Augmentationstherapie Die spezifische Therapie für Lungenkrankheiten bei Alpha-1 EINLEITUNG Die zuständigen Behörden haben bereits in einer Reihe von Ländern die Verwendung von Alpha-1 Antitrypsin Protein (AAT) welches aus gesammeltem menschlichen Plasma gewonnen wurde, für die Behandlung von Alpha-1 Antitrypsin Mangel genehmigt. Augmentation bedeutet Steigerung oder Vergrößerung. Diese Therapie wird Augmentationstherapie genannt, weil dabei das Niveau von AAT im Blutstrom bei Personen mit Alpha-1 gesteigert wird. Es wird normalerweise als eine wöchentliche intravenöse Infusion verabreicht. Die Dosis wird mit Hilfe des Gewichts des Patienten ausgerechnet. Es gibt derzeit vier genehmigte Augmentationstherapien, die in den U.S.A. erhältlich sind und insgesamt drei Produkte, die derzeit für einige europäische Länder hergestellt werden. Augmentationstherapien sind nicht für alle Menschen mit Alpha-1 zugänglich und es gibt Kontroversen, ob sie effektiv sind um Alpha-1 zu behandeln. In allen Ländern, in denen sie erhältlich sind, werden sie lediglich benutzt um die Lungenkrankheiten im Zusammenhang mit Alpha-1 zu behandeln. Es wird dabei erwartet, dass die Augmentationstherapie den beschleunigten Erkrankungsverlauf der Lungenkrankheiten bei Menschen mit Alpha-1 verlangsamt oder anhält. Die Sorte Lungenkrankheit, die in Verbindung mit Alpha-1 auftritt, Lungenemphysem, ist nicht umkehrbar und derzeit kann keine Therapie, außer Lungentransplantation, sie „heilen“. Diese Schwerpunktthema-Broschüre ist Teil einer Serie übernommen aus dem Big Fat Reference Guide to Alpha-1 (dem BFRG) von AlphaNet. Obwohl Augmentationstherapie als der einzige spezifische Therapieansatz für Lungenkrankheiten bei Alpha-1 betrachtet wird, sollte der Behandlungsplan für Personen mit Lungenproblemen und Alpha-1 auch eine Anzahl anderer Herangehensweisen beinhalten, wie die angemessene Verwendung von therapeutischen Antibiotika, ein Impfprogramm welches virale Hepatitis und Grippestämme umfasst, Verringerung oder Beseitigung der Risikofaktoren in der Umgebung, angemessene zu inhalierende Medikamente, ein Programm mit Bewegungsübungen sowie Sauerstoff, wenn er benötigt wird. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. 1 Copyright© AlphaNet, Inc. 2013 WAS SIND DIE ZIELE DER THERAPIE? Das Hauptziel von Augmentationstherapie ist es, das Niveau des AAT Proteins in der Lunge zu erhöhen. Alpha-1 Antitrysin schützt die Lunge von den zerstörerischen Effekten der neutrophilen Elastase, einem Enzym, welches von den weißen Blutkörperchen ausgestoßen wird, wenn sie auf Entzündungen oder Infektionen reagieren. Das letztendliche Ziel ist es, durch Ersatz des mangelnden Proteins die Zerstörung der Lunge zu verlangsamen oder ganz anzuhalten. Durch die Therapie können bereits verlorene Lungenfunktionen nicht wiederhergestellt werden – und sie wird auch nicht als Heilmittel betrachtet. Es gibt Hinweise darauf, dass durch Augmentationstherapie die Häufigkeit und den Schweregrad von Verschlimmungsschüben der Lungenkrankheiten verringert werden kann. Sie scheint außerdem eine effektive Behandlung für die Hautkrankheit im Zusammenhang mit Alpha-1, nekrotisierende Pannikulitis, zu sein. WICHTIGE LEKTION: Die Therapie kann bereits verlorene Lungenfunktionen nicht wieder herstellen – und wird auch nicht als Heilmittel betrachtet. Man hofft durch den Ersatz des mangelnden Proteins die Zerstörung der Lunge zu verlangsamen oder ganz anzuhalten. BEI WEM WIRD AUGMENTATIONSTHERAPIE EINGESETZT UND WANN