09d Knaben Pubertät

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09d – Sexualkunde
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Gefühle in der Pubertät (Von Knaben zum Mann)
In der Pubertät treten Veränderungen auf, die mit der körperlichen und sexuellen
Reifung verbunden sind. Die Pubertät ist die Zeit im Leben, in der du zum Mann
wirst. Sie beginnt zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr und dauert ein paar Jahre.
Bei einem grossen Teil der jungen Männer ist sie mit 17 bis 19 Jahren
abgeschlossen. Wenn nach dem 16. Geburtstag keine sichtbaren Pubertätszeichen
aufgetreten sind, sollte eine Untersuchung gemacht werden.
Der Beginn und Verlauf der Pubertät ist zum grossen Teil genetisch – also erblich –
bedingt. Es spielen wahrscheinlich aber auch andere Faktoren wie etwa Ernährung
und körperliche Gesundheit eine Rolle.
Der Pubertätsbeginn wird im Gehirn ausgelöst: Dort werden Hormone freigesetzt,
die die Hoden veranlassen, zu wachsen. Das Hodenwachstum ist also das erste
sichtbare Zeichen der Pubertät. Gleichzeitig verändert sich auch der Hodensack
(Skrotum). Er bekommt mehr Falten und wird erst rötlich, manchmal später auch
stärker pigmentiert, also dunkler. Dies ist durchschnittlich mit 11 Jahren der Fall,
kann aber auch etwas früher oder später auftreten.
Die vergrösserten Hoden geben jetzt sehr viel Testosteron (männliches Hormon) ab,
welches für die weitere körperliche Entwicklung sehr wichtig ist:
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Die Haare in der Geschlechtsregion beginnen zu wachsen.
Das Wachstum des Penis beginnt.
Die Achsel- und Gesichtshaare wachsen.
Der Körper wird länger. Nach und nach verändern sich die Proportionen, die
Schultern werden breiter und die Muskelmasse nimmt zu.
Erste Ejakulation (Samenerguss) tritt auf, du erreichst die Geschlechtsreife.
Es kommt wegen der hohen Testosteronproduktion zu häufigen
unwillkürlichen Erektionen.
Wegen der hormonellen Umstellung kann es auch vorübergehend zu einer
Anschwellung der Brustdrüsen kommen, die auch leicht schmerzen kann.
Die Schwellung bildet sich später wieder zurück.
Der Kehlkopf wächst, die Stimmbänder werden länger und deshalb wird die
Stimme tiefer. Man nennt das den Stimmbruch.
Die Schweissdrüsen nehmen ihre Funktion auf, so dass sich der
Körpergeruch verändert. Auch der Duft in der Geschlechtsregion verändert
sich.
Die Talgdrüsen der Haut können bedingt durch das Testosteron mehr Talg
absondern, und die Ausgänge der Talgdrüsen verstopfen. Das nennt man
Akne – auch die ist vorübergehend.
Viele Veränderungen laufen gleichzeitig ab. Es ist bei jedem Jungen anders, wann
die Pubertät genau beginnt, wie schnell die einzelnen Veränderungen auftreten, wie
die genaue Reihenfolge ist und wann die Pubertät abgeschlossen ist. Man kann das
im Voraus nicht sagen. Das Längenwachstum, das Wachstum der Gesichtshaare
und Körperhaare und der Stimmbruch dauern meistens noch an, wenn das
Wachstum von Hoden und Penis schon abgeschlossen ist.
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Erektionen und Ejakulationen in der Pubertät
Durch das viele Testosteron wachsen in der Pubertät deine Hoden und Nebenhoden.
Ausserdem wachsen deine Bläschendrüsen (Samenblasen) und deine Prostata, und
sie fangen an zu arbeiten: Sie produzieren Sekrete (Flüssigkeit), die die
Beweglichkeit und das Überleben der Spermien (Samenfäden) nach der Ejakulation
möglich machen. Diese Sekrete machen den grössten Teil des Ejakulats (Sperma)
aus.
Die erste Ejakulation tritt etwa im 13. Lebensjahr auf – es kann aber auch früher oder
später sein. Mit deiner ersten Ejakulation bist du geschlechtsreif, kannst also ein
Mädchen schwängern. Es kann zur ersten Ejakulation kommen, wenn du dich sexuell
erregst – zum Beispiel durch Berührungen oder durch Phantasien. Die erste
Ejakulation kann aber auch nachts im Schlaf passieren: Alle Menschen haben im
Schlaf Phasen der sexuellen Erregung. Bei jungen Männern ist es normal, dass es
dabei bis zu einer Ejakulation kommt.
Wegen des vielen Testosterons bekommst du in der Pubertät häufig Erektionen –
das kann mehrmals am Tag sein, und auch in der Nacht. Dass eine Erektion
entsteht, kannst du als junger, sexuell gesunder Mann nicht verhindern, weil du den
sexuellen Erregungsreflex, mit dem die Erektion beginnt, nicht mit deinem Willen
steuern kannst. Dieser Erregungsreflex kann durch alle möglichen Gefühle,
Gedanken, Berührungen ausgelöst werden – oder auch einfach so, ohne Grund.
Der beste Weg, mit diesen Erektionen umzugehen, ist, dich mit ihnen anzufreunden.
Eigentlich kannst du stolz auf sie sein, weil sie Ausdruck deiner gut funktionierenden
Männlichkeit sind. Sie zeigen dir, dass du ein Mann bist. Wenn du dich dafür schämst
oder darüber aufregst, kommst du in eine Spannung hinein, die auch körperlich ist.
Das heisst, die Muskeln in deinem Körper spannen sich mehr an. Und diese
Spannung kann die Erektion stärker machen. Wenn du aber entspannt bist und dich
nicht darüber aufregst, geht die Erektion geht nach einigen Minuten von selbst
wieder weg – ausser natürlich, du steigerst deine sexuelle Erregung gezielt mit
Phantasien und anderen Erregungsquellen.
Probier mal folgendes: Wenn du eine Erektion hast, langsam ganz tief ein- und vor
allem ausatmen und die Muskeln im Körper, vor allem im Po und Bauch, entspannen.
Wenn du das übst, lernst du besser, deine Erektionen so zu steuern, dass sie
bleiben, wenn du Sex machen willst und wieder weg gehen, wenn du keinen Sex
willst.
Mal Superman, mal kleiner Wurm
In der Pubertät gehört es dazu, dass du dich gern als möglichst gut, selbstsicher,
fähig, stark darstellst. Das hat damit zu tun, dass du dich mit erwachsenen Männern
misst. Du stellst dir gern vor, was du alles können, machen und haben wirst, wenn du
erwachsen ist. Da kommen vielleicht Gedanken auf wie «Ich bin der obercoole
Macker» oder «Nichts berührt mich.»
Und genauso gehört es zur Pubertät, dass Gedanken aufkommen wie «Ich schaff
das sowieso nie» oder «Die Lehre ist blöd, ich steig aus, es bringt eh nichts». Diese
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Gefühle sind normal. Denn wenn du einerseits an all das denkst, was du als
Erwachsener alles können, machen und haben wirst (oder musst), dann fällt dir
natürlich all das auf, was du noch nicht kannst, machst und hast.
Wenn du dich als allmächtiger Superman darstellst, überspielst du deine
schwächere, weichere Seite. Wenn du dich als hilflos und ohnmächtig darstellst,
überspielst du deine machtvolle Seite. Männer haben aber immer beide Seiten.
Irgendwann im Verlauf der Pubertät findet das Schwanken zwischen Superman und
kleinem Wurm eine Mitte.
Stimmung auf Achterbahnfahrt
In der Pubertät ist die Stimmung oft auf einer Achterbahnfahrt. Das Hormongewitter,
dem du jetzt ausgesetzt bist, ist daran nicht ganz unschuldig. Noch wichtiger ist aber,
dass es einfach schwierig ist, sich in den neuen Situationen und Anforderungen
zurechtzufinden, die das Erwachsenwerden mit sich bringt. Das schlägt auf die
Stimmung. Es kann sein, dass dich alles anscheisst. Der Grund dazu kann sein, dass
du nicht weisst, was du willst und wohin du gehörst. Und vielleicht fühlst du dich auch
überfordert von all den Regeln, Aufgaben, Verpflichtungen und Verantwortungen, die
das Erwachsensein mit sich bringt. Es kann sein, dass du der Kindheit nachtrauerst,
also der Zeit, wo du einfach in den Tag hinein leben konntest.
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Wenn dich alles anscheisst: Frag dich, ob das wirklich so ist. Vielleicht
scheisst dich deine Musik nicht an. Und vielleicht machst du gern
Selbstbefriedigung. Und es gibt sicher noch mehr, dass dich nicht anscheisst.
Es hilft dir, wenn du nicht einfach sagst, «alles» scheisst dich an, sondern
wenn du dir überlegst, was genau dich anscheisst – und was nicht. Dann sieht
deine Situation schon etwas anders aus.
Krach mit den Eltern
Krach mit den Eltern hast du, weil du selbst immer mehr Ansprüche daran stellst,
eigenständig zu sein und zu sagen, wo es durchgeht. Dem gegenüber stehen die
Vorstellungen deiner Eltern, die manchmal mit deiner Meinung ziemlich
auseinanderklaffen. An den Reibungsstellen gibt es Konflikte und manchmal
handfesten Krach. Diese Reibungen und Konflikte sind wichtig, denn du spürst daran
besser, was du wirklich willst und was dir wichtig ist.
