert. Derartige Geräte werden als „Blockheizkraftwerke“ (BHKW) oder auch als KWK-Geräte bezeichnet. In Kombination mit einem optionalen Zusatzheizgerät und einem thermischen Speicher, auch „Pufferspeicher“ genannt, spricht man von KWK-Anlagen. Der Begriff „Blockheizkraftwerk“ geht auf den Gedanken zurück, dass Strom und Wärme nicht getrennt, sondern gekoppelt in einem „Block“ erzeugt werden. Dieses ist in Bild 2 zu erkennen. Der „Block“ ist grau dargestellt, und er enthält eine Kraftmaschine, die an einen Generator angeschlossen ist. Auf diese Weise wird die eingesetzte Brennstoffenergie in elektrische Energie gewandelt. (Streng genommen ist die Kombination aus Kraftmaschine und Generator zu eng gefasst, da eine Brennstoffzelle an dieser Stelle den gleichen Zweck erfüllt und Brennstoffzellen thermodynamisch gesehen keine Kraftmaschinen sind.) Die bei der Energiewandlung entstehende Wärme wird in den gezeichneten Heizkreis eingebracht. Stark vereinfacht gleicht das BHKW in seiner Funktion einem Pkw-Motor, der sowohl zum Antrieb des Fahrzeuges als auch mit Hilfe der Motorabwärme zur Beheizung des Fahrgastraums dient. Bild 2 Prinzipieller Aufbau eines Blockheizkraftwerkes Bild 2 zeigt weiterhin, dass sowohl der Generator als auch der Abgasstrang in den Heizkreis eingebunden sind, um die Abwärme auch an diesen Stellen einkoppeln zu können. So gelingt es, die Wärmeverluste an die Umgebung zu minimieren und eine bestmögliche Verwertung der eingesetzten Primärenergie zu erreichen. Sofern sich die Rücklauftemperatur im Heizkreis entsprechend absenken lässt, kühlt man das Abgas zudem unter den Taupunkt, um die Kondensationswärme analog zur konventionellen Heiztechnik im Sinne der Brennwerttechnik nutzen zu können. Mit Blick auf die Technologie des Energiewandlers ist es gemäß dem zuvor angestellten Vergleich mit dem Pkw-Motor nicht verwunderlich, dass die nach dem Otto- und 2 Dieselprinzip arbeitenden Verbrennungsmotoren auch bei den BHKW dominieren. Ottomotoren sind dabei für den Einsatz von Erd- oder Flüssiggas und Dieselmotoren für den Einsatz von Heizöl vorgesehen. Letztere werden jedoch aufgrund der erhöhten Schadgasemissionen nur vereinzelt eingesetzt, so dass der Schwerpunkt zurzeit eindeutig bei den Gas-Ottomotor-BHKW liegt. Im Detail unterscheiden sich die Motoren dennoch von der Pkw-Anwendung, da für BHKW mit 40.000 bis 80.000 Stunden erheblich höhere Lebensdauern mit entsprechend längeren Wartungsintervallen zwischen 3.500 und 8.500 Stunden gegenüber Pkw-Motoren erreicht werden. Der Aspekt der hohen erforderlichen Lebensdauer bei gleichzeitig geringem Wartungsaufwand hat dazu geführt, dass mit dem Stirlingmotor und dem Dampfmotor auch andere Technologien für den Einsatz in BHKW entwickelt werden, mit dem Resultat, dass bereits erste Geräte am Markt erhältlich sind. Stirling- und Dampfmotoren bieten außerdem weitere Vorteile im Vergleich zu den klassischen Verbrennungsmotoren: Durch die kontinuierliche Verbrennung zeigen die Geräte geringe Schadgasemissionen auch ohne Abgaskatalysator, und die Vielfalt der verwendbaren Brennstoffe ist größer bis hin zum Einsatz von Biomasse. So werden derzeit Geräte für die Beheizung mit Holzpellets entwickelt. In der Anwendung zielen Stirlingmotor und Dampfmotor-BHKW jedoch auf den kleinsten Leistungsbereich für den Einsatz in Einfamilien- und sehr kleinen Mehrfamilienhäusern ab, da ihre Vorteile gegenüber Motor-BHKW, wie geringer Wartungsaufwand und geräuscharmer Betrieb, hier am stärksten zum Tragen kommen. Die zuvor genannten Brennstoffzellen-Geräte stellen ebenfalls eine zweckmäßige Alternative für BHKW dar, insbesondere mit Blick auf die hohen erreichbaren elektrischen Wirkungsgrade. Derartige Geräte sind allerdings noch im Entwicklungsstadium, und der