ZP Effiziente Praxisführung Digitalisierung Praxismarketing und der „Return on Investment“ (ROI) – was ist wichtig und was bringt’s? von Dr. Sebastian Schulz, www.ieQ-health.de, und Stephan Hinzen, www.hellweg-hinzen.de, Münster | Henry Ford, der berühmte Gründer der Ford Motor Company, brachte es ­bereits Anfang des 20. Jahrhunderts mit zwei legendären Zitaten auf den Punkt: „50 Prozent bei der Werbung sind immer rausgeworfen. Man weiß aber nicht, welche Hälfte das ist.“ Und: „Wenn Sie einen Dollar in Ihr Unternehmen s­ tecken wollen, so müssen Sie einen weiteren bereithalten, um das ­ bekannt zu ­machen.“ In diesen Zitaten stecken zwei wesentliche Punkte, die das Marketing – auch in Zahnarztpraxen – bis heute herausfordern. | Marketing – auch in Zahnarztpraxen unerlässlich Zum einen sind Marketing und die darin betriebswirtschaftlich subsummierte „Werbung“ für den Erfolg eines Unternehmens unerlässlich. Es ist ein Irrglaube anzunehmen, Kunden bzw. Patienten kämen von allein (siehe auch Beiträge zu „Mythen und Märchen“ in ZP Nrn. 9 und 10/2016). Ein erfolg­reicher (zahnärztlicher) Unternehmer muss zwangsläufig die aktuelle ­Medienpalette zielgruppenadäquat einsetzen, um die eigenen Dienstleistungen und Alleinstellungsmerkmale bestmöglich in den (regionalen) Zielmarkt zu trans­ portieren. Messbarkeit des ROI ein Problem – es geht aber immer besser Zum anderen ist da die Frage nach dem Return on Investment (ROI), sprich die Beantwortung der Frage: Was bringt was oder welche Kommunikationskanäle sollte ich einsetzen? Bis heute ist es eine große Herausforderung, Marketing messbar zu machen. Das wird jedoch mit den Möglichkeiten digitaler Medien und entsprechender Analyse-Programme immer besser. Bei­ ­Sozialen Medien z. B. minimieren Nutzer durch die zum Teil freiwillige Angabe vielfältigster Daten die Streuverluste von Werbung selber. Dentalmarkt im Umbruch Der Dentalmarkt ist seit Jahren zahlreichen Veränderungen unterworfen, die die Bedeutung der Kommunikation der (Zahn-)Arztpraxis als Marke nochmals nachhaltig erhöhen. Die wichtigsten Veränderungen für diesen B ­ ereich dürften sein: Mehr Wettbewerb unter Zahnärzten Der Wettbewerb unter Zahnärzten steigt: Da, wo Wettbewerb – auch vom Gesetzgeber (z. B. durch Fallen der Zulassungssperren oder zahnärztliche MVZ) – bewusst forciert wird, entsteht immer die Notwendigkeit zur ­Abgrenzung von anderen Anbietern. Weniger Werbe­ beschränkungen Die rechtlichen Schranken für die Kommunikation im (zahn-)medizinischen Markt wurden und werden immer stärker gelockert. Es entsteht seit Jahren ein medizinischer (Werbe-)Markt mit allen damit verbundenen Herausforderungen und notwendigen Anstrengungen. 10 ZP Zahnarztpraxis03-2017 professionell Effiziente Praxisführung ZP Die mediale Dynamik ist rasant: Medien, die es früher zur Information, Kommunikation und Bewertung nicht gab, sind heute Alltag. Damit steigt die Anspruchshaltung der Patienten, die bestimmte Informationsangebote und (Soziale) Medien aus anderen Branchen kennen. Rasante mediale Dynamik Patienten stellen immer mehr Fragen und werden selbstbewusster. Zum einen, weil das Internet neue Möglichkeiten zur schnellen Information ­bietet. Zum anderen, weil immer mehr private Zuzahlungen erforderlich werden. Geht es um dringliche (zahn-)medizinische Eingriffe und/oder muss der Patient Geld in die Hand nehmen, werden Fragen gestellt. Immer anspruchs­ vollere Patienten Abgrenzung ist das Gebot der Stunde Zur Abgrenzung und Information ist Kommunikation unerlässlich: beim Neupatienten, um auf die eigene Praxis aufmerksam zu machen und sich als professioneller Anbieter zu positionieren (Auswahlentscheidung); beim ­Bestandspatienten, um rund um das Behandlungsspektrum über konkrete Leistungen ausführlich zu informieren und ggf. auch die Vorteile bestimmter Alternativen herauszustellen (Therapieentscheidung). Dabei ist Information nicht nur werblich, sondern im Sinne eines besseren Verständnisses der ­jeweiligen Therapie auch unter dem Punkt „Bessere Compliance“ heraus­ zustellen. Ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass es ohne Marketing nicht geht, stellt sich die Frage: Wo sind Euros, die ich ausgebe, am besten investiert? Welche Maßnahmen sind durchzuführen? Anregungen dazu bietet die folgende Grafik. Wo sollten die Mittel am besten eingesetzt werden? Investitionsbereiche und Maßnahmen Kür Soziale Medien Bewertungsportale Relevante Portale sichten Relevante Portale pflegen, auch Verlinkung auf Praxishomepage Reputationsmanagement einführen, d. h. Patientenansprache und Controlling Praxishomepage Neu- und Bestandspatienten adressieren, ggf. auch Zuweiser Homepage muss in der Beratung einsetzbar sein; monatliche News Pflicht Patienten- und Zuweiserempfehlungen Empfehlungsmanagement einführen Online relevante Inhalte auch für Bestandspatienten vorhalten Mediengestützte Beratung einführen Quelle: ieQHealth / Grafik: IWW Institut 03-2017ZP Zahnarztpraxis professionell 11 ZP Effiziente Praxisführung Wie ermittle ich den Wert des Praxismarketings? Kommen wir nun zum Versuch, Maßnahmen des Praxismarketings mit klar messbaren Zahlen – sprich Umsatz – zu bewerten. Haben Sie eine Vorstellung, was ein Neupatient wert sein kann? Ist es möglich, dies seriös und allgemeingültig zu beantworten? BWA des Steuer­ beraters heranziehen oder selbst rechnen Kosten und Umsatz je Behandlungsstunde ermitteln In jedem Fall macht es Sinn, sich damit zu beschäftigen und die Erfahrungswerte aus der eigenen Praxis heranzuziehen. Dabei ist es hilfreich, zunächst seine Praxiskosten auf eine Behandlungsstunde herunterzubrechen. Einige bekommen diese Zahlen fein säuberlich in den monatlich erstellten betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) des Steuerberaters ausgewiesen. ­Stehen diese praxisindividuellen Werte nicht zur Verfügung, lohnt es sich, die Stundensätze selbst zu errechnen. Dazu müssen Sie ermitteln: die Praxisausgaben pro Jahr (alle Kosten inklusive [Fremd]-Laborkosten); die reine wöchentliche Arbeitszeit (hilfsweise die Praxisöffnungszeiten in Stunden) die Anzahl der Wochen im Jahr, an denen in Ihrer Praxis gearbeitet wird (52 Wochen abzgl. Urlaub, Fortbildung und ggf. Krankheitstage) ◼◼Beispiel: Ermittlung der Kosten je Behandlungsstunde Praxisausgaben 308.200 Euro* Arbeitszeit pro Woche 35 Stunden Wochen pro Jahr 44 (= 52 minus 6 Wochen Urlaub minus 2 Wochen für Fortbildung/Krankheit) Arbeitsstunden pro Jahr 1.540 Kosten je Behandlungsstunde rund 200 Euro (= 308.200 : 1.540) * Für dieses Beispiel wurden die Durchschnittswerte laut dem aktuellen KZBV-Jahrbuch 2016 für Praxisausgaben und Praxiseinnahmen (459.900 Euro – siehe unten) gewählt. Damit kennen wir die ­Kosten einer Behandlungsstunde und wissen, was im Durchschnitt in der Praxis mindestens umgesetzt werden muss, um kosten­ deckend zu arbeiten. Die Kosten müssen mit den Einnahmen je Behandlungsstunde in Relation gesetzt werden. Diese können wiederum der BWA ent­ nommen oder aber selbst ermittelt werden. Im Beispiel würde sich dann bei Praxis­einnahmen von 459.900 Euro pro Jahr ein Umsatz je ­Behandlungsstunde von rund 300 Euro ergeben (459.900 : 1.540), wodurch man je Behandlungsstunde auf einen Gewinn vor Steuern von rund 100 Euro je Stunde kommt. Ab wie viel Neupatienten lohnt sich Marketing? 