Social Communities werden die Zukunft von

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Social Communities werden
die Zukunft von Sparkassen prägen
Christine Gerbracht
Bernhard Keller
erschienen in:
Betriebswirtschaftliche
Blätter
Deutscher Sparkassen
Verlag GmbH
November 2009
Auflage: 3.517
AUTOREN
VERTRIEB
Christine Gerbracht
ist Senior Consultant der TNS
Infratest Finanzforschung in
Bielefeld.
Das Internet schafft neue Möglichkeiten der Kundenbindung
Bernhard Keller
ist Director und Prokurist der
TNS Infratest Finanzforschung.
Social Communities werden
die Zukunft von Sparkassen prägen
Das Web 2.0 bietet Sparkassen über Social Communities die Möglichkeit, mit Kunden in einen Dialog zu treten. Auf
diese Weise können Marketing und Marktforschung interaktiv die Beziehungen zu den Kunden vertiefen, um ihre
Bindung zur Sparkasse zu erhöhen und sie in die Vertriebspolitik mit einzubeziehen. Die stärkere Einbeziehung der
Kunden in Vertrieb und Marketing hilft Sparkassen zugleich, Beratung und Service nachhaltig zu verbessern.
anchen mögen Social Communities
noch nicht vertraut sein, viele aber
kennen sie schon oder sind sogar Mitglieder.
Bekannt sind inzwischen Xing, früher Open
BC, 123people, Facebook oder LinkedIn.
Jüngere bewegen sich eher in MySpace
oder suchen den Kontakt zu früheren Klassenkameraden auf Stayfriends. Studenten
bevorzugen studiVZ.
Darüber hinaus ist für viele Konsumenten
das Internet zu einem Fundus an Informationen, nicht zuletzt für Preisvergleiche geworden. Ob es nun der gewünschte neue Fernseher sein soll, der aufgrund der Kommentare
anderer Nutzer dann doch nicht gekauft wird,
oder der Händler, dessen Bewertungen einen
Kauf anderweitig ratsam erscheinen lassen.
Auch Reisende suchen sich vor Fahrtbeginn
immer häufiger im Web ihr Hotel aus, wobei
sie sich die Bewertungen anderer Gäste en
détail anschauen, um sich ein Urteil darüber
zu machen, ob Hotel und Zimmer auch für sie
geeignet sind.
Das Internet ist längst eine vitale Kommunikationsform geworden, die nicht nur
Unternehmen und damit auch Banken und
Sparkassen im Visier hat, sondern auch Mitarbeiter dieser Unternehmen. Bankkunden
informieren sich im Web längst schon gegenseitig etwa über ihre Auffassung von den
Leistungen ihrer Kundenberater. Es genügt
dazu etwa ein Blick auf https://secure.whofinance.de/berater-bewerten (s. Abb. 1).
Heute kann jeder sehr schnell Öffentlichkeit im Netz herstellen.1 Einige Mitbürger
machen das schon, um etwa der Sparkasse
ihre Meinung zu sagen.2 Dabei ist das Niveau
im Blog teilweise hoch, und die Leute engagieren sich.3 Auch Sparkassen entdecken
die verschiedenen Medien des Web 2.0 wie
Blogs, Foren oder Social Communities für
sich.
> Die Sparkassen Nürnberg und Bochum
Betriebswirtschaftliche Blätter 11|2009
haben etwa einen eigenen Blog auf ihrer
Homepage eingerichtet.4
> Andere Institute wie die Sparkasse Pforzheim-Calw betreiben Microblogging bei
Twitter (http://twitter.com/SparkassePFCW), also Blog-Nachrichten mit maximal
160 Zeichen pro Eintrag ähnlich einer
SMS.
> Die österreichischen Sparkassen und Erste
Bank bieten jungen Kunden im Homepage-Bereich „Jugend“ eine eigene Community an, die sie „spark7 Community“
nennen.5
Was sind Social Communities?
Bei Social Communities handelt es sich
um Menschen, die miteinander im Internet
kommunizieren und dabei selbst die Inhalte
ihrer Beiträge bestimmen („user generated
content“). Diese Kommunikation kann man
entweder nur beobachten oder sie mitgestalten, also zur Diskussion eines Themas
aufrufen, sich mit eigenen Kommentaren
in die Kommunikation einschalten, um Hilfe
bitten, provozieren sowie Reaktionen und
Resonanzen aufnehmen.