SOLLTEN SIE BEGINNEN? Dort wo sie erhältlich ist, wird Augmentationstherapie bei Personen mit nachgewiesener schwerer Alpha-1 und nachgewiesenem Lungenemphysem eingesetzt. Es hat jedoch einige Kontroversen über den Punkt gegeben, ob Augmentationstherapie bei Personen eingesetzt werden sollte, deren Lungenkrankheit sehr leicht oder sehr schwer ist. In manchen Forschungsstudien, die durchgeführt wurden, seit die Augmentationstherapie zum Einsatz kommt, wurde ihr Nutzen vor allem in bestimmten Personengruppen mit Lungenkrankheiten wegen Alpha-1 festgestellt. In diesen Studien wurden die wirkungsvollsten Effekte bei Personen beobachtet, deren Lungenfunktion im mittleren Schweregrad eingeschränkt war. Das ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass es schwierig ist, die Lungenfunktion von jemandem zu verbessern, der auch anfänglich nur schwach beeinträchtig ist. Außerdem neigen Personen mit sehr schweren Lungenkrankheiten zu einer sehr langsamen Verschlechterung. Die subtilen Unterschiede in diesen Verschlechterungen bei Personen, die verschiedene Behandlungen erhalten, sind nicht leicht zu erkennen. Einige Vertreter des Gesundheitswesens haben diese Ergebnisse benutzt um anzudeuten, dass nur Personen mit mittelschwerer Lungenkrankheit 2 Augmentationstherapie erhalten sollten. Aber da Augmentationstherapie zur Prävention eingesetzt wird und nicht zur Heilung - sie bremst also die Zerstörung der Lunge und macht sie nicht rückgängig - scheint es logisch, die Therapie so bald wie möglich nach der Diagnose einer Lungenkrankheit wegen Alpha-1 zu beginnen. BRENNENDES THEMA: Da Augmentationstherapie zur Prävention eingesetzt wird und nicht zur Heilung - sie bremst also die Zerstörung der Lunge und macht sie nicht rückgängig - scheint es logisch, die Therapie so bald wie möglich nach der Diagnose einer Lungenkrankheit wegen Alpha-1 zu beginnen. Da wir nicht wissen, welche Personen mit Alpha-1 eine Lungenkrankheit bekommen werden, und da die derzeitigen Methoden für das Erkennen einer Lungen-krankheit im frühen Stadium nur mangelhaft sind, könnte man argumentieren, dass bei allen mit Alpha-1 Augmentationstherapie eingesetzt werden sollte, um ihre Lungen so gesund wie möglich zu erhalten. Wenn Augmentationstherapie absolut sicher, einfach durchzuführen, kostengünstig, bewiesenermaßen effektiv und in unbegrenzter Menge erhältlich wäre, würden sicher alle Alphas sie nehmen. Leider trifft keine einzige dieser Bedingungen zu. ERWÄGUNGEN VOR DEM BEGINN EINER AUGMENTATIONSTHERAPIE Bevor man mit einer Augmentationstherapie anfängt, sollten der Betreffende auf IgA-Mangel getestet werden. Dabei handelt es sich um eine erbliche Krankheit, die potentiell schwere allergie-ähnliche Reaktionen auf Plasmaprodukte wahrscheinlicher macht. Obwohl es inzwischen nicht mehr notwendig ist, dass alle Personen gegen Hepatitis B geimpft werden, bevor sie mit der Augmentationstherapie beginnen, empfiehlt AlphaNet trotzdem die Erwägung einer Impfung gegen Hepatitis A und B für alle Alphas, um das Risiko eines Leberschadens zu verringern. BRENNENDES THEMA: AlphaNet empfiehlt die Erwägung einer Impfung gegen Hepatitis A und B für alle Alphas um das Risiko eines Leberschadens zu verringern. 