Anne Frank Zentrum in Berlin Anne Frank – ein Mädchen aus Deutschland Spuren der Geschichte Annes Gedanken heute Anne Frank. hier & heute Das Ausstellungsmagazin Anne Frank Zentrum in Berlin Annes Stammbaum Anne Frank – ein Mädchen aus Deutschland Abraham Holländer 27.10.1860, Eschweiler 19.1.1928, Aachen Unser Team begleitet junge Menschen durch die Ausstellung. Rosa Stern 25.12.1866, Schwalbach 29.1.1942, Amsterdam Michael Frank 9.10.1851, Landau 17.9.1909, Frankfurt am Main Alice Betty Stern 20.12.1865, Frankfurt am Main 20.3.1953, Basel Julius Holländer 11.12.1894, Eschweiler 4.10.1967, New York Robert Frank 7.10.1886, Frankfurt am Main 23.5.1953, London ∞ Charlotte Witt Das Anne Frank Zentrum befindet sich in Berlin-Mitte, direkt neben den Hackeschen Höfen. Walter Holländer 6.2.1897, Aachen 19.9.1968, New York Herbert Frank 13.10.1891, Frankfurt am Main 20.3.1987, Basel Bettina Holländer 22.5.1898, Aachen 22.9.1914, Aachen Wir gehen der Frage nach, welche Bedeutung Annes Tagebuch für uns heute hat. Wir erinnern an Annes Leben und ihre Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten. Helene Frank 8.9.1893, Frankfurt am Main 2.10.1986, Basel „Mein Vater, der liebste Schatz von einem Vater, den ich je getroffen habe, heiratete erst mit 36 Jahren meine Mutter, die damals 25 war. Meine Schwester Margot wurde 1926 in Frankfurt am Main geboren, in Deutschland. Am 12. Juni 1929 folgte ich.“ Edith Holländer 16.1.1900, Aachen 6.1.1945, Auschwitz Erich Elias 6.11.1890, Zweibrücken 2.10.1984, Basel Otto Heinrich Frank 12.5.1889, Frankfurt am Main 19.8.1980, Basel Stephan Elias 20.12.1921, Frankfurt am Main 24.8.1980, Basel Anne Frank, Tagebucheintrag vom 20. Juni 1942 Buddy Elias 2.6.1925, Frankfurt am Main Anne Frank Margot Betty Frank 16.3.1926, Frankfurt am Main März 1945, Bergen-Belsen Annelies Marie Frank 12.6.1929, Frankfurt am Main März 1945, Bergen-Belsen Anne stammte aus einer jüdischen Familie. Annes Vater diente im Ersten Weltkrieg der deutschen Armee als Offizier. Es gibt viele Fotos von Anne, aber kein einziges von ihrer Tante Bettina. Wir erkunden auch Spuren jüdischen Lebens rund um den Hackeschen Markt. 2 Uns interessiert, wie dir die Ausstellung gefallen hat. Was war gut, was könnten wir besser machen? Hast du Fragen an uns? Schreib uns eine E-Mail an [email protected] Anne hatte zwei Cousins, von denen einer heute noch lebt. Zum 13. Geburtstag bekam Anne ein Tagebuch geschenkt. 3 Annes Kindheit „Annelies Marie, geb. 12. Juni 1929 7.30 morgens, 8 1/4 Pfund schwer – 54 cm lang. Am 14. Juni kommen Mutter und Margot das Schwesterchen besuchen. Margot ist ganz begeistert. Am 24. Juni nach Hause.“ Edith Frank-Holländer in Annes Babybuch 1.Zu welchen Anlässen wurden von dir als Kind Fotos gemacht? 2.Welche Fotos sind für dein Leben wichtig? 3.Was hat sich in der Fotografie zwischen damals und heute verändert? Was ist gleich geblieben? „Das Leben in Holland war nach den Erfahrungen in Nazi-Deutschland wieder unser eigenes Leben. Da gingen unsere Kinder in die Schule, und da verlief unser Leben wieder völlig normal, wenigstens zu Beginn. Wir konnten damals einen Neubeginn wagen und uns frei fühlen.“ 1933 emigrierte die Familie Frank wegen der Wirtschaftskrise und der Machtübernahme durch Hitler und seine Partei nach Amsterdam. Otto Frank gründete eine Firma, die Opekta verkaufte. Das ist ein Geliermittel, mit dem Hausfrauen selbst Marmelade herstellen konnten. Die Familie Frank fand eine Wohnung in einem Neubaugebiet am Merwedeplein. Otto Frank in einem Interview im Basler Magazin, 24. Februar 1979 Anne wurde 1934 eingeschult. Die Schule war nicht weit von der Wohnung entfernt. Anne Frank Anne und ihre Mutter, 1931. Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 geboren. Ihr Vater knipste dieses Foto einen Tag später im Krankenhaus. 1929 Margots erster Schultag, 1932. 1930 1931 Arbeitslose stehen Schlange vor dem Arbeitsamt in Hannover, um 1930. An der Wand steht „Wählt Hitler“. Deutschland befand sich in Schwierigkeiten. Das Land hatte den Ersten Weltkrieg verloren und wurde 1929 durch die weltweite Wirtschaftskrise hart getroffen. Adolf Hitler und die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) gaben den Juden die Schuld an allen Problemen. Sie behaupteten, wenn es keine Juden mehr im Land gäbe, würden die Probleme von allein verschwinden und das Land hätte wieder eine glänzende Zukunft. Da in großen Teilen der Gesellschaft bereits eine antisemitische Stimmung herrschte, glaubten ihnen viele Deutsche und unterstützten sie in ihren Zielen. 4 Am 10. März 1933 erledigt die Familie Frank Einkäufe in Frankfurt. Es ist das letzte Foto der Familie vor der Emigration nach Amsterdam. 1933 Eine Kundgebung der „Eisernen Front“ gegen die Nazis im Berliner Lustgarten, 6. März 1932. Aufmarsch von Mitgliedern der Berliner SA beim Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg, August 1929. Adolf Hitler und ein kleiner Junge in SA-Uniform in Braunschweig, Oktober 1931. Antisemitismus bezeichnet die Feindschaft einzelner Menschen oder ganzer Gesellschaften gegen Juden. Er beruht auf althergebrachten, teilweise von der Kirche verbreiteten antijüdischen Klischees. Diese Klischees sagen nichts über das Leben oder die Eigenschaften von Jüdinnen und Juden aus. Sie zeigen lediglich ein von Antisemiten zu einem bestimmten Zweck gezeichnetes Bild. Der nationalsozialistische Antisemitismus führte zur massenhaften Ermordung von Jüdinnen und Juden. Ein Klassenfoto von Anne in der Montessorischule, 1934. 1934 Der Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933. Ein SAund ein SS-Mann vor einem Modegeschäft in Berlin. Im Januar 1933 kamen Hitler und seine Partei an die Macht. Deutschland verwandelte sich in eine Diktatur. Viele Tausend politische Gegner wurden in Konzentrationslager gesperrt, gefoltert und ermordet. Aber auch für andere Gruppen war laut der Ideologie der Nationalsozialisten (Nazis) kein Platz mehr in Deutschland. Die jüdische Bevölkerung wurde Opfer zunehmender Diskriminierung. Im April 1933 riefen die Nazis zu einem Boykott jüdischer Anwälte, Ärzte und Geschäfte auf. Sie hinderten die Menschen daran, Läden zu betreten, die Juden gehörten. Die Regierung verabschiedete kurz danach ein Gesetz, um jüdische Beamte zu entlassen. Erstklässlerinnen verabschieden sich vom Rektor und der Lehrerin mit dem „Deutschen Gruß“, Schuljahr 1933 /1934. Die Nazis setzten ihr antisemitisches Weltbild auch in den Schulen durch, indem sie entsprechende Gesetze und Verordnungen erließen. 1.Betrachte das Bild unten rechts. Wie hat sich der Schulalltag für nicht jüdische Kinder verändert? 2.Betrachte das Klassenfoto von Anne Frank und schreibe Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu deiner Klasse auf! 3.Immer mehr Kinder und Jugendliche traten der Hitlerjugend bei, der Jugendorganisation der NSDAP. Welche Gründe könnten sie dafür gehabt haben? 5 Anne in Amsterdam „Wenn auch das Einleben schwer ist, Hauptsache bleibt doch die Existenzfrage, und die wird leider in Holland immer schwerer. [...] Leider sind wir geschäftlich nicht zufrieden und müssen etwas dazu bekommen, vielleicht ziehen auch wir weiter.