Zeitpunkt der Markteinführung ist trotz beginnender Feldtests nur schwer vorhersagbar. Primäre Entwicklungsaufgaben sind die Erhöhung der Langzeitstabilität und -beständigkeit sowie die Senkung der Herstellungskosten. Auch hier zielt die Entwicklung im ersten Schritt auf den Einsatz in Einfamilienhäusern ab. Gasturbinen-BHKW, sogenannte Mikrogasturbinen, werden dagegen erst mit größeren Leistungen angeboten. Grund dafür ist wiederum der erreichbare elektrische Wirkungsgrad, der bei kleineren Turbinen aufgrund zunehmender Spaltverluste stark abfällt. Dementsprechend werden Gasturbinen-BHKW nur mit elektrischen Leistungen von 28 kW und größer angeboten. Des Weiteren befindet sich bei Mikrogasturbinen die nutzbare Abwärme komplett im Abgas, was den Übergang auf hydraulische Heizsysteme, wie sie in der Wohnungswirtschaft üblich sind, gegenüber wassergekühlten Aggregaten aufwändiger erscheinen lässt. Eine ausführliche und zusammenfassende Betrachtung der verschiedenen Technologien ist unter Angabe konkreter Betriebsdaten aus Prüfstandversuchen in der Literatur gegeben [2]. 3 Perspektiven für die Wohnungswirtschaft Ungeachtet der Tatsache, dass kleine Blockheizkraftwerke auf der Basis von GasOttomotoren als technisch ausgereift zu betrachten sind, und obwohl ihr Energieeinsparpotenzial unstrittig ist, lässt die flächendeckende Verbreitung noch auf sich warten. Dennoch werden BHKW mittlerweile auch von den großen Heiztechnikherstellern angeboten und weiterentwickelt, was darauf hindeuten mag, dass eine größere Ausbringung in nächster Zeit zu erwarten ist. Die Ursachen für die schleppende Etablierung von kleinen Blockheizkraftwerken insbesondere in der Wohnungswirtschaft sind dabei nicht unbedingt an 3 einer fehlenden Wirtschaftlichkeit festzumachen. Vielmehr stellen fehlende Planungs- und Auslegungswerkzeuge, Unkenntnis der rechtlichen Situation, insbesondere bei der Stromverteilung im Objekt, und ein generelles Informationsdefizit über die Möglichkeiten und Potenziale der Technologie nicht zu unterschätzende Hürden für die Einführung der KWK dar. Bei der Vergütung für den erzeugten elektrischen Strom unterscheidet sich beispielsweise die Situation für ein mit Erdgas oder Heizöl betriebenes Blockheizkraftwerk im Vergleich zu Erzeugungsanlagen, die mit erneuerbaren Energien betrieben und daher unter das EEG 1 fallen, wie Photovoltaikanlagen oder Biogas-BHKW, grundlegend. Während bei EEGAnlagen eine Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz aufgrund der hohen Zuschüsse häufig die günstigere Alternative darstellt, erhöht sich die Wirtschaftlichkeit von Blockheizkraftwerken, wenn ein möglichst großer Anteil des erzeugten Stroms im Objekt verbraucht wird. Anhand von Tabelle 1 ist dieser Sachverhalt deutlich ersichtlich, da die Gesamtvergütung für selbst genutzten KWK-Strom die Vergütung für die Einspeisung von KWK-Strom um fast das Doppelte übersteigt. Tabelle 1 Vergütungen für eingespeisten und selbst genutzten KWK-Strom (Nettowerte) aus erdgas- oder heizölbetriebenen BHKW eingespeister KWK-Strom üblicher Preis (gemäß Strombörse EEX I/2012) vermiedenes Netznutzungsentgelt KWK-Zuschlag selbst genutzter KWK-Strom 4,51 ct/kWh ca. 0,5 ct/kWh 5,11 ct/kWh vermiedener Nettostrompreis (Preisangabe 1/2012) 20,83 ct/kWh EEG-Umlage - 3,59 ct/kWh KWK-Zuschlag 5,11 ct/kWh Gesamtvergütung ca. 10,12 ct/kWh 22,35 ct/kWh www.eex.de Das vermiedene Netznutzungsentgelt wird vom Netzbetreiber festgelegt, und es beträgt in der Regel zwischen 0,2 und 1,0 ct/kWh Die EEG-Umlage muss nur abgeführt werden, wenn der KWK-Strom im Objekt an Dritte weitergegeben wird. Wenn der KWK-Strom dagegen durch den Betreiber oder eine Betreibergemeinschaft genutzt wird, kann die Abführung der EEG-Umlage unterbleiben. Der angegebene