Manche Familien gehen mit den Konflikten besser um als andere. Wenn jede
Meinungsverschiedenheit gleich mit Hausarrest «belohnt» wird, ist das keine
hilfreiche Form der Auseinandersetzung. Wenn sich hingegen alle zusammen setzen
und sagen «OK, jetzt sagst du mal, was du willst und ich sag was ich will und dann
schauen wir weiter», dann ist das eine hilfreichere Form. Was sicher auch nicht hilft,
ist, wenn deine Eltern Konflikte um jeden Preis vermeiden und dir einfach sagen «Du
kannst machen was du willst, du bist ja jetzt alt genug», denn dann fühlst du dich
vielleicht zu sehr allein gelassen.
Ich bin einsam
Vielleicht fühlst du dich ganz allein mit dem, was dich zutiefst beschäftigt. Vielleicht
denkst du «Ich bin allein auf der Welt mit meinen Problemen, und niemand versteht
mich» und fühlst dich sehr einsam. Diese Einsamkeitsgefühle können daher
kommen, dass du dich nicht traust, dich anderen mitzuteilen.
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Tipps gegen die Einsamkeit:
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Bücher lesen, in denen es um Gleichaltrige geht. Wenn du liest, was andere
so durchmachen, merkst du, dass du nicht allein bist. Ausserdem hilft dir das
Lesen, Wörter für deine Gefühle zu finden.
Tagebuch schreiben. Wenn du dich traust, deine Gedanken aufs Papier zu
bringen, stellst du sie schon mal aus dir raus.
Jemand mal einen Brief schreiben.
In Internetplattformen deine Fragen stellen.
Im Internet mit anderen chatten. Dadurch merkst du, dass andere ähnliches
wie du erleben. Damit kannst du dafür trainieren, mit Menschen von Angesicht
zu Angesicht zu reden.
Macht es einen Sinn, wenn ich meinen Penis mit anderen
vergleiche?
Schon bevor du als Kleinkind die ersten Blicke auf deinen Penis geworfen hast, hast
du ihn mit deinen Händen entdeckt und gespürt, dass sich das gut anfühlt. Während
der ganzen Kindheit ist dein Penis eine Quelle von angenehmen körperlichen
Empfindungen und guten Gefühlen. In der Pubertät wird er dann ganz wichtig für
deinen Selbstwert und deine Selbstsicherheit als Mann. Dadurch, dass du deine
Penisgrösse, dein Aussehen und deine Fähigkeiten regelmässig mit denen anderer
Jungen und Männer vergleichst, entwickelt sich dein Selbstbild als Mann.
Je nachdem mit wem du dich vergleichst, spürst du dich als eher sicherer oder eher
unsicherer Mann: Wenn du deinen Penis mit dem eines Pornostars vergleichst,
erscheint dir deiner wahrscheinlich klein, weil Pornostars besonders lange Penisse
haben müssen. Das ist, wie wenn du deine sportlichen Leistungen mit
Olympiasportlern vergleichst. Dann fühlst du dich als Mann wahrscheinlich nicht so
sicher. Für deinen Selbstwert und dein Selbstsicherheit ist es besser, wenn du
deinen Penis mit denen von gleichaltrigen Jungen vergleichst.
Wenn du deinen Penis mit dem anderer Jungen vergleichst, z.B. beim Duschen,
musst du allerdings auf eins achten: Wenn du auf deinen Penis schaust, erscheint er
dir wegen dem Blickwinkel (du blickst hinunter) kleiner.
Ein Junge, der zu dir herüberblickt und deinen Penis sieht, hat einen anderen
Blickwinkel, und in dem erscheint dein Penis grösser. Das Herunterblicken macht
den eigenen Penis also immer etwas kleiner. Darum müsstest du eigentlich alle
Penisse mit einem Metermass messen, um sie mit deinem Penis zu vergleichen. Nur
so hast du wirklich einen Vergleich.
Und dabei solltest du nicht vergessen, dass es eigentlich nur Sinn macht, erigierte
(steife) Penisse zu vergleichen, weil Penisse bei einer Erektion ganz unterschiedlich
wachsen können.
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Bis wann wächst der Penis und wie gross sollte er sein?
Die Penisgrösse ist genetisch bedingt, das heisst, in der Erbsubstanz bereits
festgelegt. Du kannst sie nicht beeinflussen. In der Kindheit wächst der Penis nur
wenig mit. Das eigentliche Wachstum des Penis beginnt in der Pubertät. Das liegt
daran, dass jetzt mehr vom männlichen Hormon Testosteron ausgeschüttet wird.
Die Endgrösse des Penis ist für jeden Jungen vorbestimmt. Man kann sie nicht
beeinflussen – auch nicht, wenn man mehr Testosteron gibt. Sobald der Penis
ausgewachsen ist, behält er seine Länge, auch wenn die Testosteronmenge im Blut
mit den Jahren wieder abnimmt. Man kann nicht sagen, wie gross dein Penis mit 13,
15 oder 17 Jahren sein sollte, da das davon abhängt, in welchem Stadium der
Pubertät du gerade steckst – das ist bei jedem Jungen anders. Es lässt sich in der
Pubertät auch nicht vorhersagen, wie gross dein Penis mal werden wird.
Das Peniswachstum ist mit etwa 18 bis 19 Jahren abgeschlossen. Untersuchungen
haben gezeigt, dass der ausgewachsene Penis im erigierten (steifen) Zustand in der
Regel eine Länge von 10 bis 19 cm hat. Er kann aber auch kürzer oder länger sein.
Die Durchschnittslänge betrug in einer Studie der Uniklinik Essen 14,48 cm. Der
Durchmesser liegt zwischen 3 und 5 cm an der Basis (Durchschnitt 3,95 cm) und der
Umfang bei 12,4 cm.
Du misst die Penislänge vom Bauch zur Spitze der Eichel an der Oberseite des
Penis. Es macht keinen Sinn, wenn du den Penis im schlaffen Zustand misst, da die
Werte dann nicht genau sind, weil sie z.B. von der Umgebungstemperatur abhängen.
Macht mich ein grösserer Penis zum besseren Liebhaber?
Es ist ein Märchen, dass die Penisgrösse bestimmt, ob du guten Sex hast oder eine
Frau/ein Mädchen «befriedigen» kannst. Zum guten Liebhaber macht dich, wenn du
deine Männlichkeit und deine Fähigkeiten als Liebhaber gut entwickelt hast. Dazu
gehört, dass du deinen Penis gut wahrnimmst und geschickt mit deinem Körper
lenken kannst. Als guter Liebhaber kennst du dich auch in der Scheide deiner
Partnerin aus und hast sie auch schon mit den Fingern erforscht und mit der Zunge
geschmeckt. Und zum guten Liebhaber macht dich natürlich auch, wenn du beim Sex
darauf achtest, was die Frau/das Mädchen beim Sex begehrt, wahrnimmt und fühlt.
Hier sind ein paar Tipps für verschiedene Penisgrössen:
Wenn dein Penis eher kurz ist, wird es dich wahrscheinlich freuen, zu lesen, dass die
Scheide in den äussersten 5 Zentimetern weitaus am meisten spürt und am
erregbarsten ist. Da kommen also auch wirklich kurze Penisse problemlos hin.
Wenn du einen eher schmalen Penis hast, übt dieser weniger Druck auf die seitliche
Scheidenwand aus. Dann ist es eine besonders gute Idee, wenn du lernst, beim
Geschlechtsverkehr zwischendurch auch kreisförmigen Beckenbewegungen zu
machen und die Scheidenwand so zu massieren. Du kannst auch in schrägen
Winkeln mit dem Penis in die Scheide eindringen und so mehr Druck auf die
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Scheidenwand ausüben. Probier auch mal, ob es euch gefällt, wenn du auch mal
zusätzlich zum Penis einen Finger in die Scheide stickst.
Ein grosser, langer Penis kann einer Frau/einem Mädchen beim Geschlechtsverkehr
Schmerzen bereiten: Die Scheide ist, wenn sie nicht sexuell erregt ist, nur 12 cm lang
oder kürzer. Erst wenn sie erregt ist, wird sie grösser, weiter und feuchter – so dass
der Penis gut in ihr Platz hat und gut rutscht. Aber selbst dann gibt es Orte innerhalb
der Scheide, die wehtun können, wenn ein ungeschickter Penis daran stösst – etwa
der Muttermund. Wenn du einen grossen Penis hast, ist es darum besonders wichtig:
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dass die Scheide im Vorspiel genügend erregt wird
dass du geschickt mit deinem Penis umgehst
dass du mit dem Penis gut wahrnimmst, was in der Scheide passiert
dass du und deine Partnerin euch beim Sex miteinander – in einem
gemeinsamen Rhythmus – bewegt.
Was den Penis wirklich gross macht
Nachdem du etwa 19 bist, wachsen dein Körper und dein Penis nicht weiter, du
kannst an der Länge nichts verändern. Was du aber verändern kannst, ist das Gefühl
für deinen Körper und deinen Penis. Du kannst all die Empfindungen kennen lernen,
die mit deinem Penis möglich sind; du kannst lernen, zu was er fähig ist; du kannst
lernen, seine Kraft und Grösse wahrzunehmen. Der Penis kann nämlich viel kräftiger
und grösser sein als er lang ist. Zunächst einmal ist der Penis sowieso viel länger als
er aussieht: Er ist nicht aussen an den Körper angewachsen, sondern tief im Körper
verankert. Fast die Hälfte des Penis verläuft innerhalb des Körpers. Mit deiner Hand
kannst du die Unterseite des Penis weiterverfolgen bis hinter den Hodensack. Statt
deinen Penis nur von aussen anzusehen, ist es daher eine gute Idee, wenn du dir
immer wieder klar machst, dass da noch viel mehr ist als das, was du siehst.