“ Edith Frank in einem Brief an Freunde in Buenos Aires (Argentinien), 24. Dezember 1937 Anne Frank während eines Urlaubs in Sils-Maria (Schweiz), 1935. Die Familienmitglieder in Basel (Schweiz), 1936. Von links nach rechts: Großmutter Frank, Buddy Elias, Stephan Elias, Leni Frank-Elias und Erich Elias. 1935 „Juden sind hier unerwünscht!“ Ein Transparent in Rosenheim, 1935. 1936 1.Das Ehepaar Frank beschloss 1933, mit den beiden Töchtern in die Niederlande zu emigrieren. Was ließ die Familie Frank zurück? 2.Besonders Edith fiel das Leben in Amsterdam schwer. Was denkst du: Warum war es für Anne und Margot leichter, sich in der neuen Umgebung einzuleben? 3.Nicht alle Jüdinnen und Juden verließen Deutschland. Was könnte deiner Meinung nach sie davon abgehalten haben? Anne mit ihren Freundinnen im Sandkasten, Juli 1937. Von links nach rechts: Hanneli Goslar, Anne, Dolly Citroen, Hannah Toby, Barbara und Sanne Ledermann. 1937 Plakat der Hitlerjugend, um 1939. 6 Anne Frank, Tagebucheintrag vom 20. Juni 1942 Miep Santrouschitz im Büro von Opekta, 1938. 1938 Die brennende Synagoge in Rostock am 10. November 1938. Die Olympische Flamme wird durch das Brandenburger Tor getragen, 1. August 1936. Im September 1935 wurden während des Reichsparteitages der NSDAP in Nürnberg Gesetze verabschiedet, die Jüdinnen und Juden weiter diskriminierten und entrechteten. Sie mussten sich registrieren lassen, und Eheschließungen zwischen Juden und Nichtjuden waren verboten. Es gelang den Nazis, die Juden von der übrigen Bevölkerung weitgehend zu isolieren. Künftig waren sie Bürger zweiter Klasse. Neben den Juden wollten sie auch andere Gruppen aus der Gesellschaft ausschließen: zum Beispiel Sinti und Roma, Homosexuelle, Behinderte oder Menschen mit anderer Hautfarbe. Auch sie wurden verfolgt und viele von ihnen ermordet. „Unser Leben verlief nicht ohne Aufregung, da die übrige Familie in Deutschland nicht von Hitlers Judengesetzen verschont blieb. Nach den Pogromen 1938 flohen meine beiden Onkel, Brüder von Mutter, nach Amerika, und meine Großmutter kam zu uns. Sie war damals 73 Jahre alt.“ 1.Neben den Nürnberger Gesetzen wurden fast 2000 Gesetze und Verordnungen erlassen, die die Rechte der jüdischen Bürger einschränkten. Welche antijüdischen Gesetze fallen dir ein? 2.Überlege anhand eines Beispiels: Welches Ziel verfolgten die Nazis mit diesem Gesetz? 3.Welche Auswirkung hatte dieses Gesetz auf das Leben von Jüdinnen und Juden? Miep Santrouschitz arbeitete von Anfang an in der Firma von Otto Frank als Sekretärin. Nach ihrer Hochzeit 1941 hieß sie Miep Gies. Nach der Flucht von Annes Großmutter in die Niederlande waren keine Familienmitglieder mehr in Deutschland. Otto und Edith versuchten, ihren Töchtern die politischen Entwicklungen in Deutschland zu verschweigen. Sie sprachen nicht über ihre Sorgen, denn sie wollten Anne und Margot eine glückliche Kindheit ermöglichen. Margot, Anne und Großmutter Holländer am Strand im Juli 1939. 1939 Am 1. September 1939 griffen deutsche Truppen Polen an. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüste­ten Mitglieder und Anhänger der NSDAP Tausende von Synagogen, Läden und Wohnungen von Jüdinnen und Juden in Deutschland und Österreich. Ungefähr 400 jüdische Menschen wurden ermordet und mehr als 30.000 verhaftet und im Konzentrationslager gebracht. Nach diesem verharmlosend als „Kristallnacht“ bezeichneten Pogrom wollten Tausende Juden Deutschland so schnell wie möglich verlassen. Doch viele Länder schlossen ihre Grenzen für Flüchtlinge. Bis 1939 gelang ungefähr der Hälfte aller jüdischen Einwohner (ca. 300.000 von 600.000) die Flucht aus Deutschland. Im August 1940 verbrachte Anne einige Tage bei Freunden ihrer Eltern in der Nähe von Amsterdam. 