Zwei Arten von Social Communities gilt
es zu unterscheiden. In der öffentlichen
Community ist man Mitglied eines größeren
Ganzen, das von dritter Seite organisiert wird
wie Xing und der dortige Banking Club. Dazu
gehört auch Wikipedia, wo jeder etwa die
Finanzbegriffe fort- bzw. auch umschreiben
kann. Doch kann ein Unternehmen bzw. eine
Sparkasse auch eine eigene („private“) Community einrichten, die sie für ihre Kunden
allgemein, für bestimmte Zielgruppen oder
auch intern für ihre Mitarbeiter anbietet.
Bislang wurden Kunden weitgehend mit
Inhalten und Informationen in „Push“-Manier
versorgt. Sie hatten damit keine Möglichkeit,
darauf zu reagieren. Im Web 2.0 ist die Interaktion dagegen jederzeit möglich.
Öffentliche Social Communities
Bestehende Social Communities wie studiVZ,
schülerVZ, Lokalisten, Facebook, YouToube,
MySpace oder auch Twitter können sowohl
passiv als auch aktiv genutzt werden. Eine
passive Nutzung liegt dann vor, wenn die
Mitgliedern (User) einer Community etwa
äußern können, was sie wie über die Themen
Finanzen oder die eigene Sparkasse denken.
Von aktiver Nutzung wird dann gesprochen,
wenn der Betreiber selbst Inhalte platziert.
„Word-of-mouth“ stimulieren
Über das Engagement in Social Communities
eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten für
„Word-of-mouth“-Aktivitäten. Gut gemachte, oftmals humorige Spots oder Inhalte eröffnen die Chance, dass sie von den Community-Mitgliedern weiter verbreitet werden.
So sind Social Communities schon heute
vielfach Teil des Media-Mix cross-medialer
1 Heuer, Steffan: Skandal in Echtzeit, in: BRAND EINS
Heft 2, 2009, S. 76ff
2 Beispielhaft: http://blog.simon-kuehn.de/archives/2006/09/12/kreis-sparkasse/, http://blog.zunftnetz.org/2009/04/06/werbung-und-wirklichkeitwas-wir-von-sparkassen-wirklich-erwarten-durfen-und-was-nicht/
oder http://www.fontblog.de/berliner-sparkassewirbt-mit-falschen-versprechungen
3 So Friederike Ahlers in: Müller, Bernd, Mitmachen
und gewinnen, in: WirtschaftsWoche Heft 8,
16.2.2009, S. 74.
4 Sparkasse Nürnberg: http://www.s-magazin.de/
wordpress/, Sparkasse Bochum: http://www.mehrdrauf.de/lph4/sparkasse-bochum/mod/
?name=blog&nav=70c7fae0-1409-4461-853e8ca6de44db1f
5 https://www.sparkasse.at/Jugend/sPortal.portal?_
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M
VERTRIEB
ABBILDUNG 1
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Community mit Beraterbewertung
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Kampagnen. Werbung in den traditionellen
Medien wie Print oder TV wird dabei flankiert
von Spots, Bannern oder Inhalten, die im
Internet verbreitet werden.
Ein aktuelles Beispiel ist die „FinanzCheck“-Kampagne der Sparkassenfinanzgruppe, deren Werbespot in „James Bond“Manier mit dem Schauspieler Jürgen Vogel
nicht nur im Fernsehen geschaltet, sondern
auch auf Community-Portalen wie YouTube6
präsentiert wird. Ein gutes Beispiel für virales
Marketing in Communities ist der Spot mit
dem Comedian-Duo Badesalz,7 in dem nicht
direkt plakativ wie bei klassischer Werbung,
sondern „versteckt“ in einer humoristischen
Darbietung die Sparkasse und das Produkt
Girokonto thematisiert werden.
Solche Spots finden hohen Anklang, werden anderen Mitgliedern weitergeleitet und
erzielen durch eine Art Schneeballsystem
größere Aufmerksamkeit. Auch Spiele oder
kleine Programme, sogenannte Widgets,
die etwa die DAX-Entwicklung anzeigen und
mit dem Markennamen versehen sind, regen zur Weitergabe an. Auch sie dienen der
Markenpflege. Denn die direkten Empfehlungen durch andere Community-User schaffen
eine höhere Glaub- und Vertrauenswürdigkeit, da sie aus der eigenen „Gemeinde“
stammen.