Da so viel vom Penis innerhalb des Körpers ist, lässt er sich auch nicht nur von
aussen sexuell erregen, sondern von innen, also durch das Spiel mit der
Beckenbodenmuskulatur. Darum bringt es viel, wenn du lernst, deine
Beckenbodenmuskeln zu spüren und gezielt einzusetzen. So erfasst die sexuelle
Erregung einen grösseren Raum, und du spürst dann auch deinen Penis als grösser
und länger. Wenn du lernst, deine sexuelle Erregung gut zu steuern und zu
geniessen, kann das so weit gehen, dass du den ganzen Körper als erweiterten
Penis wahrnimmst. Dann spürst du deine sexuelle Erregung und deine Lust im
ganzen Körper, und du spürst auch im ganzen Körper die Lust darauf, eine andere
Person aussen und innen zu entdecken. Nicht nur mit dem Penis, sondern mit den
Händen, der Zunge und sogar mit deinen Blicken berührst du den anderen Körper
und dringst in seine Höhlen ein (Mund, Ohren, Achselhöhlen, Bauchnabel, After,
Scheide, Kniekehle, Nacken, Ellenbogenbeuge usw.), um sie auszufüllen.
Das hat sehr viel mit deinem Gefühl zu tun, mit deinen Vorstellungen und Fantasien.
So kannst du deinen Penis und deinen ganzen Körper mit Männlichkeit ausfüllen und
beleben, und das ist viel mehr und grösser und stärker als die reine Penislänge.
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Welche Gefühle hat und zeigt ein Mann?
Wie kann ich mit meinen Gefühlen umgehen?
Gefühle gehören zu dir. Sie sind eine spontane Reaktion auf Dinge, die in deinem
Leben passieren. Du hast sie einfach – da kannst du nichts dagegen machen. Du
kannst also nicht bestimmen, ob du Liebe, Angst, Wut, Freude, Trauer, Scham,
Unsicherheit und Selbstzweifel empfindest, und du kannst sie auch nicht einfach
«wegmachen». Hingegen kannst du wählen, wie du mit den Gefühlen umgehst und
wie du sie ausdrückst.
Was bringt es mir, wenn ich Gefühle zulasse und zeige?
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Wenn du Gefühle wahrnimmst und sie ernst nimmst, verhinderst du, dass sie
sich in dir anstauen und irgendwann heftig und zerstörerisch rauskommen.
Du gewinnst in deiner persönlichen Entwicklung dazu, weil du in besserem
Kontakt mit dir als Mann und Mensch stehst.
Deine emotionale Intelligenz steigt. Emotionale Intelligenz ist deine Fähigkeit,
deine eigenen Gefühle wahrzunehmen und damit auch anderen mitteilen zu
können. Dadurch, dass du deine eigenen Gefühle wahrnimmst, kannst du
auch die Gefühle anderer besser wahrnehmen und mit ihnen umgehen.
Deine emotionale Intelligenz ist Voraussetzung für deine Sozialkompetenz.
Sozialkompetenz ist die Fähigkeit, dich mit unterschiedlichsten Menschen so
zu verhalten, dass du und die anderen sich möglichst wohl fühlen.
Du bist erfolgreicher im Eingehen und Gestalten von Beziehungen mit Frauen,
weil für Frauen die Gefühlsebene sehr wichtig ist.
Du kannst Freundschaften mit Männern eingehen und pflegen, die auch
interessiert daran sind, ihre Gefühle bewusst wahrzunehmen. Du kannst von
diesen Freundschaften profitieren, weil ihr offener miteinander reden könnt
und du mehr dazulernen kannst.
Wenn Männer Gefühle nicht zulassen
Gefühle wollen ernst genommen und ausgedrückt werden. Du kannst wählen, wie du
sie ausdrücken willst. Wenn du sie nicht ernst nimmst, wählen deine Gefühle selbst
die Art, wie sie sich ausdrücken.
Viele Jungen und Männer trauen sich nur die aggressiven Gefühle zu zeigen, weil
diese sie mit ihrer härteren Seite in Verbindung bringen. Aggressive Gefühle sind in
vielen Bereichen gewünscht und gefordert: Sie zeigen sich als Durchsetzungsfähigkeit, Kampfgeist, Konkurrenzdenken, Durchhaltevermögen oder Mut. Wenn sie
sich aber in zerstörerischer Form zeigen, werden sie abgelehnt oder sogar bestraft.
Zerstörerische Formen sind etwa, wenn man andere beschimpft, nieder macht,
bedroht oder schlägt. Oder wenn man sich selbst niedermacht oder verletzt. Die
aggressiven Gefühle zeigen sich auf diese zerstörerische Art, wenn man sie vorher
nicht wahrgenommen und ernst genommen hat.
Es fällt vielen Männern schwerer, die Gefühle zu zeigen, die sie mit ihrer weicheren
Seite in Verbindung bringen, zum Beispiel Angst, Trauer, Scham, Unsicherheit und
Selbstzweifel. Sie fühlen sich diesen Gefühlen machtlos ausgeliefert. Dieses Gefühl
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der Machtlosigkeit versuchen sie loszuwerden, in dem sie andere niedermachen –
zum Beispiel schlagen, fertig machen, beschämen oder verspotten – damit sie sich
selbst wieder mächtiger fühlen.
Es gibt aber auch viele Männer, die ihre aggressiven Gefühle nicht ernst nehmen
und auch nicht zeigen wollen, weil ihre aggressiven Gefühlen ihnen Angst machen,
oder weil sie befürchten, abgelehnt zu werden, wenn sie sie zeigen.
Gefühle, die du nicht ernst nimmst und angemessen ausdrückst, empfindest du als
eine unklare und unangenehme Spannung. Um diese Spannung loszuwerden,
provozieren manche Schlägereien oder verletzen sich selbst. Sie fühlen sich danach
entspannter. Andere entspannen sich, in dem sie trinken, Drogen nehmen, essen,
Computerspiele spielen oder fernsehen.
Gefühle, die du nicht ernst nimmst, verschwinden nicht, sondern sammeln sich an
und werden immer wieder spürbar. Der innere Druck und die innere Spannung
werden immer grösser.
Gefühle kann man nicht wählen, das Verhalten schon
Manche Jungen und Männer meinen, sie müssten ihre Gefühle im Griff haben. Sie
unterscheiden nicht zwischen Gefühlen und Verhalten. Sie meinen, sie hätten ein
Problem mit einem Gefühl, dabei ist das Problem ihr Verhalten:
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Wenn du aus Wut immer gleich dreinschlägst, ist das Problem nicht, dass du
wütend bist, sondern dass du drein schlägst.
Wenn du dich aus Schamgefühlen nie traust, mit anderen Jungen zu duschen,
und daher den Fussballclub aufgibst, ist das Problem nicht, dass du dich
schämst, sondern dass du den Fussballclub aufgibst.
Wenn du aus Angst ein Mädchen nicht ansprichst, dass dir gefällt, ist das
Problem nicht, dass du Angst hast, sondern dass du das Mädchen nicht
ansprichst.
Du kannst nichts daran ändern, dass du Wut, Scham oder Angst empfindest. Aber du
kannst dein Verhalten ändern: Du kannst dich entscheiden, mit anderen Jungen zu
duschen, das Mädchen anzusprechen oder nicht immer zuzuschlagen.
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Du kannst dein Verhalten kontrollieren – du kannst immer wählen, wie du
handelst.
Indem du dein Verhalten änderst, verändert sich auch, wie du ein Gefühl erlebt.
Deine Scham und Angst werden kleiner, wenn du die Situationen, die sie auslösen,
nicht meidest, sondern durchstehst. Und deine Wut handelt dir weniger Probleme
ein, wenn du sie dort auslebst, wo niemand zu Schaden kommt. Du kannst also
durch dein Verhalten machen, dass deine Gefühle weniger zum Problem für dich
werden.
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Umgang mit Alkohol
Manche Jungen und Männer trinken viel Alkohol, wenn sie eine innere Spannung
fühlen oder schlechte Gefühle, etwa Angst oder Scham, in sich hochkommen fühlen.
Sie trinken, um ihre Hemmungen zu überwinden, sich machtvoller und männlicher zu
fühlen. Dabei macht Alkohol überhaupt nicht männlicher: Wenn du viel trinkst, wird es
dir schwerer fallen, eine Erektion zu kriegen.
Wenn du Alkohol trinkst, sinkt vielleicht auch deine Hemmschwelle davor, dich
daneben zu benehmen, zu stören, aufdringlich zu werden, Grenzen zu überschreiten
und Dinge zu tun, die du sonst nicht tun würdest und die du später bereust. Zum
Beispiel werden viele Gewalttaten und sexuelle Übergriffe unter dem Einfluss von
Alkohol gemacht.
Je mehr Alkohol du trinkst, desto schwieriger wird es, klarer zu denken, Situationen
richtig einzuschätzen, und gute Entscheide zu fällen. Darum sagen sich manche,
nachdem sie eine Dummheit gemacht haben: «Ich war nicht schuld, der Alkohol war
schuld». Das stimmt nicht: Sie hätten sich immer noch dagegen entscheiden können,
sie sind also für ihr Verhalten verantwortlich. Denn so lang sich ein Mann noch so gut
bewegen kann, dass er irgendeine Handlung machen kann, ist er auch noch
denkfähig und weiss sehr wohl, was er tut. Erst wenn einer völlig beduselt und
betäubt im Stuhl hängt und nicht mehr hochkommt, kannst du davon ausgehen, dass
er nicht mehr weiss, was er tut.
Wenn du das Gefühl hast, dass du eher zu viel trinkst, und wenn dich das nervt,
dann versuch mal, zu verlangsamen. Das heisst: eine Stange Bier trinken und
schauen, wie die einfährt. Das nimmst du besser wahr, wenn du danach erst mal
eine Flasche Mineralwasser trinkst. Und erst nach dieser Wasserflasche die zweite
Stange. Viele trinken nämlich so schnell, dass ihnen gar nicht auffällt, wie der Alkohol
einfährt. Und sie spüren nicht, wann die angenehmen Gefühle in Besoffenheit
umschlagen. Wenn du lernst, langsamer zu trinken, kannst du das besser
kontrollieren und kannst das Trinken auch besser geniessen.
