Handelsvertreterrecht Die Unterschiede in den Handelsvertreterrechten in der EU – Teil III Die letzten beiden Teile haben sich mit dem Zustandekommen des Handelsvertretervertrages sowie der Vergütung des Handelsvertreters befasst. In diesem Beitrag geht es um die Beendigung von Handelsvertreterverträgen. Kurz zur Erinnerung: Die Handelsvertreterrichtlinie hat zwar das Handelsvertreterrecht innerhalb der EU vereinheitlicht, allerdings sind die nationalen Handelsvertreterrechte nicht identisch. Insoweit können sich die Regelungen in den Mitgliedstaaten – gerade wenn es um den Ausgleich oder einen Schadensersatz geht – stark voneinander unterscheiden. Wie sieht es mit der Beendigung des Vertragsverhältnis aus? Gesetzliche Mindestkündigungsfristen Die Handelsvertreterrichtlinie enthält Vorgaben zu den Mindestkündigungsfristen, wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist. So beträgt die Kündigungsfrist für das erste Vertragsjahr einen Monat, für das angefangene zweite Vertragsjahr zwei Monate, für das angefangene dritte und die folgenden Vertragsjahre drei Monate. Kürzere Fristen dürfen die Parteien nicht vereinbaren. Allerdings kann die Kündigungsfrist für das vierte Vertragsjahr auch auf vier Monate, für das fünfte Vertragsjahr auf fünf Monate und für das sechste und die folgenden Vertragsjahre sogar auf sechs Monate festgesetzt werden. Die längste gesetzliche Kündigungsfrist beträgt sechs Monate bspw. in Deutschland, den Niederlanden und Österreich. In Lettland und Litauen sind vier Monate und bspw. in Frankreich und Großbritannien drei Monate vorgesehen. Darüber hinaus kann auch eine längere Kündigungsfrist vertraglich vereinbart werden – dann gilt diese jedoch für beide Parteien gleichermaßen. Denn für den vertretenen Unternehmer und den Handelsvertreter dürfen - wie es die Handelsvertreterrichtlinie vorschreibt - keine verschiedenen Kündigungsfristen vereinbart werden. Ausgleich oder Entschädigung Die unterschiedlichen Handelsvertreterrechte in den Mitgliedstaaten sollten, wie im ersten Teil kurz angerissen wurde, innerhalb der EU harmonisiert werden, um Wettbewerbsverzerrungen abzubauen. Deshalb musste jedes nationale Recht zwingend eine Entschädigungsregelung bei Vertragsbeendigung beinhalten. Vor der Einführung der Richtlinie war nämlich eine Entschädigung bei Vertragsende nur in sieben Mitgliedsstaaten geregelt, die sich allerdings auch noch hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs unterschieden. Die Richtlinie bietet den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht zwischen der Regelung eines Ausgleichsanspruchs nach deutschem Vorbild und/oder eines Entschädigungsanspruchs nach dem französischen Model. Ein bedeutender Unterschied zwischen beiden Alternativen liegt darin, dass der Ausgleich angelehnt an das deutsche Recht eine Höchstbegrenzung © H&V JOURNAL Wirtschaftsmagazin für Handelsvermittlung und Vertrieb - Ausgabe 11/2012 - Seite 1 von 3 vorsieht, während die Entschädigung nach dem Beispiel des französischen Rechts keinen Höchstbetrag enthält. Der Ausgleichsanspruch darf einen Jahresdurchschnittsbetrag der Vergütung der letzten fünf Jahre nicht überschreiten. Die französische Rechtsprechung legt zur Ermittlung der Höhe der Entschädigung die Jahresdurchschnittsprovision der letzten zwei Jahre zugrunde. Die meisten nationalen Gesetzgeber haben sich für eine Ausgestaltung in Form des Ausgleichsanspruchs entschieden. Zu beachten ist, dass in Italien noch die Besonderheit besteht, dass auf Verträge, auf die zusätzlich die Wirtschaftskollektivverträge Anwendung finden, die Höhe des Ausgleichs sowohl nach den Maßstäben der Wirtschaftskollektivverträge als auch nach den Maßstäben