Ein neues Argument in einer alten Diskussion: ‚Politikverdrossenheit‘ und der gender gap im politischen Interesse - vorläufige Fassung, bitte nicht zitieren - Bettina Westle und Harald Schoen Universität Mainz Institut für Politikwissenschaft Saarstraße 21 D-55099 Mainz e-mail: [email protected], [email protected] 1. Einleitung In der Bundesrepublik Deutschland haben sich – wie in anderen Nationen auch (vgl. etwa Inglehart 1981: 303-306; Verba/Schlozman/ Brady 1995: 348-350) – Frauen trotz zahlreicher gesellschaftlicher Angleichungsprozesse lange Zeit politisch weniger interessiert geäußert als Männer (vgl. Falter/Schumann 1990: 130; Cornelissen 1993: 322; Köcher 1994: 27; Sauer 1994: 106). 1 Dieser Differenz wurde eine ganze Reihe von Wirkungen zugeschrieben. Erstens wurde daraus gefolgert, Frauen hätten weniger konsistente und stabile politische Einstellungen (siehe etwa van Deth 1990: 290-297), was deren Artikulation politischer Wünsche beeinträchtige (vgl. van Deth 1990: 275-276). Zweitens habe das geringere politische Interesse von Frauen Unterschiede zu Männern im Wahlverhalten hervorgebracht. Zum einen hätten Frauen aus diesem Grund lange Zeit eine konservative Ideologie vertreten und die CDU/CSU bevorzugt (vgl. Rusciano 1992: 348-349; siehe auch Falter/Schumann 1990; Molitor/Neu 1999). Zum anderen führe das geringere politische Interesse der Frauen dazu, daß sie neue Angebote am politischen Markt später als Männer wahrnähmen und diese in der Anfangsphase unterproportional unterstützten (vgl. Roth 1989: 11-12; siehe auch Borre 1985: 379). Schließlich habe das geringere politische Interesse die politische Partizipation von Frauen behindert, und zwar umso stärker, je höhere Ansprüche die jeweilige Partizipationsform an den einzelnen stellt: Für die Wahlbeteiligung ist der Effekt des Interesses (siehe etwa Köcher 1994: 26-27) schwächer ausgeprägt 2 als etwa für die aktive Unterstützung eines Kandidaten oder gar für die Übernahme eines Amtes (vgl. etwa Ackelsberg/Diamond 1987: 508; Andersen 1975: 439-440; Milbrath/Goel 1977: 46; Bennett/Bennett 1989: 106; Verba/Burns/Schlozman 1997: 1053). Daher wird dieses Gefälle im politischen Interesse neben offenen Diskriminierungen als Erklärung für den geringen Frauenanteil in politischen Elitepositionen herangezogen (vgl. etwa Inglehart 1981: 299-301; siehe auch Hoecker 1987, 1995: 110-161, 1997). Wie nicht zuletzt der rasche Aufstieg von Angela Merkel zur Bundesvorsitzenden der CDU zeigt, sind Frauen mittlerweile jedoch auch in vormals als Männerbastionen geltenden Organisationen in Spitzenpositionen anzutreffen. 1 In diesem Aufsatz betrachten wir Differenzen zwischen Frauen und Männern, ohne damit die Über- oder Unterlegenheit der einen oder anderen Seite zu verbinden; damit hoffen wir, dem Vorwurf von feministischer Seite, der männliche Aktivbürger diene der Forschung als Ideal, an dem Frauen gemessen würden (vgl. Meyer 1992: 4-5), die Spitze zu nehmen. 2 Dieser in der Literatur mehrfach nachgewiesene Effekt kann nicht mit dem von Meyer (1992: 7) und Sauer (1994: 107) formulierten Einwand, auch unter den Nichtwählern fänden sich politisch Interessierte, wie auch unter den Wahlteilnehmern an Politik nicht interessierte Menschen anzutreffen seien, angezweifelt werden. Denn diese Kritik unterstellt augenscheinlich einen deterministischen Zusammenhang, was für die Sozialwissenschaften viel zu ambitioniert und deshalb unangemessen ist. Überdies fällt die Nonchalance auf, mit der der Begriff ‚Indikator‘ synonym mit ‚Einflußfaktor‘ verwendet wird (vgl. Sauer 1994: 107). 1 Darf man – trotz der Spezifika dieses Falles – daraus schließen, daß die bundesdeutsche Geschlechterkluft im politischen Interesse verschwunden ist? Frau Merkels Aufstieg läßt sich jedoch auch aus einer zweiten Perspektive betrachten. Denn nicht zuletzt wurde er als Versuch gedeutet, die CDU für Frauen, insbesondere jüngeren Alters, attraktiver zu machen. Damit wird indirekt ein Argumentationsmuster aufgegriffen, das neuerdings – in bewußter Abgrenzung zu etablierten Erklärungsansätzen – dazu genutzt wird, die Geschlechter-Differenzen im politischen Interesse zu erklären. Diese Argumentation, die von einem spezifisch weiblichen Politikverständnis ausgeht, wird indessen auch dazu benutzt, für Frauen und Männer unterschiedliche Mechanismen für die Vermittlung politischen Interesses zu postulieren. Beiden Fragen werden wir im folgenden nachgehen. Die folgenden Ausführungen gliedern sich in sieben Abschnitte. Zunächst werden die etablierten sowie neu entwickelten Erklärungen für den gender gap vorgestellt und diskutiert. Nach einer knappen Darstellung der Operationalisierung der zentralen Variable, des politischen Interesses, werden in einem ersten empirischen Schritt im Längsschnitt die Entwicklung des politischen Interesses sowie die Entwicklung von Urteilen über das Funktionieren des politischen Systems und dessen Akteure analysiert; neben dem Geschlecht werden dabei Alter, Schulbildung und Geschlechtsrollenorientierungen berücksichtigt. Danach wird in multivariaten Analysen für das Jahr 1998 die relative Erklärungskraft der verschiedenen Argumente sowie die Ähnlichkeit der Vermittlungsmechanismen für politisches Interesse unter Frauen und Männer untersucht. Abschließend werden die Kernbefunde der Analysen zusammengefaßt, Folgerungen gezogen und Anregungen für die weitere Forschung formuliert. 2. Politisches Interesse und Geschlecht : Theoretische Überlegungen Um Geschlechterunterschiede im politischen Interesse zu erklären, wird in der Literatur eine breite Palette von Argumentationsmustern offeriert. Sehen wir an dieser Stelle von biologistisch-genetisch inspirierten Überlegungen ab (siehe etwa Ackelsberg/Diamond 1987: 516), lassen sich folgende vier Lesarten unterscheiden: erstens Unterschiede in der politischen Sozialisation, zweitens zwischen den Geschlechtern divergierende Lebensumstände, drittens speziell gegen Frauen wirksame Zugangsbarrieren zur politischen Arena (vgl. etwa Bennett/Bennett 1989: 106-110; Welch 1977: 712; siehe ähnlich Kulke 1996: 490). Aus der Kritik an diesen drei traditionellen Argumentationsschemata hat sich schließlich – bevorzugt 2 unter feministischen Politikwissenschaftlerinnen – eine vierte Lesart entwickelt, die eine geschlechtsspezifische Unzufriedenheit mit den politischen Akteuren und den Leistungen des politischen Systems in den Mittelpunkt stellt. Die sozialisationstheoretische Argumentationslinie stellt darauf ab, daß in der primären politischen Sozialisation Mädchen und Jungen divergierende Geschlechterrollen und Verhältnisse zur Politik vermittelt würden. Mädchen würden darauf vorbereitet, den Haushalt zu führen, Kinder aufzuziehen und sich um soziale Beziehungen zu kümmern, während bei Jungen in den formativen Jahren der Sinn für das Durchsetzungsvermögen im Wettbewerb um Macht und Einfluß geschult werde. Dadurch werde zumindest unbewußt der Eindruck vermittelt, Politik sei eine männliche Domäne, von der sich Frauen fernzuhalten hätten (vgl. etwa Campbell/Converse/Miller/Stokes 1960: 484-485; Greenstein 1961: 369, 1969: 107-127; Chodorow 1978: 173-175; Lane 1959: 215; Orum et al. 1974: 206; Welch 1977: 713-714; Rapoport 1981). 3 Sofern dieses Argument valide ist, würden sich die einmal ansozialisierten Einstellungen im weiteren Lebenszyklus kaum noch wandeln. Später eintretende Ereignisse oder Lebensumstände entfalteten keinen Einfluß mehr. Beispielsweise könnte das politische System Frauen für das Geschehen in der politischen Arena auch nicht interessieren, indem es deren Wünschen und Forderungen nachkommt. Eine attitudinale Geschlechterkluft wäre nur sehr langsam, nämlich infolge eines Generationswechsels veränderlich. 4 Die situativ argumentierende Erklärung geht hingegen davon aus, daß vor allem die aktuellen Umstände, unter denen Frauen und Männer leben, für das unterschiedlich große Interesse an den Geschehnissen in der politischen Arena verantwortlich seien. Die Lebenssituation von Frauen sei weitaus weniger als die von Männern dazu geeignet, politisches Interesse oder politische Aktivitäten zu erlauben oder gar zu fördern. So seien Frauen von ihrer Hausarbeit und der Betreuung der Kinder derart in Anspruch genommen, daß ihnen weder Zeit noch Energie bleibe, sich um Politik zu kümmern. Zudem eröffne die Beschränkung auf die Rolle als Hausfrau und Mutter weit weniger Gelegenheiten, in Gespräche politischen Inhalts verwickelt zu werden, als eine Tätigkeit außer Haus (vgl. Welch 1977: 715; siehe für empirische Analysen Andersen 1975: 441-447; Andersen/Cook 1985: 611-619; McDonagh 1982: 284-295). Diese Argumentation impliziert, daß die Geschlechterkluft durchaus wandelbar ist, nämlich dann, wenn sich die Lebensumstände von Frauen und Männern 3 Siehe für die Diskussion um die Rolle beider Elternteile in der Sozialisation Rapoport (1985: 205-207), Jennings (1983: 370-382). 