Wie übe ich, mit meinen Gefühlen umzugehen?
Am besten, du übst an einem sicheren Ort. Der sicherste Ort ist dein Kopf – also
deine Vorstellung und Fantasie. Such dir einen ruhigen Moment, wo du nicht gestört
wirst, und frag dich, welche Gefühle du bei dir kennst: Wut? Angst? Trauer? Scham?
Unsicherheit? Selbstzweifel?
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Wann hast du sie das letzte Mal erlebt?
Was hast du getan, als sie in dir hochgekommen sind?
Findest du, du hast gute Wege gefunden, mit ihnen umzugehen?
Oder hast du Ärger gekriegt?
Oder hast du irgendetwas gemacht, das du eigentlich nicht tun wolltest?
Oder hast du etwas nicht gemacht, das du gern getan hättest?
Und dann frag dich, wie du dich hättest verhalten können, so dass du dich nachher
besser gefühlt hättest. In deiner Vorstellung kannst du dir ausmalen, welche guten
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Erfahrungen du machen würdest, wenn du auf diese andere Art handeln würdest.
Das Gehirn merkt nicht, dass das nicht in Wirklichkeit, sondern nur in deiner
Vorstellung passiert – es prägt sich diese guten Erfahrungen trotzdem ein. Und
dadurch wird es für dich einfacher sein, wenn du dieses neue Verhalten dann mal in
Wirklichkeit ausprobieren willst. Besonders gut klappt das, wenn du das kurz vor dem
Einschlafen machst.
Ich kenne meine Gefühle nicht so gut
Vielleicht merkst du auch, dass es das eine oder andere Gefühl gibt, das du bei dir
nicht so gut kennst. Du kannst davon ausgehen, dass du dieses Gefühl auch hast –
denn du hast alle Gefühle, weil du ein Mensch bist. Überleg dir, wie du es schaffst,
dass du ein bestimmtes Gefühl – zum Beispiel Angst, Wut, Trauer, Scham – nicht
wahrnimmst. Überleg dir, in welchen Momenten du solche Gefühle haben könntest,
und was du tust, damit du sie dann nicht wahrnimmst. Lenkst du dich zum Beispiel
mit irgendetwas ab? Erzählst du einen Witz? Provozierst du jemanden? Spielst du
Computerspiele? Schaltest du den Fernseher ein? Betrinkst du dich? Isst du?
Nimmst du Drogen? – Mit all diesen Sachen kannst du dich von unangenehmen
Gefühlen ablenken.
Was bringt es dir, Gefühle nicht wahrzunehmen? Ganz einfach: In dem du gelernt
hast, bestimmte Gefühle nicht wahrzunehmen, schützt du dich vor anderen
Menschen. Du erwartest nämlich, dass sie auf eine unschöne Art reagieren, wenn du
diese Gefühle zeigst.
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Vielleicht bist du beim Spielen früher von den älteren Jungs ausgelacht
geworden, wenn du Angst gezeigt hast.
Vielleicht haben dich deine Eltern zurechtgewiesen, wenn du traurig warst und
geweint hast.
Vielleicht bestraft deine Mutter dich mit Schweigen, wenn du wütend bist und
ihr deine Meinung sagst.
Vielleicht machen dich deine Kollegen verächtlich herunter, wenn sie merken,
dass du dich schämst und rot wirst.
Wenn du die Angst, die Trauer, die Wut oder die Scham nicht wahrnimmst, zeigst du
sie natürlich auch nicht und bist so geschützt vor dem Ausgelachtwerden, vor
Zurechtweisungen, vor Schweigestrafen, verächtlichen Bemerkungen und anderen
unschönen Reaktionen.
Das Problem entsteht dann, wenn du das verallgemeinerst, das heisst, wenn du
deine Angst, Trauer Wut oder Scham auch in den Momenten nicht wahrnimmst, wo
dich niemand auslachen, zurechtweisen, strafen oder heruntermachen würde. Denn
Gefühle wollen wahrgenommen und ernst genommen werden. Überleg dir, welche
Menschen dich ernst nehmen würden, wenn du diese Gefühle zeigen würdest. Bei
welchen Menschen kannst du es wagen, dein Gefühl zu zeigen, bei welchen eher
nicht?
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Gibt es jemand unter deinen Freunden?
Oder ein Mädchen?
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Oder eine Lehrerin?
Oder jemand in deiner Familie?
Oder einen erwachsenen Bekannten?
Oder irgendjemand anderen?
Probier das mal in deiner Fantasie aus: Stell dir vor, dass du deine Angst, Trauer,
Wut oder Scham vor diesen Menschen zeigen würdest, und stell dir vor, sie würden
gut reagieren. So kannst du in der Vorstellung eine gute Erfahrung machen: Das
Gehirn merkt nicht, dass das nicht in Wirklichkeit, sondern nur in deiner Vorstellung
passiert – es prägt sich diese gute Erfahrung trotzdem ein. Und dadurch wirst du dich
eher trauen, deine Gefühle vor diesen Menschen in Wirklichkeit auch zu zeigen.
Besonders gut klappt das, wenn du das kurz vor dem Einschlafen machst.
Wie werde ich selbstsicherer?
Darf ein Mann schüchtern und unsicher sein?
Ja: Schüchternheit ist eine Stärke. Sie ist ein Zeichen dafür, dass du im Kontakt mit
deinen Gefühlen stehst. Mit deiner Schüchternheit drückst du deine Hemmung und
Unsicherheit in unvertrauten, verunsichernden Situationen und Bereichen aus.
Unsicherheit ist normal und auch hilfreich: Wenn du eine neue Erfahrung machst in
einem Bereich, wo du dich noch nicht auskennst, ist es hilfreich, ängstlich zu sein
und dich zu fragen, ob du das schaffst. Dann bist du nämlich wachsamer und
reagierst schneller.
Jungen oder Männer, die überhaupt nie schüchtern erscheinen, überspielen ihre
Schüchternheit, oder sie verdrängen sie oder spalten sie ganz ab, das heisst, sie
sind überhaupt nicht mehr mit ihr in Kontakt.
Auch wenn du lernst, mit deiner Schüchternheit umzugehen, ein Stück
Schüchternheit wird immer bestehen bleiben.
Wie gehe ich mit meiner Unsicherheit und Schüchternheit um?
Am besten, du nimmst die Unsicherheit und Schüchternheit an und stellst dich ihr.
Das heisst, du tust die Dinge, vor denen du Angst hast. Angst wird immer kleiner,
wenn du dich ihr stellst: Wenn du in eine Situation hinein gehst, die dir Angst macht,
und dann die Erfahrung machst, dass du sie irgendwie überstehen und meistern
kannst, steigt deine Selbstsicherheit. Denn das nächste Mal, wenn du in eine
ähnliche Situation kommst, erinnerst du dich daran, dass du sie schon einmal
überstehen und meistern konntest. Wenn du so immer mehr Erfahrungen sammelst,
sinkt deine Angst allmählich und die Selbstsicherheit steigt allmählich.
Wichtig ist, dass du dich in einer beängstigenden Situation nicht auf das
konzentrierst, was du nicht hast und kannst, sondern auf das, was du gern hast an
dir – innerlich wie äusserlich – und was dir gute Gefühle gibt. Das nennt man deine
Ressourcen. Ressourcen sind zum Beispiel…
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ein Sport, den du gern machst und der dir ein gutes Gefühl gibt
ein Schulfach, in dem du gut bist
ein Hobby, dass du gern machst
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


eine Musik, die du magst
Fähigkeiten im Umgang mit anderen, zum Beispiel wenn du an anderen
interessiert bist und gut zuhören kannst
Teile von deinem Körper, die dir gefallen
alles was dich interessiert
gute Gefühle in deinem Körper, zum Beispiel beim Tanzen oder der
Selbstbefriedigung
Deine Ressourcen tragen viel zu deiner Selbstsicherheit als Mann bei. Es ist darum
wichtig, dass du dich so oft wie möglich an sie erinnerst.
Tipps für mehr Selbstsicherheit

Schreib auf, was du an dir gern hast und gut findest – was deine Ressourcen
sind.

Denk an etwas, was du gern an dir hast, und achte darauf, wie sich dein
Körpergefühl und deine Körperhaltung verändern. Denk zum Vergleich auch
mal an etwas, was du nicht gern an dir hast, und achte darauf, wie sich dein
Körpergefühl und deine Körperhaltung verändern. Du wirst wahrscheinlich
merken, dass es eine gute Idee ist, öfter mal an das zu denken, was du gern
an dir hast – dann gehts dir einfach besser.

Leg dich in aller Ruhe aufs Bett und fantasiere in Tagträumen von deinen
Ressourcen, von den guten Gefühlen, die du dabei hast. Das kannst du auch
abends vor dem Einschlafen tun. Das Gehirn prägt sich diese Tagträume ein.
Wenn du dann das nächste Mal in einer verunsichernden Situation bist,
erinnere dich an deine Tagträume. Das entspannt dich. Wenn du entspannt
bist, wird deine Angst kleiner. Versuch gleichzeitig, tief und langsam in den
Bauch zu atmen. Das entspannt auch.

