Hoher Fleischkonsum ruiniert Umwelt und Gesundheit

Werbung
NAHRHAFT
nahrhaft
23. Januar 2016
Hoher Fleischkonsum ruiniert Umwelt und Gesundheit
Monica Mutti
heimisch produziertem «QualitätsFleisch» multiresistente Keime nachgewiesen. Diese «Superkeime» werden
durch Fleisch, Milch und Eier in die
Umwelt und auf den Menschen übertragen. Einer aktuellen Studie des Tumorzentrums in Aachen zufolge tragen gar
über 6 Millionen Deutsche antibiotikaresistente Keime in sich, die jährlich
tausenden von Menschen das Leben
kosten.
Unser übermässige Fleischkonsum
ruiniert Gesundheit und Umwelt.
Ess­bare Insekten bieten eine proteinreiche Alternative.
Wer sich nicht vegetarisch oder vegan
ernährt, isst durchschnittlich 133 Gramm
Fleisch pro Tag. Und ist damit mitverantwortlich für den zu hohen CO2 Ausstoss, die Abholzung des Regenwaldes,
Überdüngung der Böden und den Hunger in der Welt. So lauten die Fakten des
Berichts der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten
Nationen: 70% aller Agrarflächen der
Welt werden zur Futtermittelproduktion
(Soja, Mais, Getreide, etc.) und als Weideland genutzt, Tendenz steigend. Derweil sterben täglich 43‘000 Kinder an
Unterernährung. Um 1 Kilo Rindfleisch
zu produzieren, braucht es 16 Kilogramm Pflanzen und fast 20‘000 Liter
Wasser.
Ein Drittel der Umweltbelastungen
sind hausgemacht. Nebst übermässigem
Fleischkonsum auch durch globales
Essverhalten: Wir wollen Spargeln zu
Weihnachten und Erdbeeren im Januar.
Pangasius aus Vietnam, argentinisches
Rindfleisch, Crevetten aus Thailand
oder bolivianisches Quinoa stehen auf
dem Speiseplan. Und jährlich landen
250‘000 Tonnen Lebensmittel im
Schweizer Abfallsack. Das sind über 30
Kilo pro Person. Hier könnten Konsumenten direkten Einfluss auf die Produktionsmengen und das Angebot nehmen: Weniger und dafür inländische
Produkte einkaufen – das schont das
Portemonnaie und entlastet die Umwelt.
Fleisch macht krank
Der hohe Fleischkonsum trägt nicht nur
massgeblich zum Raubbau an Ressourcen bei, auch die Gesundheit leidet,
wie die Weltgesundheitsorganisation
schreibt. Bei einem täglichen Konsum
von 100 Gramm Fleisch – also weniger
als der Schweizer Durchschnitt – steige
das Risiko von Darmkrebs um 18%. Oh-
ne industrielle Masthaltung von Rindern, Schweinen und Geflügel kann die
weltweite Nachfrage an Fleisch nicht
gedeckt werden. Dass das Tierwohl auf
der Strecke bleibt, bezweifelt heute
wohl niemand mehr. Inzwischen plädieren aber nicht mehr nur Tierfreunde und
Tierschützer für eine artgerechte und
nachhaltige Tierhaltung, auch Human-
Foto: Fotolia
mediziner fordern eine Abkehr von der
Massentierhaltung, weil zu viel Antibiotika zur Krankheitsbekämpfung und
Wachstumsbeschleunigung verabreicht
werden. Durch den exzessiven Einsatz
der Medikamente in der Tiermast überleben nur die vitalsten bakteriellen Keime und bilden Resistenzen. 2015 wurden in Deutschland in 66 Prozent von
«Ich esse keine Leichen mehr»
Bald Mehlwürmer auf Teller?
Im Rahmen der Totalrevision des Lebensmittelrechts wird unter anderem
über den Umgang mit Lebensmitteln
tierischer Herkunft neu entschieden.
2014 wurde die Vernehmlassung eingereicht, wonach Insekten in Zukunft
auch in der Schweiz verkauft werden
dürfen. Die Anhörung wurde Ende
Oktober 2015 abgeschlossen. Im aktuellen Entwurf ist vorgesehen, Grillen, Mehlwürmer und Heuschrecken
zum Verzehr zuzulassen. Diese dürfen nach einem Erhitzungsschritt,
welcher die Abtötung von Keimen
gewährleistet, an Konsumenten abgegeben werden. Ob der Entwurf so
durchkommt, wird zurzeit geprüft.
