Ein Paradies für - Confiserie Reber

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Fürs Kafichränzli:
Osterchüechli
und Schaffhauserzungen versüssen
jede Runde.
Schlaraffenland: Laurent Perriraz inmitten seiner Auslage
(o.) und die Vitrine mit hausgemachter Patisserie (r.).
Ein Paradies für
SCHLECKMÄULER
Die CONFISERIE REBER in Schaffhausen ist eine
Konditorei mit Tradition. Verführerische Patisserie, Torten
und Pralinés – ein Angebot zum Schwachwerden.
Text Michael Lütscher Fotos Christine Benz
K
onditoreien sollten Orte der
Versuchung und Verführung sein.
Voller süsser Sachen, die unwiderstehlich sind und einfach ausprobiert werden müssen. Wer einen solchen
Laden betritt, sollte mehr kaufen als beabsichtigt. Wie viele Konditoreien dieser Art
kennen Sie in der Schweiz? Falls Sie keine
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Antwort wissen: Die Confiserie Reber in
der Schaffhauser Altstadt ist eine. In der
Auslage ist Patisserie zur Schau gestellt
wie beispielsweise ein Törtchen mit gelber
Passionsfruchtfüllung und Eiweisshäubchen, mit Schokolade eingepackte Würfel
oder ein Objekt, das einer offenen Muschel gleicht und Pariser Waffel heisst.
Daneben Stücke von Schwarzwälder-,
Vermicelles- und Joghurttorte sowie eine
Ausstellung ganzer Torten: Truffes, Latte
Macchiato oder Ananas Royal. Als Alternativen anerbieten sich auch Bärentatzen, Vanille- und Schokobretzel, die
zur Gruppe der mit «TrockenStückli» angeschriebenen Süssigkeiten gehören, aber keineswegs spröde aussehen
(und es auch nicht sind).
Wofür, bitte, soll man
sich hier entscheiden?
Es gäbe nämlich noch viel mehr.
­ ruffes in 50 Ausführungen. Und auch
T
Salziges – Canapés und Quiches etwa.
Und Brote inklusive Brioches und Baguettes. Reber ist eine komplette BäckereiKonditorei mit Espresso-Bar und Café,
wo die Creme zum Kaffee im Schoggi­
kübeli serviert wird. Geführt wird das
­Geschäft vom Ehepaar Laurent und Lis
Perriraz. «Wir bemühen uns, unseren
Kunden alles zu bieten», sagt die energiegeladene 57-jährige Frau, die für Verkauf
und Marketing zuständig ist.
Müsste sie ein bestimmtes Produkt
aus dem Sortiment empfehlen, so wären
es die Schaffhauserzungen, die Haus­spe­
zialität. Als Buttercreme-Sandwich mit
Deckeln aus Japonais könnte man es
­beschreiben. Oder: harte Schalen, weicher Kern. Eine köstlich schmeckende
Kombination.
➳
Schweizer Familie 12/2016
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Eine Sünde wert: Kleine
Schaffhauserzungen
«Les Petites» (o. l.),
Praliné-, Schokoladeund Fruchttorten (o. r.).
Truffes und
Likörstängeli (u. l.).
Fertigung: Creme und Japonais-Bödeli
für die Schaffhauserzungen.
Der Duft der caramelisierten
Mandeln ist stärker als alles
andere in der Backstube.
Erfunden hat sie vor genau 120 Jahren
ein Konditor namens Johann Reber-Hüsler. Der liess die Schaffhauserzungen 1902
unter seinem Namen schützen, weshalb
das Geschäft auch heute noch Reber
heisst. Schaffhauserzungen nach Originalrezept gibt es nur hier. Damit es so bleibt,
behält Laurent Perriraz das Originalrezept
für sich; zur Sicherheit hat es seine Frau
im Tresor hinterlegt. Nur Perriraz kennt
das Verhältnis der Zutaten Eiweiss, Haselnüsse, Mandeln und Zucker für die Japonais-Deckel. Das bedeutet, dass stets er
diesen Teig anrühren muss.
Ferien kann der 53-jährige Konditormeister trotzdem machen: Die JaponaisBödeli sind lange haltbar. Einmal pro Monat produziert man in der Backstube eine
Ladung davon, von morgens bis abends,
500 Kilogramm an einem Tag. Dann machen alle zehn Patissiers inklusive der Ler52
Schweizer Familie 12/2016
In der Backstube: Laurent Perriraz stapelt die Schaffhauser Spezialität.
nenden mit. Diese müssen die hellbraunen, etwa zwei Millimeter dünnen Bödeli
in langen Reihen in Kunststoffbehälter
stapeln, in denen sie dann kühl und trocken aufbewahrt werden.
Creme auf Creme
Die Füllung ist weniger heikel, was die
Geheimhaltung ihres Rezepts betrifft,
und zugleich heikler, was ihre Haltbarkeit
angeht. Darum wird sie jeden Tag frisch
zubereitet, ohne Konservierungsmittel.