4 Ein Paradebeispiel hierfür liefert Inglehart (1981: 303-313), indem sie im internationalen Vergleich das Niveau politischen Interesses unter Frauen durch die in der jeweiligen Gesellschaft historisch vorherrschenden Einstellungsmuster zur Rolle der Frau bestimmt sieht: Je länger und nachdrücklicher autoritäre Einstellungsmuster dominiert hätten, um so größer fiele die gegenwärtige Geschlechterkluft aus. 3 angleichen. Da die objektiven Lebensbedingungen beider Geschlechter in der Bundesrepublik einander tatsächlich langsam ähnlicher geworden sind (siehe etwa Statistisches Bundesamt 2000: 88) sollte der gender gap im politischen Interesse zumindest kleiner geworden, wenn auch nicht unbedingt verschwunden sein. In innerdeutscher Perspektive läßt beispielsweise die im Vergleich zu den alten Bundesländern merklich höhere weibliche Erwerbsquote in den neuen Bundesländern spürbar geringere Geschlechterdifferenzen im politischen Interesse vermuten. Das strukturelle Erklärungsmuster sieht das schwächer ausgeprägte politische Interesse der Frauen darin begründet, daß ihnen die männlich dominierte Gesellschaft den Zugang zu politikaffinen gesellschaftlichen Sektoren und politisch relevanten Ressourcen verwehre (siehe etwa Orum et al. 1974: 198-199; Welch 1977: 712, 715-716). Beispielsweise würden Mädchen nicht im gleichen Ausmaß wie Jungen schulisch gefördert und Frauen der Zugang zu besser dotierten Erwerbspositionen erschwert. Grundsätzlich impliziert auch dieses Modell die Wandelbarkeit politischer Attitüden, sieht also den gender gap als durchaus veränderlich an. Indessen dürfte einer raschen Änderung die Trägheit gesellschaftlicher Strukturen entgegenstehen. In sozialstruktureller Hinsicht schneiden die Frauen in der Bundesrepublik nach wie vor schlechter ab als Männer, doch schrumpft der Abstand. Deshalb dürfen wir eine Angleichung des Interesses für Politik erwarten. Im innerdeutschen Vergleich gilt das zu den situativen Faktoren Gesagte analog. Der situative und der strukturelle Ansatz unterscheiden sich vom Sozialisationsargument, da sie nicht von unveränderlichen Einstellungen ausgehen. Diese Divergenz kann jedoch nicht über die wesentliche Gemeinsamkeit aller drei traditionellen Muster hinwegtäuschen (vgl. Orum et al. 1974: 198-199; Bennett/Bennett 1989: 108): Die Wurzeln der Geschlechterkluft hinsichtlich politischer Einstellungen sind vorpolitischer Natur. 5 Das heißt, unabhängig davon, welche Leistungen das politische System erbringt, welche Gruppeninteressen berücksichtigt werden und wie sich die Akteure auf der politischen Bühne präsentieren, seien bestimmte Bevölkerungsgruppen stärker der Politik zugewandt als andere. Diese vorpolitischen Erklärungen lehnt die jüngste Argumentationslinie ab und sieht stattdessen eine geschlechtsspezifische Unzufriedenheit mit dem politischen Prozeß und dem politischen System als den entscheidenden Erklärungsfaktor an. Als Grundlage wird ein Zusammenhang zwischen dem Responsivitätsempfinden der Bürger und ihrem politischen Interesse postuliert: Sofern Bürgerinnen und Bürger das Gefühl hätten, die Akteure auf der 5 „Vorpolitisch“ meint, daß die aktuelle politische Situation nicht als Erklärungsmöglichkeit herangezogen wird. Die gesellschaftlich-historisch geronnenen Sozialisationsmuster und strukturellen Lebensumstände sind dagegen durchaus politischer Natur. 4 politischen Bühne kümmerten sich um die Sorgen der Bevölkerung und entwickelten geeignete Vorschläge, um gesellschaftliche Probleme zu lösen, so interessierten sie sich für das Geschehen in der politischen Arena. Sollten sie hingegen den Eindruck gewinnen, die politische Elite habe hauptsächlich ihr eigenes Fortkommen im Auge, würden die Menschen „politikverdrossen“ und wendeten sich von der Politik ab (siehe etwa Key 1961: 546; van Deth 1996: 383-384). Diese theoretisch6 wie auch empirisch durchaus strittige Behauptung7 wird für die Diskussion um den gender gap durch die Annahme nutzbar gemacht, Frauen seien systematisch unzufriedener mit dem Geschehen in der politischen Arena, was dann zu einem schwächer ausgeprägten politischen Interesse führe. Das Unbehagen an der Politik kann dabei zahlreiche Facetten haben. Erstens hätten Frauen ein anderes Politikverständnis als Männer entwickelt 8 , das ihnen die Teilnahme am von ‚männlichen‘ Charakteristika dominierten Politikbetrieb verleide. Frauen legten Wert auf Kooperation sowie Flexibilität und arbeiteten gerne prozeß- und personenorientiert, wohingegen in der traditionellen Politik in eng begrenzten Ressorts gedacht und prinzipienund sachorientiert gehandelt werde (vgl. Meyer 1992: 11; Cornelissen 1993: 323-324; Sauer 1994: 109). 9 Deshalb wendeten sich Frauen von den traditionellen Formen politischer Organisation wie den Parteien ab und engagierten sich vorwiegend in unkonventionellen und wenig formalisierten Formen politischer Partizipation, etwa in neuen sozialen Bewegungen und lokalen10 Bürgerinitiativen (vgl. Cornelissen 1993: 327-328; siehe Rubart 1988; de Luca 1995: 168-170). Auch die politischen Themen und Inhalte bewegten die Frauen zu einer Abkehr von der institutionalisierten Politik (vgl. Meyer 1992: 8). Denn diese vernachlässige Problemfelder, die Frauen besonders am Herzen liegen, systematisch, während neue soziale Bewegungen häufiger Themen aufgriffen, die auch für Frauen relevant seien (vgl. Cornelissen 1993: 327-328). Drittens sei das Spitzenpersonal in der institutionalisierten Politik derart männerlastig, daß es Frauen zusätzlich schwerfallen müsse, sich für das Geschehen in der 6 Nie/Verba/Petrocik (1976: 270-288) sehen das politische Interesse als treibende Kraft hinter der wachsenden Skepsis gegenüber dem Staat in den USA in den sechziger und siebziger Jahren, kehren also die Richtung der Kausalität gerade um. 7 Bennett (1986: 84-86) stellt in den USA von den sechziger bis in die achtziger Jahre hinein einen allenfalls minimalen Zusammenhang zwischen dem Vertrauen in die Regierung und dem politischen Interesse fest. 8 Die Frage, inwieweit es sich dabei um ein Produkt jüngerer historischer Perioden oder weit zurückliegender Phasen handele, ist in der feministischen Literatur umstritten (siehe etwa Hagemann-White 1987, SchaefferHegel/Leist 1996). In einer Spielart gilt die „mütterliche Praxis“ als Ursache für diese Differenzen im Verständnis von Politik (vgl. etwa Chodorow 1978; Gilligan 1982; Ackelsberg/Diamond 1987: 516; HagemannWhite 1987: 34-36). 9 Der von Lafferty (1980) eingeführte Begriff „female culture“ geht in eine ähnliche Richtung; indessen büßt er ein Gutteil seiner Attraktivität dadurch, daß er anhand objektiver Merkmale operationalisiert wird. 10 Als ein Produkt der weiblichen Präferenz für kontextgebundenes Arbeiten wird ein stärker an kommunalpolitischen Fragen ausgerichtetes politisches Interesse der Frauen gesehen. Siehe für diese Spekulation etwa Hayes/Bean (1993: 675-676). 5 politischen Arena zu interessieren oder sich gar damit zu identifizieren (vgl. etwa ReichartDreyer 1993: 109). 11 Der jüngste Erklärungsversuch unterscheidet sich von den drei vorher präsentierten Argumentationslinien in mehrerlei Hinsicht. Erstens wird das politische Desinteresse von Frauen als auf die institutionalisierte Politik beschränkt gesehen, weshalb Frauen „nicht politik-, sondern parteien- und staatsverdrossener als Männer“ (Sauer 1994: 108; vgl. auch Cornelissen 1993: 323) seien. 12 Zweitens berücksichtigt es als einziges das Wechselspiel zwischen Angebots- und Nachfrageseite am politischen Markt. Drittens folgt daraus ein erheblicher, auch kurzfristiger Spielraum für Änderungen im politischen Interesse, da die relevanten Parameter, also etwa politische Programme oder herausragende Personen, rascher ausgewechselt werden können, als sich in einer Gesellschaft beispielsweise die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern wandelt. An empirischen Überprüfungen dieses Erklärungsmusters fehlt es bislang jedoch. 3. Zur Messung des politischen Interesses Das politische Interesse nimmt in der empirischen Einstellungsforschung eine wichtige Position ein, was allerdings noch nicht zu einer unumstrittenen Operationalisierung geführt hat. Scheidet die theoretisch attraktivste Option, die Messung mit Hilfe multipler Indikatoren, mangels geeigneter Daten aus, bieten sich zwei Indikatoren aus der vorliegenden Forschung an. Erstens werden Respondenten darum gebeten, ihr politisches Interesse selbst einzuschätzen. Zweitens wird vorgeschlagen, die Auskunft der Befragten über die Häufigkeit, mit der sie sich über Politik unterhalten, als Indikator für das politische Interesse zu nutzen. Beide Instrumente sind mit Problemen behaftet. Erstens sind die Antwortvorgaben in aller Regel wenig präzise gehalten, so daß es fraglich ist, ob zwei Respondenten, die beispielsweise angeben, „gelegentlich“ über Politik zu diskutieren, tatsächlich dieselbe Häufigkeit meinen. Zweitens müssen die Auskünfte der Befragten nicht notwendig deren tatsächliche Einstellungen und Handlungen widerspiegeln, sondern können beispielsweise wegen Effekten der sozialen Erwünschtheit das Niveau des Interesses systematisch überschätzen (siehe für 11 Auf die Gefahr, daß der Begriff ‚politisch‘ seinen analytischen Wert einbüßt, wenn er alle Sachverhalte bezeichnet, sei nur am Rande hingewiesen. Vor dieses Problem sieht sich beispielsweise Reichart-Dreyer (1993: 114) gestellt, die das Vorhandensein politischen Interesses nicht als empirische Frage betrachtet, sondern meint, Interesse an Politik axiomatisch unterstellen zu können. 