350 Euro pro Jahr durch einen Neupatienten Auf Basis dieser Zahlen versuchen wir nunmehr, den realistischen „Wert“ eines Patienten zu ermitteln. Auf Basis ausgewählter Behandlungstätig­ keiten mit dem daraus zu erwartenden durchschnittlichen Umsatz wird errechnet, was es umsatzmäßig bedeutet, Neupatienten zu gewinnen. In den folgenden Tabellen gehen wir vor allem der entscheidenden Frage nach, wie viele Neupatienten gewonnen werden müssen, damit sich Marketing „lohnt“. 12 ZP Zahnarztpraxis03-2017 professionell Effiziente Praxisführung Marketingmaßnahmen (nicht abschließend) ZP Kosten netto p. a. Beispiel-Kosten pro Jahr, brutto Homepage inklusive Pflege und Betreuung von Bewertungsportalen 4.000,00 Euro 4.760,00 Euro Weitere Online-Maßnahmen, z. B. Google AdWords 2.400,00 Euro 2.856,00 Euro Print (Anzeigen, Visitenkarten, Flyer, Nachbestellungen etc.) 2.000,00 Euro 2.380,00 Euro Sonstige Ausgaben (Werbemittel, Praxisparty/Tag der offenen Tür ...) 2.600,00 Euro 3.094,00 Euro Summe Neupatienten p. a. Gesamt davon gekommen über das Internet/Marketing: 30 % 13.090,00 Euro Behandlungs­umfang Durchschnittlicher Umsatz pro Kassenpatient 200 2 x pro Jahr PZR, 1 x einflächige Füllung, 60 1 x Einzelzahnkrone 350,00 Euro Honorarumsatz gesamt für Neupatienten insgesamt pro Jahr 70.000,00 Euro davon Honorarumsatz gesamt für Neupatienten über Internet/Marketing pro Jahr 21.000,00 Euro Unter den obigen Annahmen zu den Kosten für die Werbeaufwendungen ­sowie dem durchschnittlichen Umsatz je neuem Kassenpatienten würden sich die Marketingausgaben ab 37 Neupatienten rentieren (= 13.090 : 350), wenn diese aufgrund der Marketingaktivitäten den Weg in die Praxis gefunden ­haben. Die Erträge für Privatpatienten – und auch Bestandspatienten – ­kämen noch on top, sind zur Einfachheit aber herausgerechnet. Ab 37 Neupatienten haben sich die Marketingaufwen­ dungen rentiert Zu bedenken ist auch, dass die Kosten für die Marketingmaßnahmen an der Obergrenze angesetzt wurden. So ist es vermutlich eher unüblich, jedes Jahr neue Flyer zu erstellen oder durch einen Tag der offenen Tür Kosten zu produzieren. Der mögliche Umsatz, der sich mit einem Neupatienten generieren lässt, wurde dabei ebenfalls eher vorsichtig kalkuliert. Praxishinweis | Nach Analyse dieser Zahlen wird klar, dass in der heutigen Zeit das Thema Praxismarketing enorm wichtig geworden ist. Diese Umsatzchancen lassen sich deutlich leichter unter Einbindung der neuen Medien nutzen. So gehört eine professionelle Homepage mit regelmäßig aktualisierten Beiträgen, Bildern und Events genauso dazu wie die Pflege und der Einsatz von Bewertungsportalen, die Analyse relevanter Schlagwörter für die Google-Suche etc. Hat der Patient den Weg in die Praxis gefunden, helfen unterstützend die Praxishomepage mit für Bestandspatienten relevanten Beratungsinhalten, 3-D-Animationen, ansprechend gestalteten Flyern zu unterschiedlichen Themen u. v. a. Denn damit werden ­Weiterempfehlungen durch Bestandspatienten forciert, die wiederum Einfluss auf den Neupatientenzustrom haben. Wichtig | Auch Empfehlungspatienten nutzen zu einem Großteil vor dem ersten Besuch der Praxis die Praxishomepage und ggf. weitere Online­ medien, um weitere Informationen über die Praxis und den ersten Besuch einzuholen. Das heißt: Empfehlungen durch zufriedene Patienten und Praxishomepage hängen im Rahmen der Auswahlentscheidung pro neuer Praxis längst zusammen. Praxishomepage unterstützt ­Empfehlungen von Bestands­patienten 03-2017ZP Zahnarztpraxis professionell 13