Universität Freiburg Klausurenkurs 29.04.2017 Prof. Dr. Jan Felix Hoffmann Zivilrecht Sachverhalt Der Mietwagenunternehmer F, der einige Fahrzeuge vermietet hat, will eine Weltreise unternehmen. Er bittet seinen Bekannten, den Arbeitslosen V, sich während seiner Abwesenheit um die laufende Verwaltung seines Fuhrparks zu kümmern, insbesondere die Mieteingänge zu überwachen sowie eingehende Rechnungen zu prüfen und zu begleichen. F erklärt dem V, er werde ihm dafür eine allgemeine Vollmacht erteilen. Nachdem sich V mit allem einverstanden erklärt hat, diktiert F einen Text auf Tonband, worin er dem V eine „allgemeine Vollmacht“ erteilt, zugleich aber eine Reihe von Einschränkungen der Vollmacht formuliert. Er lässt den Text von seiner Sekretärin tippen, die sich allerdings verhört, so dass es in dem schließlich ausgedruckten Text heißt: „Die Vollmacht umfasst auch Rechtsgeschäfte über Kraftfahrzeuge, insbesondere An- und Verkauf“, obgleich F in diesem Satz nicht „auch“, sondern „nicht“ diktiert hatte. F übersieht diese Veränderung, da er den Text nur flüchtig durchliest, und händigt dem V das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück ohne weitere Erklärung aus. Zwei Wochen nach der Abreise des F geht ein Angebot des benachbarten Konkurrenten D ein, der ein ihm gehörendes Kraftfahrzeug zum Preis von 20.000 Euro anbietet, an dem F schon vor einigen Wochen Interesse gezeigt hatte. Über einen Kauf hatte sich F mit D, der damals noch 22.000 Euro verlangt hatte, aber nicht einigen können. Da sich die finanzielle Lage des D verschlechtert hat, ist er nun an einem raschen Verkauf interessiert. V ist der Überzeugung, dass der reduzierte Preis eine günstige Gelegenheit bietet, und beschließt, diese zu nutzen. Unter Vorlage einer Fotokopie der von F unterzeichneten Vollmacht schließt V im Namen des F mit D einen Kaufvertrag über das Kraftfahrzeug zum Preis von 20.000 Euro. Wie in dem Vertrag vereinbart, leistet V eine Anzahlung von 2.000 Euro durch Überweisung von einem Konto des F, woraufhin D das Fahrzeug dem V übergibt. Die Zahlung des restlichen Kaufpreises soll vier Monate später Zug-um-Zug gegen die dann vorzunehmende Übereignung erfolgen. Als F nach einiger Zeit zurückkommt, ist er über das Verhalten des V verärgert. Er hält den Kaufpreis von 20.000 Euro für überteuert. Zu allem Überfluss wurde das Fahrzeug, das sich auf dem hinreichend abgesicherten Gelände des F befand, auf Grund einer Überschwemmung beschädigt. Eine Reparatur des Fahrzeugs würde 1.000 Euro kosten. F klärt den D gleich nach seiner Rückkehr über die Geschehnisse auf. Dieser meint, dass ihn die Differenzen zwischen F und V nichts angingen und verlangt von F die Begleichung des restlichen Kaufpreises. F erklärt darauf sowohl gegenüber V als auch gegenüber D, dass er die Vertretung nicht gegen sich gelten lassen wolle und er deshalb vom geschlossenen Vertrag Abstand nehme. Er begehrt von D die Rückzahlung der 2.000 Euro. Für den Fall, dass der geschlossene Vertrag nicht wirksam sein sollte, ist D der Ansicht, dass letztlich F auf dem Schaden an dem Fahrzeug „sitzen bleiben“ müsse. Darüber hinaus verlangt er von F und V Schadensersatz in Höhe von 7.000 Euro. D weist wahrheitsgemäß darauf hin, dass ihm wenige Tage nach dem Vertragsschluss von einem dritten Interessenten noch 22.000 Euro geboten worden seien. Inzwischen seien - was zutrifft - die Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt stark eingebrochen und das Kraftfahrzeug sei im reparierten Zustand deshalb lediglich noch 15.000 Euro wert. Universität Freiburg Klausurenkurs 29.04.2017 Prof. Dr. Jan Felix Hoffmann F und V möchten wissen, ob sie gegebenenfalls beim jeweils anderen Regress nehmen können. Aufgabe: In einem Gutachten (gegebenenfalls Hilfsgutachten) sind die aufgeworfenen Rechtsfragen zu erörtern. Hinweis: Da auch das Grundstück des benachbarten D von der Überschwemmung betroffen war, ist davon auszugehen, dass es zu der Beschädigung des Fahrzeugs auch dann gekommen wäre, wenn eine Übergabe an F nicht stattgefunden hätte.