12 Sauer (1994: 115) weist auf zwei zentrale Probleme dieses Argumentationsmusters hin. Erstens berge das Postulat eines spezifisch weiblichen Politikverständnis die Gefahr eines Rückfalls in biologistische Argumentationsschemata. Zweitens litten nicht wenige Arbeiten, die mit dem weiblichen Politikbegriff 6 eine eingehende Indikatorendiskussion van Deth 1990: 281-284). Drittens besteht im Fall des politischen Interesses die Möglichkeit, daß dieser Indikator zu ‚weich‘ ist, d.h. eine eher folgenlose Haltung mißt. Der scheinbar ‚härtere‘ Indikator zur ‚Diskussionshäufigkeit‘ birgt jedoch umgekehrt die Gefahr, mehr als eine Dimension zu messen. Denn es könnte leicht sein, daß er neben dem reinen Interesse noch etwas anderes, etwa den Grad der Extraversion des Befragten oder die Gelegenheiten zum Gespräch erfaßt. Wegen dieser Bedenken werden wir unsere Analysen zunächst mit beiden Indikatoren separat durchführen. Sollten sich dabei zwischen beiden merkliche Unterschiede ergeben, werden wir die Analyse auf den theoretisch plausibleren, nämlich die direkte Frage nach dem politischen Interesse reduzieren. Neben diesen generellen Schwierigkeiten bei der Messung politischen Interesses gilt es im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischen Analysen weitere Einwände zu bedenken. So wird in sozialwissenschaftlichen Erhebungen in der Regel allgemein nach dem politischen Interesses gefragt, ohne daß der Bedeutungsgehalt des Begriffs ‚Politik‘ spezifiert würde, was den Respondenten jede beliebige Assoziation ermöglicht (vgl. Cornelissen 1993: 322). Da jedoch in unserer Gesellschaft der männlich verengte Politikbegriff vorherrsche, so die feministische Kritik, assoziierten sämtliche Befragten ‚institutionalisierte Politik‘. Zugleich seien Männer wegen des dominierenden Politikverständnisses in dieser traditionellen Politik deutlich aktiver und auch stärker interessiert als Frauen. Daher führe allein die Fragestellung zu einer Geschlechterkluft zugunsten der Männer (vgl. Cornelissen 1993: 322; Meyer 1992: 7; Sauer 1994: 107), diese sei mithin nichts als ein Methodenartefakt. Allerdings ist auch diese Kritik bislang nicht empirisch überprüft worden. 13 Ferner ist bekannt, daß Männer in vielen Kontexten nicht nur seltener „weiß nicht“ zur Antwort geben (vgl. etwa Ferber 1966: 402-406; Francis/Busch 1975: 211-217), sondern sich auch eher für extreme Antwortoptionen entscheiden als Frauen (vgl. Bertelsen 1974: 413414). Auch infolge der gesellschaftlichen Rollenvorstellungen könnte bei Männern die Neigung zur Übertreibung des politischen Interesses und Engagements stärker ausgeprägt sein als bei Frauen (vgl. etwa Verba/Burns/Schlozman 1997: 1054; siehe Meyer 1992: 8). Da die operierten, unter einer zirkulären Argumentation, da sie zugleich ein spezifisch weibliches Politikverständnis unterstellten und nachzuweisen suchten. 13 Eng damit verwandt ist eine Diskussion um Instrumente, die nicht pauschal Interesse an der Politik, sondern an spezifischen Politikfeldern messen. Denn, so die Kritikerinnen, erstens würden dabei policy-Felder wie die Außen- und Wirtschaftspolitik berücksichtigt, während sozial- und familienpolitische Fragen unterbelichtet blieben (vgl. etwa Reichart-Dreyer 1993: 114; siehe auch Ackelsberg/Diamond 1987: 505, 518) und zweitens würde nur nach der nationalen Politik gefragt, während die Kommunalpolitik, für die sich Frauen besonders interessierten (siehe Ackelsberg/Diamond 1987: 518), ausgespart bleibe. Da in der ersten Hinsicht die empirische Evidenz alles andere als eindeutig ist (vgl. Rusciano 1992: 352; Köcher 1994: 31; Togeby 1994: 380382; Verba/Burns/Schlozman 1997: 1069) und in der zweiten Hinsicht mit der wünschenswerten Eindeutigkeit gegen die skizzierten Einwände spricht (vgl. Hayes/Bean 1993: 675-679), erscheint wenigstens diese Kritik weitgehend gegenstandslos. 7 Indikatoren für das politische Interesse nicht dichotom sind, könnte eine differenzierte Antwortvorgabe die männlichen Respondenten allein methodenbedingt politisch interessierter erscheinen lassen als die weiblichen. 14 Um dieses Artefakt-Argument zu überprüfen, werden wir neben einer differenzierten Variante auch eine dichotomisierte Version des politischen Interesses verwenden, in der wir die Befragten, die angeben, überhaupt nicht an Politik interessiert zu sein bzw. sich nie an politischen Diskussionen zu beteiligen, jenen Respondenten gegenüberstellen, die – in welcher Intensitätsstufe auch immer – politisches Interesse bzw. Beteiligung an politischen Diskussionen bekunden (vgl. hierzu van Deth 2000: 6).15 Zusammengefaßt verwenden wir in unseren empirischen Analysen also zwei unterschiedliche Arten von Indikatoren, die direkte Frage nach dem politischen Interesse und die Auskunft über die Häufigkeit politischer Diskussion. Darüber hinaus spalten wir beide Indikatoren in eine mehrstufige und eine dichotomisierte Variante auf. Dabei sollte die Messung mit Hilfe der zweiten Version geringere Unterschiede hervorbringen als die erste, sofern damit geschlechtsspezifisch wirkende Effekte der sozialen Erwünschtheit reduziert werden. 4. Die Entwicklung des Interesses an Politik und der Beteiligung an politischen Diskussionen Zunächst ist zu klären, in welcher Weise sich das Interesse an Politik und die Beteiligung an Diskussionen über politische Themen entwickelt haben. Besteht der früher beobachtete gender gap noch, gab es eine Angleichung oder - wie gelegentlich in der Literatur vermutet in jüngerer Zeit wieder eine Verbreiterung der Unterschiede zwischen Frauen und Männern? Und: Verändern sich die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern in Abhängigkeit von der bei der Erhebung vorgegebenen Anzahl der Antwortkategorien sowie der analytischen Variation zwischen den ursprünglichen skalierten versus den asymmetrisch dichotomisierten Antwortkategorien? 14 Noch einen Schritt weiter geht Meyer (1992: 8), indem sie einen für die Geschlechter unterschiedlich gerichteten Effekt sozialer Erwünschtheit unterstellt und annimmt, Frauen gäben ganz bewußt ein geringeres politisches Interesse zu Protokoll, um sich vom ‚schmutzigen Geschäft‘ in der männlichen Domäne ‚Politik‘ zu distanzieren. 15 Insofern unterscheidet sich unsere Operationalisierung von der, die Gabriel/van Deth (1995: 396) favorisieren, da sie die Angabe, ‚häufig‘ Diskussionen politischen Inhalts zu führen, allen übrigen Kategorien gegenüberstellen. 8 4.1 Politisches Interesse Betrachtet man zunächst die 4-kategoriale Erhebung des Interesses an Politik, ist zwischen Mitte der 70er und Mitte der 90er Jahre bei Männern und Frauen eine vergleichbare Entwicklung des politischen Interesses zu beobachten, d.h. ein Anstieg bis Anfang 1980, in den 80ern ein Rückgang, zur Zeit der Vereinigung wiederum ein Zuwachs, danach ein Absinken. Dabei verringert sich der gender gap nicht. Die dichotomisierte Version zeigt denselben generellen Kurvenverlauf, jedoch deutet sich bei ihr durchgehend eine Verkleinerung des geschlechtsspezifischen Niveauunterschieds an, besonders ausgeprägt zur Zeit der Vereinigung. Grafik 1A-V1+V2 Allerdings liegen für die 4-kategoriale Ermittlung des politischen Interesses nur relativ wenige Meßzeitpunkte vor, weshalb im nächsten Schritt eine 5-kategoriale Messung auf der Grundlage der Bundestagswahlstudien betrachtet wird. Wiederum zeigt sich bei Frauen und Männern ein ähnlicher Kurvenverlauf, allerdings bei generell leichtem Anstieg des politischen Interesses zwischen Ende der 60er und Ende der 90er Jahre, also ohne den vorher beobachteten Rückgang in den 80ern und nach der Vereinigung. Der geschlechtsspezifische Niveauunterschied bleibt jedoch erhalten, fällt allerdings in der dichotomisierten Version wiederum geringer aus und deutet zudem auf eine tendenzielle Angleichung, wenn auch nicht auf eine völlige Nivellierung seit den 80ern hin. Grafik 1B-V1+V2 Da Erhebungen zu Zeiten von Bundestagswahlen im allgemeinen höhere Niveaus des politischen Interesses erbringen als zu weniger politisierten Zeiten, ist die Entwicklung des politischen Interesses noch auf der Grundlage verschiedener repräsentativer Querschnittserhebungen zu analysieren. Dabei handelt es sich durchgängig wieder um eine 5kategoriale Abfrage, die den Zeitraum von Ende 60er bis Ende der 90er Jahre umfaßt. Grafik 1C-V1+V2 9 Hier nun wird deutlich, daß der durch die Bundestagswahlstudien vermittelte Eindruck eines generellen und kontinuierlichen Anstiegs des politischen Interesses ein Trugschluß sein dürfte, d.h. daß es sich dabei wohl eher um eine zunehmende Politisierung zu Wahlkampfzeiten handelt, die jedoch nicht von Dauer für „Normalzeiten“ ist . Vielmehr ist bis Anfang der 80er ein Anstieg, in der ersten Hälfte der 80er dagegen ein Rückgang und in der zweiten Hälfte wieder ein Anstieg bis zur Spitze während der Vereinigung, danach ein leichter Rückgang mit anschließender „Normalisierung“ beobachtbar. Auch hier bleibt der gender gap jedoch im wesentlichen erhalten und erweist sich in der dichotomisierten Version (mit wenigen Ausnahmen) als kleiner, wiederum aber nur im Umfeld der Vereinigung nahezu nivelliert. Zwischen-Fazit 1: a) Im Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung zeigen Frauen nach wie vor ein weniger intensives Interesse an Politik als Männer - der gender gap hat sich kaum verändert. b) Der gender gap ist jedoch geringer, wenn nur berücksichtigt wird, ob überhaupt Interesse an Politik besteht. Dies kann allerdings sowohl ein substantieller Befund sein als auch auf der gelegentlich vermuteteten Tendenz von Frauen, sich weniger deutlich als Männer als politisch intensiv