Für den Geschmack kommt Butter hinein,
für die Stabilität eine Mischung aus Haselnuss-, Mandel- und Palmfett, dazu Vanille
und caramelisierte Mandeln.
Deren Duft ist stärker als alles andere
in der Backstube hinter dem Ladenlokal.
Er steigt aus einer grossen Kupferschüssel,
in der eine braune Masse von einem
Rührwerk schnalzend bewegt wird, wäh-
rend von unten eine Gasflamme für Hitze
sorgt. Ab und zu gibt eine junge Mitarbeiterin frischen Zucker zu. Als die gesamte
abgewogene Menge zu Caramel geworden
ist, leert sie die Mandel-Caramel-Masse
zur Abkühlung auf ein Blech. Am folgenden Tag wird sie – abgekühlt und hart geworden – fein gemahlen, um der Buttercreme beigemengt zu werden.
Mit einem schmalen Spachtel nimmt
Laurent Perriraz Buttercreme aus einer
Chromstahlschüssel und bestreicht damit
die auf einem Tisch liegenden sechs mal
zehn Zentimeter grossen Japonais-Bödeli,
eins ums andere. Jeweils zwei klappt er
dann, Creme auf Creme, zusammen.
Zwei Mitarbeiterinnen verpacken im
Office zwischen Backstube und Café pro
Tag durchschnittlich 1000 Zungen in
Schachteln in verschiedenen Grössen. So
werden sie im Laden verkauft und in die
halbe Welt verschickt. Fast die Hälfte ihres
Umsatzes macht die Confiserie Reber mit
den Schaffhauserzungen, die es seit 1996
auch als «Les Petites», eine kleinere Ver­
sion, gibt.
Lehre als Patissier
Die blauen Verpackungen zeigen Schaffhauser Sehenswürdigkeiten wie den
Rheinfall und den Munot. Ironie der
­Geschichte: «Zungen»-Erfinder Reber
war aus dem Luzernischen zugewandert,
Lis Perriraz ist St. Gallerin, und Laurent
Per­riraz wuchs in Neuenburg auf, wo
­seine Eltern eine Konditorei betrieben.­
Er hätte diese übernehmen wollen, doch
die Familie musste das Geschäft aufgeben,
als die Miete für das Lokal nach einem
Umbau massiv erhöht wurde.
Laurent Perriraz machte seine Lehre
zum Patissier in der Confiserie Eichenber- ➳
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Liebe zum Detail:
Zuckereier
verzieren die
Osterchüechli.
Handarbeit: Laurent
Perriraz gibt die
Rosinen auf den Teig
(g. l.) und spritzt
Füllung darauf (l.).
KULINARISCHES ERBE
OSTERCHÜECHLI
nach dem Rezept von Laurent Perriraz
•
Für 12 Personen (12 Formen à 9 cm Durchmesser)
ZUTATEN MÜRBETEIG
400 g Butter,
600 g Zucker, 75 ml Milch,
4 Eier, 1 kg Mehl,
Schale einer halben
Zitrone
ZUBEREITUNG
1. Butter mit Zucker gut
verrühren, Eier und Milch
beigeben, gut mischen,
Mehl und Zitronenschale
dazugeben. Mischen.
2.Kühlstellen.
3.Den Teig 2,5–3 mm dick
auswallen. In die
gefetteten Formen legen.
ZUTATEN FÜLLUNG
100 g Vialonereis,
1,5 dl Milch,
1,5 dl Wasser, 3 Eigelb,
3 Eiweiss, 250 g Mandelmasse, Zimt, Zitronenschale (nach Gutdünken),
2,5 dl Rahm, 25 g Zucker,
100 g Sultaninen
ZUBEREITUNG
1. Reis mit Milch und Wasser rund 20 Minuten
sachte aufkochen, bis der
Reis weich ist. Je nach
Bedarf etwas Wasser
beigeben. Mit Stabmixer
mixen. Kaltstellen.
2. Mandelmasse und Eigelb
gut mischen. Reis und
ger in Bern und arbeitete danach an verschiedenen Orten. So auch bei Sprüngli in
Zürich – wo er und seine zukünftige Frau
sich kennenlernten, die in der Stadt als
Damenschneiderin tätig war. Später zog
das junge Paar nach Ftan im Engadin, wo
Laurent Perriraz die Stelle als Chefpatissier im Hotel Paradies unter dem renommierten Küchenchef Roland Jöri erhielt.
Konservative Schaffhauser
Die Übernahme eines eigenen Geschäfts
blieb aber das Ziel der Perriraz. Und es
sollte sich bald die Möglichkeit ergeben,
als Jean Reber Nachfolger suchte für die
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Gewürze beigeben,
Rahm beifügen und ca.
fünf Minuten langsam
rühren.
3. Eiweiss mit Zucker zu
Schnee schlagen und
vorsichtig unter die
Masse ziehen.
4. Sultaninen in Wasser
einlegen. Mürbteigböden vorbereiten und Sultaninen darauf verteilen.