3 GIBT ES NEBENWIRKUNGEN IN VERBINDUNG MIT EINER AUGMENTATIONSTHERAPIE? Personen, bei denen derzeit erhältliche Augmentationstherapien eingesetzt werden, haben von einer Reihe von Nebenwirkungen berichtet, wobei die große Mehrheit dieser Personen keine schwerwiegenden Probleme hatte. Die am häufigsten auftretende Nebenwirkung ist ein Gefühl des Ausgelaugtseins oder erkältungsähnliche Symptome, was typischerweise bis zu 24 Stunden lang nach einer Infusion anhält. Diese Symptome können oft verringert oder ganz abgewendet werden, indem die Schnelligkeit der Infusion verlangsamt wird. Manche Patienten haben Symptome, die milde allergische Reaktionen andeuten, wie Nesselausschläge, Jucken, Engegefühl im Brustkorb, Atemnot und/oder pfeifendes Atmen. Viele dieser Patienten sind in der Lage, die Augmentationstherapie fortzusetzen, wenn sie mit einem Antihistamin wie Benadryl vor den Infusionen vorbehandelt werden. Sehr selten sind die Nebenwirkungen so stark, dass die Patienten gänzlich mit der Augmentationstherapie aufhören. Außerdem ist es richtig, dass genauso wie bisher keine randomisierte kontrollierte Studie die Wirksamkeit der Augmentationstherapie beurteilt hat, auch noch keine Studie die optimale Dosierung der Augmentationstherapie festgelegt hat. Wir schlagen daher vor, die empfohlene Dosis von wöchentlich 60mg/kg Körpergewicht ohne Bluttests zu verabreichen. Ein interessanter Hinweis. Interessanterweise wird bei Personen, bei denen Augmentationstherapie eingesetzt wird, bei einem erneuten Test des Phänotyps ein Ergebnis von PiMZ herauskommen, wenn sie vor der Therapie PiZZ hatten. Das liegt daran, dass bei PhänotypTests die Sorten des AAT Proteins im Blut analysiert werden und durch die Augmentationstherapie normale, PiMM Proteine an Personen gegeben wird, die PiZZ haben. Daher werden Phänotyp-Tests sowohl die eigenen AATs des Alphas als auch den durch die Therapie erhaltenen normalen Phänotyp zeigen. GenotypTests und nicht Untersuchungen des Phänotyps wären nötig, um die AAT Gene einer Person, bei der gerade eine Augmentationstherapie eingesetzt wird, zu ermitteln. DIE RICHTIGE DOSIS FÜR DIE AUGMENTATIONSTHERAPIE FESTLEGEN ZUGANG ZU IV-KATHETERN FÜR DIE AUGMENTATIONSTHERAPIE In den U.S.A. hat die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drugs Administration) für alle derzeitig erhältlichen Augmentationsprodukte eine Dosis von 60mg pro kg Körpergewicht einmal wöchentlich per intravenöser Infusion genehmigt. Daher wäre also beispielsweise die empfohlene Dosis für eine Person, die 75kg wiegt, 4500mg pro Woche. Manche Ärzte denken, sie sollten das AAT Niveau im Blut überwachen und die Dosis der Augmentationstherapie so anpassen, dass ein bestimmtes Niveau erreicht wird, von dem sie denken, dass es den Patienten davor bewahren wird, Lungenschäden zu bekommen. Dieses Vorgehen bei der Dosierung wird derzeit nicht empfohlen. Die überwältigende Mehrheit von Alphas, bei denen eine Augmentationstherapie eingesetzt wird, entscheiden sich für einen einfachen IV-Katheter oder eine Nadel, die jedes Mal für die Infusion in die Hand oder in den Arm gesetzt werden. Diese Katheter sind gut verträglich, bleiben für einen kurzen Zeitraum an Ort und Stelle und es treten nur minimale Komplikationen auf. Es gibt eine Vielzahl von Modellen für diesen Zweck, die alle dafür gedacht sind, einfach gesetzt werden zu können und es dem Patienten möglichst bequem zu machen. Die potentielle Täuschung bei diesem Vorgehen hat damit zu tun, dass das Niveau von AAT, welches nach längerer Augmentationstherapie vorgefunden wird, in den Lungen dazu neigt, sehr viel stabiler und gleichbleibend zu sein als im Blut. Daher führen routinemäßige Anpassungen der Dosierung aufgrund von Blutwerten nicht zu dem gewünschten Ergebnis in den Lungen. Die Dosierungsempfehlung der amerikanische Gesundheitsbehörde FDA basiert auf diesem Verständnis für die Notwendigkeit, ein gleichbleibendes schützendes AAT Niveau in den Lungen zu erreichen. 