Das Ziel ist, dass der Bundesrat in der
zweiten Hälfte 2016 entscheidet, ob
und wann die revidierte Gesetzgebung in Kraft tritt. Tiere sind in der industriellen Fleischproduktion nur Massenware
Delikate Insekten
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) hat zum Ziel, eine
sichere und gesunde Ernährung für die
stetig wachsende Weltbevölkerung zu
gewährleisten. Dazu eignen sich proteinreichen Insekten hervorragend. An einer Fachtagung der Hochschule ZHAW
in Wädenswil betonte Paul Vantomme
von der FAO, man sei an einem kritischen Punkt angekommen und müsse
die Herstellung von Lebensmitteln dringend überdenken. «Jeder kann Insekten
züchten, es braucht dazu weder Land
noch teure technische Apparaturen und
vor allem – keine Antibiotika».
Wollen die Schweizer nun Mehlwürmer, Wanderheuschrecken und Grillen
essen, wie es in der neuen Lebensmittelverordnung vorgesehen ist (siehe Kasten unten)? Abwegig wäre es nicht, denn
weltweit essen bereits 2 Milliarden
Menschen Insekten. Und das nicht nur
in Drittweltländern. In Japan gelten beispielsweise Hornissenlarven als Delikatesse, preislich vergleichbar mit Kaviar.
Die Schweizer sind ein kulinarisch offenes Volk. Auch wenn noch kein Trend in
Sicht ist, die Neugier auf das «Fleisch
auf 6 Beinen» ist geweckt.
(zb)
Rolf Hug
Eva Kelemen hat das erste vegane
Spezialitätengeschäft in Zürich eröffnet. Sie lebt seit drei Jahren vegan.
Auf Grillpartys geht sie aber trotzdem noch.
Es ist ein schmucker, kleiner Laden am
Zürcher Schaffhauserplatz. Betritt man
Eva’s Apples, sticht sofort die reichhaltige Auslage ins Auge. Bis auf Obst und
Gemüse gibt es hier eigentlich alles, wie
in einem normalen Lebensmittelgeschäft. Der einzige Unterschied: Alle
Produkte sind frei von tierischen Elementen. Gegründet hat den Laden Eva
Kelemen.
Eine lebensverändernde Lektüre
Sie lebt seit rund drei Jahren vegan.
Ausschlaggebend für diesen Lebensstil
war die Lektüre des Buches: «Tiere Essen» von Jonathan Safran Foer. Darin
macht sich ein Vater Gedanken über die
richtige Ernährung seiner Kinder. «Das
Buch hat mich beeindruckt und zu einem Umdenken geführt», erzählt Kelemen.
Davor ernährte sie sich ganz normal,
ass Fleisch, und machte sich keine
grossen Gedanken über die Herstellung
und Produktion von Fleisch. Heute ist
das Essen von tierischen Produkten für
sie keine Option mehr: «Ich wollte mit
meinem Geld das Töten von Tieren
nicht weiter unterstützen. Ich habe Tiere
einfach zu sehr gern.» Als Veganerin isst
sie gar keine tierischen Produkte, also
auch keine Milchprodukte oder Eier.
Eigene Würste an Grillpartys
Zu Beginn war der vegane Lebensstil
für Kelemen eine Umstellung. «Es hat
mit einem Versuch begonnen», erzählt
Kelemen. Aber bereits nach ein paar
Monaten lebte sie vegan. «Alle Blutwerte haben sich verbessert und mein
Arzt sagte mir, dass er noch nie so gute
Cholesterinwerte gesehen habe», sagt
sie. Schwierigkeiten hatte sie zu Beginn
beim Einkaufen. «Ich musste alle Zuta-
ten immer genaustens überprüfen.» Das
Angebot an veganen Lebensmitteln sei
klein gewesen. Ihr veganes Spezialitätengeschäft schafft hier Abhilfe.
Sie merkt, dass sich heute viel mehr
Leute für den veganen Lebensstil interessieren. Ihr Laden trägt hier zur Aufklärungsarbeit bei. Zu Beginn wurde sie
innerhalb der Familie und des Bekanntenkreises ein wenig schräg angeschaut.
«Für andere ist es schwierig zu verstehen, wieso man kein Fleisch mehr isst.
Versucht man es zu erklären, wird man
gleich in die missionarische Ecke gedrängt», erzählt Kelemen.
Trotzdem geht sie weiterhin an Grillpartys. Schliesslich will sie den Kontakt
zur ihren Freunden nicht verlieren. Sie
bringt jeweils ihre eigenen Würste mit.