KWK-Zuschlag von 5,11 ct/kWh gilt gemäß KWKG 2 für BHKW bis zu einer elektrischen Leistung von 50 kW. Der Zuschlag wird hier über einen Zeitraum von 10 Jahren ab Inbetriebnahme gewährt. Prinzipiell ist eine höhere Bewertung der Selbstnutzung von elektrischem Strom aus Eigenerzeugungsanlagen gegenüber der Einspeisung in das öffentliche Netz zu begrüßen, da sich auf diese Weise das häufig gegen diese Anlagen ins Feld geführte Argument der zusätzlichen und nur schwer kalkulierbaren Netzbelastung stark abschwächen lässt. Außerdem entspricht diese Forderung dem Ansatz einer dezentralen Energieversorgung im ureigenen Sinn, in dem die Energie dezentral erzeugt und auch dezentral genutzt wird. Deshalb sollte nicht zuletzt der Gesetzgeber diesen Ansatz bei allen Erzeugungsarten, insbesondere bei der Gewährung von Zuschüssen nach EEG, in den Vordergrund stellen. 1 EEG: Erneuerbare Energien Gesetz 2 KWKG: Kraft‐Wärme‐Kopplungs‐Gesetz 4 Für die Auslegung und die Wirtschaftlichkeitsberechnung von KWK-Anlagen ergibt sich aus der in Tabelle 1 dargestellten Vergütungssituation die Notwendigkeit, neben der jährlichen Laufzeit auch den Anteil der im Objekt nutzbaren Menge an KWK-Strom zu berechnen. Dazu reichen die Jahresverbrauchswerte allerdings bei weitem nicht aus. Es müssen stattdessen die Lastprofile für den Strom- und Wärmebedarf im Objekt bekannt sein. Dabei gilt jedoch nach wie vor, dass sich die Betriebsweise des BHKWs selbst bei Ausrichtung auf die Deckung des Stromeigenbedarfs generell am Wärmebedarf des Objektes orientieren muss. Der Betrieb einer KWK-Anlage zur reinen Deckung des Strombedarfs ohne Wärmenutzung ist weder wirtschaftlich sinnvoll noch energetisch vertretbar. Letztendlich ergibt sich ein Planungsvorgang, der im Vergleich zur Auslegung einer klassischen Heizanlage deutlich komplexer ist und deshalb nur mit geeigneten Rechnerprogrammen erledigt werden kann, die derzeit noch nicht zum Standardrepertoire von Heizungsplanern gehören. Um hier Abhilfe zu schaffen und Unterstützung zu leisten, ist die VDI-Richtlinie 4656 zur Planung und Dimensionierung von Mikro-KWK-Anlagen [3] entwickelt worden, die voraussichtlich im Frühjahr 2011 im Gründruck erscheinen wird. Die Richtlinie wird zusammen mit einem Berechnungsprogramm ausgeliefert, mit dem der zuvor skizzierte Planungsvorgang durchgeführt werden kann. Dieses Programm ist herstellerunabhängig und bedienerfreundlich, um einen einfachen Einstieg seitens der Planer zu ermöglichen und damit den Planungs- und Auslegungsvorgang für KWK-Anlagen insgesamt zu vereinfachen. Neben der Berechnung des selbstnutzbaren Stromanteils einer KWK-Anlage im Zuge der Auslegung wird häufig die praktische Umsetzung in Form des Stromverkaufs an die Mieter oder Eigentümer der einzelnen Einheiten eines Mehrfamilienhauses oder einer Wohnanlage als problematisch angesehen. Konkret wird dabei der höhere Aufwand für die Erfassung und Abrechnung der einzelnen Stromverbräuche ins Feld geführt. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu erwarten, dass sich hier zukünftig sowohl allgemein anwendbare Verfahren wie auch entsprechende Dienstleister analog zur Erfassung und Abrechnung des Wärmeverbrauchs etablieren werden. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass neben dem in Tabelle 1 aufgeführten „vermiedenen Strompreis“ auch die Grund- oder Messpreise für die einzelnen Wohneinheiten entfallen und sich auf diese Weise Spielraum für den finanziellen Ausgleich des zusätzlichen Abrechnungsaufwandes ergibt. Entgegen zum Teil anders lautenden Aussagen ist die Verteilung von KWK-Strom in einem im „räumlichen Zusammenhang“ stehenden Objekt nach dem novellierten KWK-Gesetz [4] rechtlich zulässig und eindeutig geregelt. Anhand von Bild 3 sollen im Folgenden die wichtigsten Aussagen des Gesetzes diesbezüglich verdeutlicht werden. Nach §4 Abs. 3b KWKG besteht gegenüber dem Netzbetreiber Anspruch auf einen sogenannten „abrechnungsrelevanten Zählpunkt“, oder auch Summenzähler genannt, der mit Blick auf die Stromabrechnung die Grenze oder Übergabestelle zwischen dem Netzbetreiber und dem BHKW-Betreiber markiert. An diesem Punkt werden sowohl der gesamte im Objekt von außen bezogene elektrische Strom als auch der vom BHKW erzeugte und ins Netz zurückgespeiste Strom bilanziert. Deshalb ist hier ein Zähler zu installieren, der in beiden Richtungen zählen kann – vorzugsweise ein 4-Quadranten-Zähler. Dabei ist die Erfassung von ¼-Stunden-Leistungswerten allein durch den Betrieb des BHKWs nicht zu begründen und somit an dieser Stelle nicht zwingend erforderlich. Die Verbrauchszähler für die einzelnen Wohneinheiten werden bei Anwendung dieses Verfahrens zu Unterzählern degradiert, und sie sind für den Netzbetreiber nicht mehr relevant; sie dienen einzig zur internen Abrechnung zwischen dem BHKW-Betreiber und den Wohneinheiten. Aus diesem Grund entfällt für diese Zähler auch der ansonsten vom Netzbetreiber erhobene Grund- oder 5 Messpreis, wie bereits zuvor angeführt. Für die Mieter oder Eigentümer der Wohneinheiten ist es dabei unerheblich, ob der bezogene Strom vom Netzbetreiber zugeliefert oder vom BHKW erzeugt wurde, da sie hinsichtlich der Stromabrechnung allein mit dem BHKWBetreiber in Beziehung stehen. Die entsprechende Verrechnung erfolgt stattdessen zwischen dem BHKW-Betreiber und dem Netzbetreiber mit Hilfe der Zählerstände am abrechnungsrelevanten Zählpunkt. Z*F Z "virtueller Zählpunkt" "abrechnungsrelevanter Zählpunkt" gemäß KWKG Z Z Netzbetreiber Z Z Z ZF BHKW Vi Vi Vi Fremdbelieferung Bild 3 Verteilung von KWK-Strom in einem Mehrfamilienhaus Sollten ein oder mehrere Mieter oder Eigentümer nicht an der Belieferung mit elektrischem Strom durch den BHKW-Betreiber interessiert sein, so ist auch dieser Fall durch die Bildung sogenannter „virtueller Zählpunkte“ gemäß Bild 3 erfasst. Zu diesem Zweck werden die Zählwerte von fremdbelieferten Wohneinheiten „virtuell“ vor den abrechnungsrelevanten Zählpunkt verlegt, in dem die Zählwerte ZF bei Auswertung des abrechnungsrelevanten Zählpunktes zwischen dem BHKW-Betreiber und dem Netzbetreiber rechnerisch in Abzug gebracht werden. So kann ein Eingriff in die elektrische Leitungsführung vermieden werden, was zu einer erheblichen Vereinfachung des Verfahrens führt. Ein tieferer und durch Verweise auf die entsprechenden Gesetze und Verordnungen komplettierter Einblick über die Verteilung und Abrechnung von KWK-Strom in Mehrfamilienhäusern ist in der Literatur gegeben [5]. Es bleibt festzuhalten, dass die Verteilung von KWK-Strom an Dritte in Wohngebäuden nicht nur rechtlich abgesichert und damit zulässig ist, sondern auch die Wirtschaftlichkeit des BHKW-Betriebes deutlich verbessert. Beispielhaft sei dazu angeführt, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Betrieb eines BHKWs mit Leistungen von 15 kW (elektrisch) und 30 kW (thermisch) in einem Mehrfamilienhaus mit 34 Wohneinheiten und Jahresenergieverbräuchen von 78.123 kWh Strom und 190.930 kWh Wärme (für Heizung und Warmwasser) eine Amortisationszeit von 3,25 Jahren ergibt, sofern alle Wohneinheiten mit dem KWK-Strom beliefert werden können. Sollte nur die Hälfte der Wohneinheiten beteiligt sein, steigt die Amortisationszeit auf ca. 6 Jahre. Für den Fall, dass keine Verteilung des Stroms im Objekt erfolgt und dieser komplett in das öffentliche Netz zurückgespeist wird, ist keine Amortisation unter den angenommenen Bedingungen möglich [6]. Letztgenannter 6 Fall der sogenannten Volleinspeisung lohnt sich erst bei größeren Objekten, wie im Fall eines Wohnparks mit 60 Wohn- und 11 kleineren Gewerbeeinheiten, in dem ein BHKW mit 50 kW elektrischer Leistung mit Volleinspeisung des KWK-Stroms erfolgreich betrieben wird [7]. 