1940 Der Einzug deutscher Truppen 1940 nahe dem Merwedeplein in Amsterdam, wo die Familie Frank wohnte. Auf dem Foto ist zu sehen, dass niederländische Nazis ihre Freude mit dem Hitlergruß zum Ausdruck brachten. Konzentrationslager sind Gefangenenlager, in denen die Nazis Gegner und Menschen, die sie für minderwertig hielten, einsperrten. Sie existierten von 1933 bis 1945. Die Häftlinge mussten Zwangsarbeit verrichten und wurden sehr schlecht behandelt. Manche Lager waren Vernichtungslager, die eigens dazu errichtet worden waren, Menschen zu ermorden. 7 Im Versteck „Es beklemmt mich doch mehr, als ich sagen kann, dass wir niemals hinaus dürfen, und ich habe große Angst, dass wir entdeckt und dann erschossen werden.“ Am 5. Juli 1942 bekam Margot eine Aufforderung, sich zum Einsatz in einem Arbeitslager in Deutschland zu melden. Einen Tag später ging die Familie ins Versteck. Anne Frank, Tagebucheintrag vom 28. September 1942 [Nachtrag zum Eintrag vom 11. Juli 1942] Anne hatte nichts von der Vorbereitung des Verstecks gewusst. „Draußen ist es schrecklich. Tag und Nacht werden die armen Menschen weggeschleppt, sie haben nichts anderes bei sich als einen Rucksack und etwas Geld.“ Zum Zeitvertreib schrieb Anne am liebsten Tagebuch. Die Untergetauchten durften das Versteck nie verlassen. Die Helferinnen und Helfer sorgten für Essen, Kleidung, Zeitschriften und Bücher. „Nach der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 waren wir alle hoffnungsvoller gestimmt und glaubten, dass unsere Befreiung nahe sei. Umso schlimmer war der Schock, als am 4. August die Gestapo überraschend in unser Versteck eindrang und uns verhaftete. Zweifellos war Verrat im Spiel, aber es konnte nie festgestellt werden, wer der Verräter war.“ Otto Frank in seinen „Erinnerungen an Anne“, 1968 Anne Frank, Tagebucheintrag vom 13. Januar 1943 Hermann van Pels Die Familie Frank auf dem Merwedeplein, Mai 1941. Das Hinterhaus (drittes Haus von links), in dem sich die Familien Frank und van Pels und Fritz Pfeffer versteckten. Deutsche Truppen ziehen durch ein brennendes russisches Dorf, 26. Juni 1941. Kampf in den Straßen von Stalingrad, 7. Oktober 1942. Die Nazis und ihre Anhänger in Wirtschaft und Militär wollten ein „Großdeutsches Reich“ schaffen und zu diesem Zweck Gebiete erobern. Am 1. September 1939 überfiel Deutschland Polen. Das war der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Am 10. Mai 1940 griff die Wehrmacht die Niederlande an und besetzte das Land. Kurz darauf folgten Belgien, Luxemburg, Frankreich, Dänemark und Norwegen. Im Juni 1941 überfielen Hitlers Armeen die Sowjetunion. Sogenannte „Einsatzgruppen“ ermordeten systematisch Hunderttausende jüdische Männer, Frauen und Kinder. Im Dezember griffen japanische Flugzeuge amerikanische Schlachtschiffe bei Pearl Harbor an. Daraufhin traten auch die USA in den Krieg ein – nicht nur mit Japan, sondern auch mit Deutschland und Italien. 8 Edith Frank 1943 Anne Frank Auguste van Pels Peter van Pels Otto Frank 1944 Am 25. Juni 1947 wurde Anne Franks Tagebuch veröffentlicht. Es trug den Titel „Het Achterhuis“ (niederländisch für „Das Hinterhaus“). Otto Frank (Mitte) mit den Helfern nach Kriegesende. Von links nach rechts: Miep Gies, Johannes Kleiman, Otto Frank, Victor Kugler und Bep Voskuijl. 