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Auf diese Weise erhält die Sparkasse direkten
Zugang zu ihren Kunden, gibt ihnen Raum,
um sich gezielt über Sparkassen-relevante
Themen auszutauschen. Die Sparkasse
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Inhaltliche Ausgestaltung
Neben der Präsenz in bestehenden Communities gehen Sparkassen auch dazu über, ihre
eigene Gemeinschaft im Netz einzurichten.
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kann den Kunden so ihre eigenen Produkte
und Entwicklungen vorstellen, um aus ihren
Reaktionen neue Trends und Ideen für sich
zu erkennen. So kann die Chance genutzt
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„Co-Creation“
werden, auf hier angesprochene Probleme
JPMorgan Chase ist noch einen Schritt
oder Kritik direkt zu reagieren. Statt die neweitergegangen und hat Kunden in Entgativen Erfahrungen irgendwo im Internet
wicklungs- und Entscheidungsprozesse
und damit unter Umständen außerhalb der
einbezogen. Die Bank gründete eine eigene
Kenntnisreichweite des Instituts zu notieren,
Gruppe in Facebook, mit deren Mitgliedern
kann der Kunde auf der Kundenplattform
durch Diskussionen und Kunden-Feedbacks
seine Sorgen loswerden. Das Institut erhält
gemeinsam die Affinity Credit Card „Chase
davon sofort Kenntnis und kann schnell mit
1+“ entwickelt wurde.8 Eine solche Einbinihm in Kontakt treten. Abträgliche Mund-zudung von Kunden und potenziellen Kunden
Mund-Propaganda im Netz wird so erschwert
fördert die Markenbindung und den Prozess,
oder gar verhindert. Von Kunden geäußerte
dass Kunden zu „Marken-Evangelisten“ werSchwierigkeiten liefern darüber hinaus
den. Solche Menschen sind von der Marke
Ansatzpunkte für Vertriebs-, Service- und
und den Produkten überzeugt und geben
Produktoptimierungen.
dies auch an andere weiter.
Eigene Social Community
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Kundenplattformen können rein fachbezogen gestaltet sein und Inhalte behandeln,
die sich nur rund um das Thema Finanzen
ranken. Beispiele dafür sind die Kundenforen
von Cortal Consors9 oder comdirect,10 wobei
das Portal von Cortal Consors sehr viele
Elemente aufweist, die von reinen Informationen, über Produktempfehlungen bis hin
zu Diskussionsrunden reichen. Geführt wird
es von Experten bzw. Bankmitarbeitern, aber
auch von Kunden selbst, die sich durch ihre
Aktivitäten im Forum als besonders qualifiziert erwiesen haben.
Aber es geht auch anders, indem fa
chliche Inhalte mit Freizeit- und Entertainment-Inhalten verbunden werden, wie
das Beispiel der Berliner Sparkasse zeigt
(s. Abb. 2).11 Die Sparkasse bietet im Forum
ihres Online-Magazins, das allgemein, also
auch für Nichtkunden zugänglich ist, nicht
nur Informationen rund um ihre Produkte
und die Finanzwelt, sondern auch StadtNews, Freizeit- und Ausgehtipps. Eingebettet sind auch kurze Video-Podcasts, die
Produkte der Sparkasse wie Kurzinterviews
mit Kunden in der Filiale zum neuen Giro-
6 http://www.youtube.com/user/sparkasse bzw. http://
www.youtube.com/watch?v=79qv47Gvoyo
7 http://www.marketing-blog.biz/blog/archives/2171Badesalz-fuer-die-Sparkasse.html
8 Jeremiah K. Owyang: “Online Communities: Build
Or Join?”, Forrester Research Inc., February 28,
2008.
9 http://cortalconsors.sharewise.com/
10 http://www.comdirect.de/forum/fdo/ForumOverviewVP.do?navConstruct=%27Forum%27
11 http://www.berliner-akzente.de/videos/vblog/video_129117.php
Betriebswirtschaftliche Blätter 11|2009
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ABBILDUNG 2
VERTRIEB
Community der Berliner Sparkasse
konto oder zum Finanz-Check mit Berichten
aus dem Berliner Kultur- und Nachtleben
verknüpfen.
Professionelles Management
Ebenso vielfältig wie die Kommunikations- und Marketing-Tools, die in Social
Communities eingesetzt werden, sind die
Nutzungsfelder, die die interaktiven Möglichkeiten von Social Communities beim Einsatz
als Marktforschungsinstrument bieten.