Leg dich auf dein Bett und stell dir deinen Wunsch vor. Wenn du zum Beispiel
ein Mädchen ansprechen möchtest, stell dir vor, dass sie positiv reagiert. So
machst du in der Fantasie schon eine gute Erfahrung mit dem Mädchen. Das
Gehirn merkt nicht, dass das eigentlich gar keine richtige Erfahrung ist,
sondern nur deine Vorstellung – es prägt sich diese gute Erfahrung trotzdem
ein, und du wirst sicherer sein, wenn du das Mädchen ansprichst. Besonders
gut klappt das, wenn du dir den Wunsch kurz vor dem Einschlafen vorstellst.
Wie gehen Männer mit Männern um?
Was tun, wenn ich ein Gruppentier bin?
Manche Männer finden, dass sie nur allein stark sind. Sie sehen sich als
Einzelkämpfer. Es fällt ihnen schwer, eine Gruppe zu finden, zu der sie gehören
wollen. Umgekehrt gibt es Männer, die immer mit Leuten zusammen sein wollen.
Allein wirds ihnen unwohl und langweilig. Sie wissen nicht so recht, was sie mit sich
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anfangen sollen. Das sind die Gruppentiere. Sie finden, nur in der Gruppe seien sie
stark. Andere Männer sind beides: Sie sind gruppenfähige Individualisten, die ihre
Gruppe zwar als wichtig, aber nicht als überlebensnotwendig sehen. Ihnen macht es
Spass, allein zu sein und mit anderen zusammen zu sein. Sie fahren auf die Dauer
am besten.
Wenn ein Mann nur ein Gruppentier ist, wird er von der Gruppe abhängig. Er will um
jeden Preis dazu gehören. Er hat total Angst davor, aus der Gruppe ausgeschlossen
zu werden. Darum meint er, er müsste bei allem mitmachen, was die Gruppe will.
Und er meint, er müsse all das tun, was die Gruppe von ihm erwartet. Auch wenn er
es selbst eigentlich nicht tun will. Er meint auch, er müsste die Ansichten, die in der
Gruppe herrschen, teilen, und steckt seine eigenen Ansichten weg. Damit ist er sich
selbst nicht treu. Das ist schlecht für sein Selbstwertgefühl und für das Gefühl, ein
richtiger Mann zu sein.

Tipp für Gruppentiere: Vor zigtausend Jahren, in der Steinzeit, war das
verständlich, dass Männer auf Teufel komm raus einer Gruppe angehören
wollten. Denn in der Wildnis, mit all ihren Mammuts und Säbelzahntigern,
konnten sie als Einzelkämpfer nicht überleben. Diese Angst wirkt bei dir heute
noch nach, auch wenn sie längst nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hat:
Du musst zum Überleben nicht einer Gruppe zugehören. Du musst ja nicht
mehr allein Mammuts jagen – du kannst dir deine Lebensmittel im nächsten
Supermarkt kaufen.
Warum sind Männerfreundschaften so wichtig?
Männerfreundschaften sind ganz wichtig, weil du dich so an anderen Männern
spiegeln kannst. Das heisst: Du kannst sehen, wo du ähnlich oder anders bist, was
du besser oder weniger gut kannst. Und deine Kumpels können dir aus männlicher
Sicht sagen, wie sie dich als Mann erleben. Das alles hilft dir, besser zu erkennen,
was für ein Mann du eigentlich bist und sein willst.
Wenn ein Mann nur Einzelkämpfer ist, kann er nicht von Männerfreundschaften
profitieren. Und es kann sein, dass er Angst vor anderen Männern entwickelt, weil er
nicht die Erfahrung macht und nicht lernt, mit ihnen umzugehen. Ein Einzelkämpfer
lernt auch nicht, andere um Hilfe zu fragen oder mit ihnen über seine Probleme zu
reden, wenn es ihm mal schlecht geht. Wenn du ein Problem mitteilst, stellst du es
aus dir heraus. Dadurch geht es dir schon mal besser, weil du ein bisschen Abstand
dazu hast. Wenn du mit anderen Männern über deine Probleme redest, wirst du
merken, dass diese viele deiner Probleme auch kennen. Es hilft, zu sehen, dass du
nicht der einzige auf der Welt bist, der ein bestimmtes Problem hat. Da fühlt man sich
gleich viel weniger allein. Andere können dir auch Tipps geben, auf die du vielleicht
selbst nicht kommst.
Schau dich nach Männern in deinem Umfeld um, bei denen du ein gutes Gefühl hast,
und sorge dafür, dass du mit ihnen mehr Zeit verbringst. Erzähle ihnen ein bisschen
von dir und schau, wie sie reagieren und ob dir das ein gutes Gefühl gibt. Wenn ja,
kannst du dich noch etwas mehr öffnen. So machst du mehr und mehr gute
Erfahrungen mit anderen Männern. Das gibt dir den Mut, noch mehr zu ihnen in
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Kontakt zu treten. Du wirst wahrscheinlich auch die Erfahrung machen, dass sie es
schätzen, wenn du dich ihnen gegenüber ein bisschen öffnest. Dann bekommen sie
nämlich selbst auch mehr Mut, dir Sachen von sich zu erzählen.
Dürfen Männer Probleme haben und darüber reden?
Haben Männer Probleme?
Klar, alle Männer haben kleinere oder grössere Probleme. Sie sind schliesslich
Menschen. Und alle Menschen zwickts irgendwo: Sie haben irgend eine
Unzufriedenheit, oder einen Frust, oder eine Angst, die sie nervt, oder zu wenig Geld,
oder Streit mit irgend jemandem – und so weiter. Wenn sie keine Probleme hätten,
könnten sie auch keine Probleme lösen. Ein Problem zu lösen gibt dir
Selbstsicherheit, und es geht dir besser.
Wer ist schuld an meinen Problemen?
Vielleicht sagst du dir, dass die Anderen Schuld an deinen Problemen haben. Das ist
eigentlich schade, denn wenn du selbst die Verantwortung für deine Probleme
übernimmst, gibst du dir auch die Kontrolle darüber. Und das macht dich
selbstsicherer.
Was bringt es, über Probleme zu reden?
Wenn du ein Problem mitteilst, stellst du es aus dir heraus. Dadurch geht es dir
schon mal besser, weil du ein bisschen Abstand dazu hast. Wenn du mit anderen
Männern redest, wirst du merken, dass diese deine Probleme auch kennen. Es hilft,
zu sehen, dass du nicht der einzige auf der Welt bist, der dieses Problem kennt.
Andere können dir auch Tipps geben, auf die du vielleicht selbst nicht kommst. Frag
dich also, ob du einen guten Kollegen hast, dem du deine Sorgen und Probleme
mitteilen kannst. Wenn du Mann kennst, kennst du vielleicht eine Frau?
Was tun, wenn nur die anderen finden, dass ich Probleme habe?
Vielleicht sagst du dir «Mir gehts bestens, ich habe keine Probleme». Würden deine
Eltern, Freunde oder Lehrer auch sagen, dass du keine Probleme hast? Wenn du
findest, dass sie sagen würden «Doch, er hat Probleme», dann frag dich mal, wie du
es geschafft hast, trotzdem zu finden, dass du keine Probleme hast. Möglicherweise
hast du eine Fassade aufgebaut, die dich davor schützt, dich mit deinen Problemen
zu beschäftigen. Vielleicht musst du noch etwas mehr Selbstsicherheit aufbauen,
damit du dich mit deinen Problemen auseinandersetzen möchtest. Vielleicht fütterst
du ja auch deine Selbstsicherheit mit dem Gefühl «Ich hab keine Probleme».
Vielleicht findest du, dass es dir erst recht verschissen gehen würde, wenn du alle
deine schlafenden Probleme ans Tageslicht bringen würdest. Lieber steckst du sie
auf die Seite und wendest dich etwas anderem zu. Überleg dir mal, was du machst,
um Probleme auf die Seite zu stecken. Kann es sein, dass du dich ablenkst? Wie
machst du das? Hilft es dir? Kannst du damit die Probleme lösen? Hast du eine Idee,
wie du auch noch damit umgehen könntest?
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Komische Meinungen in Männergruppen
In Männergruppen herrschen oft Mythen (Irrglauben) darüber, was ein richtiger Mann
ist. Manchmal sind diese Mythen klar ausgesprochen. Du hörst vielleicht, dass du
etwas Bestimmtes machen musst, um zur Gruppe zu gehören. Manchmal sind sie
nicht ausgesprochen. Du vermutest einfach, dass gewisse Meinungen und Regeln
gelten und dass die anderen von dir verlangen, dass du dich auf eine bestimmte Art
verhältst. Wahrscheinlich trägst du diese Ansichten selbst in dir und meinst einfach,
dass andere auch so denken. Vielleicht hast du zum Beispiel das Gefühl, du seist nur
akzeptiert, wenn du keine Angst hast, völlig selbstsicher bist, dich nie schämst oder
mit vielen Frauen schläfst – dabei finden die anderen das gar nicht.
Typische Mythen in Männergruppen

In Männergruppen wird oft der Irrglaube verbreitet, dass richtige Männer
sexuell sehr aktiv sein sollten, also viel Sex mit vielen Frauen haben sollten.
Das stimmt nicht: Sexueller Genuss hat nichts mit der Menge Sex zu tun, die
du hast. Wenn du mehr Sex hast, bist du auch nicht männlicher. Du bist
männlicher, wenn du deinen Körper und deine sexuelle Erregung mehr
geniesst.

In Männergruppen herrscht oft der Irrglaube, ein richtiger Mann sei ein Macho,
der sich holt, was er will, egal was andere davon halten. Das stimmt nicht. Ein
richtiger Mann kann andere verführen und ihnen Lust darauf machen, mit ihm
etwas zu machen. Er muss sie nicht dazu überreden, drängen, erpressen oder
zwingen. Dadurch erreicht er, dass die anderen wirklich mitmachen wollen.