4 Fazit und Ausblick Blockheizkraftwerke zum Einsatz in der Wohnungswirtschaft sind als technisch ausgereift und einsatzbereit anzusehen, und sie werden dementsprechend in unterschiedlichen Ausführungen am Markt angeboten. Ebenso ist das Energieeinsparpotenzial dieser Geräte unstrittig. Dennoch lässt die flächendeckende Verbreitung dieser Technologie auf sich warten, was nur teilweise mit einer fehlenden Wirtschaftlichkeit zu begründen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass der mit dem BHKW erzeugte elektrische Strom im Sinne einer dezentralen Erzeugung und Nutzung zum größtmöglichen Anteil im Objekt verbraucht werden sollte. Diese Stromverteilung im Objekt mit der zugehörigen Abrechnung stellt jedoch für die potentiellen BHKW-Betreiber häufig Neuland und damit ein Hemmnis dar, obwohl der rechtliche Rahmen dafür mit dem novellierten KWK-Gesetz eindeutig gegeben ist. Es ist aber absehbar, dass steigende Energiepreise sowie zunehmende Erfahrungen aus konkreten Anwendungen helfen werden, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern und die beschriebenen Hemmnisse abzubauen. Die Einführung von Smart metering und variablen Stromtarifen wird die Verbreitung der KWK weiter beflügeln, da KWK-Anlagen gezielt zu Spitzenlastzeiten betrieben werden können, so dass höhere Stromerlöse erreichbar sind. Nicht zuletzt das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) [8] wird in jüngster Zeit als mögliche Triebfeder für den KWK-Ausbau angesehen, da KWK-Anlagen im EEWärmeG als Ersatzmaßnahme für den Einsatz erneuerbarer Energien bei der Wärmeerzeugung zugelassen sind. Im Zuge des fortschreitenden Übergangs auf eine Stromerzeugung auf Basis regenerativer Energiequellen ist weiterhin denkbar, kleine KWK-Anlagen, die mit regenerativen Energien wie beispielsweise Biomethan oder Holzpellets betrieben werden, in Zeiten niedriger Erzeugung von Solar- und Windstrom gezielt zur Deckung des elektrischen Energiebedarfs einzusetzen. Diese Option wäre eine ebenso einfache wie sinnvolle Antwort auf die derzeit an vielen Stellen formulierte Frage nach ausreichend großen Energiespeichern bei vermehrtem Einsatz regenerativer Energien in der Stromerzeugung. 5 Quellenverzeichnis [1] [2] [3] [4] [5] Integriertes Energie- und Klimaprogramm (IEKP) im Rahmen der Meseberger Beschlüsse der Bundesregierung vom 23.8.2007 Thomas, B.: „Mini-Blockheizkraftwerke – Grundlagen, Gerätetechnik, Betriebsdaten“, Vogel-Buchverlag, Würzburg, 1. Aufl., April 2007 VDI-Richtlinie 4656 „Planung und Dimensionierung von Mikro-KWK-Anlagen“, VDIGesellschaft Energie und Umwelt, Düsseldorf, voraussichtlich im Frühjahr 2011 im Gründruck erhältlich Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-WärmeKopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz), Novelle vom 6.6.2008 Bachor, A. et al.: „Abrechnungsvarianten – Stromerzeugung aus KWK-Anlagen in Mehrfamilienhäusern“, BWK, Springer Verlag, Bd. 62, Nr. 7/8, 2010, S. 47-51 7 [6] [7] [8] Thomas, B.: "Potenziale und Einsatzmöglichkeiten von Kraft-Wärme-Kopplung in der Wohnungswirtschaft", BKWK-Workshop: Dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung in der Wohnungswirtschaft, IBA Hamburg, 23.11.2010 Baugenossenschaft Pfullingen eG, Pfullingen, www. baugenossenschaft-pfullingen.de Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz – EEWärmeG) vom 7.8.2008 6 Kontakt Prof. Dr.-Ing. Bernd Thomas Wissenschaftlicher Leiter des Reutlingen Research Institute (RRI) Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 72762 Reutlingen Tel.: 07121/271-7041 Fax: 07121/271-1404 Email: [email protected] 8