interessiert zu bezeichnen, beruhen. c) Zu stark politisierten Zeitpunkten besteht eine Tendenz zur Nivellierung des gender gaps, wenn das Interesse an Politik dichotomisiert wird. Für die Frage, inwieweit der gender gap auch unter bestimmten Alters- und Bildungsgruppierungen beobachtbar ist, wird im folgenden die Version der 5-kategorialen Abfrage auf Grundlage der verschiedenen Querschnittsstudien herangezogen, da sie am wenigsten von kurzfristigen Kontexteinflüssen tangiert ist und eine größere Sensibilität gegenüber geschlechtsspezifischen Unterschieden als die dichotomisierte Version zeigt, also einen „härteren“ Test darstellt. Generell läßt sich - sowohl bei Frauen als auch bei Männern ein, vermutlich lebenszyklich bedingter Anstieg des politischen Interesses in den mittleren Altersgruppen sowie ein Anstieg bei zunehmender Schulbildung beobachten. Daher werden im folgenden nur die Differenzen zwischen den Geschlechtern in den jeweiligen Gruppierungen betrachtet. Grafiken 1c-2 und 1c-3 10 Für jede der unterschiedenen Altersgruppierungen sowohl in West- als auch in Ostdeutschland wird zunächst deutlich, daß Frauen ein weniger intensives Interesse an Politik artikulieren als Männer. Dabei ist der gender gap zumeist - allerdings nicht immer - in der ältesten Kohorte am deutlichsten, in der jüngsten am geringsten, was vor dem Hintergrund des lebenszyklischen Verlaufs des politischen Interesses auf zusätzliche Generationseffekte verweist. Auch im Hinblick auf die Abhängigkeit von Schulbildung werden vorliegende Befunde weitgehend gestützt, d.h. in keiner Gruppierung verschwindet der gender gap, jedoch ist er überwiegend bei geringer Schulbildung am größten, bei hoher Schulbildung am geringsten. Daß diese Zusammenhänge sowohl bei dem Lebensalter/der Generationszugehörigkeit als auch bei der Schulbildung zwar überwiegend, aber nicht immer auftreten, dürfte auf Kontexteffekte verweisen, d.h. auf eine unterschiedliche Aufmerksamkeit für Politik in Abhängigkeit von Ereignissen, die spezifische sozialstrukturelle Strata in unterschiedlichem Ausmaß betreffen. Grafiken 1-c3a bis 1c-3d Berücksichtigt man Alter und Schulbildung gleichzeitig, findet sich in allen Fällen nach wie vor die geschlechtsspezifische Diskrepanz - am stärksten ausgeprägt in der ältesten Gruppierung mit geringer Schulbildung, am schwächsten in der ältesten Gruppierung mit hoher Schulbildung. Zwischen-Fazit 2: a) Der gender gap besteht nach wie vor in allen Alters- und Bildungsstrata. b) Für ältere Kohorten ist die formale Schulbildung jedoch eine wesentliche Größe, die zur Reduktion des gender gap beiträgt. In den mittleren und jüngeren Kohorten erweist sich die Schulbildung dagegen in geringerem Ausmaß als nivellierender Einflußfaktor. 4.2 Beteiligung an politischen Diskussionen Hinsichtlich der Häufigkeit einer Beteiligung an Diskussionen über Politik ist in West und Ost ein ähnlicher geschlechtsspezifischer Unterschied wie beim Interesse an Politik beobachtbar, d.h. Frauen beteiligen sich im Durchnitt deutlich weniger als Männer an politischen Diskussionen. Dieser Unterschied ist ebenfalls über die Zeit hinweg weitgehend konstant, fällt 11 jedoch - anders als beim politischen Interesse - bei dichotomisierter Betrachtung nicht geringer als bei skalierter aus. Grafik 2-V1+V2 Die bei politischem Interesse schon beobachteten Zusammenhänge zu Alter und Schulbildung finden sich bei der Teilnahme an politischen Diskussionen in noch deutlicher ausgeprägter und seltener durchbrochenen Systematik wieder: Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind bei Jüngeren und bei höherer Schulbildung am geringsten, bei Älteren und geringer Schulbildung am größten. Grafik 2-2 und 2-3 Nach Alter und Schulbildung gleichzeitig differenziert, besteht im Westen wiederum durchgängig der größte Unterschied in der ältesten Gruppierung mit geringer Schulbildung, der geringste variiert jedoch nach Erhebungszeiträumen: In den 70er Jahren weist wiederum die älteste Kohorte mit hoher Schulbildung die kleinsten geschlechtsspezifischen Unterschiede auf. In den 80ern sind dagegen die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Jüngeren durchgängig am geringsten, im Umfeld der Vereinigung sind die Unterschiede bei der mittleren und jüngeren Kohorte jedes Bildungsstatus etwas kleiner (wobei die Frauen mit hoher Schulbildung in der jüngeren Gruppierung die Männer minimal überflügeln) und in der zweiten Hälfte der 90er Jahre bei den mittleren Altersgruppierungen. Im Osten ist dieses Bild dagegen diffuser, in der Tendenz aber ähnlich. Grafik 2-3a bis 2-3f Zwischen-Fazit 3: a) Bei der Teilnahme an politischen Diskussionen besteht ähnlich wie bei dem Interesse an Politik ein ausgeprägter und über die Jahre hinweg kaum veränderter gender gap, der sich - anders als bei dem Interesse an Politik - nicht auf die Reaktion auf Intensitätsskalen bei der Erhebung zurückführen läßt. b) Der gender gap reduziert sich bei steigender Schulbildung und in jüngerem Lebensalter, verschwindet jedoch nur wenigen Fällen. 12 c) Die den gender gap reduzierende Kraft der Schulbildung läßt bei den jüngeren Altersgruppen im Vergleich zu den älteren nach. d) Zu vermuten ist daher ein komplexes Determinantengefüge aus Lebenszyklus- und Kohorteneffekten bei gleichzeitig abnehmender Bedeutung der Schulbildung. 4.3 Zusammenhänge zwischen Interesse an Politik und Beteiligung an politischen Diskussionen Die ähnlichen, aber nicht identischen Entwicklungsverläufe des politischen Interesses und der Beteiligung an politischen Diskussionen sowie die ebenfalls ähnlichen, aber nicht identischen Zusammenhänge mit Alter und Schulbildung lassen vermuten, daß beide Indikatoren keineswegs dasselbe messen. Diesen Eindruck stützen bivariate Zusammenhangsanalysen zwischen den beiden Indikatoren in den verschiedenen Varianten. - Tabelle 3 - So variieren die Zusammenhangsmaße zwischen .30 und .50. Der Prozentanteil der individuellen Verortung auf der „identischen“ Antwortkategorie beträgt bei den skalierten Varianten zwischen 40% und 70%, bei den dichotomisierten Varianten zwischen 50% und 95%. Darüber hinaus fällt aber bei den dichotomisierten Varianten auf, daß die Übereinstimmung zwischen beiden Indikatoren bei Frauen regelmäßig geringer als bei Männern ist. - Tabelle 4 - Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß Männer nicht nur dann, wenn sie an Politik interessiert sind, häufiger als an Politik interessierte Frauen auch über Politik diskutieren, sondern sich insbesondere im Fall fehlenden Interesses an Politik dennoch häufiger als Frauen an politischen Diskussionen beteiligen. Zwischen-Fazit 4:: a) Der gender gap bei der Artikulation von politischem Interesse und bei der Beteiligung an politischen Diskussionen sind keineswegs Ausdruck desselben Phänomens. Vielmehr 13 spielen bei der Häufigkeit politischer Diskussionen offenbar weitere Faktoren eine Rolle. b) Zum einen gilt für Frauen bei politischem Desinteresse häufiger als für Männer das Motto „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“, während Männer dieses Motto eher umkehren. Zum anderen dürften für die geringere Diskussionsfreudigkeit der Frauen auch bei vorhandemen politischen Interesse Gelegenheitsstrukturen eine nicht unwesentliche Rolle spielen - ein Faktor, auf den an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen werden kann (dazu vgl. Westle 2000a,b). 5. Politikverdrossenheit als Ursache geringen Interesses an der Politik? Sofern Unzufriedenheit mit der Politik bei den Frauen zu einer Abwendung von politischen Fragen geführt hat und daher einen wesentlichen Grund für den gender gap im politischen Interesse darstellt, wie von der feministischen Politikwissenschaft vermutet, so sollte sich bei den Frauen - insgesamt oder in wesentlichen Teilen – erstens eine größere Unzufriedenheit als bei den Männern zeigen; zweitens sollte diese Unzufriedenheit in einem eindeutigen Zusammenhang mit dem politischen Interesse stehen. 5.1 Die Entwicklung von Urteilen zur Politik Im folgenden werden daher zunächst verschiedene Urteile zur Politik analysiert, wobei die Ebene der Herrschaftsträger und die der politischen Ordnung in der Bundesrepublik betrachtet werden. Bei den Parteien beurteilen Frauen im Durchschnitt die etablierten Parteien CDU, SPD und FDP 16 mit ansteigender Tendenz seit Anfang der 90er Jahre - entgegen der Erwartung - keineswegs schlechter, sondern genauso oder minimal positiver als Männer. Jedoch hegen sie für die Grünen seit Mitte der 80er und seither in zunehmendem Ausmaß deutlich größere Sympathien als die männliche Bevölkerung, was tendenziell auch für die Frauen in Ostdeutschland gilt. Ebenso zeigen ostdeutsche Frauen ausgeprägt größere Sympathien als ostdeutsche Männer für die PDS. Grafiken 5-7 16 Die Einbeziehung der CSU ändert die Ergebnisse nur marginal. 