Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 1 1etv1-1 1 Einführung 1.1 Grundsätzliches zur elektrischen Energie- und Informationsübertragung Der Lernende kann - die grundsätzlichen Aufgaben der elektrischen Energie- und Informationsübertragung nennen - die Begriffe Quelle, Übertragungskanal und Verbraucher definieren und Beispiele aus der Energie- und Informationsübertragung angeben - die Bergriffe Verluste und Speicherung im Übertragungskanal definieren sowie den Wirkungsgrad der Übertragung angeben In der modernen Elektrotechnik unterscheidet man heute die zwei wesentlichen Aufgabenbereiche: Die elektrische Energietechnik befasst sich mit der Verteilung der elektrischen Energie und deren Umformung in andere nichtelektrische Energieformen wie z. B. Wärme, Licht und mechanische Energie sowie der Umformung nichtelektrischer Energieformen wie mechanischer, thermischer u.a. Energien in elektrische Energie. Die Übertragung und Umformung der Energie muss dabei möglichst wirtschaftlich mit geringsten Energieverlusten erfolgen Die elektrische Nachrichten-/Informationstechnik nutzt die elektrische Energie zur Übertragung, Verteilung und Verarbeitung von Nachrichten und Informationen. In der elektrischen Nachrichten-/Informationstechnik besteht die Forderung, ein Signal fehlerfrei zu übertragen, es soll kein Informationsverlust entstehen. Die auftretenden elektrischen Energien sind dabei so gering, dass Energieverluste nur eine untergeordnete Rolle spielen. Lässt man alle Nebensächlichkeiten weg, so ergibt sich für beide Bereiche der Elektrotechnik die folgende Aufgabenstellung: Elektrischer Energie muss erzeugt, übertragen und gewandelt werden. Die zu transportierende Energie liegt stets in Form nichtelektrischer Energie (Wnel ) vor und ist am Ort der Verwendung auch nur als nichtelektrische Energie für den Menschen nutzbar. Wnel = Wmech; Wnel = Wwärme; Wnel = Wlicht Wnel = Wchem Mechanische Energie (Motor, Schallwandler) Wärmeenergie (Heizung, Kühlung) Lichtenergie (Beleuchtung, Monitor) Chemische Energie (Batterie, Elektrolyse) Die elektrische Energie (Wel) ist außerordentlich vorteilhaft für den ökonomischen Energietransport und die effektive Energiewandlung geeignet. Mit dem Gesagten erfordert die Energie- oder Informationsübertragung folgendes Grundschema: Es wird eine Wandler gebraucht, der die nichtelektrische Energie in elektrische umformt. Diesen Wandler bezeichnen wir als Quelle. Es wird ein Übertragungskanal für die Übertragung der elektrischen Energie benötigt. Es wird ein Wandler benötigt, der die elektrische Energie wieder in die Nutzenergie umformt, diesen Wandler bezeichnen wir als Verbraucher. In Abb. 1.1 ist das Grundschema der elektrischen Energie- und Nachrichtenübertragung schematisch dargestellt. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 2 1etv1-1 W el W nel W el Wandler (Quelle) W nel Abb. 1.1 W el W el Übertragungskanal W el W nel Wandler (Verbraucher) W el W nel Grundschema der elektrischen Energieübertragung In Tabelle 1.1 sind Beispiele für die drei Elemente der Energieübertragung zusammengestellt. Beispiele elektrische Energietechnik elektrische Nachrichtentechnik Wandler (Quelle) Generator Wmech→ Wel Batterie Wchem→ Wel Mikrophon Tastatur Kamera Fotodiode Thermoelement elektrischer Übertragungskanal Transformator Schalter Kabel Messgeräte Sendeanlagen Raum zwischen Sender und Empfänger Empfangsanlagen Messleitungen Wandler (Verbraucher) Motor Heizung Beleuchtung Schallwandler Monitor LED Galvanometer Tab. 1.1. Beispiele für Elemente der elektrischen Energie- und Nachrichtenübertragung Im Folgenden wollen wir das Grundschema weiter verfeinern. Bei der Energieübertragung entstehen Verluste. Verluste sind dabei ungewollte Wandlungen in Wnel, die im allgemeinen als Wärme dem gewollten Prozess verloren gehen. Verluste lassen sich durch einen Wandler elektrischer Energie in nichtelektrische Energie (Wärme) darstellen. Im elektrischen Übertragungskanal gibt es Speicher für elektrische Energie. Die Speicherung kann im elektrischen oder magnetischen Feld erfolgen. Unter einem Feld müssen wir uns an dieser Stelle einfach einen bestimmten energetischen Zustand eines Raumes vorstellen. Der Feldbegriff wird zu einem späteren Zeitpunkt definiert. Gespeicherte Energie geht dem Prozess nicht verloren. Speicher sollen durch einen Wandler elektrischer Energie in Speicherenergie dargestellt werden. In Abb.1.2 sind beide Wandler schematische dargestellt. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 3 1etv1-1 W el W nel W el Verluste Abb. 1.2 W sp Speicherung Schema für Wandlung in Verluste und Energiespeicherung im elektrischen oder magnetischen Feld Mit diesen beiden Ergänzungen ergibt sich das allgemeine Schema der Energieübertragung, das in Abb 1.3 dargestellt ist. Der Übertragungskanal weist an vielen Stellen Wandler (Verluste und Speicher) auf, die je nachdem, welche Übertragung beschrieben wird, in charakteristischer Weise räumlich verteilt sind. Verluste W nel2 W nel3 W nel4 Verbraucher W nel1 W nel5 Übertragungskanal Quelle W sp1 W sp2 Speicherung Abb. 1.3 Verfeinertes Schema der elektrischen Energieübertragung In räumlich abgeschlossenen System gilt der Energieerhaltungssatz: In einem räumlich abgeschlossenen System ist die Summe aller Energien konstant. Betrachten wir den Übertragungskanal als ein abgeschlossenes System in dem die gespeicherte Energie ( Wsp1 + Wsp2 ) konstant ist, so muss die dem Übertragungskanal zugeführte Energie gleich der abgeführten sein. Nach Abb. 1.3 ergibt sich dann die Energiebilanz: Wnel1 = Wnel2 + Wnel3 + Wnel4 + Wnel5 Führt man die Leistung P als die in der Zeit t umgesetzte Energie W ein W P= t so ergibt sich eine ähnliche Beziehung für die Leistungen (Leistungsbilanz) Pnel1 = Pnel2 + Pnel3 + Pnel4 + Pnel5 (1.03) Pnel1 = Pzu Pnel5 = Pab Pv = Pnel2 + Pnel3 + Pnel4 Quellenleistung Verbraucherleistung Verluste (1.01) (1.02) Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 4 1etv1-1 Pzu = Pv + Pab (1.04) Aus dem Verhältnis der abgeführten Verbraucherleistung Pab zur zugeführten Quellenleistung Pzu wir der Wirkungsgrad η definiert: P η = ab < 1 Wirkungsgrad (1.05) Pzu Hinsichtlich des Wirkungsgrades ergeben sich in der Energie- und in der Informationstechnik unterschiedliche Zielstellungen: Energietechnik: Nachrichtentechnik: Wirkungsgrad möglichst groß, Verluste möglichst klein Wirkungsgrad bedeutungslos, aber Information muss vollständig übertragen werden, dazu wird das Maximum der auf den Verbraucher übertragenen Leistung Pab angestrebt. Wie wir später sehen werden, wird das bei der sogenannten Anpassung erreicht, der Wirkungsgrad wird dann η = 50%. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 5 1etv1-1 1.2 Grundschaltelemente der Elektrotechnik Der Lernende kann Quellen, Verbraucher und Energiespeicher als Grundschaltelemente der Elektrotechnik benennen ideale Grundschaltelemente der Elektrotechnik hinsichtlich ihrer Eigenschaften definieren erkennen, dass komplexe Systeme durch Modellierung mit elektrischen Grundschaltelementen (Ersatzschaltungen) der Berechnung zugängig gemacht werden Eine wesentliche Aufgabe der Elektrotechnik ist es, das allgemeine Übertragungsschema so mathematisch zu modellieren, dass dessen Berechnung möglich wird. Dazu werden eine Reihe von Bauelementen der Elektrotechnik definiert, die dann zu einer Schaltung verbunden werden, durch die das Übertragungsschema beschrieben wird. Diese Schaltung bezeichnet man als Netzwerk, das das mathematische Modell des Übertragungsschemas ist. Geht man von Abb. 1.3 aus, so werden folgende Bauelemente benötigt: Quelle, Verbraucher, Speicher, Verbindungen Die Bauelemente werden als ideale Bauelemente entsprechen Tabelle 1.2 definiert. Die Bauelemente werden hier als Vorgriff auf die spätere Behandlung vorgestellt. Als ideale Bauelemente weisen sie immer nur eine spezielle Eigenschaft auf. Quellen haben nur Quellencharakter, Verbraucher nur Wandlungscharakter, Speicher nur Speichercharakter. Die Elemente werden durch Schaltzeichen symbolisiert. Sie brauchen sich an dieser Stelle nur mit den Begriffen und den Symbolen vertraut machen. Element Quelle ideales Bauelement Spannungsquelle Kennzeichen speicherfrei, verlustfrei Stromquelle Verbraucher Widerstand quellenfrei, speicherfrei Speicher magnetisches Feld: Spule quellenfrei, verlustfrei elektrisches Feld: Kondensator Verbindung Tab 1.2 Leitung quellenfrei, speicherfrei widerstandsfrei Ideale Bauelemente der Elektrotechnik Schaltzeichen Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 6 1etv1-1 Durch zweckmäßige Kombination dieser idealen Schaltelemente der Elektrotechnik ergeben sich mathematische Modelle (Netzwerke) realer Schaltelemente, Baugruppen, Geräte und Systeme in der gesamten Elektrotechnik/Elektronik. Abbildung 1.4 zeigt Beispiele für Ersatzschaltungen technischer Bauelemente und Geräte mit idealen Schaltelementen technische Spannungsquelle technische Stromquelle technischer Widerstand technische Spule technischer Kondensator Transformator Abb. 1.4 Ersatzschaltungen technischer Bauelemente und Geräte Die Berechnung dieser Schaltungen muss nun für alle möglichen Zeitfunktionen der Quellen (Gleichstrom-, Wechselstromquellen, Schaltvorgänge bei Gleich und Wechselstrom, Drehstromquellen, mehrfrequente Quellen) durchgeführt werden. Das Aneignen dieser Fähigkeit wird wesentlicher Inhalt unserer Lehrveranstaltung sein, wobei wir uns schrittweise diesem Ziel nähern wollen. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 7 1etv1-1 1.3 Umgang mit physikalischen Größen Der Lernende kann physikalische Größen mit Maßzahl und Maßeinheit definieren das internationale Maßeinheitensystem mit Vorsatzeinheiten anwenden physikalische Gleichungen als Größengleichungen, Einheitengleichungen, Zahlenwertgleichungen, zugeschnittene Größengleichungen und normierte Gleichungen darstellen und zielgerichtet verwenden 1.3.1 Maßeinheiten Bevor wir uns im Kapitel 2 mit den elektrotechnischen Grundgrößen befassen, wollen wir zunächst allgemein den Umgang mit physikalischen Größen betrachten. Physikalische Größen sind messbare Merkmale von Objekten. Ihr Betrag ist das Produkt von Maßzahl und Maßeinheit. Nach DIN 1313 (Physikalische Größen und Gleichungen, Begriffe, Schreibweisen) verwenden wir folgende Darstellung: G = {G} ⋅[G] G Symbol für die physikalische Größe {G} Maßzahl [G] Maßeinheit Beispiel 1.01: Masse eines Elektrons (1.06) me = 9.1095⋅10-31⋅ kg {me} = 9.1095⋅10-31 [me] = kg Maßsysteme haben sich historisch entwickelt. Zurzeit ist das Internationale Einheitensystem (Système International d’Unités - SI) verbindlich. Das Internationale Einheitensystem hat 7 Basiseinheiten, die Tabelle 1.3 aufgeführt sind Physik. Größe Länge Masse Zeit elektrische Stromstärke Temperatur Stoffmenge Lichtstärke Formelzeichen s m t I T n Iv Name Meter Kilogramm Sekunde Ampere Kelvin Mol Candela Abkürzung m kg s A K mol cd Tab. 1.3. Basiseinheiten des internationalen Einheitensystems (SI) In der Elektrotechnik werden wir nur die ersten fünf Basiseinheiten verwenden. Neben den 7 Basiseinheiten gibt es abgeleitete Maßeinheiten, die bis auf wenige Ausnahmen mit dem Zahlenfaktor 1 aus Basiseinheiten gebildet werden. Für die abgeleiteten Einheiten werden eigene Namen eingeführt, da die Darstellung in Basiseinheiten unhandlich ist. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 8 1etv1-1 Beispiele für abgeleitete Einheiten: kg ⋅ m = N (Newton) s2 kg ⋅ m2 = V (Volt) elektrische Spannung U [U] = A ⋅ s3 Im Abschnitt 1.3.3. a) Einheitengleichungen werden die abgeleiteten Einheiten ausführlicher behandelt. [F] = mechanische Kraft F Physikalische Größen variieren oft um viele Zehnerpotenzen. Um den Zahlenwert der Maßzahl im Bereich 0.1 ≤ {G} ≤ 1000 zu erhalten, werden Vorsätze zu den Maßeinheiten eingeführt. Name Kurzzeichen Exa E Peta P Tera T Giga G Mega M Kilo k Hekto h Deka da Faktor 1018 1015 1012 109 106 103 102 101 Name Kurzzeichen Dezi d Zenti c Milli m Mikro µ Nano n Piko p Femto f Atto a Faktor 10−1 10−2 10−3 10−6 10−9 10−12 10−15 10−18 Tab. 1.4. Vorsätze zu den Maßeinheiten Beispiel 1.02: 1.3.2. 0.00001A = 10 −5 A 0.00001A = 0.01⋅ 10 −3 A = 0.01mA 0.00001A = 10 ⋅ 10 −6 A = 10µA Schreibweise physikalischer Größen Physikalische Größen können gerichtete Größen (vektorielle physikalische Größen, Vektoren) oder ungerichtete Größen (skalare physikalische Größen, Skalare) sein, sie können in unterschiedlicher Art eine Zeitabhängigkeit aufweisen. Vektorielle physikalische Größen haben neben dem aus Maßzahl und Maßeinheit gebildeten Betrag noch eine Wirkrichtung im Raum (Kraft, Geschwindigkeit), skalare physikalische Größen haben einen Betrag und unter bestimmten Umständen ein Vorzeichen (Temperatur, Energie). Der unterschiedliche Charakter der physikalischen Größe wird in ihrer Schreibweise berücksichtigt. Grundlage bildet DIN 1313 (Physikalische Größen und