Die Masse mit einem
Löffel oder Dressursack
auf die Böden geben. Bei
mittle­rer Hitze (ca. 190
Grad) 22 bis 25 Minuten
backen.
Zubereitung: 70 Minuten
Backen: 22 bis 25 Minuten
Konditorei, die er in dritter Generation
geführt hatte. Laurent und Lis Perriraz,
damals erst 26 und 30 Jahre alt, ergriffen
1989 die Gelegenheit. Schaffhausen hatten
sie bis dahin nur vom Hörensagen gekannt. In den Anfangsjahren half auch
Laurents Vater regelmässig mit.
«Wir behielten das Sortiment bei, versuchten es aber mit Neuem zu ergänzen»,
erinnert sich Laurent Perriraz. «In der
Romandie ist die Vielfalt an Patisserie
grösser.» Und so probierte der Neuenburger, der Kundschaft Spezialitäten aus seiner Heimat schmackhaft zu machen. Das
war schwierig. Die Schaffhauser erwiesen
Ein originales Rezept für den Osterkuchen gibt es nicht. Oder es ist
vergessen gegangen. Möglicherweise bereits im Jahre 962 wurde
erstmals ein Osterfladen gebacken
– in Basel. Ab dem 16. Jahrhundert
mehren sich die Erwähnungen des
Fladens in (Koch-)Büchern. Das
schreibt Paul Imhof in Band 2 des
Kulinarischen Erbes der Schweiz.
Der Grund, wieso man an Ostern
nicht nur Ostereier ass, sondern
eben auch einen Fladen buk, mit
einer Füllung, in die Eier gemischt
wurden, sei profan, schreibt Imhof:
Man musste die vorrätigen Eier
brauchen. Während der Fastenzeit
durfte man diese ja nicht essen
und musste sie folglich lagern.
Die heute gültigen Rezepte stammen aus dem späten 19. Jahrhundert und sind fast so vielfältig wie
die Techniken, um Ostereier zu
bemalen. Je nach Rezept werden
für die Füllung Griess, Hirse, Reis
oder Weggli empfohlen. Der Luzerner Osterfladen enthält nichts
davon, sondern Kartoffelmehl.
sich als konservativ. «Ich war ganz demoralisiert», sagt Perriraz, in perfektem
Deutsch, abgerundet von einem hauchdünnen französischen Akzent.
Perriraz spricht über die Erwartungen
der Kundschaft, die manchmal gar nicht
so einfach zu befriedigen seien. Bringen
etwa die Grossverteiler im Frühjahr Erdbeertörtchen auf den Markt, gerate er unter Zugzwang, ebenfalls welche anzubieten. Aber er mache dies erst, wenn die
Erdbeeren aus der Region reif sind. Weil
diese einfach viel besser seien.
Vor vier Jahren modernisierten die
Perriraz’ den Laden in der Altstadt und ➳
Eingespieltes
Team: Lis
und Laurent
Perriraz
vor ihrer
Konditorei.
ein Jahr später auch die Filiale im Bahnhof
Schaffhausen. Das veränderte das Kaufverhalten der Kundschaft: Sie wurde offener für Neues. Zu Perriraz’ eigener Überraschung. Und grosser Freude.
Für Ostern 2016 etwa haben er und
sein Team ein Osterlamm aus Schokolade
konstruiert, die Ohren aus halben SchokoEiern. Als die Schafherde, bestehend aus
grossen und kleinen, weissen, braunen
und schwarzen Schafen, im Schaufenster
stand, fiel Lis Perriraz im Vorfeld der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative die politische Brisanz dieser Schoggitiere auf. Ein Schild im Schaufenster stellt
nun klar, dass es sich um eine Oster­
spezialität handle.
Bis zu 42 Leute arbeiten je nach Saison
für die Confiserie und das Café Reber,
darunter vier Lernende. 90 Prozent von
allem, was man verkauft, wird selbst produziert. Auch Glaces und das Modellbrot
für die Canapés. In der zweiten Backstube,
die unter dem Ladenlokal liegt, sind sechs
Mitarbeiter mit der Produktion von
Schoggischafen und allerlei Osterhasen
beschäftigt. Solchen auf Fahr- und Motorrädern oder auf Traktoren. Einer der Hasen hat rote Ohren – ein Signal dafür, dass
er mit Chili gewürzt ist.
Auch die traditionellen Osterkuchen
gehören zum aktuellen Sortiment. Per­
riraz verwendet dabei Risottoreis (Rezept
auf Seite 54); so würden sie feuchter als bei
der Verwendung von Griess. Sie schme●
cken prima.
Adresse und Kaufinformationen
Reber Schaffhauserzungen AG, Confiserie/
Café, Vordergasse 21, 8200 Schaffhausen,
Tel. 052 625 41 71.
Online-Shop: www.schaffhauserzungen.ch
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Schweizer Familie 12/2016
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mit der LANDI.
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