14 Die geringfügig positivere Beurteilung der Altparteien liegt im Westen allerdings im wesentlichen bei den älteren Gruppierungen und geringer Schulbildung vor, während sich bei Jüngeren und höherer Schulbildung noch weniger geschlechtsspezifische Unterschiede oder sogar - in den 80ern eher negativere Urteile zeigen. Im Osten sind hierzu keine klaren Konturen erkennbar. Die überproportionale Attraktivität der Grünen unter den westdeutschen Frauen verdankt sich vor allem denjenigen mit höherer, gefolgt von mittlerer Schulbildung. Nach Alter differenziert wiederholt sich dieses Muster, wenn auch weniger klar ausgeprägt. Jedoch ist in allen Gruppierungen für die Grünen ein relativer Attraktivitätsvorsprung und eine Vergrößerung dieses Vorsprungs in den letzten Jahren bei den Frauen zu verzeichnen. Im Osten zeigen sich ähnliche Muster, wenn auch weniger klar ausgeprägt. Während sich die westdeutschen Frauen und Männer aller Alters- und Bildungsstufen in der Beurteilung der PDS nahezu einig sind, genießt die PDS in Ostdeutschland vor allem bei den jüngeren und mittleren Altersgruppen unter den Frauen deutlich mehr Sympathien als unter den Männern, während die älteren Frauen ihr eher ablehnender als die älteren Männer gegenüberstehen. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede nach Schulbildung sind dagegen weniger ausgeprägt und fluktuieren stark. Auch bei der Bewertung der führenden Leute in Deutschland liegen nur minimale Unterschiede zwischen den Geschlechtern vor, allerdings im Westen ein geringfügiger Wandel insofern, als Frauen bis in die zweite Hälfte der 80er Jahre eher zu einem etwas positiveren Urteil über das Führungspersonal tendierten, seither jedoch etwas häufiger zu einem etwas negativeren als die Männer. Die überproportional positive Beurteilung ging allerdings primär auf die älteren Kohorten und Befragte mit geringer Schulbildung zurück, während Frauen in jüngerem Alter und besonders bei hoher Schulbildung häufiger als die männlichen Vergleichsgruppen der Meinung waren, es seien die falschen Leute an der Führung. In den 90ern haben sich die schon vorher nur geringen geschlechtsspezifischen Unterschiede jedoch weitgehend angeglichen. In Ostdeutschland zeigen die geschlechtsspezifischen Differenzen bei diesen Urteilen unsystematische Schwankungen. Grafik 8-9 Der Befund nur minimaler Unterschiede wiederholt sich bei den Urteilen zu der jeweils amtierenden Bundesregierung, ebenso im Westen die Tendenz zu etwa positiveren Urteilen der Frauen in den älteren Bevölkerungsteilen und bei geringer Schulbildung, zu negativeren 15 bei höherer Schulbildung in den 80er Jahren. Im Osten finden sich hierzu wiederum keine klaren Konturen. Zwischen-Fazit 5: a) Auf der Ebene politischer Herrschaftsträger bestehen bei der Beurteilung des Führungspersonals und der Bundesregierung weder in der Gesamtbevölkerung noch in spezifischen Alters- und Bildungsstrata ausgeprägte Urteilsunterschiede. b) Im Hinblick auf die Parteien kann nicht von einer generell größeren Unzufriedenheit oder gar Verdrossenheit der Frauen als der Männer die Rede sein, denn die etablierten Altparteien werden von beiden nahezu identisch beurteilt. c) Jedoch zeigt die im Vergleich zu Männern für Frauen größere Attraktivität der Grünen sowie der PDS im Osten - sofern man beiden Parteien, wenn auch auf unterschiedliche Weise, eine gegenüber der etablierten Politik kritische und abweichende Haltung als Image zuschreiben kann – gewisse größere Unzufriedenheitsmomente unter den Frauen als unter den Männern, besonders ausgeprägt in den jüngeren und mittleren Kohorten mit höherer Schulbildung. Während in der Haltung zur demokratischen Ordnungsidee im allgemeinen oder im Vergleich zu einer Diktatur (auf der Grundlage verschiedener Studien) keine geschlechtsspezifischen Unterschiede vorliegen, sind die Befunde zur Bewertung der demokratischen Realität in der Bundesrepublik widersprüchlich. Auf der Grundlage der Politbarometer, die nur zwei Antwortkategorien vorsehen, äußern ost- und noch etwas ausgeprägter westdeutsche Frauen in den 90er Jahren konsistent häufiger Unzufriedenheit als Männer, wenn auch nicht in großem Ausmaß. Auf der Grundlage der Eurobarometer, die vier Antwortkategorien vorsehen, wechseln die geschlechtsspezifischen Unterschiede dagegen ebenso wie bei Betrachtung anderer Studien. Insgesamt sind jedoch in allen Studien die Differenzen nur gering. - Grafiken 10-12 Zieht man die Politbarometer, die ja am ehesten einen Anhaltspunkt für größere Unzufriedenheit der Frauen geben, zur näheren Analyse nach Alter und Schulbildung heran, so zeigen sich im Westen größere geschlechtsspezifische Unterschiede bei den jüngeren und mittleren Alterskategorien, geringere bei der älteren, während die Schulbildung nicht 16 systematisch differenziert. Auch im Osten sind es die Frauen der jüngeren und mittleren Altersgruppen sowie bei höherer und mittlerer Schulbildung, die sich unzufriedener als die Männer äußern, während die älteren Frauen und diejenigen mit geringerer Schulbildung dagegen zunehmend eher zufriedener als die männlichen Vergleichsgruppen sind. In der Tendenz liefern die Eurobarometer und die anderen Studien ähnliche Befunde nach Alter und Geschlecht, jedoch mit häufigeren Abweichungen. Zwischen-Fazit 6: Auf der Ebene der politischen Ordnung bestehen in den 90ern Anzeichen für eine geringere Zufriedenheit der Frauen als der Männer - insbesondere unter den mittleren und jüngeren bei höherer Schulbildung - jedoch weder in gravierendem Ausmaß noch in systematischer Weise, d.h. nicht zu allen Erhebungszeitpunkten und nicht in allen Studien. Insgesamt kann somit weder auf der Ebene der Gesamtbevölkerung noch in spezifischen sozialstrukturellen Strata von einer größeren Politikverdrossenheit der Frauen als der Männer die Rede sein, da bei ihnen über die verschiedenen Dimensionen hinweg keine konsistent negativeren Urteile zur Politik vorliegen. Allenfalls läßt sich eine gegenüber den Altparteien im Vergleich zu den Grünen und der PDS (nur im Osten) distanziertere Haltung und eine etwas geringere Zufriedenheit mit der Realisierung der Demokratie beobachten. Auf der Ebene der Gesamtbevölkerung sind diese Unterschiede jedoch so geringfügig, daß sie kaum für den konstatierten gender gap im politischen Interesse verantwortlich sein können. 5.2 Zusammenhänge zwischen politischen Urteilen und Interesse an Politik sowie der Beteiligung an politischen Diskussionen Diese Vermutung wird bei den bivariaten Zusammenhängen zwischen politischen Urteilen und dem Interesse an Politik sowie der Teilnahme an politischen Diskussionen erhärtet. Sofern politische Unzufriedenheit unter den Frauen zu ihrem geringeren politischen Interesse beiträgt, sollten sich zwischen beiden Variablen - bei den Frauen - ausgeprägte positive Zusammenhänge zeigen. Tabelle 13a und Tabelle 13b 17 Jedoch bestehen erstens überwiegend nur schwache, insignifikante Zusammenhänge. Sofern sich aber signifikante Zusammenhänge zeigen, sind diese zweitens ebenfalls nur schwach und treten drittens nicht konsistent über die Erhebungsjahre hinweg auf. Relativ häufig finden sich zwar viertens negative Zusammenhänge bei der Bewertung der Altparteien und positive bei den Grünen sowie im Osten bei der PDS; jedoch widerspricht dieser Befund gerade den Vermutungen, daß Unzufriedenheit mit der Politik zu politischem Desinteresse beitrage, denn er bedeutet - mit anderen Worten -, daß negative Urteile zu den Altparteien und positive zu den Grünen und zur PDS tendenziell mit größerem politischen Interesse einhergehen. Lediglich die nur wenigen und schwachen signifikanten Korrelationen mit der Demokratiebewertung deuten auf einen Zusammenhang zwischen Unzufriedenheit und politischem Desinteresse hin. Allerdings treten auch diese, fünftens, keineswegs systematisch nur bei Frauen auf, sondern - wenn auch nicht in denselben Erhebungsjahren - gelegentlich bei Frauen, gelegentlich bei Männern. Schließlich zeigen sich sechstens zwischen der Bewertung der demokratischen Realität und der Teilnahme an politischen Diskussionen in manchen Erhebungsjahren negative Zusammenhänge, in anderen positive. Zwischen-Fazit 7: Die bivariaten Zusammenhangsanalysen - auch hier nicht ausgewiesene, die zusätzlich zum Geschlecht auch nach Alters- und Bildungskategorien differenziert durchgeführt wurden können die These der Politikkritik als Ursache geringen politischen Interesses und/oder geringer Beteiligung an politischen Diskussionen nicht stützen. 6. Geschlechtsrollenorientierung und Interesse an Politik sowie Beteiligung an politischen Diskussionen Eine der gängigen Thesen zur Plausibilisierung des gender gap im politischen Interesse rekurriert auf eine Sozialisation der Frauen, die stärker als die der Männer auf den Privatbereich, auf Familie, Haushalt und Kinder, und weniger auf die Bereiche des Erwerbslebens, der Öffentlichkeit und der Politik ausgerichtet sei. Jedoch haben sich in den letzten Jahrzehnten deutliche Verschiebungen in den traditionellen Geschlechtsrollen entwickelt, d.h. Frauen dringen zunehmend in die außerfamiliäre Sphäre, insbesondere in das Erwerbsleben, ein. Im folgenden soll daher überprüft werden, wie sich Orientierungen 18 gegenüber diesem Aspekt der Geschlechtsrollen entwickelt haben und ob sie einen Zusammenhang mit dem politischen Interesse aufweisen. 17 In der Verteilung und Entwicklung dieser Haltungen zur Rolle der Frau, wird - wie erwartbar - deutlich, daß Frauen häufiger als Männer eine moderne Orientierung aufweisen. Zwischen den 80er und den 90er Jahren ist bei beiden Geschlechtern ein klarer „Modernisierungsschub“ beobachtbar. Jedoch reichen die Orientierungen der Westdeutschen nicht an die deutlicher ausgeprägten Überzeugungen der Ostdeutschen über die Wünschbarkeit von Erwerbstätigkeit der Frau und ihrer Vereinbarkeit mit der Familie heran. Selbst ostdeutsche Männer sind dieser gegenüber nochmals positiver eingestellt als westdeutsche Frauen. Grafik 14a Sowohl im Westen als auch im Osten weisen Frauen und Männer mit modernen Geschlechtsrollenorientierungen eindeutig ein größeres Interesse an Politik auf als Männer und Frauen mit traditionellen Rollenorientierungen. Jedoch verbleibt ein gender gap - sowohl zur jeweils unmittelbaren Vergleichsgruppe als auch zwischen den Frauen mit moderner und den Männern mit traditioneller Rollenorientierung. 