Und wenn sie trotz seiner Verführungskünste nicht wollen, dann fällt ihm kein
Zacken aus der Krone, wenn er sich eingesteht, dass sie halt wirklich nicht
wollen. Er gibt auf und sucht anderswo weiter. Überleg dir auch mal: Wenn du
etwas mit einer anderen Person tust, das diese Person nicht tun will, hast du
damit wirklich das erreicht, was du wolltest? Was du dir geholt hast, ist doch
nur, dass diese Person wütend auf dich geworden ist oder Angst vor dir hat.

In manchen Gruppen herrscht auch der Irrglaube, Männer seien von ihren
Trieben, vom Penis oder vom Testosteron «gesteuert», und müssten sich den
Sex mit Frauen deshalb holen. Das stimmt nicht: Was stimmt, ist, dass viele
Jugendliche und junge Männer wegen ihrer hohen Testosteronproduktion sehr
oft an Sex denken, viel Lust auf Sex haben und mehrmals am Tag und in der
Nacht Erektionen haben. Aber sie sind trotzdem von ihrem Gehirn gesteuert.
Das heisst: Sie können immer entscheiden, wie sie handeln wollen. Es gibt
viele Möglichkeiten, die sexuellen Bedürfnisse auszuleben, wenn keine
Partnerin da ist, die auch sexuelle Handlungen mit ihnen machen möchte. Die
Selbstbefriedigung ist eine von ihnen.

In Männergruppen herrscht auch der Irrglaube, dass ein Mann ganz allgemein
keine Schwächen und Grenzen hat: Er darf nicht sagen, «Das ist mir zu
schwer», «Davor hab ich Angst », «Ich kann nicht weiterlaufen» oder «Ich
mag nicht mehr trinken». Aber Männer sind nur Menschen, keine
Superhelden. Es ist interessanter, mit einem normalen Menschen Kontakt zu
haben als mit einem Superhelden. Wenn du deine Grenzen annimmst, lernst
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du, was innerhalb der Grenzen möglich ist. Sonst strebst du nur dem
Unmöglichen nach und kannst nur versagen.
Ein richtiger Mann hat seine eigenen Meinungen. Egal was die Männer in der Gruppe
sagen. Wenn deine Gruppe Ansichten vertritt, die dir unangenehm oder nicht
geheuer sind, vertrau auf dein Gefühl und such dir eine neue Gruppe. Du hast es in
eine Gruppe hineingeschafft, du schaffst es auch in eine andere hinein.
Gewalt und sexuelle Übergriffe
Was ist ein sexueller Übergriff? Ich habe einen sexuellen Übergriff erlebt, was kann
ich tun? Ich kenne eine Person, die einen sexuellen Übergriff erlebt hat, wie kann ich
ihr helfen? Wieso sind alle Gefühle bei und nach einem sexuellen Übergriff normal?
Wieso kann ich auch sexuell erregt sein, wenn jemand bei mir einen sexuellen
Übergriff macht, obwohl ich mich ganz schlecht fühle? Was tun, wenn ich die Person
liebe, die bei mir einen sexuellen Übergriff gemacht hat? Wieso bin ich nie schuld
daran, wenn jemand einen sexuellen Übergriff bei mir gemacht hat, egal wie ich mich
verhalten habe? Wieso ist es so wichtig, mit anderen über den sexuellen Übergriff zu
reden? Wo kann ich mich nach einem sexuellen Übergriff beraten lassen? Kann ich
dabei anonym bleiben? Welche Handlungen sind nach Schweizer Gesetz strafbar?
Ab wann ist Sex erlaubt? Und wie gross darf der Altersunterschied sein? Wie kann
ich nach einem sexuellen Übergriff eine Anzeige machen? Wie läuft das
Strafverfahren ab? Wie kann ich einen sexuellen Übergriff verarbeiten und wie lang
dauert das?
Gefühle bei und nach einem sexuellen Übergriff
Für viele Männer ist es besonders schwierig, anzunehmen, dass es Situationen gibt,
in denen sie keine Kontrolle, keine Macht haben, in denen sie hilflos und ausgeliefert
sind – insbesondere dann, wenn ihre Sexualität betroffen ist. Weil das überhaupt
nicht in ihr Bild vom Mannsein passt. Männer erleben sehr wohl auch sexuelle
Übergriffe, sowohl durch andere Männer als auch durch Frauen. Sie schweigen aber
eher darüber. Gespräche mit unbeteiligten Personen, zum Beispiel in einer
spezialisierten Beratungsstelle, oder andere Fachpersonen wie Psychologen, helfen
dir, klarer zu sehen und zu beurteilen, was wirklich geschehen ist.
Auch Männer erleben sexuelle Übergriffe.
Wenn irgendjemand – Fremde, Dates, Familienmitglieder, (Ex-)Freunde – wider
deinen Willen sexuelle Handlungen mit dir macht oder dich dazu bringt, sexuelle
Handlungen zu machen, nennt man das einen sexuellen Übergriff. Ein sexueller
Übergriff beinhaltet alle Grenzverletzungen vom ungewollten Küssen und Petting hin
zum ungewollten Oral- und Analverkehr. Eine Grenzverletzung ist auch, wenn
jemand vor dir wichst, und du das nicht möchtest, oder du einen Porno schauen
musst, oder wenn dich jemand mit Worten sexuell belästigt.
Deine Sexualität gehört dir. Du entscheidest selbst, welche sexuellen
Handlungen du wann und mit wem machst.
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Deine Gefühle zeigen dir, ob du einen sexuellen Übergriff erlebt hast. Hast du irgend
welche komischen, mulmigen oder unangenehmen Gefühle darüber, was eine
Person mit dir gemacht hat oder was du mit ihr gemacht hast? Merkst du, dass du
darüber grübelst und es dich nicht loslässt? Spürst du, dass irgend ein Gefühl von
Verletzung bleibt? Dann ist es gut möglich, dass diese Person einen sexuellen
Übergriff gemacht hat.
Vertrau auf dein Gefühl. Wenn du dich nicht wohl fühlst, ist etwas nicht in
Ordnung.
Manchmal kann man sich einfach nicht wehren – weil man vor Angst erstarrt oder
unter Schock steht und so tut, als ob nichts passiert, oder weil das Gegenüber
stärker ist, oder weil man schlicht überrascht und fassungslos ist. Situationen, in
denen du macht- und hilflos bist – und dazu gehören sexuelle Übergriffe – können
ganz viele mögliche Reaktionen auslösen: Angst, das irgendjemandem mitzuteilen,
weil du dich schämst oder schuldig fühlst. Angst, dass das wieder passieren könnte.
Wut darüber, dass es passiert ist – auf das Gegenüber sowie auf dich selbst, weil du
es zugelassen hast. Es kann sein, dass du dich macht- und hilflos fühlst, und es kann
sein, dass du dieses sehr beängstigende Gefühl versuchst, wegzumachen, in dem
du dir selbst die Schuld gibst. Es kann aber auch sein, dass du gar keine Gefühle
wahrnimmst – weil es einfach zu viel war. Es kann auch sein, dass du versuchst, das
Geschehene zu vergessen und so zu tun, als ob das nicht passiert ist, und dich so zu
schützen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist es für dich vielleicht möglich, dich mit dem
Geschehenen auseinanderzusetzen. Allein oder mit Hilfe von anderen. Manchmal
braucht es sehr viel Zeit, bis das möglich ist.
Alle Gefühle und Reaktionen nach einem sexuellen Übergriff sind normal.
Für viele Jungen und Männer ist es besonders verwirrend, wahrzunehmen, dass ihr
Körper während eines sexuellen Übergriffs sexuelle Erregung verspürt und dass sie
eine Erektion und vielleicht auch eine Ejakulation haben. Dabei wollten sie den
sexuellen Kontakt gar nicht und fühlen sich schlecht dabei. Die körperliche Reaktion
ist normal: Sexuelle Erregung beginnt mit einem Reflex im Körper, den du nicht
bewusst steuern kannst und der auf viele Arten ausgelöst werden kann, z.B. durch
Berührungen oder durch Angstgefühle.
Wenn du sexuell erregt bist, heisst das nicht, dass du mit einer sexuellen
Handlung einverstanden bist.
Es kann sein, dass du einen ganzen Wirrwarr von Gefühlen erlebst, weil du die
Person, den Übergriff gemacht hat, eigentlich magst, bewunderst oder liebst.
Möglicherweise fühlst dich wütend, verwirrt und hintergangen, weil du dieser Person
bis jetzt vertraut hast. Ein Mensch, der Übergriffe macht, versucht damit die eigenen
Macht- und Kontrollbedürfnisse zu stillen und tut das ohne Respekt vor dir. Das
bedeutet, dass du dich von dem Bild, das du bis jetzt von dieser Person hattest,
verabschieden musst. Es ist normal, wenn dich das sehr traurig macht.
Wenn jemand deine Gefühle ausnützt, ist es normal, dass dich das wütend und
traurig macht.
Wenn deine Grenzen verletzt werden und du dich gegen den Druck eines anderen
nicht wehren kannst, ist es normal, dass du Angst bekommt. Das gilt nicht nur für
sexuelle Übergriffe, sondern für alle Situationen, die wir nicht kontrollieren können.
Wenn du versuchst, die Angst zu verdrängen – zum Beispiel mit Drogen oder Alkohol
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–, oder zu überspielen – zum Beispiel mit Wut –, bringt dir das auf die Dauer nichts.
Besser ist, wenn du dir erlaubst, Angst zu empfinden.
Es ist klug, Angst ernstzunehmen.