Daher wird auch der neuen Methodik der
„Marktforschungs-Community“ inzwischen
großes Potenzial prognostiziert.13
Marktforschungsinstrument
Ein gutes Web-Monitoring bringt an den
Tag, wie über die Sparkasse und auch das
Themenumfeld Finanzprodukte kommuniziert wird, wo Interessenschwerpunkte der
Kunden liegen, wo Probleme artikuliert werden oder Nachholbedarf bestehen. Es liefert
damit die Grundlage für ein zielgerichtetes
Engagement in Social Communities.
Das Monitoring der Inhalte und Meinungen sollte aber nicht Halt machen, wenn mit
Community-Aktivitäten gestartet wird. Denn
es bietet langfristig angelegt die Chance,
das eigene Engagement und die Reaktionen darauf ebenso zu beobachten wie neue
Trends aufzudecken, um sich darauf zeitnah
einstellen zu können. Im Internet allgemein
und in Social Communities speziell verbreiten sich aktuelle Nachrichten rasend schnell,
so dass ein regelmäßiges Web-Monitoring
auch davor schützt, negative Meldungen und
Meinungen über das eigene Unternehmen
zu spät zu erfahren, etwa wenn sie schon
Eingang in die traditionellen Medien gefunden haben und dann kaum mehr aufzuhalten
sind. Über eine Benachrichtigungs-(Alert-)
Funktion können neue Entwicklungen unverzüglich gemeldet werden und geben so
dem Unternehmen die Chance, vorbereitet
und rechtzeitig zu reagieren.
Betriebswirtschaftliche Blätter 11|2009
Marktforschungs-Communities
Bei einer Marktforschungs-Community werden in Zusammenarbeit mit einem Marktforschungsinstitut Kunden, potenzielle
Kunden oder andere Zielgruppen auf einer
eigens programmierten Online-Plattform
zusammengebracht. Dort diskutieren sie
über Fragen und Themen, die die Sparkasse
bewegen und zu denen sie Entscheidungshilfe benötigt. Im Gegensatz zu öffentlichen
oder auf der eigenen Website eingerichteten
Communities werden die Teilnehmer speziell
für das Forschungsthema und zielgerichtet
für die Sparkasse aus ihrem Kundenkreis,
dem Online-Access-Panel eines Marktforschungsinstituts oder frei im Geschäftsgebiet der Sparkasse rekrutiert. Auf diese Weise
wird sichergestellt, dass sich die richtige
Zielgruppe in der Community zusammenfindet, die den Kriterien der Sparkasse und
den Anforderungen der Marktforschung
entspricht.
Solche Communities können für ein kurzfristiges Kunden-Feedback zusammengestellt werden und nur wenige Tage mit einer
kleinen Teilnehmerzahl diskutieren. Es gibt
aber auch die Möglichkeit, eine langfristige
Community zu schaffen, die mit einer größeren Zahl an Mitgliedern für mehrere Wochen
bis hin zu einem Jahr besteht. Eine solche
dauerhafte Gruppe bietet dem Auftraggeber
die Chance, sich in regelmäßigen Abständen
zu aktuellen Themen oder neuen Produktideen ein Feedback einzuholen.
Marktforschungsgebiete
Die Einsatzfelder von MarktforschungsCommunities schließen die wichtigsten
Unternehmensbereiche moderner Finanzdienstleister und deren Fragestellungen ein.
Hauptanwendungsgebiete sind die
> Serviceoptimierung bzw. das Beschwerdemanagement,
> Prozessoptimierung,
> Kommunikationsoptimierung,
> Vertriebsoptimierung,
> Innovationsforschung, Produkt- und Preisentwicklung und -optimierung.
Serviceoptimierung
Kunden der Community zuzuhören, an ihren
konkreten Erfahrungen mit dem Service und
im Umgang mit ihren Beschwerden in der
Sparkasse detailliert teilzuhaben, eröffnet einem Kreditinstitut vielfältige Ansatzpunkte,
seinen Service und das Beschwerdemanagement zu verbessern und kundenfreundlich
zu gestalten.
Prozessoptimierung
Klassische Kundenzufriedenheitsbefragungen decken sehr oft auf, dass Kunden mit
12 Jeremiah K. Owyang: “Online Community Best
Practices”, Forrester Research Inc., February 13,
2008.