18 Grafik 14b Da moderne Geschlechtsrollenorientierungen verstärkt in den jüngeren und besser ausgebildeten Bevölkerungsteilen anzutreffen sind, könnte es sich allerdings bei dem Effekt der Rollenorientierungen auf das politische Interesse um ein Artefakt handeln. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie die Kontrolle nach Alter und Schulbildung zeigt. Zwar reduziert sich der Effekt, jedoch bleibt in jeder Alters- und Bildungskategorie (mit zwei Ausnahmen: ältere Männer West, Männer mit mittlerer Schulbildung Ost) bei den Befragten mit modernen Rollenorientierungen ein Vorsprung im politischen Interesse erhalten. 17 Etwas problematisch ist dabei allerdings, daß in den vorliegenden Studien ausschließlich Haltungen zur Rolle der Frau zwischen Familie und Beruf (Vereinbarkeit) ermittelt wurden, nicht jedoch Orientierungen gegenüber der Rolle des Mannes. Allerdings entspricht diese mangelnde Berücksichtigung der Frage, ob für den Mann Beruf und Familie/Kinder/Haushalt vereinbar seien, durchaus der nach wie vor asymmetrischen Realität in der Geschlechtsrollenverteilung, die zwar eine Erweiterung der Freiheitsräume der Frauen erlaubt, aber eine gleichzeitige Doppelbelastung impliziert und bislang kaum eine Veränderung der Rolle der Männer nach sich gezogen hat. 19 Grafiken 14c-e Leider ist eine Verknüpfung zwischen Geschlechtsrollenorientierungen und Urteilen zur Politik nur für das Jahr 1992 möglich. Zu diesem Zeitpunkt äußern sich Männer und Frauen mit modernen Rollenhaltungen etwas unzufriedener mit der Regierung als Befragte beiderlei Geschlechts mit traditioneller Rollenhaltung. Im Hinblick auf die Bewertung der Demokratie trifft dies aber nur in Ostdeutschland zu, während in Westdeutschland Frauen beider Rollenorientierungen etwas unzufriedener als Männer sind. Darüber hinaus deutet sich an, daß bei traditioneller und moderner Rollenorientierung ein unterschiedlicher Zusammenhang mit dem politischen Interesse bestehen könnte, d.h. bei traditioneller Rollenorientierung scheinen Unzufriedenheit und Desinteresse, bei moderner dagegen Unzufriedenheit und Interesse an Politik miteinander einherzugehen. Jedoch sind auch diese Zusammenhänge nur schwach und unsystematisch. Tabelle 14 f Zwischen-Fazit 8: a) Moderne Rollenorientierungen gehen sowohl bei Frauen als auch bei Männern mit einem verstärkten Interesse an Politik einher. b) Moderne Rollenorientierungen korrespondieren jedoch nicht mit größerer generalisierter Poitikunzufriedenheit. c) Somit kann die Annahme, die durch die Wahrnehmung einer der Modernisierung der Frauenrolle feindlichen Poltik führe zu politischer Unzufriedenheit und diese dann zu einer Abwendung von politischem Interesse, als unwahrscheinlich gelten. 7. Die Erklärungsansätze im Vergleich Im folgenden werden wir multivariate Querschnittsanalysen durchführen. Dies ist erforderlich, um zu prüfen, ob die vier vorgestellten Argumentationsmuster in ihrer Gesamtheit in der Lage sind, den gender gap zu erklären. Sollte dies nicht der Fall sein, also auch nach Kontrolle theoretisch plausibler Größen die Variable Geschlecht einen signifikanten Einfluß auf das politische Interesse entfalten, müßten die Theorien als mangelhaft gelten. Zudem werden wir in für Frauen und Männer getrennten Analysen der 18 Vgl. zu ähnlichen Befunden Lundmark (1995). 20 Frage nachgehen, ob für beide Geschlechter unterschiedliche Wege zum politischen Interesse führen. 7.1 Operationalisierung der unabhängigen Variablen Um die Erklärungsmuster zu überprüfen, verwenden wir folgende Indikatoren. Die situativen Einflüsse auf das politische Interesse operationalisieren wir zunächst mit drei Merkmalen. Erstens erfassen wir die Berufstätigkeit der Befragten mit Hilfe einer Dummy-Variable, die den Wert 1 annimmt, falls jemand einer Erwerbstätigkeit nachgeht, ansonsten 0 ist. Dabei ist ein positiver Effekt der Berufstätigkeit auf das politische Interesse zu erwarten. Zweitens verwenden wir eine Dummy-Variable, die nur für die verheirateten Respondenten 1 wird, wobei die Literatur einen negativen Effekt vermuten läßt. Drittens erfassen wir das Vorhandensein von Kindern im Haushalt mit einer dichotomen Variable, die die kinderlosen Befragten den Interviewten mit Kindern – gleich wie vielen – gegenüberstellt; dabei sollten Kinder dem politischen Interesse abträglich sein. 19 Neben diesen drei einfachen Termen verwenden wir einen, der die verschiedenen Merkmale kombiniert und die in der Literatur formulierte Mehrfachbelastung der Frauen erfassen soll. Diese Variable nimmt den Wert 1 an für verheiratete Befragte mit Kindern und ohne Erwerbstätigkeit. 20 Da diese Faktoren mit dem Lebensalter wie auch der Generationenzugehörigkeit zusammenhängen, wir aber die reinen Effekte dieser Einflußgrößen messen wollen, haben wir das Lebensalter sowohl mit einem linearen als auch einem quadratischen Term in die Analyse einbezogen; dabei ist der klassische kurvilineare Zusammenhang zu erwarten. Als strukturelle Größen verwenden wir die formale Bildung (siehe etwa Sapiro 1983: 90) sowie das Einkommen, wobei in beiden Fällen ein positiver Effekt auf das Interesse an Politik zu erwarten ist. Im Vergleich zum situativen und strukturellen Erklärungsmuster ist es relativ schwierig, die Sozialisationsthese angemessen empirisch zu überprüfen. Diese postuliert, daß in einer bestimmten Phase des Lebenszyklus eine Reihe von Einstellungen ansozialisiert würden, die im weiteren Verlauf des Lebens weitgehend stabil blieben. Idealerweise ließe sich dieser Mechanismus mit Hilfe eines Langfristpanels überprüfen, das Jugendliche durch ihre Adoleszenz hindurch und einige Jahre darüber hinaus begleitet. Die von uns verwendeten Querschnittsuntersuchungen erlauben es hingegen nicht, diesen Mechanismus detailliert zu 19 Siehe für diesen Erwartungen widersprechenden Befunde zur Wirkung dieser Größen auf politische Partizipation von Frauen die Befunde aus der Regionalstudie von Blättel-Mink/Mischau/Kramer (1998). 20 In weiteren Analysen haben wir weitere Kombinationen der verschiedenen Merkmale überprüft, sind jedoch in keinem Fall zu anderen als den hier berichteten Resultaten gelangt. 21 verfolgen, da wir nicht untersuchen können, ob die fraglichen Einstellungen in der formativen Phase vermittelt worden sind und seitdem weitgehend unverändert bestehen. Deshalb arbeiten wir mit folgender Behelfslösung: Wir ziehen solche Einstellungen heran, von denen bekannt ist, daß sie in der formativen Phase vermittelt werden und über die Zeit einigermaßen stabil sind, so daß wir unterstellen können, die momentan gemessenen Werte spiegelten den Einfluß der Sozialisation wider. Als eine solche Attitüde ist das Gefühl politischer Kompetenz bekannt (vgl. Weissberg 1974: 117; Rapoport 1981: 36; Conway 1985: 28; Bennett/Bennett 1989: 112; Vetter 1997: 16-18). 21 Deshalb beziehen wir einen Index22 zur internal efficacy in die Analyse ein, um die Sozialisationsthese zu überprüfen. Das politische Erklärungsmodell bilden wir mit drei Indikatoren ab, die die Unzufriedenheit mit verschiedenen Facetten der Politik erfassen. Erstens verwenden wir einen Summenindex, der das Vertrauen in drei zentrale Institutionen des politischen Systems der Bundesrepublik, nämlich den Deutschen Bundestag, die Bundesregierung sowie das Bundesverfassungsgericht mißt. Zweitens dient das Responsivitätsempfinden der Befragten – operationalisiert als Summenindex23 – als Prädiktor. Neben diesen beiden Indikatoren, die auf die Beurteilung politischer Institutionen und des Verhaltens der politischen Elite abstellen, berücksichtigen wir schließlich ein Item, das die Zufriedenheit mit den staatlichen Maßnahmen auf dem Gebiet der Geschlechtergleichstellung erfaßt. Dieser Indikator sollte es wenigstens ansatzweise gestatten, die These zu überprüfen, Frauen wendeten sich von der institutionalisierten Politik ab, da diese die für Frauen relevanten Themen nicht beachte und, sofern sie handle, unzureichende Maßnahmen ergreife. 24 21 Es kann dabei unseres Erachtens nicht ausgeschlossen werden, daß dieses Kompetenzgefühl in späteren Lebensphasen durchaus noch wandlungsfähig ist, beispielsweise infolge der Aufnahme oder Aufgabe einer Berufstätigkeit. Allerdings läßt sich dies hier nicht prüfen. 22 Summenindex aus folgenden Aussagen: „Wichtige politische Fragen kann ich gut verstehen“, „Ich traue mir zu, in einer Gruppe, die sich mit politischen Fragen befaßt, eine aktive Rolle zu übernehmen“ sowie „Die ganze Politik ist so kompliziert, daß jemand wie ich nicht versteht, was vorgeht“ (umgepolt). 23 Summenindex aus folgenden Aussagen: „Die meisten Parteipolitiker sind vertrauenswürdige und ehrliche Menschen“ , „Politiker kümmern sich darum, was einfache Leute denken“, „Bürger haben kaum Möglichkeiten, auf die Politik Einfluß zu nehmen“, „Die Parteien wollen nur die Stimmen der Wähler, ihre Ansichten interessieren sie nicht“, „Den Parteien geht es nur um die Macht“, „Die meisten Parteien und Politiker sind korrupt“ (die letzten vier Items umgepolt). 