1945 Jüdische Kinder warten mit ihren Eltern in Amsterdam auf die Deportation in das Durchgangslager Westerbork, 26. Mai 1943. Der Beginn der Befreiung von Westen her: Britische Soldaten landen an der französischen Atlantikküste, 6. Juni 1944. 1. Otto Frank kehrte im Juni 1945 als einziger Überlebender der acht Untergetauchten nach Amsterdam zurück. Er wusste noch nicht, dass seine Töchter in Bergen-Belsen gestorben waren. Margot Frank Die erste Seite von Annes Tagebuch. Sie bekam es zu ihrem 13. Geburtstag. 1942 1941 Fritz Pfeffer Die Untergetauchten wurden zuerst ins Gefängnis gebracht und dann in das Durchgangslager Westerbork. Mit dem letzten Transport kamen sie in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Nach der Besatzung durch die Nazis gelten die antijüdischen Gesetzte auch in den Niederlanden. Es gab Niederländerinnen und Niederländer, die sich der antisemitischen Politik der Nazis widersetzten. Welche Beispiele fallen dir dazu ein? 2.Anne hatte nichts von der Vorbereitung des Verstecks gewusst. Was denkst du, wieso haben Otto und Edith nicht mit ihr darüber gesprochen? Der Zweite weltkrieg endete am 8. Mai 1945 in Europa. Millionen Menschen hatten Krieg und Verfolgung nicht überlebt. Als die Truppen der Alliierten die Konzentrationslager befreiten, waren die Soldaten erschüttert. Sie fanden wenige Überlebende und zahllose Leichen. Die Nazis und ihre Helfer hatten sechs Millionen jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten hatte zu einem Massenmord geführt. Überlebende im Lager Bergen-Belsen kurz nach der Befreiung, April 1945. Die systematische Ermordung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs wird als Holocaust oder Schoah bezeichnet. Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt. Schätzungen variieren zwischen fünf und sieben Millionen. Die meisten Historiker gehen von einer Zahl von sechs Millionen Opfern aus, darunter 1,5 Millionen Kinder. Eines von ihnen war Anne Frank. 9 Spuren der Geschichte Annes Gedanken heute „Ich werde, hoffe ich, dir alles anvertrauen können, wie ich es noch bei niemandem gekonnt habe, und ich hoffe, du wirst mir eine große Stütze sein.“ Anne Frank, Tagebucheintrag vom 12. Juni 1942 Das ehemalige Versteck ist seit 1960 ein Museum, das Anne Frank Haus. Es wird jedes Jahr von etwa 1 Million Menschen besucht. Anne schrieb in ihrem Tagebuch über Themen, die für sie ganz wichtig waren. In unserer Ausstellung kommen fünf Berliner Jugendlichen zu Wort und sie sprechen über Themen, mit denen sich auch Anne in ihrem Tagebuch beschäftigte. Sie suchen Antworten auf folgende Fragen: Wer bin ich?, Wie werde ich später einmal leben?, Warum werden nicht alle Menschen gleich behandelt? und Warum gibt es Krieg? Annes Tagebuch auf arabisch. Es wurde in über 70 Sprachen übersetzt. Über Annes Leben gibt es zahlreiche Filme und Theaterstücke. Auf den nächsten Seiten findest du ausgewählte Zitate von Anne. Die Zitate sollen dich zu eigenen Idee anregen. Schülerinnen und Schüler der Löcknitz-Grundschule in Berlin-Schöneberg. Die Steine zeichnen den Grundriss einer Synagoge nach, die sich auf dem Schulgelände befand. Anne Frank, 13–15 (1942–1944) Annes Cousin Buddy Elias mit seiner Frau Gerti zu Gast im Anne Frank Zentrum, 2014. Er ist die einzige nahe Verwandte, der heute noch lebt. Junior, 16 Jonel, 17 Esther, 12 Editha, 15 Maria, 13 Einschusslöcher in der Großen Hamburger Straße in BerlinMitte. Sie zeugen von den Straßenkämpfen in den letzten Kriegstagen. Stolpersteine in der Rosenthaler Straße erinnern an Verfolgte der nationalsozialistischen Diktatur. 