«Mich zu amüsieren fällt mir jedoch
schwer, wenn ich an all die toten Tiere
denke.» Auch wenn der Geschmack von
grilliertem Fleisch sehr verlockend ist,
würde Eva Kelemen nie mehr hinein
beissen: «Ich mag keine Leichen mehr
essen.»
Eva Kelemen, Geschäftsführerin und
Inhaberin von Eva’s Apples, ernährt
sich seit drei Jahren vegan
Foto: Ramona Tollardo
Innovatives Startup mit Insektenfood
Kolumne
Jungunternehmer warten sehnlichst auf die Revision des Lebensmittelgesetzes
Zeljko Barbaca
laufend neue Menus. Nun hoffen die
Jungunternehmer auf die Revision des
Lebensmittelgesetzes im Herbst 2016,
nach der Grillen, Mehlwürmer und
Wanderheuschrecken für den Verzehr
zugelassen werden sollen.
Vier junge Geschäftsleute wollen
Grillen, Mehlwürmer und Wanderheuschrecken auf die Schweizer Teller bringen. Sie warten nur noch auf
die Zustimmung des Bundesrates.
Gebraten, gekocht, im Teigmantel oder
gar lebendig. In über 80 Ländern verzehren mehr als 2 Milliarden Menschen
regelmässig Insekten, schätzt die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
FAO der UNO. Einerseits sind es kulturelle Gründe, anderseits haben die 1900
essbaren Insektenarten einen sehr hohen
Anteil an Proteinen, weisen kaum Kohlenhydrate auf und sind äußerst fettarm.
Zudem sind sie reich an Vitaminen,
­Mineralstoffen und Spurenelementen.
Gegenüber konventionell gezüchteten
Tieren wie Rindern, Schweinen und Geflügel produzieren Insekten kaum Treibhausgase, haben einen viel geringeren
Futter- und Wasserverbrauch und brauchen viel weniger Platz.
Burger, Ravioli und Desserts
All diese Vorteile haben auch Matthias
Grawehr und Christian Bärtsch vor über
Unser Essen der Zukunft: Heuschrecken als Beilage
2 Jahren entdeckt. Mit ihrer Idee, der
Schweizer Bevölkerung Lebensmittel
mit Insekten schmackhaft zu machen,
gewannen sie einen Startup Wettbewerb. Mit dem gewonnen Startkapital
gründeten sie die Firma Essento und
halten seither im privaten Rahmen Vor-
Foto: Essento
träge und organisieren Events. In ihrer
Küche entwickeln sie Insektenburger,
Ravioli mit Mehlwürmern oder Vanille
Glace mit Heuschrecken. «Wenn unser
Koch eine neue Rezeptur kreiert, bekocht er uns und wir geben unser Feedback dazu», so Grawehr. So entstehen
Warten auf Bundesrat
Im ersten Revisionsentwurf steht, dass
die Insekten als Tiere erkennbar sein
müssen, was bei einem Burger nicht der
Fall ist. Essento hofft jedoch, dass eine
klare Deklaration der Insekten ausreicht. «Da auch die Konsumentenorganisation ebenfalls einverstanden ist, sind
wir zuversichtlich, dass es so möglich
ist», so Grawehr.
Bis dahin wird Essento weiterhin
neue Produkte testen und die Sensibilisierungsarbeit bei den Konsumenten
weiter führen, wie Matthias Grawehr
erklärt. «Uns geht es nicht darum, mit
den Insekten als Lebensmittel die Menschen zu ekeln oder einer Mutprobe zu
unterziehen, sondern zu zeigen, wo das
kulinarische Potential der Insekten
liegt».
Siehe Kasten Seite 1 links unten:
«Bald Mehlwürmer auf Teller?»
Foto: zVg
«Hautloses Geflügel ist trendy»
Elias Welti vom Schweizer Fleisch-Fachverband sieht im Verkauf von Insekten kein grosses Marktpotenzial für
Metzgereien. Probieren würde er sie trotzdem.
Rolf Hug
Was halten Sie von neuen Trends, beispielsweise veganer oder vegetarischer Ernährung?
Ich würde nicht von einem Trend sprechen. Ich glaube, diese Entwicklung
gibt es schon länger. Neu ist nur, dass
die Medien häufiger darüber berichten.
Zudem ist gemäss unseren Zahlen in der
Schweiz der Pro-Kopf-Fleischkonsum
seit Jahren stabil.