des Art. 1751 CC berechnet werden. Es ist dann die Berechnung anzuwenden, die dem Handelsvertreter das bessere Ergebnis, d.h. den höheren Ausgleich sichert. Damit gilt in Italien das sog. Günstigkeitsprinzip, das von Juristen auch Rosinentheorie genannt wird. Lediglich Frankreich und Irland haben sich für die Ausgestaltung in Form eines Entschädigungsanspruchs entschieden. Dagegen bestehen in Belgien, Estland, Großbritannien, Malta und Zypern sowohl ein Ausgleichs- als auch ein Entschädigungsanspruch. In Großbritannien greift der Schadensersatz immer dann, wenn in dem Handelsvertretervertrag nicht ausdrücklich ein Ausgleichsanspruch vereinbart wurde. Wichtig ist zu wissen, dass dort die Berechnung der Entschädigung nach französischem Modell abgeschafft wurde. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich nun nach dem Wert der Handelsvertretung zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung. In vielen Fällen wird die Bewertung einen Wirtschaftsprüfer oder sonstigen Experten erforderlich machen, was hohe Kosten verursacht! Daher ist, wenn englisches Recht vereinbart wird, für eine größere Rechtssicherheit empfehlenswert, ausdrücklich den Ausgleichsanspruch nach dem deutschen Modell zu vereinbaren. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Nachdem das Vertragsverhältnis beendet wurde, kann der Handelsvertreter in Konkurrenz zu seinem ehemaligen Unternehmen treten, indem er für einen Wettbewerbsunternehmer tätig wird. Diese Tätigkeit darf allerdings für eine gewisse Zeit beschränkt werden. Die Handelsvertreterrichtlinie gibt dafür die Voraussetzungen vor. Die Mitgliedstaaten dürfen zudem weitere Beschränkungen vorsehen. Die meisten Länder haben ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot normiert. Interessanterweise ist Österreich der einzige Mitgliedsstaat, der keine Wettbewerbsabrede zulässt. Eine solche Vereinbarung ist dort unwirksam. Darüber hinaus haben einige Staaten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das nachvertragliche Wettbewerbsverbot hinsichtlich der Höchstdauer oder einer Karenzentschädigung weiter zu beschränken. So ist zwingend eine Karenzentschädigung u.a. in Deutschland, Italien und Slowenien vorgesehen. Sollte bspw. belgisches, französisches oder englisches Recht auf den Vertrag Anwendung finden, ist darauf zu achten, dass in diesen Ländern eine Entschädigung nicht automatisch mit Abschluss einer nachvertraglichen Wettbewerbsklausel besteht, sondern zusätzlich vereinbart werden muss. Ebenfalls kann die Höchstdauer einer Wettbewerbsabrede unterschiedlich geregelt sein. Die zeitliche Beschränkung von zwei Jahren, die von der Richtlinie vorgegeben wird, haben zwar die meisten Länder übernommen, drei Mitgliedstaaten haben die Dauer allerdings weiter eingeschränkt (Griechenland und Luxemburg = ein Jahr; Belgien = sechs Monate). © H&V JOURNAL Wirtschaftsmagazin für Handelsvermittlung und Vertrieb - Ausgabe 11/2012 - Seite 2 von 3 In diesem und den zwei vorherigen Beiträgen haben wir Ihnen einen kleinen Überblick über die wesentlichen Unterschiede in den Handelsvertreterrechten der EU-Mitgliedstaaten gegeben. Die Darstellung kann daher nicht abschließend sein, so dass im konkreten Fall eine Beratung unbedingt erforderlich bleibt. Unsere kompetenten Kollegen der Landesverbände stehen Ihnen dafür jederzeit gern zur Verfügung. H&V JOURNAL – Wirtschaftsmagazin für Handelsvermittlung und Vertrieb Nr. 11 von 14. November 2012 Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin Tel. 030/725 26-600, Fax 030/7 26 25-666 e-mail: [email protected], www.cdh.de © H&V JOURNAL Wirtschaftsmagazin für Handelsvermittlung und Vertrieb - Ausgabe 11/2012 - Seite 3 von 3