24 Diese Lösung ist insofern unzulänglich, als Frauen, die eine bestimmte Lesart feministischen Bewußtseins pflegen, staatliche Frauenförderung ablehnen, da sie eine Integration und Anpassung an das männlich dominierte System befürchten (vgl. Maihofer 1998). 22 7.2 Empirische Analysen 7.2.1 Inwieweit läßt sich der gender gap erklären? Zur Überprüfung der oben formulierten Hypothesen haben wir getrennt für die alten und neuen Bundesländer Regressionsanalysen für zwei unterschiedliche Operationalisierungen politischen Interesses durchgeführt, 25 zum einen mit einer fünfstufigen Variable lineare Regressionsanalysen, zum anderen mit der dichotomisierten Variante logistische Regressionsanalysen. Die Resultate der multivariaten Analysen sind in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Erstens nehmen sich die Ergebnisse insofern ernüchternd aus, als den wenigsten der verwendeten Prädiktoren ein signifikant von Null verschiedener Koeffizient zugewiesen wird. Und auch die Gesamterklärungsleistung der Modelle erscheint angesichts der Verwendung von 13 unabhängigen Variablen als eher mäßig. Bereits an dieser Stelle scheint jedoch eine wesentliche Differenz zwischen den Modellen mit dichotomisierter und fünfstufiger abhängiger Variable ins Auge: erstere läßt sich – selbst wenn man die generell geringeren Erklärungsleistungen mit logistischen Modellen26 in Rechnung stellt (vgl. Urban 1993: 62-63) – weitaus schlechter erklären als letztere. Die Kernfrage, inwieweit die vier skizzierten Erklärungen in der Lage sind, den gender gap im Hinblick auf das politische Interesse zu erklären, ist differenziert zu beantworten. Legt man die dichotomisierte abhängige Variable zugrunde, verbleibt weder in West- noch in Ostdeutschland ein signifikanter Effekt des Geschlechts, wenn die übrigen Prädiktoren in das Modell eingeführt worden sind. Anders im Falle der fünfstufigen abhängigen Variable: Hier vermögen diese Größen den gender gap zwar zu vermindern, aber können ihn nicht eliminieren. Für diese Divergenz könnte das Problem verantwortlich sein, daß die fünfstufige Interesse-Variable stärker von Effekten der sozialen Erwünschtheit tangiert wird als die dichotomisierte. Für die einzelnen Argumente ist die empirische Evidenz außerordentlich gemischt. Das Lebensalter, das hier lediglich als eine Kontrollvariable dient, spielt keine Rolle, was gegen die Existenz eines genuinen Alterseffekts spricht und die bivariaten Zusammenhänge in den vorangegangenen Abschnitten als Scheinkorrelationen erscheinen läßt. Situative Faktoren bleiben in West- wie auch in Ostdeutschland beinahe ohne jede Wirkung. Insbesondere erstaunt es, daß nicht einmal die Rolle der verheirateten Hausfrau und Mutter die politische 25 Den Analysen liegt der aus dem DFG-Projekt „Politische Einstellungen, politische Partizipation und Wählerverhalten im vereinigten Deutschland“ hervorgegangene Datensatz (ZA-Nr. 3064) zugrunde. 26 Wir verwenden das von Andreß/Hagenaars/Kühnel (1997: 291) vorgeschlagene, konservative Pseudo-R². 23 Abstinenz spürbar fördert. Folglich sind beispielsweise von Veränderungen in der Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann kaum direkte Effekte auf die Angleichung im politischen Interesse erwarten. Allerdings sind indirekte Wirkungen nicht ausgeschlossen, da Veränderungen in der Arbeitsteilung Rückwirkungen auf das gesellschaftliche Klima und damit auch die Sozialisationsmuster haben könnten. Das strukturelle Erklärungsmodell scheint der Realität eher gerecht zu werden. Denn zumindest die formale Bildung beeinflußt das politische Interesse nachhaltig. Neben dem substantiellen Befund verdient in diesem Zusammenhang ein methodisches Ergebnis Aufmerksamkeit: Die dichotomisierte Interesse-Variable bleibt von der formalen Bildung vollkommen unberührt, während die fünfstufige Variante der abhängigen Variable deutliche Bildungseffekte hervorbringt. Dies nährt den Verdacht, daß diese Meßmethode stärker unter Effekten der sozialen Erwünschtheit leidet: Es könnte für Menschen mit höherer formaler Bildung erstrebenswerter scheinen, als politisch interessiert zu gelten, als für solche mit niedrigerem Bildungsabschluß, was gewissermaßen in einen bildungsbürgerlichen Bias der Messung mündet (siehe van Deth 1990: 283-284). Jedoch läßt sich diese Frage hier nicht abschließend klären. Die Indikatoren, die das jüngste Erklärungsmuster für den gender gap repräsentieren, sind empirisch nicht vollkommen irrelevant. Jedoch gilt dies für die einzelnen Facetten in unterschiedlichem Maße: In den alten Bundesländern begünstigt das Gefühl, die politischen Akteure kümmerten sich um die Belange der Bürger das politische Interesse; dagegen fördert in den neuen Ländern vor allem das Vertrauen in Bundestag, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht die politische Involviertheit Das Item zur Frauenförderung bleibt ohne jede direkte Wirkung. Daraus sollte man jedoch nicht schließen, daß diese Einstellung keinerlei Einfluß auf das politische Interesse hat. In hier nicht berichteten Analysen zeigt sich nämlich, daß sie die Zufriedenheit mit den entsprechenden staatlichen Maßnahmen in Westwie auch in Ostdeutschland das Vertrauen in die Institutionen und die external efficacy beeinflussen. Vermittelt über diese allgemeinen Einschätzungen zum politischen System und seinen Akteuren hat die Bewertung der Gleichstellungspolitik also eine indirekte Wirkung auf das politische Interesse. Den vorteilhaftesten Eindruck von allen vier skizzierten Erklärungsmodellen hinterläßt die Sozialisationsthese. Erstens leistet die internal efficacy, die als Indikator hierfür dient, in jedem Falle einen deutlich von Null verschiedenen Beitrag zur Erklärung des politischen Interesses. Zweitens, und mindestens ebenso wichtig, verschwindet die Geschlechterkluft im Laufe der statistischen Analysen erst nach Einbeziehung dieser Variable. Folglich scheint das 24 Gefühl politischer Kompetenz die zentrale Größe zu sein, wenn es darum geht, den gender gap zu erklären. Und sofern dieses Kompetenzgefühl tatsächlich in der formativen Phase vermittelt wird und danach relativ stabil ist, läßt sich folgern, daß die Wurzeln des gender gap hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich in der frühen politischen Sozialisation liegen. - Tabelle 14 und 15 - Zwischenfazit: 1. Der gender gap im politischen Interesse läßt sich mit den vorgestellten Argumente auflösen, wenn man die dichotomisierte Variante der abhängigen Variable verwendet, nicht jedoch im Falle der differenzierten Version. 2. Von den vorgestellten Modellen schneidet die sozialisationstheoretische Argumentation am besten ab. Deutlich in deren Schatten steht die jüngste Erklärung, die jedoch einen durchaus spürbaren Erklärungsbeitrag leistet. Strukturelle, insbesondere aber situative Faktoren zeitigen im Vergleich dazu nur sehr schwache direkte Wirkungen. 7.2.2 Führen für Frauen und Männer unterschiedliche Wege zu politischem Interesse? Das spezifisch weibliche Politikverständnis wird nicht nur herangezogen, um Differenzen hinsichtlich des politischen Interesses zu rechtfertigen oder zu erklären, sondern dient auch dazu, für beide Geschlechter unterschiedliche Gründe für politisches Engagement zu postulieren (vgl. etwa Hoecker 1996: 23; siehe Schlozman/Burns/Verba 1994: 964; Verba/Burns/Schlozman 1995: 445-448). Um zu prüfen, ob diese Behauptung in bezug auf das politische Interesse empirisch haltbar ist, haben wir die im vorhergehenden Abschnitt präsentierten Analysen nochmals getrennt für Frauen und Männer durchgeführt. Die Resultate zu den einzelnen Erklärungsversuchen entsprechen weitgehend den Ergebnissen der Analysen, die Frauen und Männer simultan einbeziehen. Wiederum beeinflußt weder das Lebensalter noch die aktuellen Lebensumstände das politische Interesse nachdrücklich. Besser schneidet der strukturelle Erklärungsansatz ab. Zwar bleibt die formale Bildung im Falle der dichotomisierten abhängigen Variable wirkungslos, doch entfaltet sie für die fünfstufige Version in allen Subgruppen eine merkliche Wirkung. Der Tendenz nach stützt dieses Ergebnis das strukturelle Argument und unsere methodischen Überlegungen zur Messung des politischen Interesses. Dagegen verblaßt das Einkommen etwas, da es nur bei westdeutschen Männern einen Effekt zeitigt. 