1.Kennst du Stolpersteine oder andere Erinnerungsorte in deiner Umgebung? 2.Was denkst du: Für wen werden solche Orte geschaffen? 10 11 11 Wer bin ich? Wie werde ich später einmal leben? WER MÖCHTE ICH SEIN? WAS WÜNSCHE ICH MIR FÜR DIE ZUKUNFT? „Menschen, die eine Religion haben, dürfen froh sein, denn es ist nicht jedem gegeben, an überirdische Dinge zu glauben. [...] Irgendeine Religion, egal welche, [hält sie] auf dem richtigen Weg. Es ist keine Angst vor Gott, sondern das Hochhalten der eigenen Ehre und des Gewissens.“ Anne Frank, Tagebucheintrag vom 6. Juli 1944 „Ich bin jetzt so weit, dass es mir nicht mehr viel ausmachen kann, ob ich sterbe oder am Leben bleibe. Die Welt wird sich auch ohne mich weiterdrehen, und ich kann mich gegen die Ereignisse doch nicht wehren. Ich lasse es darauf ankommen und tue nichts als lernen und auf ein gutes Ende hoffen.“ Anne Frank, Tagebucheintrag vom 3. Februar 1944 Anne dachte in ihrem Tagebuch über sich und ihre Persönlichkeit nach. Sie stellte fest, dass sie sich selbst im Laufe der Zeit veränderte. Immer wieder betonte sie, dass andere Menschen ihr wahres Inneres nicht kannten und sie falsch beurteilten. Anne beschrieb sich als eine Frau mit innerer Stärke und viel Mut. Ein Teil ihrer Identität war für sie ihr jüdischer Glaube. Auch Esther ist Jüdin. Für sie spielt es keine große Rolle, welcher Religion sich ihr Gegenüber zugehörig fühlt. 12 „Ich weiß, dass ich jüdisch bin und ich fühl’ mich nicht ausgeschlossen von den anderen, weil ich jüdisch bin. Denn ich hab’ viele Freunde, die sind jüdisch und nichtjüdisch und muslimisch und nichtmuslimisch und für mich ist es kein großer Unterschied. Ein Mensch ist ein Mensch.“ „Ich habe ein ganz typisches Idealbild. Ich würde gerne später, wenn ich groß bin, ein Einfamilienhaus mit einer kleinen Familie haben, einen hübschen Garten, eine tolle Frau und eine Traumhochzeit. Ich glaube, die Zukunft wird für unsere Generation relativ schwer: Arbeitslosigkeit, Rente und so weiter ... Wir werden es nicht einfach haben.“ Esther, 13 Jahre Jonel, 17 Jahre 1.Was meinst du: Warum glauben Menschen? 2.Stimmst du Anne zu, dass Menschen froh sein dürfen, die eine Religion haben? Begründe deine Antwort. 3.Für Esther macht es keinen großen Unterschied, welchen Glaube ein Mensch hat. Ist das in deiner Klasse auch so? Der Alltag im Versteck war für die acht Untergetauchten von Strapazen und Ängsten geprägt. Um ihren Lebensmut nicht zu verlieren, mussten sie die Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit aufrechterhalten. Anne denkt in ihrem Tagebuch über ihre Zukunft nach. Sie schwankt zwischen Zuversicht und Verzweiflung. Sie beschreibt sowohl ihre persönlichen Wünsche für die Zeit nach dem Versteck als auch ihre Vorstellungen von einer besseren Welt. Auch Jonel ist sich nicht sicher, wie seine Zukunft aussehen wird. Einerseits ist er optimistisch, andererseits hat er Zweifel. 1.Welche Träume und Wünsche hast du für die Zukunft? 2.Was tust du, um deinen Zukunftsträumen näher zu kommen? 3.Welche Möglichkeiten hatte Anne, um ihre Träume zu verwirklichen? 13 Warum werden nicht alle Menschen gleich behandelt? Warum gibt es Krieg? BIN ICH DAVOR SICHER? WAS KANN ICH TUN? „Ich fühle mich schlecht, weil ich in einem warmen Bett liege, während meine liebsten Freundinnen irgendwo draußen niedergeworfen werden oder zusammenbrechen. [...] Und das alles, weil sie Juden sind.