Bäume samtK L A N282 DESPOLITI ihrer Bewohner müssen für Stuttgart 21 weichen. Ob es gelingt die alten Bäume zu verpflanzen, ist E EN ERGI fraglich. blickwinkel/H. Brehm BU N D-REISE L AN DESPOLITI K EN E RGI E K O M M E N TA R R AT G E B E R K O M M E N TA R R AT G E B E R NAC H RU F Sie sind alteingesessene Stuttgarter: Juchtenkäfer, Hohltaube und Fledermausarten wie der große Abendsegler oder die winzige Zwergfledermaus leben in den mächtigen, alten Bäumen im Mittleren Schlossgarten. Um sie pulsiert das Leben der Großstadt, flanieren Menschenmengen durch Einkaufsmeilen, lärmt der Verkehr über Straßen und Gleise. Doch mittendrin, im Park herrschen für vielen Tieren beinahe ideale Bedingungen, die sie anderswo immer weniger vorfinden. Drei Artenportraits von Friederike Köstlin Hohltaube Columba Oenas, die Hohltaube ist genauso groß wie ihre Verwandte, die Stadttaube, ihr Gefieder ist jedoch blaugrau, ohne weiße Partien an Bürzel oder Flügel. Charakteristisch sind auch ihr Balzruf und die schwarzen Augen – die der Stadtauben sind rot/orange mit schwarzer Pupille. Als einzige der in Europa lebenden Taubenarten brütet sie in hohlen Bäumen. In den großen Platanen im Stuttgarter Schlossgarten 8 BUNDmagazin Baden-Württemberg [1 - 11] NATU RSC H UTZ BU N D-REISE BU N D-REISE LSchützenswerte AN DESPOLITI K L A N DESPOLITI K Schlossgartenbewohner: Hohltaube, Großer Abendsegler und Juchtenkäfer EN ERGI E EN ERGI E NAC H R U F blickwinkel/F. Hecker NAC H R U F NATU RSC H UTZ Werner Kuhnle NATU RSC H UTZ blickwinkel/E. Menz BU N D-REISE Tierisch gut leben im Schlossgarten Jürgen Blümle NATU RSC H UTZ findet sie Beeren, Sämereien und Nüsse. Ihr Nest baut die Hohltaube in Nisthöhlen, die der Schwarzspecht verlassen hat, wenn ihr nicht andere Vögel wie Kleiber oder Waldkauz zuvorkommen. Bis zu 4 Gelege mit jeweils 2 Eiern versorgt das Weibchen mit ihrem Partner pro Saison. Ende September ist dann Schluss mit der Brüterei und Fütterei, die Hohltaube zieht in den warmen Süden zum Überwintern. Juchtenkäfer Dafür, dass er so klein ist, hat er einen ganz schönen Wirbel gemacht. Der Juchtenkäfer ist mit dafür verantwortlich, dass im Stuttgarter Schlosspark die Baumfällungen für Stuttgart 21 vorläufig ausgesetzt sind. Der 2-4 Zentimeter lange Käfer ist ein Totholzfresser. Er lebt nur in Höhlen, die mit genügend Mulm gefüllt sind. Mulm ist Holz, das sich in der Zersetzung befindet. Die Mulmhöhlen sind sehr seltene Lebensräume, die nur in alten Bäumen vorkommen. Deshalb ist auch der Juchtenkäfer inzwischen vom Aussterben bedroht – laut europäischer Flora-Fauna-Richtlinie müssen Gebiete, in denen der Käfer vorkommt, als Schutzgebiet ausgewiesen werden. Ursprünglich be- siedelte der Juchtenkäfer Auwälder sowie Eichen und Eichen-Hainbuchenwälder, mit dem Verschwinden naturnaher Wälder ist der Juchtenkäfer auf Parks und Friedhöfe ausgewichen. Ungefähr 20-80 Eier legt das Weibchen in die Mulmhöhle. Die geschlüpften Larven leben 3 bis 4 Jahre im und vom Mulm bis sie sich verpuppen. Wenn sie geschlüpft sind, posieren Männchen an der Höhlenöffnung und locken mit ihrem Duft paarungswillige Weibchen an. Dieser Duft erinnert an den Geruch von Juchtenleder Fledermäuse Den Tag über haben sie sich in ihre Quartiere zurückgezogen: in Mauerritzen, Rolladenkästen, hinter Fensterläden oder in Baumhöhlen. Wenn die Dämmerung anbricht, beginnt die Zeit der Fledermäuse. Dann gehen die lautlosen Jäger der Nacht im Schlossgarten auf Insektenjagd. Fünf der sieben in Stuttgart vorkommenden Fledermausarten hat die Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz dort ausgemacht: Großer und Kleiner Abendsegler, Zwergfledermaus, Rauhautfledermaus und die erst kürzlich entdeckte winzige Mückenfledermaus. Alle stehen auf der Ro- NAC H RU F Die Bäume im Stuttgarter Schlossgarten Für viele Stuttgarter sind die Anlagen zwischen dem Neuen Schloss und dem Rosensteinpark eine grüne Insel der Erholung inmitten der Stadt. Warum die Stuttgarter ihre Parkbäume so zäh und mutig gegen die Bagger von Stuttgart 21 verteidigen, zeigt dieser kleine Bildband mit wunderschönen stimmungsvollen Bildern der stolzen Baumriesen. Der Autor, Jürgen Blümle, stellt die schönsten und bedeutendsten Exemplare des rund 200-jährigen Baumbestandes vor Platanen, Eichen, Kastanien, Rotbuchen und botanische Raritäten. Jürgen Blümle Bäume im Stuttgarter Schlossgarten 60 Seiten, 67 Farbfotografien, 24 x 22 cm, gebunden, 12 Euro, ISBN 978-3-8425-1125-5. ten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere. Der Park mit seinen Wiesen und Wasserflächen ist ideales Jagdrevier, die Bäume bieten Rückzug und Wohnquartiere vor allem für den Großen Abendsegler, der verlassene Spechthöhlen besetzt. Im Schein der Laternen kann man ihre Flugkünste bewundern, bis zu 50 Kilometer schnell jagen sie nach ihrer Beute: Schmetterlinge und Insekten, die sie mit ihrem Echolot über das weit aufgerissene Maul orten und dann im Flug mit Hilfe ihrer Flügel fangen. [1 - 11] BUNDmagazin Baden-Württemberg 9