Marketing Was fehlt dem Schweizer Wein zum Durchbruch? Im Vergleich zu benachbarten Ländern ist in der Schweiz der Konsum von einheimischem Wein gering. Trotz ungezählter Versuche: ein Export existiert heute praktisch nicht. Und für viele gilt Schweizer Wein immer noch als teuer und sauer. Was ist faul im Staate Dänemark? Stefan Keller «Schweizer Weine haben mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verdient. Ich bin überzeugt, dass die Markt-Relevanz der Schweizer Weine gestärkt werden kann, sofern alle Beteiligten am gleichen Strick ziehen.» Mit diesen Aussagen schliesst Peter Keller, Weinspezialist bei der NZZ am Sonntag, seine Diplomarbeit, die er im Zusammenhang mit der Ausbildung zum Weinakademiker verfasst hat. Ziel der Arbeit war aufzuzeigen, «welche Organisationen im Schweizer Weinmarketing «Ich bin überzeugt, dass die Markt- welche AufgaRelevanz der Schweizer Weine gestärkt ben wahrnehwerden kann, sofern alle Beteiligten am men und wie es gleichen Strick ziehen.» die Weinbranche wegen des Föderalismus verpasst hat, ein effizientes Marketing aufzubauen». Die Arbeit präsentiert aber auch Möglichkeiten und Vorschläge, wie dies künftig erfolgreicher gemacht werden könnte. Mangelndes Wissen Es ist nicht lange her, da organisierte der deutsche Journalist Peter Züllig in Köln eine Degustationsrunde mit Schweizer Weinen in der festen Überzeugung, dass es in der Schweiz auch gute Gewächse gebe. Die Verkoster empfanden die eigenständigen Gewächse als «ungewohnt, suspekt oder gar genussverletzend». Zülligs ernüchterndes Fazit: Die Runde versteht wohl etwas von Wein, aber nicht von schweizerischem. Laut Peter Keller liegt hier das Dilemma: Im Weinmarketing wird weder das Eigenständige noch das Beson- 6 Marketing dere transparent gemacht. Fast alle Schweizer Rebsorten hätten gegenüber internationalen Varietäten und Neuzüchtungen den Vorteil, dass sie sorten- und gebietstypisch und deshalb einzigartig seien. Fehlendes Gesamtkonzept «Die grösste Schwäche im schweizerischen Weinmarketing ist ein fehlendes branchenübergreifendes Gesamtkonzept. Jeder Verband, jede Region kocht ihr eigenes Süppchen», konstatiert Peter Keller. Das Weinland Schweiz als Ganzes werde somit praktisch nicht wahrgenommen. Als hinderlich bezeichnet er zudem, dass die offizielle Marketing-Organisation Swiss Wine Promotion von VINEA und VINUM mit ihrem Grand Prix du Vin Suisse konkurrenziert wird. Bescheidene Mittel Für die nationale Vermarktung der Schweizer Weine standen 2009 rund 2,8 Millionen Franken zur Verfügung, dies gemäss David Escher, Direktor der Switzerland Cheese Marketing und seit 2006 auch für die Promotion von Schweizer Wein zuständig. Die sechs Weinbauregionen steuern 1,7 Millionen, der Bund 1,1 Millionen Franken bei. Laut Budget gingen davon rund ein Viertel an Promotionen mit Detailhändlern, 400 000 Franken in die Inseratewerbung, je 300 000 Franken an die Swiss Wine Tour und den Degustationswettbewerb Mondial du Pinot noir. Ein Blick über die Grenze: In Österreich, mit einer rund doppelt so grossen Anbaufläche wie der Schweiz, stehen der zentralistisch geführten Österreichischen Weinmarketing Service GmbH ÖWM jährlich über 10 Millionen Franken zur Verfügung. In Deutschland, mit der siebenfachen Anbaufläche der Schweiz, verfügt das Deutsche Weininstitut DWI über rund 15 Millionen Franken, im Gegensatz zu Österreich und der Schweiz muss es ohne Beiträge der öffentlichen Hand