“ Anne Frank, Tagebucheintrag vom 19. November 1942 „Es ist erstaunlich, wie oft, wie nobel und wie uneigennützig diese Arbeit verrichtet wird und wie die Leute unter Einsatz ihres Lebens anderen helfen und andere retten. [...] Das ist etwas, was wir nie vergessen dürfen. Andere zeigen Heldenmut im Krieg oder gegenüber den Deutschen, aber unsere Helfer beweisen ihren Heldenmut in ihrer Fröhlichkeit und Liebe.“ „Ich glaube nicht, dass der Krieg nur von den Großen, von den Regierenden und Kapitalisten gemacht wird. Nein, der kleine Mann ist ebenso dafür. Sonst hätten sich dieVölker doch schon längst dagegen erhoben! Im Menschen ist nun mal ein Drang zur Vernichtung, ein Drang zum Totschlagen, zum Morden und Wüten, und solange die ganze Menschheit, ohne Ausnahme, keine Metamorphose durchläuft, wird Krieg wüten, wird alles, was gebaut, gepflegt und gewachsen ist, wieder abgeschnitten und vernichtet, und dann fängt es wieder von vorn an.“ Anne Frank, Tagebucheintrag vom 3. Mai 1944 „Krieg ist immer ungerecht, weil immer nur die unteren Schichten darunter leiden, immer die normalen Menschen, die eigentlich mit dem Krieg nie was zu tun haben, die, für die dieser Krieg auch nichts bedeutet außer Angst, Vertreibung und so weiter. Ich weiß nicht wirklich, ob Krieg notwendig ist, da es so viele diplomatische Wege gibt. Man muss immer wirklich alles ausprobiert haben.“ Anne Frank, Tagebucheintrag vom 28. Januar 1944 „Ich war sehr traurig, als eine Frau mich falsch eingeschätzt hat. Ich wollte ihr helfen, ihre Sachen zu tragen, da meinte sie: ‚Nee, du gehörst bestimmt zu den brutalen Arabern und Türken.’ Ich sagte zu ihr: ‚Schätzen Sie mich bitte nicht falsch ein, ich bin ein sehr normales und höfliches Mädchen, das gerne anderen Leuten hilft.’ Aber sie hat mich nicht verstanden und ist dann einfach gegangen.“ Editha, 15 Jahre Maria, 13 Jahre „In meiner Schule bin ich Streitschlichter. Viele Jugendliche, die Probleme haben, kommen zu mir. Ich versuche dann, ihr Problem zu lösen. Ich find’, es ist was Tolles, wenn man anderen Menschen helfen kann.“ Junior, 16 Jahre Die Nazis schränkten die Rechte von Jüdinnen und Juden immer mehr ein. Die Familie Frank widersetzte sich den Gesetzen der Nazis, indem sie sich versteckte und so versuchte, der Deportation zu entgehen. Auch ihre Helferinnen und Helfer widersetzten sich, denn es war streng verboten, jüdischen Menschen zu helfen. Maria erlebt heute Diskriminierung aufgrund ihres Aussehens. Junior setzt sich in seiner Schule für ein tolerantes und demokratisches Miteinander ein. 14 Im Unterschied zur Zeit des Nationalsozialismus, als Ungleichbehandlung von Menschen per Gesetz verordnet wurde, gilt seit 1949: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich (Artikel 3, Absatz 1 Grundgesetz). Warum gibt es heute trotzdem noch Diskriminierung? Anne Frank erlebte den Krieg unmittelbar. Im Versteck hörte sie nachts den Fliegeralarm und Motorengeräusche von Bombern, die über das Hinterhaus hinwegflogen. Editha ist durch die Medien mit Krieg konfrontiert und sieht Bilder von Kriegsopfern, die sie erschüttern. Auf Demonstrationen zeigt sie ihre Überzeugung, dass Krieg sinnlos und ungerecht ist. Anne und Editha haben unterschiedliche Meinungen über die Rolle der „ganz normalen Menschen“ im Krieg. Anne kommt zu dem Schluss, dass auch sie Krieg wollen. Editha denkt, dass sie keinen Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen Krieg haben. 