Möglicherweise verstärkt die Person, die den Übergriff gemacht hat, deine
Selbstvorwürfe durch Beschuldigungen («Du hast es so gewollt!») und versucht dich
so nieder zu machen, dass du dich schmutzig und schuldig fühlst. Vielleicht versucht
er/sie auch, das Geschehene schönzureden. Damit versucht er/sie, sich selbst vor
Beschuldigungen und Anklagen zu schützen und das eigene schlechte Gewissen zu
überdecken. Hier helfen dir Gespräche mit unbeteiligten Personen, zum Beispiel in
einer spezialisierten Opferberatungsstelle, damit du klarer sehen und beurteilen
kannst, was wirklich geschehen ist.
BeraterInnen in einer spezialisierten Opferberatungsstelle helfen dir, klarer zu
sehen.
Spezialisierte Opferberatungsstellen
Eine spezialisierte Opferberatungsstelle ist nach dem schweizerischen
Opferhilfegesetz anerkannt. Sie bietet dir:
Kompetente Beratung
An spezialisierten Opferberatungsstellen arbeiten BeraterInnen, die mit dem Thema
«sexuelle Gewalt» vertraut sind. Sie wissen, in welcher Situation sich Menschen
befinden, die sexuelle Übergriffe erlebt haben.
Vertrauliche Beratung
Beratungspersonen in einer spezialisierten Opferberatungsstelle unterliegen der
Schweigepflicht. Nur wenn du es ausdrücklich willst, nehmen sie mit anderen
Menschen Kontakt auf.
Anonyme Beratung
Du kannst dich telefonisch, persönlich oder per Email beraten lassen. Du musst
deinen Namen nicht bekannt geben.
Hilfe zur Selbsthilfe
Man hört man dir zu und informiert dich über deine Rechte und
Handlungsmöglichkeiten. Du selbst entscheidest, welche weiteren Schritte du
machen willst.
Unterstützung im Rahmen des Opferhilfe-Gesetzes
Dazu gehören finanzielle Leistungen, wenn du durch eine Straftat in wirtschaftliche
Schwierigkeiten geraten bist.
Unter www.opferhilfe-schweiz.ch findest du Links für Beratungsstellen in der ganzen
Schweiz. Oder du kannst bei der Telefonnummer 147 anrufen. Dort wird dir auch
weitergeholfen.
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Verführungstipps für Männer
Was heisst Verführen?
Verführen heisst, dass du etwas möchtest und diese Sache einer anderen Person so
schmackhaft machst, dass sie gern mitmacht. Überleg dir mal, wie du andere für
irgend etwas gewinnst – fürs Kino, fürs Tanzen, für Sex – wie machst du das?
Wenn du gut verführen kannst, stehen deine Chancen besser, mit anderen wirklich
das zu erleben, was du dir wünschst und wovon du träumst – weil sie gern
mitmachen.
Natürlich klappt das mit dem Verführen nur, wenn die andere Person auch irgendwo
eine schlummernde Lust auf das hat, was du mit ihr tun möchtest. Verführen heisst,
diese Lust zu wecken. Wichtig ist, dass es ihre eigene Lust ist. Stell dir vor, du willst
eine Frau dazu verführen, in einen Actionfilm zu gehen, obwohl sie dir klipp und klar
sagt, dass sie Actionfilme völlig blöd findet. Dann kannst du ein noch so guter
Verführungskünstler sein – sie wird keinen Spass daran haben. Wenn sie aber am
Anfang sagt, «Hmm, vielleicht, ich weiss nicht so recht…», dann lohnt sich dein
Einsatz als Verführungskünstler.
Aber auch dann gelingt es dir vielleicht nicht. Einem guten Verführungskünstler fällt
dann kein Zacken aus der Krone, und er zeigt sich auch offen für andere Vorschläge.
Wieso ist Selbstsicherheit fürs Verführen wichtig?
Wenn du selbstsicher bist, kannst du besser verführen. Die anderen können dich
eigentlich nur gut finden, wenn du dich selbst auch gut findest. Wenn du findest «Ich
bin nicht gut genug!», zeigst du das den anderen nämlich auch.
Besonders wichtig fürs Verführen ist die sexuelle Selbstsicherheit. Die hast du, wenn
du gelernt hast, deinen Körper sexuell attraktiv zu finden, ihn als «heiss» oder «geil»
zu geniessen, dich in deiner Haut als Mann wohl zu fühlen und liebenswert zu finden.
Dann trittst du stolz und selbstbewusst auf und hast Freude daran, dich auch
anderen als sexuell attraktiver Mann zu zeigen – und die anderen sehen dich auch
so.
Ein Stück Unsicherheit ist normal und gehört dazu: Wenn du das erste Mal mit
jemandem Sex haben willst, weisst du noch nicht, ob du ein guter Liebhaber sein
wirst. Bei allem, was du neu ausprobierst, weisst du nicht, ob das ein gutes Erlebnis
wird. Die Unsicherheit gibt dir ein Stück Nervosität und Spannung. Das kann sich
durchaus angenehm anfühlen, wenn du grundsätzlich sexuell selbstsicher bist.
All die Übungen, die du auf dieser Website unter «Die Sexualität der Männer» siehst,
zielen dahin, die Männlichkeit mehr zu geniessen und die sexuelle Selbstsicherheit
grösser zu machen. Du wirst auch sexuell selbstsicherer, wenn du mehr sexuelle
Erfahrungen gemacht hast – mit anderen und auch mit dir selbst.
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Wie gewinne ich eine Frau für mich?
Stell dir vor, du bist an einer Frau interessiert. Wie zeigst du dich ihr, so dass sie Lust
auf dich kriegt? Wahrscheinlich kriegt sie eher Lust auf dich, wenn du sauber und
gepflegt bist und an die Dinge denkst, die du gut an dir findest und auf die du bei dir
stolz bist. Und natürlich kriegt sie auch mehr Lust auf dich, wenn du nett mit ihr bist.
Zu aller erst aber musst du natürlich wissen, was du eigentlich willst. Schau mal, was
du an der Frau so attraktiv findest und was du gern mit ihr erleben würdest. Wenn du
weisst, was du willst und brauchst, zeigst du das auch in deiner Haltung, in deinem
Gesichtsausdruck und in der Art, wie du dich bewegst und sprichst.
Und dann? Beim Verführen ist es ganz wichtig, dass du der anderen Person Raum
und Zeit lässt, Lust auf dich zu kriegen. Das ist auch noch so, wenn du die Frau
schon kennst und ihr vielleicht schon ein Liebespaar seid: Wenn du sie ständig mit
SMS oder Emails bombardierst oder dauernd anrufst, wird ihr das wahrscheinlich zu
viel. Es bringt viel mehr, wenn du dich auch mal ein bisschen rar machst und nach
dem SMS, Email oder Telefon drauf wartest, dass sie dir eins schickt/dich anruft. Im
Grunde geht es drum, dass immer einer von euch einen Schritt macht und drauf
wartet, bis der andere den nächsten macht.
Stell dir vor, du bietest der Frau ein Stück Schokoladenkuchen an. Stopfst du ihr das
ganze Stück Kuchen in den Mund? Wahrscheinlich nicht, denn dann würde sie
würgen und ihn wieder heraus spucken. Wenn du ihr den Kuchen hingegen vor die
Nase hältst, sieht und riecht sie ihn; ihr läuft das Wasser im Mund vor Lust
zusammen, sie denkt sich «Mmm was für ein verführerischer Kuchen!…» – und sie
bittet dich um ein Stück. Gib ihr ein Stück. Lass ihr Zeit, es zu schmecken und dich
um das nächste zu bitten.
Stell dir vor, du wärest dieser Schokoladenkuchen. Wenn du dich der Frau so
häppchenweise anbietest – das ist Verführen. Natürlich gibt es Frauen, die keinen
Schokoladenkuchen mögen – das liegt aber nicht daran, dass er schlecht ist,
sondern dass er einfach nicht nach ihrem Geschmack ist. Genauso stehen nicht alle
Frauen auf dich, auch wenn du dich ihnen noch so verführerisch präsentierst. Du
stehst ja auch nicht auf alle Frauen. Aber wenn du gut verführen kannst, sind deine
Chancen einfach besser, dass du eine Frau für dich gewinnst.
Wann und wie spreche ich eine Frau an?
Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Frau anzusprechen, das dir gefällt? Wenn du
sicher bist, dass du sie wieder sehen wirst (weil sie in die gleiche Schule geht, jeden
Freitag in den gleichen Club geht usw.), kannst du dir natürlich mehr Zeit lassen, als
wenn du sie irgendwo zum ersten Mal siehst, sofort findest, sie sei deine Traumfrau
und keine Ahnung hast, ob du sie je wieder sehen wirst. Ein bisschen Zeit lassen ist
gut, weil dann bei ihr der Wunsch, dass du sie ansprichst, entstehen und grösser
werden kann.
Zu viel Zeit lassen bringt natürlich auch nichts. Wenn du merkst, dass du anfängst,
drunter zu leiden, weil du dich nicht traust, sie anzusprechen, machst du am besten
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deinem Leid ein schnelles Ende. Du kannst natürlich auch warten, bis sie dich
anspricht. Aber vielleicht ist sie genauso schüchtern wie du – und am Schluss redet
niemand. Schade. Lies lieber unsere Tipps für mehr Selbstsicherheit. Und mach
einen mutigen Schritt auf sie zu – denn was hast du zu verlieren?
Es ist hilfreich, wenn du dir vor dem Gespräch vorstellst, was du ihr sagen und
welche Fragen du ihr stellen möchtest und was du auf Fragen von ihr antworten
möchtest. Gut ist, wenn du das abends vor dem Einschlafen machst. Dann erinnerst
du dich am besten daran.