Gleichungen, Begriffe, Schreibweisen). Mit großen Buchstaben werden zeitkonstante skalare Größen und Vektorbeträge gekennzeichnet: U F zeitkonstante elektrische Spannung, Gleichspannung Betrag des Kraftvektors Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 9 1etv1-1 mit kleinen Buchstaben werden zeitabhängige skalare physikalische Größen dargestellt: u i zeitabhängige elektrische Spannung zeitabhängiger elektrischer Strom Vektoren werden durch Überstreichen mit einem Pfeil gekennzeichnet G FG E Kraftvektor Feldstärkevektor Groß- und Kleinschreibung zur Kennzeichnung der Zeitabhängigkeit wird nicht immer möglich sein, da bestimmte physikalische Größen historisch an bestimmte Symbole G gebunden sind. Der Geschwindigkeitsvektor v kann auch einen zeitlich konstanten Betrag haben. Weiterführende Kennzeichnungen physikalischer Größen werden im weitern Vorlesungsverlauf nach Notwendigkeit eingeführt. 1.3.3. Physikalische Gleichungen Die Zusammenhänge zwischen physikalischen Größen werden durch physikalische Gleichungen beschrieben, wobei es zweckmäßig ist, für unterschiedliche Aufgabenstellungen unterschiedliche Gleichungsformen zu verwenden. a) Größengleichungen In der physikalischen Größengleichung bedeutet jedes Formelzeichen eine physikalische Größe G. Beim Übergang zur Zahlenrechnung werden für die physikalischen Größen nach Gl.(1.06) das Produkt aus Maßzahl {G} und Maßeinheit [G] eingesetzt. Größengleichungen sind unabhängig von den verwendeten Maßeinheiten der physikalischen Größen. Beispiel 1.03: U = R ⋅I {U}⋅[U] = {R}⋅[R] ⋅{I}⋅[I] I = 15mA R = 100Ω = 100 U = 15mA ⋅ 100 (1.07) V A V V = 15 ⋅ 10 −3 A ⋅ 100 = 1.5V A A b) Einheitengleichungen Einheitengleichungen sind physikalische Größengleichungen mit der Maßzahl {G} = 1. Sie werden benutzt, um Zusammenhänge zwischen den Einheiten zu bestimmen, abgeleitete Einheiten zu definieren, Vorsätze zu den Maßeinheiten einzuführen und zur Kontrolle in physikalischen Größengleichungen. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 10 1etv1-1 Definition von Vorsätzen zu den Maßeinheiten: U = I⋅R {U} [U] = {}I [I] ⋅ {R} [R] {U} = {}I = {R} = 1 [U] = [I] ⋅ [R] (1.08) (1.09) V [R] = Ω = A Beispiel 1.04: [I] = mA = 10-3A [U] = Ω⋅10-3⋅A = 10-3V = mV Für die Definition abgeleiteter Maßeinheiten werden Bestimmungsgleichungen zwischen den physikalischen Größen benutzt. Beispiel 1.05: Definition der abgeleiteten Maßeinheit der Kraft: v s s F=ma a= v= F = m⋅ 2 t t t {F} = {m} = {s} = {t} = 1 [F] = [m] ⋅ [ s] 2 [t] = kg ⋅ m = N (Newton) s2 (1.10) Beispiel 1.06: Definition der abgeleiteten Spannungsmaßeinheit Volt: s W F ⋅ s m ⋅ s2 W = U⋅I⋅ t W = F⋅s F = m⋅ 2 U= = = t I⋅ t I⋅ t I ⋅ t3 {s} = {m} = {}I = {t} = 1 [m ] ⋅ [ s ] [U] = 3 [I] ⋅ [ t ] 2 = kg ⋅ m2 =V A ⋅ s3 (1.11) c) Zahlenwertgleichung Zahlenwertgleichungen sind physikalische Gleichungen ohne Maßeinheiten. Sie werden bei der rechentechnischen Lösung von Gleichungen und Gleichungssystemen und bei physikalischen Funktionen benutzt. Bei der Anwendung von Zahlenwertgleichungen wird vereinbart, in welcher Maßeinheit die Größen verwendet werden sollen. Damit wird die Zahlenwertgleichung nur für die vereinbarten Maßeinheiten anwendbar. Beispiel 1.07: U = I⋅R {U} ⋅ U = {R} ⋅ [R] ⋅ {}I ⋅ [I] [U] = V (U in V) [I] = mA (I in mA) {U} ⋅ V = {R} ⋅ Ω ⋅ {}I ⋅ mA [R] = Ω (R in Ω) Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 11 1etv1-1 {U} = {R} ⋅ {}I ⋅ mA ⋅ Ω V Koeffizientenvergleich {U} = {R} ⋅ {}I ⋅ 10−3 {U} = {R} ⋅ {}I ⋅ k mA ⋅ Ω 10−3 A V k= = ⋅ = 10−3 V V A (1.12) d) Zugeschnittene Größengleichung Wird die physikalische Größengleichung mit einer gewünschten Maßeinheit erweitert, erscheinen alle Umrechnungsbeziehungen in einem dimensionslosen Zahlenwert. Die zugeschnittenen Größengleichung wird damit im Gegensatz zur Zahlenwertgleichung unabhängig von den verwendeten Maßeinheiten. Beispiel 1.07: U = I⋅R gewünschte Maßeinheit: [U’] = V [U'] = I ⋅ [I'] ⋅ R ⋅ [R '] [U'] [I'] [R '] U I R [I'] ⋅ [R '] = ⋅ ⋅ [U'] [I'] [R '] [U'] U⋅ [I’] = mA [R’] = Ω (1.13) U I R = ⋅ ⋅m [U'] [I'] [R '] Koeffizientenvergleich: [I'] ⋅ [R '] = mA ⋅ Ω = 10−3 m= V [U'] U I R == ⋅ ⋅ 10−3 V mA Ω (1.14) Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 12 1etv1-1 e) Normierte Gleichung Wie bei den Zahlenwertgleichungen werden bei den normierten Gleichungen nur dimensionslose Größen verwendet. Der Übergang zu dimensionslosen Größen wird durch Division der jeweiligen physikalischen Größe durch eine ausgewählte physikalische Größe (Bezugsgröße) realisiert. Normierte Gleichungen werden verwendet, um das allgemeine Verhalten von Schaltungen unabhängig von der konkreter Dimensionierung zu beschreiben, Gleichungen oder Gleichungssysteme rechentechnisch zu behandeln und physikalische Funktionen darzustellen. Beispiel 1.08 U = I⋅R Ausgewählte Größen U0 = 220V; I 0 = 2.2A und R = 100Ω U I R = ⋅ U0 I0 R 0 U = u*; U0 I = i*; I0 R = r* R0 u* = i* ⋅r* für U = 100V und R = 1000Ω i∗ = u∗ 0.455 = = 0.0455 r∗ 10 (1.15) U = 0.455 u∗ = U0 R = 10 r∗ = R0 I = i∗ ⋅ I0 = 0.0455 ⋅ 2.2A = 1A 1.3.4 Physikalische Funktion Ist eine physikalische Größe G funktionell von einer zweiten physikalischen Größe H abhängig, liegt eine physikalische Funktion vor. G = f(H) (1.16) In der physikalischen Funktion müssen die physikalischen Größen mit Maßzahl und Maßeinheit verwendet werden. Alle Konstanten in der Funktion werden dimensionsbehaftete Größen. Bei der Verwendung einer Zahlenwertfunktion müssen die anzuwendenden Maßeinheiten vereinbart werden. Die konstanten sind dann dimensionslos. Physikalische Funktionen lassen sich im Diagramm grafisch darstellen. Die Koordinatenachsen werden in den physikalischen Größen mit Maßzahl und Maßeinheit benannt. Beispiel 1.09 Gegeben ist ein linearer, zeitlicher Stromverlauf iI = m ⋅ t + n (1.17) m und n können aus zwei Wertepaaren der Funktion bestimmt werden: t1 = 1s i1 = 1A 1A = m ⋅ 1s + n t 2 = 2s i2 = 4 A 4A = m ⋅ 2s + n m = 3A / s n = −2A Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 13 1etv1-1 Physikalische Größen-Funktion: 3A i= ⋅ t − 2A s (1.18) [i ] = A [ t ] = s Zahlenwertfunktion mit: A [m ] = s {m} = 3 [n ] = A {n} = −2 {}i ⋅ [i] = {m} ⋅ [m] ⋅ {t} ⋅ [ t ] + {n} ⋅ [n] [m ] ⋅ [ t ] + n ⋅ [ n ] ( A / s) ⋅ s + n ⋅ A {}i = {m} ⋅ {t} ⋅ {} {}i = {m} ⋅ {t} ⋅ {} A A [i ] [i] {}i = {m} ⋅ {t} + {n} {}i = 3 ⋅ {t} − 2 In Abb. 1.5 ist die Größenfunktion im Diagramm dargestellt. i A 4 3 2 1 0 1 −1 2 t s −2 Abb. 1.5 Grafische Darstellung der physikalischen Funktion (1.19)