Gibt es innerhalb dieses Fleischmarkts Entwicklungen?
Ja. Momentan ist Geflügel sehr trendy,
vor allem hautlos, dann ist es sehr fettarm. Die Schweizer Geflügelproduzenten kommen ob dieser Entwicklung
nicht mehr nach und wir müssen Geflügel importieren.
Wie sieht es mit Bio-Fleisch und
Fleisch aus Freilandhaltung aus?
Gelabeltes Fleisch ist immer noch eine
Randerscheinung, wächst aber auf bescheidenem Niveau.
Viele Leute kritisieren die Tierhaltung aufgrund des hohen Wasserverbrauchs bei der Rinderzucht.
Ich kann nur für die Schweiz sprechen.
Sie verfügt im internationalen Vergleich
über sehr hohe Tierschutzstandards. Natürlich brauchen Tiere Wasser. Aber sie
scheiden es auch wieder aus und es gelangt zurück in den Wasserkreislauf.
Bald soll es eine neue Lebensmittelverordnung geben. Sind sie zufrieden
damit?
Das über 2000-seitige Verordnungspaket zur Umsetzung des neuen Lebensmittelgesetzes hat bezeichnenderweise
den Namen Largo erhalten. Ich habe
keine Ahnung, wie ein normaler Gewerbetreibender alle diese neuen Vorgaben
erfüllen soll. In unserer 70-seitigen Stellungnahme fordern wir denn auch, dass
die Vorlage zwecks Überarbeitung und
Vereinfachung zurückgewiesen wird.
Was stört den Verband am meisten?
Hauptknackpunkt der Vorlage sind die
Vorgaben bezüglich Kennzeichnung.
Neu sind Angaben der Herkunft der
Rohstoffe, der Nährwerte und der Allergene im Offenverkauf obligatorisch. Ein
riesiger Mehraufwand.
Glauben Sie, dass Metzgereien in Zukunft Grillen, Mehlwürmer und Heuschrecken verkaufen werden?
Das ist schwierig abzuschätzen. Ich
glaube nicht, dass das ein grosser Trend
werden wird. Wenn ich mit Leuten spreche, ob sie Insekten essen würden, dann
höre ich als Erstes: «Das kommt nicht in
Frage.»
Würden Sie persönlich Insekten probieren?
Ja, klar. Ich bin sehr neugierig, was Essen anbelangt.
Und was kommt bei Ihnen zu Hause
meistens auf den Tisch?
Natürlich Fleisch. Zwischendurch darf
es aber gerne einmal eine fleischlose
Mahlzeit sein.
Heuschrecke
knusprig frittiert
Antibiotika
im Fleisch
Maden
als Tierfutter
Wie wär’s mit einem Skorpion aus China auf dem Teller oder einer frittierten
Heuschrecke aus Thailand? Oder lieber
eine Kakerlake? Was die einen als ungeniessbares Ungeziefer empfinden, ist für
Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika eine Delikatesse. Heuschrecken, Maden und Käfer sind wertvolle
Lieferanten von Eiweiss und Mineralstoffen und können zudem kostengünstig und klimaneutral gezüchtet werden.
Gerade im Kampf gegen Unterernährung kann damit viel erreicht werden.
(zb/jus)
Im deutschen Bundesland Niedersachsen erhält ein Truthahn alle 6 Tage das
Antibiotikum Colistin. Dieses wird gegen Krankheitserreger eingesetzt, die
oft in industrieller Massenzucht auftreten. Das berichtet Landwirtschaftsminister Christian Meyer an der Internationalen Grünen Woche in Berlin.
Wissenschaftler konnten derweil Colistin-resistente Keime in Geflügeldärmen
nachweisen. Colistin ist das einzige Antibiotikum, das bei Menschen mit Resistenzen noch wirksam ist.
(zb/jus)
In Südafrika produzieren David und Jason Drew Madenmehl für Tierfutter.
Ziel ist, die Menge an Fischmehl zu reduzieren und somit der Leerfischung in
den Ozeanen entgegen zu wirken. Das
Madenmehl hat einen höheren Proteingehalt. Die Zucht der dafür verwendeten
Stubenfliege ist zudem viel billiger und
einfacher. Ihr Reproduktionstempo ist
riesig. Sie lebt maximal 14 Tage, legt
aber bis zu 500 Eier. Kaum auf dem
Kompost frisst sie sich in nur 60 Stunden dick. Danach wird sie geerntet, getrocknet und gemahlen. (zb/jus)
Elias Welti ist stellvertretender Direktor des Schweizerischen FleischFachverbandes. Der Verband vertritt
die gesamten Interessen der Fleischverarbeiter in der Schweiz. Er ist
­zudem Redaktor bei «Fleisch und
Feinkost», dem internen Bran­­chen­
magazin. Darin berichtet er über Neuerungen in den Metzgereien, gesetzliche Änderungen aber auch über
vorgelagerte Branchen wie die Viehwirtschaft. Er ist 39-jährig, verheiratet und Vater zweier Kinder.
