Größte Ansteckungsgefahr in der Zahnarztpraxis: Der Kampf gegen die Hepatitis-Viren Einleitung Die größte Ansteckungsgefahr droht in den Zahnarztpraxen von an Hepatitis B und Hepatitis C erkrankten Patienten. Chronische, virusbedingte Entzündungen zählen zu den weltweit häufigsten Lebererkrankungen. In Deutschland dürften rund eine Million Menschen an einer Hepatitis leiden. Je zur Hälfte sind diese Leberentzündungen dem Hepatitis-B- und -C-Virus anzulasten. Die chronische Infektion schädigt die Leber zwar nicht in jedem Fall, jedoch bei rund einem Drittel der Betroffenen vernarbt das Organ nach und nach und versagt schließlich. Dann entgleist der Stoffwechsel, das Gehirn wird aufs schwerste geschädigt.Zudem erhöht sich das Risiko für ein Leberzellkarzinom. Ohne eine Behandlung würde sich in Deutschland die Zahl derer, die auf Grund ihrer Hepatitis Beschwerden bis hin zur Leberzirrhose entwickeln, bis zum Jahr 2020 versechsfachen. Schon heute ist die Hepatitis C die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation. Seit Einführung der Behandlung mit Interferon Alpha vor rund zehn Jahren sind bei der Behandlung von Hepatitis C immer weitere Fortschritte erzielt worden. Der Durchbruch gelang dank der - zufällig entdeckten - Kombinationstherapie mit dem Virushemmer Ribavirin. Handelt es sich um Infektionen mit dem Genotyp 3 des C-Virus, lässt sich bei fast allen Patienten die Erkrankung dauerhaft besiegen. Inzwischen wurden neue Interferone zugelassen, die die Behandlung vereinfachen und verbessern. Zahlreiche neue Substanzen dürfen bald am Menschen erprobt werden. Künftig wird es darauf ankommen, herauszufinden, wer wie lange behandelt werden soll. Claus Niederau, Chefarzt am St. Josef-Hospital in Oberhausen, erläuterte in Wiesbaden beim Internisten-Kongress, dass vor allem junge Patienten einer Behandlung bedürfen. Für sie ist das Risiko bedrohlicher Schäden am größten. Chancen und Nachteile Man muss die Chancen der Therapie jedoch immer gegen die Nachteile abwägen. Niederau, der ehrenamtlich auch dem Vorstand der größten deutschen Selbsthilfegruppe, der Deutschen Leberhilfe, angehört, machte deutlich, in welchem Ausmaß die Interferonbehandlung die Patienten fordert. Grippeähnliche Symptome mit Abgeschlagenheit, Fieber und Gelenkbeschwerden gehören zu den häufigsten Nebenwirkungen. Hinzu kommen mitunter schwerwiegende psychische Veränderungen. Große Hoffnungen setzt man in die Entwicklung einer Impfung gegen Hepatitis C. Die seit vielen Jahren in Asien eingeführten Hepatitis-B-Impfungen haben zu einem starken Rückgang der Infektionen und des Leberzellkarzinoms geführt. Wegen der hohen genetischen Variabilität des Erregers ist es jedoch viel schwieriger, einen effektiven Impfstoff für das C-Virus zu finden. Hubert Blum, der an der Freiburger Universitätsklinik eine der international erfolgreichen Leberforschungsgruppen koordiniert, zeigte in Wiesbaden auf, dass man inzwischen weniger auf die Impfung der Proteine als vielmehr auf virusähnliche DNS oder RNS setzt. Theorie und Praxis Zwischen den Fortschritten in der Forschung und dem Nutzen für die Patienten klafft indes ein Abgrund. In Deutschland werden weniger als 20 Prozent aller chronisch mit Hepatitisviren infizierten Patienten angemessen behandelt. Das mag zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass die Erkrankung nur uncharakteristische Beschwerden, etwa Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder Druckgefühl im Bauch, hervorruft. Bedeutsamer ist jedoch, dass viele Ärzte leicht erhöhte Leberwerte nicht ernst genug nehmen und deren Ursache nicht nachgehen. 1 Die Lücke, die zwischen theoretischem Wissen und Praxisalltag klafft, will das "Kompetenznetz Hepatitis" schließen helfen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Netzwerks wird es sein. Standards für die gnathologische Beurteilung einer Virushepatitis zu setzen. Ein anderer Schwerpunkt des Netzwerks ist die Epidemiologie. Die Verbreitungswege des Virus sind noch nicht in allen Einzelheiten erforscht, wenngleich Blut an der Übertragung ganz entscheidend beteiligt ist. Anders als bei Hepatitis B spielt der Sexualverkehr bei Hepatitis C keine so bedeutende Rolle. Besonders gefährdet sind Drogenabhängige und Gefängnisinsassen, auch Ärzte und andere im medizinischen Bereich Tätige. Vor allem Chirurgen und Zahnärzte sind einem besonders hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Schließlich besteht sogar beim Friseur ein Infektionsrisiko, etwa beim Ausrasieren der Nackenhaare. 2