1.Kennst du Gebiete, in denen heute Krieg herrscht? Überlege, wer an einem Krieg beteiligt ist. 2.Wer trägt deiner Meinung nach die Verantwortung für Krieg? 15 Wenn du noch mehr über Anne Frank und die Themen des Magazins erfahren möchtest, findest du auf dieser Seite Bücher, DVDs und Websites zur weiteren Recherche. Alle Materialien kannst du in der Ausstellung erwerben oder über unseren Online-Shop unter www.annefrank.de/onlineshop bestellen. Comics Bücher DVDs LINKS Auf unserer Website www.annefrank.de findest du Informationen zu unserer Ausstellung, zu den Wanderausstellungen, pädagogischen Angeboten und interessanten Veranstaltungen. Du kannst dir auch unsere Ausstellung in 3D anschauen. Unter www.annefrank.org findest du die Seite des Anne Frank Hauses in Amsterdam. Dort gibt es Informationen über Anne Frank sowie über das Museum mit seinen Angeboten und Aktivitäten. „Die Suche“ ist ein Comic für Kinder und Jugendliche. Er erzählt die fiktive Geschichte von Esther. Sie lebte als jüdisches Mädchen zur Zeit des Nationalsozialismus und verlor ihre Eltern in Auschwitz. 60 Jahre später macht sie sich zusammen mit ihrem Enkel Daniel auf die Suche nach ihrer Vergangenheit ... Das Tagebuch und weitere Bücher zu Anne Frank findest du in unserem Onlineshop. Der Film „Das kurze Leben der Anne Frank“ erzählt anhand von Zitaten, Familienfotos und historischen Aufnahmen Annes Lebensgeschichte. Darüber hinaus bietet er eine gute Einführung in die Themen Judenverfolgung und Zweiter Weltkrieg. WANDERAUSSTELLUNG Auf der Website www.annefrank.org/ hinterhaus hast du die Möglichkeit, den Ort, wo sich Anne Frank und sieben weitere Menschen von 194244 versteckten, zu erkunden. Auf einem virtuellen 3D Rundgang siehst du, wo Anne Frank ihr berühmtes Tagebuch schrieb. Du kannst dir Geschichten über die Untergetauchten, aber auch über die Helferinnen und Helfer anhören. Eine Anne-Frank-Wanderausstellung kann in jeder Stadt für einige Wochen gastieren. Jugendliche werden direkt vor Ort zu Ausstellungsbegleitern und -begleiterinnen ausgebildet. Wer an einem solchen Projekt interessiert ist, kann sich jederzeit ans Anne Frank Zentrum wenden. Wir freuen uns über jeden neuen Kontakt! Unter www.annefrank.org/zeitleiste kannst du durch 100 Jahre Weltgeschichte surfen. Viele Fotos, Plakate und Texte stehen dir zur Verfügung. Du kannst die Website gut für die Vorbereitung von Referaten oder Hausarbeiten nutzen. Unter www.youtube.com/annefrank kannst Du den einzigen Filmausschnitt sehen, den es von Anne Frank gibt. IMPRESSUM Publikation und Produktion Anne Frank Zentrum Berlin in Zusammenarbeit mit dem Anne Frank Haus, Amsterdam Text und Redaktion Sophia Deck, Susanne Müller, Veronika Nahm, Patrick Siegele (Anne Frank Zentrum), Menno Metselaar (Anne Frank Haus) Layout Irene Gonzalez Chana Lektorat Waltraud Hüsmert Fotos Anne Frank Stichting; ANNE FRANK-Fonds/Anne Frank Stichting; Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz; Deutsches Historisches Museum; Getty Images; Heinz Blumensath; Imperial War Museum; Niederländisches Institut für Kriegsdokumentation; Yad Vashem; Irene Gonzalez Chana, Tim Zülch Druck Laser Line Berlin © Anne Franks Texte: ANNE FRANK-Fonds, Basel, Schweiz Anne Frank Zentrum Rosenthaler Str. 39 10178 Berlin-Mitte Tel: 030 – 288 86 56 10 [email protected] www.annefrank.de Di-So 10-18h geöffnet www.annefrank.de/facebook Die pädagogische Arbeit des Anne Frank Zentrum wird gefördert von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen im Rahmen des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.