4 Manche Alphas entscheiden sich für ihre Infusionen, oftmals von ihren Gesundheitsdienstleistern dazu angeleitet, für einen IV Dauerkatheter, welcher über einen längeren Zeitraum genutzt wird. Zu diesen Geräten gehört der implantierte vaskuläre Gefäßzugang (IVAD - Implanted Vascular Access Device), auch Port genannt und verschiedene Sorten von getunnelten zentralvenösen Kathetern und peripher gelegten zentralvenösen Kathetern (PICC - Peripherally Inserted Central Catheters). Die Entscheidung für einen IV-Zugang sollte gut recherchiert und informiert sein. Ein solches Gerät zu haben kann es zwar einfacher machen, etwas intravenös zu verabreichen, aber es kann für Sie auch ein zusätzliches Risiko bedeuten. Sorgen 5 Sie dafür, dass Sie genau verstehen, was mit dem Legen von allen diesen Zugängen einhergeht, wenn Sie diese Endscheidung treffen. Es ist wichtig, dass Sie die Risiken und Nutzen eines IV-Zugangs gründlich mit Ihrem Gesundheitsdienstleister besprechen und sich dann für das Gerät entscheiden, welches für Ihre Situation am sinnvollsten ist. INFEKTIONEN AM PORT ODER ZENTRALVENÖSEN KATHETER Eine Infektion am Port oder am zentralvenösen Katheter kann eine wichtige Herausforderung für Gesundheitsdienstleister und Personen, bei denen Augmentationstherapie eingesetzt wird bedeuten, da die Symptome und Anzeichen einer Infektion oft sehr ähnlich sind, wie die Symptome und Anzeichen einer Reaktion auf eine Augmentationstherapie. Bei einem Patienten mit einem implantierten Port oder einem zentralvenösen Katheter muss man zuerst eine Infektion in Betracht ziehen. Dies sollte ausgeschlossen werden, bevor davor ausgegangen werden kann, dass eine Reaktion auf die medikamentöse Behandlung stattgefunden hat. Wenn eine Infektion bestätigt wurde, werden eventuell, ja nach Schwere der Bakterien um die es geht, IV-Antibiotika verabreicht, um die Infektion zu behandeln. In manchen Fällen ist es notwendig, das Gerät zu entfernen. Die beste Mittel gegen eine Infektion des Ports oder eines anderen zentralvenösen Katheters ist Vorbeugung. Infektionen zu vermeiden sollte eine Priorität von allen Personen mit einem Port oder einem zentralvenösen Katheter sein und gleichzeitig die oberste Priorität von allen Pflegenden, die mit diesen Zugängen umgehen. Da diese Zugänge eine direkte Verbindung zwischen der Außenwelt und einer großen Blutlaufbahn darstellen, ist sehr gutes Händewaschen und die Aufrechterhaltung einer sterilen Technik während der Handhabung eine Zugangs und allen Handgriffen, die dazugehören, unbedingt notwendig um Infektionen vorzubeugen. BRENNENDES THEMA: Obwohl manche Patienten Nebenwirkungen durch die Therapie haben, muss bei einem Patienten mit einem implantierten Port oder einem zentralvenösen Katheter zuerst eine Infektion in Betracht gezogen werden. Dies sollte ausgeschlossen werden, bevor davor ausgegangen werden kann, dass eine Reaktion auf die medikamentöse Behandlung stattgefunden hat. 6 Diese Broschüre wurde von AlphaNet als Teil des ADMAP-Programms (Alpha-1 Disease Management and Prevention) produziert. AlphaNet ist eine gemeinnützige Organisation, die durch einen Mitarbeiterstab aus medizinischen Fachkräften und speziell trainierten AlphaNet Patientendienst Koordinatoren Dienste im Bereich Krankheitsmanagement und Unterstützung für Menschen mit Alpha-1 anbietet.