Heidrun Föhn im Gespräch mit Joana Kelén Kelén: Sie absolvieren einen »forschungsorientierten« Design Masterstudiengang? Was heisst das genau für Sie und Ihre Designtätigkeit? Wo sehen Sie die Hauptunterscheidungsmerkmale zu ihrer »herkömmlichen« Designpraxis? Föhn: Meine Arbeit beschäftigt sich damit, die 40- bis 55-jährigen, die sich in einer biografischen Neuorientierung befinden, durch diese Lebensphase zu navigieren. Ich stelle dabei die Hypothese auf, dass Kreativität das Potential hat, Menschen in diesem oftmals schwierigen Abschnitt ihres Lebens, zu unterstützen. Im Gegensatz zu meiner bisherigen Arbeit als Grafiker und Inhaberin einer Branding-Agentur erwarte ich mir, im Masterstudium mehr Freiraum zu haben, einen Spielplatz, um meine Ideen auszuprobieren und auch scheitern zu können. Das Artefakt ist für mich dabei gleichzeitig ein Versuchsobjekt. Können Sie uns heute schon sagen, welcher Art von Erkenntnissen durch Ihre praktische Arbeit gewonnen werden? Können Sie versuchen konkrete Beispiele zu nennen, wie Sie gedenken, dieses Designwissen für mich als Designer/in persönlich erfahr- und vor Für mich steht die allem nutzbar zu machen? Erkenntnis im Vordergrund, ob der Mensch navigiert werden kann und somit besser mit neuen Situationen umgehen kann. Nutzbar wird das Designwissen für mich in Form eines analogen Coaching-Spiels, welches das Artefakt meiner Arbeit werden soll. Darin sollen verschiedene Disziplinen miteingebaut werden, so zum Beispiel auch Spielelemente aus der Psychologie. Für mich stellt sich dabei dann die Frage, ob sich Erwachsene überhaupt auf solch ein kindliches Spiel einlassen werden, das sie unterwegs analog benutzen können. Worin manifestiert sich dieses »einzigartige« Designwissen in ihrer Arbeit ganz besonders? Im Spiel. In Form eines Curriculums wird erklärt, wie der Lehrgang dann aufgebaut wird. Erzählen Sie uns doch bitte etwas über die von Ihnen verwendeten »Instrumente«, um mögliche Widersprüche während Ihrer Tätigkeit erfahrbar zu machen und sie mit anderen »Akteuren« zu teilen. Die Instrumente sind für mich in meinem Fall Methoden, die ich testen möchte. Dazu gehören Kreativitätsmethoden, Mentaltrainingsmethoden, einzelne Lektionen und Feldforschung. Wende ich diese Methoden bei meinen Versuchspersonen an, werden mögliche Widersprüche erfahrbar gemacht und angepasst. Ein konkretes Beispiel könnte sein, dass eine Personen gestresst ist und herunterfahren möchte, jedoch das Gegenteil eintrifft. Wer sind eigentlich diese Akteure, mit denen Sie sich in Ihrer Arbeit auseinandersetzen? Inwiefern bereichern Sie Ihre Arbeit? Inwiefern können diese Akteure selbst von diesem Austausch profitieren? Zum einen sind meine Akteure meine Interviewpartner. Das können Experten, Unternehmer, Personalverantwortliche, Hirnforscher und Lebensberater sein. Diese bereichern meine Arbeit durch ihre Erfahrung und ihr Know-how. Ich möchte allerdings keine Einzelinterviews mit ihnen führen, sondern sie in einer Fokusgruppe zusammenführen und so auch den Austausch untereinander ermöglichen. So wird für sie klar, welche Bedürfnisse auch von der anderen Seite da sind, die dann im Design aufgegriffen werden könnten. Für sie liegt damit also eine große Bereicherung in diesem gegenseitigen Austausch. Außerdem könnte mein Designergebnis für sie von Nutzen sein, indem das Spiel nicht nur für den Endkonsumenten in Frage kommt, sondern auch im Coaching eingesetzt werden könnte. Auf der anderen Seite stehen die Konsumenten, also die 40- bis 55-jährigen, die sich, zugespitzt gesagt, in einer Midlife-Crisis befinden. Für sie kommt dann die Bereicherung erst am Ende der Arbeit, wenn das analoge Spiel gestaltet wurde und sie es als Selbst-Coaching-Spiel verwenden können. Für mich sind die Endkonsumenten in diesem Fall nur ein Arbeitsbeispiel. Letztendlich könnte das Spiel auch in meiner Agentur eingesetzt werden, beispielsweise bei einer Leitbildentwicklung für ein Unternehmen. Der Begriff Neuorientierung könnte auch durch Innovation ausgetauscht werden. Es wäre dann also ein Innovationsspiel. HEIDRUN FÖHN Seit 2002 Unternehmerin. Studierte Marketerin und Designerin (MA) und spezialisiert auf Markenpositionierung, Branding, Brand Design sowie Trendforschung. Davor Art Directorin in renommierten Werbeagenturen sowie Head of Communication der Bregenzer Festspiele. Ausgezeichnet mit internationalen Marketing-, Design- und Filmpreisen.