auskommen. Vorschläge für effizienteres Marketing Peter Keller schlägt in seiner Arbeit an erster Stelle vor, eine starke Marke «Schweizer Wein» unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten zu schaffen. Voraussetzung ist eine koordinierte Zusammenarbeit aller betroffenen Organisationen. Das gemeinsame Merkmal: Vielfalt, Kleinräumigkeit, autochthone Rebsorten, originelle Weintypen. Eine Auswahl weiterer Massnahmen: Der Exportanteil muss, mit sehr guten Qualitäten und nicht mit billigen Überschussweinen erhöht werden. Um im Ausland, auch von der Presse, wahrgenommen zu werden, sollte der Schweizer Wein im hohen Preissegment positioniert werden. Hier wie da sind die besten Winzerinnen und Winzer gefordert, ihnen kommt die Funktion eines Zugpferds zu. Die Zusammenarbeit mit andern branchennahen Organisationen ist zu fördern. Beispiel: Erlebnisangebote auf Schweizer Weingütern für in- und ausländische FerienPeter Keller schlägt in seiner Arbeit an gäste schaffen, erster Stelle vor, eine starke Marke die über Tou«Schweizer Wein» unter Berücksichtigung rismusorganiregionaler Besonderheiten zu schaffen. sationen verkauft werden. Kooperationen mit dem Schweizer Einzelhandel sollten ausgebaut werden. Die Grossverteiler Coop und Manor erzielen mit dem Verkauf von Schweizer Wein fast einen Drittel des gesamten Umsatzes. Immer mehr namhafte Produzenten kreieren bereits heute spezielle Cuvées für den Detailhandel. Wachsender Konkurrenzdruck Ein Ziel verstärkter, koordinierter Anstrengungen muss sein, den Anteil des in der Schweiz konsumier- 7 Marketing ten einheimischen Weins von heute 40 auf 60 Prozent zu erhöhen. Keine einfache Aufgabe in einem gesättigten Markt mit offensiven Anbietern aus den Nachbarländern und Übersee. Schon heute seien Schweizer Gewächse qualitativ besser als allgemein angenommen, doch erst eine kleine Minderheit habe gemerkt, dass hierzulande exzellente Weine produziert würden, notiert Peter Keller am Schluss seines Berichts. So ist die Schweizer Weinbranche organisiert Swiss Wine Promotion Der Verein wird von den sechs Schweizer Weinregionen und dem Verband der Weinexporteure (SWEA) getragen. Die operative Führung liegt bei Switzerland Cheese Marketing. Präsident der SWP ist seit Oktober 2008 der Walliser JacquesAlphonse Orsat, Präsident des Verbandes der Walliser Weinwirtschaft. Der Verwaltungsrat setzt sich aus sieben Personen (Regionen und SWEA) zusammen. Die Stimmrechte sind abhängig von der Grösse der Rebfläche der einzelnen Regionen. Schweizer Weinbauernverband Der Schweizer Weinbauernverband (SWBV) vertritt die Anliegen der Schweizer Produzenten und hat dafür eine Charta mit 12 Punkten aufgestellt. Die Walliser Winzer sind allerdings aus der Organisation ausgetreten, weil sie sich mit ihren Anliegen regelmässig übergangen fühlten. Der Verband der Schweizer Weinexporteure Die Swiss Wine Export Association (SWEA) ist eine Genossenschaft mit 63 Weinproduzenten unter der Leitung des Wallisers Jean-Bernard Rouvinez. Die finanziellen Mittel von rund 150 000 Franken, die je zur Hälfte von der SWEA und durch Staatsgelder finanziert werden, setzt die Genossenschaft für Auftritte an Messen ein. Eine wichtige Rolle spielen die sechs regionalen Organisationen Interprofession de la Vigne et des Vins du Valais, das Office des Vins Vaudois (OVV), Office des Vins de Genève, Verband der 3-Seen-Region, Ticinowine und der Branchenverband Deutschschweizer Wein.