298_374_BIOsp_0310.qxd 21.04.2010 14:22 Uhr Seite 363 363 Ralf Heermann Jahrgang 1972.1992–1997 Biologiestudium; 2001 Promotion an der Universität Osnabrück, anschließend Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Osnabrück und der TU Darmstadt. 2004–2010 Hochschulassistent an der LMU München. 2010 Habilitation für das Fach Mikrobiologie. Seit 2010 Akademischer Rat an der LMU München. ó Es passiert im Dunklen der Erde, im Wattenmeer oder in unseren Vorgärten: Winzige Nematoden namens Heterorhabditis bacteriophora sind auf der Suche nach Opfern. In ihrem Vorderdarm tragen sie eine todbringende Waffe – Bakterien der Art Photorhabdus luminescens, nah verwandt mit Yersinia pestis, dem Erreger des qualvollen „Schwarzen Todes“. Doch die todbringende Waffe der Fadenwürmer gilt nicht uns Menschen, sondern beschert nichts ahnenden Insektenlarven den „Leuchtenden Tod“. Die Nematoden dringen in die Larven ein und injizieren bei Erreichen des Hämocoels P. luminescens in die Hämolymphe. Die Bakterien vermehren sich in diesem Milieu und bilden dabei eine Vielzahl verschiedener Toxine, welche die Larve umgehend töten. In dieser Phase produziert P. luminescens aus bisher ungeklärtem Grund Luciferase, wodurch der Kadaver des Opfers zu leuchten beginnt – der „Leuchtende Tod“ hat zugeschlagen. Der Kadaver dient den Bakterien und auch den Nematoden als reiche Nährstoffquelle. Zusätzlich unterstützt P. luminescens die aktive Fortpflanzung seiner Habilitierte stellen sich vor Der „Leuchtende Tod“ und die Regulation von Gut und Böse RALF HEERMANN BIOZENTRUM DER LMU MÜNCHEN, BEREICH MIKROBIOLOGIE Symbiosepartner. Wenn die Nährstoffquellen im Kadaver aufgebraucht sind, reassoziieren Nematoden und Bakterien, und das todbringende Gespann macht sich auf die Suche nach einem neuen Opfer. Im Lebenszyklus von P. luminescens gibt es zwei Adaptationsschaltstellen, an denen die Bakterien ihre Umgebung genauestens wahrnehmen und sich anpassen: beim jeweiligen Wechsel vom einen in den anderen Wirt (Abb. 1). Dabei müssen sie zwischen Gut und Böse, also zwischen der Produktion symbiotischer und pathogener Faktoren, entscheiden. Die Aufklärung molekularer Prinzipien der Regulation dieses Wechselspiels ist eine zentrale Fragestellung meiner Forschungsarbeiten. So konnten wir Gene in P. luminescens identifizieren, deren Expression durch chemische Moleküle des Insektenwirts induziert wird [1]. Neben Genen, die für Toxine, DNA-modifizierende Enzyme oder Regulatorproteine codieren, fanden wir eine hohe Anzahl an metabolischen Genen, was auf eine massive Umstellung des bakteriellen Metabolismus nach der Infektion hindeutet. Wir konnten zeigen, dass das Zweikomponentensystem KdpD/KdpE, das die Kaliumhomöostase reguliert [2], für die Infektion des Insekts wichtig ist. Das System ist unter Bakterien weit verbreitet, weshalb Kalium bei der Besiedlung von Eukaryoten durch Bakterien eine zentrale Rolle zu spielen scheint. Des Weiteren besitzt P. luminescens eine enorm hohe Anzahl an neuartigen PAS4-LuxR-Rezeptoren, die ausschließlich in pathogenen oder symbiotischen Bakterien vorkommen. Die prognostizierte Struktur dieser PAS4-Domänen ist den Juvenilhormon-bindenden PAS3-Domänen in Regulatorproteinen der Fruchtfliege Drosophila melanogaster ähnlich. Deshalb wird postuliert, dass PAS4-LuxR-Rezeptoren ebenfalls eukaryotische Signalmoleküle wie Hormone wahrnehmen [3]. Die Identifizierung dieser Signalmoleküle sowie die Aufklärung der nachgeschalteten Regulationskaskaden sind Ziele meiner gegenwärtigen Forschung. Langfristig sollen somit generelle Prinzipien der Regulation von Symbiose und Pathogenität bei Bakterien entschlüsselt werden. Danksagung Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Kirsten Jung für ihre stetige Unterstützung sowie allen ehemaligen und gegenwärtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die engagierte Zusammenarbeit. ó Literatur [1] Münch A, Stingl L, Jung K et al. (2008) Photorhabdus luminescens genes induced upon insect infection. BMC Genomics 9:229 [2] Heermann R, Jung K (2010) The complexity of the “simple” two-component system KdpD/KdpE in Escherichia coli. FEMS Microbiol Lett, 304:97–106 [3] Heermann R, Fuchs TM (2008) Comparative analysis of the Photorhabdus luminescens and Yersinia enterocolitica genomes: uncovering candidate genes involved in insect pathogenicity. BMC Genomics 9:40 ˚ Abb. 1: Infektions- und Symbiosezyklus mit Adaptationsschaltstellen von Photorhabdus luminescens. Die beiden Adaptationsschaltstellen im Zyklus markieren den jeweiligen Wirtswechsel. An diesen Schaltstellen regulieren bakterielle Signaltransduktionssysteme das Wechselspiel zwischen Symbiose und Pathogenität. BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang Korrespondenzadresse: PD Dr. Ralf Heermann Ludwig-Maximilians-Universität München Biozentrum, Bereich Mikrobiologie Großhaderner Straße 2–4 D-82152 Martinsried Tel.: 089-2180-74506 Fax: 089-2180-74520 [email protected]