13 Brad Bortner: „Will Web 2.0 Transform Market Research? ”, Forrester Research Inc., April 24, 2008.
625
¯
Eine eigene Community sollte aber nicht „nebenbei“ geführt werden, sondern genau wie
jeder andere Kommunikationskanal oder jedes andere Marketing-Tool in die Vertriebs-,
Marketing- und Kommunikationsstrategie
eingebettet und professionell gemanagt
werden.12 Denn eine solche Plattform wird
schnell als langweilig empfunden oder noch
schlimmer als reine „Alibishow“ ohne wirklichen Willen zur Kommunikation mit dem
Kunden. Die zwangsläufige Folge wäre eine
negative Publicity für die Sparkasse.
Daher sollten keine „Hilfskräfte“ zum Aufbau und zur Pflege der Community eingesetzt
werden, sondern gut geschulte Mitarbeiter,
die qualifiziert auf Kundenanfragen und
-äußerungen reagieren können. Gerade für
ein Finanzinstitut ist es von größter Wichtigkeit, dass über das Internet und im Kontakt
mit dem Kunden von Mitabeitern verbreitete
Antworten Hand und Fuß haben.
VERTRIEB
den Prozessabläufen bei Produktabschlüssen nicht zufrieden sind. Aber was heißt
das genau? An welcher Stelle hakt es? Was
fehlt den Kunden, damit sie die Prozesse als
reibungslos betrachten?
Eine Community mit Kunden, die sich in
der Befragung unzufrieden gezeigt haben,
kann hier konkrete Hinweise liefern. Die
gemeinsame Erörterung in der Gruppe auf
der Online-Plattform bringt deutlich mehr
zu Tage, als dies eine offene Frage in einem
quantitativen Interview vermag.14
Kommunikationsoptimierung
Marktforschungs-Communities bieten die
Möglichkeit, Kommunikations- und Werbemittel einem ersten Pre-Test zu unterziehen.
Verständlichkeit, Überzeugungskraft und
Zielgruppentauglichkeit können so einfach
überprüft werden. Über Wettbewerbe, die in
der Community ausgelobt werden, können
Kunden dazu aufgefordert werden, ihre Ideen
etwa für die Gestaltung von Anzeigen, Spots
oder Informationsbroschüren einzubringen
oder einen neuen Slogan zu kreieren.
Vertriebsoptimierung
Diese Communities eignen sich zur Optimierung von Betreuung, Beratung und der
Vertriebswege an den Kundenbedürfnissen
besonders gut, da sie die ungefilterte Stimme des Kunden in die Sparkasse tragen. In
Diskussionen und im Erfahrungsaustausch
der Kunden untereinander auf der OnlinePlattform treten Probleme und Wünsche
qualitativ und quantitativ zu Tage, die direkt
in Maßnahmen umgesetzt werden können.
Die Gestaltung von Online-Vertriebskanälen (Website, Onlinebanking-Portal)
lässt sich mit der Community in idealer Weise
überprüfen, da sich die Teilnehmer „schon
im Medium“ befinden und mit ihm vertraut
sind. Aber auch der Vertriebsweg „Filiale“
kann von einem solchen Forum profitieren.
Mithilfe von Kreativtechniken wie Collagen
etwa kann Community-Teilnehmern die Aufgabe gestellt werden, ihre ideale Bankfiliale
eigenständig oder im Austausch mit anderen
zu gestalten.
Innovationsforschung
Die neuen Möglichkeiten einer „Marktforschung 2.0“ und die traditionellen Methoden
stellen keine Gegensätze dar, vielmehr geht
es darum, die Stärken beider Systeme miteinander zu verbinden. Gerade im Rahmen
der Produkt- und Innovationsforschung
626
ergänzen sich Altes und Neues gut.15
Das Web-Monitoring eignet sich gerade
auch für die Ideensuche hervorragend. Denn
dadurch können sowohl Kundenmeinungen
unverfälscht als auch Trends erkannt und für
Neuentwicklungen berücksichtigt werden.
Die ersten Ideen bzw. Konzepte werden zunächst einer Marktforschungs-Community
zur Beurteilung und Diskussion gegeben. Sie
gibt zunächst erste Antworten darauf, was
ankommt und was weniger. Doch ist ein solcher Prozess in der Regel weitaus kreativer.