Maikäfer-Suppe
als Tradition
Wussten Sie, dass bei unseren Vorfahren
die Suppe aus Maikäfern eine Spezialität war? Als uns in den 1910er-Jahren
eine Maikäferplage heimsuchte, kamen
die Geplagten auf die Idee mit der Suppe. Diese war dann auch bis Mitte des
20. Jahrhunderts zumindest in Deutschland und Frankreich bekannt. Zur Zubereitung wurden die Maikäfer ohne Flügel und Beine in Butter angeröstet und
in Brühe gegart. Pro Person wurden etwa 30 Maikäfer gerechnet. Der Geschmack erinnerte an eine Krebssuppe.
(zb)
Ich habe gehört, dass Ion, 25, Insekten
kocht. Für Familie und Freunde. Ion
kenne ich seit er 2 ist. Er hat immer
schon gern gegessen, war ein kulinarisch experimentierfreudiges Kind.
Ganz im Gegensatz zu mir. Ich glaube, ich habe mich als Kind von Spaghetti, Kartoffeln, Reis, Würstli, Gurkensalat und Früchtewähen ernährt
– und von Caféglacé. Ion wollte eigentlich Koch oder Rinderzüchter
werden. Aber er hat sich für ein Wirtschaftsstudium an der HSG entschieden. Jetzt schreibt er seine BachelorArbeit zum Thema Insektenfood, der
Küche ist er also treu geblieben.
Kürzlich, bei einem Besuch fragt er
mich spontan: «Soll ich dir Insekten
«Den Heuschrecken
reissen wir die Beine
und Flügel aus.»
kochen?» Ohne zu überlegen, sage
ich zu.
Wir stehen in seiner Küche und er
präsentiert mir die getrockneten Krabbeltiere zur Auswahl: «Was möchtest
du? Ich habe Wüstenheuschrecken,
Palmrüssellarven, Schwarzkäfer, Gril­
len und Mehlwürmer.» Die Heuschrecken glotzen mich mit schwarzen Augen an, die Käfer und Grillen sehen
aus als hätte ich tote Insekten aus dem
Gartenhäuschen gewischt. Dass die so
eklig aussehen, hätte ich nicht gedacht. «Ich fühle mich wie der C-Promi im Dschungelcamp.»
Ich entscheide mich für Mehlwurm, Heuschrecke und Grille. Den
Heuschrecken reissen wir Beine und
Flügel aus und rösten sie mit den Grillen und Mehlwürmern in der Bratpfanne. Riecht irgendwie erdig-nussig. «Willst du sie ganz oder machen
wir Pesto?» Weil der Anblick nicht
berauschend ist, entscheide ich mich
für Pesto. Ein paar Tiere lässt er zu
Dekorationszwecken ganz. Während
Ion die Pesto vorbereitet, erzählt er
mir begeistert von den Schwarzen
Soldatenfliegenlarven, die er züchtet.
Ion, der gerne fischt, sagt: «Die Larven eignen sich hervorragend für
Fischfutter!»
Er püriert die Insekten mit Basilikum, Cashews, Knoblauch, Limetten
und viel Olivenöl, mischt die Masse
unter die Fettucine und schon stehen
zwei Teller auf dem Tisch. Er streuselt
noch ein paar ganze Insekten darüber
und wir legen los. Die Pesto schmeckt
wie Pesto – vielleicht etwas erdiger
als sonst. Ich esse sogar die ganzen
Tiere. Die Grillen zerfallen zu Puder,
sobald man draufbeisst. Die Heuschrecken finde ich nicht besonders,
die Mehlwürmer sind knackig und
schmecken nahrhaft. Ich würde sofort
wieder Insekten essen!
Monica Mutti
Impressum
Redaktion
Zeljko Barbaca (zb)
Rolf Hug (hug)
Monica Mutti (mm)
Judith Schuck (jus)
Leitung Bildungsgang
Guido Stalder
Layout
Erika Zimmermann
Herunterladen