25 - Tabelle 16 und 17 - Den beiden verbleibenden Argumenten kommt eine relativ große Erklärungskraft zu. Das Sozialisationsargument schneidet mit einer kleinen Ausnahme in sämtlichen acht Analysen ausgezeichnet ab. Unter den Indikatoren für politische Zufriedenheit hat das Responsivitätsgefühl nur in Westdeutschland, aber für beide Geschlechter einen positiven Effekt. Beinahe komplementär dazu wirkt das Vertrauen in zentrale politische Institutionen nur unter ostdeutschen Frauen positiv, während es unter ostdeutschen Männern einen tendenziell negativen Effekt hat. Die policy-Komponente spielt eine nachgeordnete Rolle: Einzig unter westdeutschen Männern ist ihre Wirkung spürbar, aber nicht – wie von feministischer Seite postuliert – unter Frauen. Bei einem abschließender Vergleich der Koeffizientenmuster zwischen Frauen und Männern überwiegen die Ähnlichkeiten die Unterschiede bei weitem. Nur in fünf von 48 Fällen stellt sich in einem paarweisen Vergleich heraus, daß ein Faktor nur für ein Geschlecht ein Faktor wirkungsvoll ist. Folglich gibt es zwar Unterschiede im kleinen. Diese rechtfertigen es jedoch nicht, davon zu sprechen, daß für Frauen und Männer unterschiedliche Mechanismen zur Vermittlung politischen Interesses führen. Sofern diese Mechanismen tatsächlich mit dem Politikverständnis korrespondieren, wäre weitergehend zu folgern, daß sich Frauen und Männern in ihrem Politikverständnis weitgehend ähnlich sind. 8. Schlußbemerkungen Ziel unseres Beitrages war es, die Entwicklung und Ursachen des gender gap im politischen Interesse in der Bundesrepublik zu untersuchen. Erstens hat sich gezeigt, daß auch am Ende der neunziger Jahre noch eine solche Geschlechterkluft besteht, zwar in leicht abgeschwächter Form, aber nach wie vor spürbar. Neben drei traditionellen Erklärungsmustern, dem sozialisationstheoretischen, dem situativ und dem strukturell argumentierenden, haben wir unser Augenmerk auf eine neue Argumentation gelegt: Insbesondere von feministischer Seite wird argumentiert, in dem geringeren politischen Interesse von Frauen spiegele sich gleichsam eine Entfremdung der Frauen von der institutionalisierten Politik, da diese in Stil und Inhalt den weiblichen Wünschen nicht gerecht werde. In den empirischen Analysen haben sich nur wenige Anhaltspunkte ergeben, die diese Sichtweise zu stützen vermögen: Die genannten Faktoren sind zwar nicht vollkommen irrelevant, wenn es darum geht, 26 Unterschiede im politischen Interesse zwischen Frauen und Männern zu erklären, doch verbleibt der Erklärungsbeitrag relativ gering. Zwar schneidet dieses Modell besser ab als die situativen und strukturellen Überlegungen, doch wird es vom klassischen Sozialisationsmodell in der hier gewählten Operationalisierung in den Schatten gestellt. Vor dem Hintergrund dieser Befunde erscheinen die Aussichten, den gender gap rasch zu schließen, eher schlecht. Da die kurzfristig variablen Einflußfaktoren, wie die politische Programmatik, das Spitzenpersonal und der politische Stil, lediglich einen marginalen Beitrag leisten, die Geschlechterkluft zu erhellen, kann die Angebotsseite am politischen Markt kaum direkt und mit rasch sichtbaren Erfolgen daran mitwirken, den gender gap abzubauen. Auch Regelungen, die einseitig auf die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit nur für Frauen zielen, ohne das traditionelle Rollenbild der Männer zu tangieren, dürften kaum rasch Früchte tragen. Das bedeutet jedoch nicht, daß der vorgefundene Unterschied unveränderlich sei. Größere Erfolge sind von langfristig angelegten Prozessen, die die in der Gesellschaft vorherrschenden und in der Sozialisation vermittelten Rollenmuster aufbrechen, zu erwarten. Ob solche Prozesse allerdings in Gang kommen und bleiben, ist nicht zuletzt von einer Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen und der für Frauen und Männer unterschiedlichen Optionen der Lebensführung abhängig. Neben diesen substantiellen Befunden hat unsere Analyse auch ein wesentliches methodisches Resultat an den Tag gebracht. Die Ergebnisse empirischer Analysen des politischen Interesses hängen nicht unwesentlich vom Grad der Differenziertheit ab, mit dem politisches Interesse gemessen wird. Je mehr Abstufungsmöglichkeiten berücksichtigt werden, umso größer fällt der gender gap aus und umso resistenter zeigt er sich gegenüber Versuchen, ihn auf die vier skizzierten Erklärungsansätze zurückzuführen. Dies kann als Anhaltspunkt für einen nach dem Geschlecht unterschiedlich stark ausgeprägten Effekt sozialer Erwünschtheit gewertet werden. Diese Resultate bieten sich als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen an. Erstens ist zu fragen, inwieweit sich die Differenzen zwischen der mehrstufigen und der im nachhinein dichotomisierten Variante der abhängigen Variable auf einen Vergleich zwischen einer skalierten und einer bereits dichotom erhobenen Interessevariable übertragen lassen. Zweitens bleibt zu klären, inwieweit diese Befunde der Messung politischen Interesses Folgen für andere Analysen hat, die das politisches Interesse beispielsweise als unabhängige Variable verwenden. Drittens folgt daraus die Frage, inwieweit auch bei anderen Variablen möglicherweise eine unbefriedigende Äquivalenz der Frageformulierung oder Antwortvorgaben zwischen den Geschlechtern vorliegt. Viertens sollte unbedingt die 27 feministische Spekulation, das in Umfragen erhobene politische Interesse messe ausschließlich die Aufmerksamkeit für institutionalisierte Politik, einer empirischen Prüfung unterzogen werden. Schließlich bleibt zu klären, ob die politische Sozialisation tatsächlich der entscheidende Faktor zur Erklärung der Geschlechterkluft ist. Um diesen Beweis stringent führen zu können, sind langfristige Paneluntersuchungen, trotz aller Probleme, die damit verknüpft sind, unabdingbar und deshalb wünschenswert. 28 Literatur Ackelsberg, Martha/Diamond, Irene, 1987: Gender and Political Life: New Directions in Political Science, in: Beth B. Hess/Myra Marx Ferree (Hrsg.), Analyzing Gender. A Handbook of Social Science Research, Newbury Park u.a.: Sage, S. 504-525. 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Tabelle 14: Logistische Regression der dichotomisierten Interesse-Variable (unstandardisierte Logitkoeffizienten; in Klammern Standardfehler) Prädiktoren Westdeutschland Ostdeutschland Geschlecht -,57 -,24 (,31) (,41) Bildung ,28 ,64 (,22) (,39) Einkommen -,02 -,10 (,07) (,11) Berufstätigkeit ,37 ,68 (,35) (,50) Familienstand ,17 ,32 (,33) (,48) Kinder im Haushalt ,05 ,49 (,41) (,59) Verheiratet, keine ,54 1,14 Erwerbstätigkeit, Kinder (,65) (1,41) Alter -,09 ,04 (,05) (,07) Alter quadriert ,001 -,000 (,001) (,001) Politische Kompetenz ,78*** 1,07*** (,16) (,25) Institutionenvertrauen ,31 ,57 * (,17) (,24) Responsivität ,75*** -,49 (,22) (,33) Zufriedenheit mit Gleichstellung -,55 -,03 (,56) (,76) Konstante -,29 -3,36 (1,43) (1,90) -2LL Modell- χ² Devianzreduktion (in %) df Korrekte Prognosen (in %) N 564,2 101,3*** 15,6 13 94,5 1322 268,1 45,5*** 12,1 13 94,9 714 Soweit nicht anders vermerkt, sind die Koeffizienten statistisch insignifikant. Signifikanzniveaus: *: p<0,05, **: p<0,01, ***: p<0,001. 34 Tabelle 15: Lineare Regression der fünfstufigen Regressionskoeffizienten) Prädiktoren Westdeutschland Geschlecht -,13*** Bildung ,23*** Einkommen ,02 Berufstätigkeit -,01 Familienstand ,06 * Kinder im Haushalt -,05 Verheiratet, keine -,05 Erwerbstätigkeit, Kinder Alter ,05 Alter quadriert ,02 Politische Kompetenz ,37*** Institutionenvertrauen -,03 Responsivität ,10*** Zufriedenheit mit Gleichstellung -,02 Konstante 1,02*** Korrigiertes R² (in %) Standardfehler N 32,7 ,82 1308 Interesse-Variable (standardisierte Ostdeutschland -,10** ,19*** -,03 ,05 ,05 -,01 -,01 ,22 -,03 ,44*** ,02 -,05 -,03 ,71 * 29,7 ,80 693 Soweit nicht anders vermerkt, sind die Koeffizienten statistisch insignifikant. Signifikanzniveaus: *: p<0,05, **: p<0,01, ***: p<0,001. 35 Tabelle 16: Logistische Regression der dichotomisierten Interesse-Variable (unstandardisierte Logitkoeffizienten; in Klammern Standardfehler) Prädiktoren Westdeutschland Ostdeutschland Frauen Männer Frauen Männer Bildung ,07 ,85 ,96 ,65 (,27) (,44) (,55) (,63) Einkommen ,08 -,32** -,08 -,13 (,08) (,12) (,17) (,15) Berufstätigkeit ,37 ,11 1,04 ,13 (,41) (,76) (,73) (,77) Familienstand ,05 ,36 -,39 1,75 (,40) (,73) (,69) (,89) Kinder im Haushalt -,09 ,55 -,35 7,98 (,48) (,84) (,77) (26,85) Verheiratet, keine 1,14 -2,40 2,91 -2,27 Erwerbstätigkeit, Kinder (,79) (1,32) (1,73) (91,48) Alter -,11 -,002 ,05 ,06 (,07) (,11) (,11) (,11) Alter quadriert ,001 -,000 -,000 -,001 (,001) (,001) (,001) (,001) Politische Kompetenz ,88*** ,43 1,51*** ,98 * (,19) (,33) (,39) (,45) Institutionenvertrauen ,28 ,44 1,24*** -,32 (,19) (,38) (,35) (,47) Responsivität der Parteien ,69** ,90 -,36 -,57 (,25) (,46) (,44) (,58) Zufriedenheit -,27 -1,87 -,13 ,39 mit Gleichstellung (,65) (1,25) (,98) (1,52) Konstante -,72 ,76 -7,37 * ,02 (1,63) (2,85) (3,10) (2,71) -2LL 386,7 Modell- χ² 68,4*** Korrigiertes Pseudo-R² (in %) 14,5 df 12 Korrekte Prognosen (in %) 92,3 N 701 158,4 30,3** 11,5 12 97,2 621 161,2 45,5*** 20,7 12 94,4 360 104,6 24,5 * 11,8 12 96,4 354 Soweit nicht anders vermerkt, sind die Koeffizienten statistisch insignifikant. Signifikanzniveaus: *: p<0,05, **: p<0,01, ***: p<0,001. 36 Tabelle 17: Lineare Regression der fünfstufigen Interesse-Variable (standardisierte Regressionskoeffizienten) Prädiktoren Westdeutschland Ostdeutschland Frauen Männer Frauen Männer Bildung ,24*** ,22*** ,28*** ,13 * Einkommen ,03 ,01 -,02 -,04 Berufstätigkeit ,05 -,10 * ,04 ,01 Familienstand ,08 ,06 ,04 ,07 Kinder im Haushalt -,05 -,04 -,08 ,05 Verheiratet, keine -,02 -,06 ,06 -,08 Erwerbstätigkeit, Kinder Alter -,13 ,35 ,11 ,40 Alter quadriert ,25 -,35 ,15 -,28 Politische Kompetenz ,35*** ,38*** ,46*** ,42*** Institutionenvertrauen -,03 -,04 ,04 -,003 Responsivität der Parteien ,10 * ,11** -,04 -,04 Zufriedenheit mit ,02 -,07 * -,01 -,04 Gleichstellung Konstante ,77 * ,97** ,25 ,86 Korrigiertes R² (in %) Standardfehler N 26,0 ,83 682 28,1 ,81 625 32,4 ,78 354 21,4 ,83 338 Soweit nicht anders vermerkt, sind die Koeffizienten statistisch insignifikant. Signifikanzniveaus: *: p<0,05, **: p<0,01, ***: p<0,001. 37