Denn Kunden können eigene Ideen einbringen, die dann von der Community gemeinsam weiterentwickelt werden. Auch geben
sie vielleicht erste Anhaltspunkte über eine
mögliche Preis- und Konditionengestaltung
für neue Produkte.Nach einem solchen „fine
tuning“ werden die Konzepte quantitativ
über Konzepttests validiert und die Leistungsbestandteile des neuen Produkts über
Conjoint-Analysen optimiert.
Vorteile von Communities
Anders als bei traditionellen qualitativen
Gruppendiskussionen können sich die Community-Teilnehmer von überall her und zu
verschiedenen Zeiten in die Diskussionen
auf der Online-Plattform einschalten. Gerade Sparkassen mit größerem regionalen
Geschäftsgebiet (Nassauische Sparkasse,
Mittelbrandenburgische Sparkasse, Ostsächsische Sparkasse etc.) oder Sparkassenverbände können auf diese Weise Teilnehmer aus verschiedenen Regionen einfach
und kostengünstig zusammenführen.
Die Rekrutierung von Community-Mitgliedern aus dem Kundenkreis der Sparkasse
kann mit Hilfe der in OSPlus hinterlegten
Kodierungen je nach Untersuchungszweck
zielgenau anlassbezogen16 oder segmentspezifisch17 erfolgen. Die Teilnehmer haben
dabei mehr Zeit als bei einer Umfrage, sich zu
äußern und ihre Antworten zu formulieren.
Die Aussagen sind zudem deutlich detaillierter. Das Web hat weiter den Vorteil, dass sich
zurückhaltende Personen hier eher trauen,
ihre Meinung kundzutun.
Dadurch dass Online-MarktforschungsCommunities auch Multimedia-Dateien
nutzen, können ihren Mitgliedern zum einen
Konzepte, Designs und Spots anhand von
Video-, Audio- oder Bilddateien zur Beurteilung vorgestellt werden. Zum anderen
können sie auch eigene Filme oder Bilder
hochladen. Dadurch erhält eine Sparkasse
zugleich Einblicke in die Lebens- und Er-
lebenswelt ihrer Zielgruppen, wie sie bislang
so nicht möglich waren.
Fazit
Social Communities bieten neue, sich rasch
verbreitende Kommunikationformen im
Internet, die es den Sparkassen erlauben,
mit Kunden und Nichtkunden direkt in
Verbindung zu treten. Neben einer verbesserten Kommunikation und intensiveren
Kundenbindung eröffnen sie auch für das
Marketing und die Marktforschung ein
neues Feld. Kunden schätzen die direkte
Ansprache und Einbindung als Experten,
um Sparkassenprozesse zum eigenen
Wohl zu verbessern oder weiterzuentwickeln. Angesichts der sinkenden Antwortbereitschaft bei den herkömmlichen
Interviewformen und stetiger Zunahme
der Internet-Nutzung ist die Marktforschungskommunikation mit und in Social
Communities die Alternative der kommenden Jahre. Je innovativer und origineller
eine Sparkasse dabei auftritt, umso stärker
begeistert sie die Mitglieder in den Communities und desto eher teilen diese ihre
Begeisterung ihrer Umwelt mit. Über diese
Mund-zu-Mund-Propaganda werden herausragende Aktivitäten schnell verbreitet,
allerdings auch die negativen Erlebnisse.
Deshalb müssen Social Communities zum
einen von Experten aufgebaut und betreut
werden, zum anderen in den Kommunikations- und Marketingstrategien eines
Instituts eingebunden sein.
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14 Bei entsprechend negativer Beantwortung einzelner Fragen können bei telefonischen Interviews
Kunden direkt in eine Community eingeladen werden, in der dann der negativ bewertete Gegenstand
diskutiert wird.
15 Steffen, Dirk:„Die Mischung macht´s: Strategie einer
integrierten Marktforschung 2.0“, in: Research &
Results, Heft 2, 2009.
16 Beispiele dafür sind „Beratung/Finanz-Check erfolgt“, „neues Betreuungskonzept angewandt“,
„Eigentums-Anschlussfinanzierung anstehend“,
„Vertragskündigung erfolgt“.
17 Typische Kundengruppen sind Privat-/Individual-/
Geschäfts-/Firmenkunden, Online-Banking-/-Brockerage-Kunden, Automatenkunden, junge Erwachsene, Baufinanzierer oder Kreditnehmer.
Betriebswirtschaftliche Blätter 11|2009
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