Zum Beispiel könntest du so Sachen sagen wie: «Hallo, ich heisse…», «Mir gefällt
dein Lächeln», «Ich seh dich oft hier», «Ich würde dich gern kennen lernen. Wie
heisst du denn?» – und so weiter. Eigentlich ist es gar nicht so wichtig, was du sagst:
Hauptsache, du sagst etwas. Wenn sie dich kennen lernen will, wird sie dann auch
mit dafür sorgen, dass sich ein kleines Gespräch entwickelt.
Die meisten Frauen mögen, wenn du ihnen ein paar Fragen über sie stellst, und
wenn du ihnen auch zuhörst. Damit zeigst du ihnen nämlich, dass du wirklich an
ihnen interessiert bist und sie kennen lernen willst. In der Regel kommt es auch gut
an, wenn du ihnen ehrlich von dir erzählst, also nicht irgendwas erfindest, nur weil es
gut klingt. Die meisten Frauen haben lieber echte Männer mit Stärken und
Schwächen als aufgeblasene Macker. Die Frauen haben schliesslich auch
Schwächen. Und wenn du ehrlich bist, zeigst du, dass du mutig bist.
Wenn du das Ansprechen mit mehreren Frauen ausprobierst, sammelst du
Erfahrungen, findest eher zu deinem Stil und wirst sicherer im Umgang mit Frauen.
Was ist Flirten und wie mach ich das?
Flirten ist ein Spiel, ein Tanz, den ihr miteinander macht – mit oder ohne Worte. Beim
Flirten spielt euer Gesichtsausdruck, die Bewegungen, die Haltung, die Stimme…
Das läuft meistens ganz automatisch ab, ohne dass man sich dessen so richtig
bewusst ist. Am besten, du beobachtest mal, wenn zwei miteinander flirten. Du wirst
wahrscheinlich merken, dass sie immer ein bisschen aufeinander zu gehen und
wieder ein bisschen voneinander weg: Sie schauen sich vielleicht kurz an, lächeln
kurz – und schauen dann wieder weg. Dann denken wahrscheinlich beide: «Schaut
er/sie wohl wieder?» – und schielen wieder zueinander hin: «Ja! er/sie schaut
wieder!» – und dann lächeln sie und schauen wieder weg…
Das ist eigentlich ein ständiges Hin und Her aus Nähe suchen und wieder Abstand
nehmen. Wenn zwei diesen Hin- und Her-Tanz so richtig ausgedehnt spielen, kann
der Raum zwischen ihnen vor lustvoller Spannung so richtig knistern. Flirten ist also
eigentlich eine Art Vorspiel. Wenn du lernst, dir fürs Flirten Zeit zu lassen, wirst du
wahrscheinlich merken, dass es grossen Spass machen und dem Sex noch eine
Extraportion Lust geben kann.
Vielleicht sagst du dir: Wozu das ganze? Du willst lieber gleich zur Sache kommen.
Aber wenn du auf eine fremde Frau zugehst und sagst, dass du Sex mit ihr willst, ist
ihr das wahrscheinlich zu direkt und sie findet «Nein, du Idiot!» Und das, obwohl du
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ihr als Mann vielleicht gefallen würdest, wenn du dir und ihr mehr Zeit gelassen
hättest. Genauso ungeschickt ist es, wenn du eine fremde Frau einfach stundenlang
anstarrst. Dann wird es ihr wahrscheinlich zu viel, und sie denkt genervt «Was für ein
Spanner!».
Es ist also gut, wenn du dir und ihr Zeit fürs Flirten lässt. Dann kann die Frau
anfangen, von dir zu träumen und kriegt richtig Sehnsucht nach dir – vorausgesetzt
natürlich, du gefällst ihr und sie macht beim Flirt mit.
Wie merkst du, dass sie mitmacht? Zum Beispiel lächelt sie vielleicht, schaut immer
wieder zu dir hin, sucht den Kontakt mit dir, wird rot, spielt mit den Haaren, mit ihrer
Kette oder ihrem Halstuch, streichelt ihren Hals, sucht das Gespräch mit dir, witzelt,
lacht – und so weiter. Wenn eine Frau mit dir flirtet, ist sie immer ein bisschen in
Bewegung. Wenn sie in ihrer Haltung und ihrem Verhalten irgendwie angespannt,
unbeweglich und steif bleibt oder wird, grenzt sie sich eher von dir ab. Das tut sie
vielleicht weil sie extrem schüchtern ist, vielleicht aber auch, weil sie wirklich keine
Lust auf Nähe zu dir hat. Als guter Verführungskünstler respektierst du das und
suchst dir eine andere Frau, die dir gefällt.
Wann ist die Zeit reif für Sex?
Manche Frauen haben schon beim ersten Treffen Lust auf Sex. Viele ticken
allerdings anders: Bei ihnen beginnt es mit der Lust auf Liebe, und erst danach
kriegen sie Lust auf Sex. Viele jugendliche und junge Männer hingegen haben zuerst
Lust auf Sex und danach Lust auf Nähe, Liebe und Beziehung. Man kann das auch
so sagen: Bei ihnen wandert die Aufmerksamkeit von unten – dem Penis – nach
oben, zum Gefühl. Und bei vielen Frauen ist das eben umgekehrt.
Weil Gefühle für Frauen so wichtig sind, kommt es gut bei ihnen an, wenn du deine
Gefühle kennst und mit ihnen einigermassen klarkommst. Frauen wünschen sich
stolze, sexuell selbstbewusste Männer, die mutig ihre Gefühle zeigen und darüber
reden können. Es gefällt ihnen, wenn Männer versuchen, sich in sie einzufühlen und
zu verstehen, was sie wünschen, träumen und gern haben. Wenn eine Frau merkt,
dass du ihre Gefühle und Gedanken ernst nimmst, öffnet sie sich dir «oben» und
kriegt Lust auf Nähe und Liebe. Dann kann sie sich auch «unten» öffnen und Lust
auf Sex mit dir kriegen.
Ein Tipp für dich als Verführungskünstler: Wenn du auf etwas Lust hast, heisst das
noch lange nicht, dass die Frau auch darauf Lust hat. Es kann gut sein, dass du sie
küsst und streichelst und zärtlich mit ihr bist, weil du mit ihr Sex haben willst – und sie
will etwas ganz anderes: Sie geniesst die Nähe, sie fühlt sich geborgen, sie lebt ihre
Verliebtheit auf der Gefühlsebene aus – und das reicht ihr vorerst. Wenn eine Frau
zärtlich mit dir ist, kannst du daraus also nicht schliessen, dass sie auch Sex mit dir
haben will.
Daher ist es gut, wenn du langsam und vorsichtig vorgehst – vor allem wenn ihr euch
noch nicht so gut kennt und noch keinen Sex miteinander hattet. Dann kannst du
besser darauf achten, ob ihr etwas gefällt und ob sie Lust hat, einen Schritt weiter zu
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gehen. Wenn du zu schnell drauf los stürmst, merkst du vielleicht zu spät, dass du an
eine Grenze gestossen bist oder sie sogar überschritten hast.
Als Verführungskünstler fängst du erst mal «oben» an. Das heisst, du berührst sie
mit Händen und deinem Mund (Küssen, Lecken, Knabbern usw.) zuerst im Gesicht,
am Kopf, Hals und Nacken, an den Armen und Händen, am Bauch und Busen. Wenn
die Frau dir zeigt, dass ihr deine Zärtlichkeiten gefallen, gehst du nach «unten»
weiter – also zum Po und zum Geschlecht (natürlich nur, wenn du selbst auch Lust
darauf hast!).
Woran merke ich, wie weit ich beim Sex gehen kann?
Wenn du mit einer Frau zärtlich bist, wird sie dir zeigen, wenn es ihr gefällt, wie du
sie berührst. Sie lächelt, stöhnt, sagt «mmmm», wendet ihren Körper dir zu, atmet
stärker, küsst dich, streichelt dich, kuschelt ihren Körper an deinem, geht von sich
aus einen Schritt weiter… Vielleicht sagt sie dir auch, dass es ihr gefällt.
Du merkst auch, wenn ihr etwas nicht gefällt: Sie spannt ihren Körper an und wird
eher steif, sie rückt weg oder schiebt dich weg, ihr Gesichtsausdruck verdunkelt sich
und sie sagt dir möglicherweise auch direkt, dass sie das nicht will. Jetzt bist du an
eine Grenze von ihr gekommen. Da gibts nur eins: die Grenze respektieren. Wenn du
sie nicht respektierst, machst du einen sexuellen Übergriff. Das ist strafbar. Und du
verspielst deine Chancen bei der Frau. Denn sie macht dann vielleicht noch mit, weil
sie muss – aber nicht, weil sie will.
Ein Verführungskünstler hat Zeit. Falls die Frau dir also zeigt oder sagt, dass sie
nicht weiter machen will, lässt du dich nicht entmutigen, sondern versuchst es ein
anderes Mal wieder. Wenn du ihre Grenzen respektierst und ihr Zeit lässt, wächst ihr
Vertrauen in dich, und auch ihre Lust kann wachsen. Und das nächste Mal geht sie
vielleicht einen Schritt weiter.
Manchmal hat eine Frau zwar Lust, aber auch Angst vor einer neuen sexuellen
Erfahrung – einfach weil sie neu ist, das kennst du sicher auch. Du merkst dann
vielleicht, dass sie sich verspannt. Aber sie zeigt dir nicht eindeutig, dass sie
aufhören will. In so einem Fall kommst du nur mit Reden weiter. Du kannst ihre
Gedanken ja nicht lesen. Frag sie, ob ihr etwas unangenehm ist, ob du aufhören
oder etwas anders tun sollst, und ob sie etwas anderes tun möchte.
Reden beim Sex ist sowieso eine gute Idee – gerade wenn die Frau unsicher ist.
Deine Stimme ist ihr nämlich vertraut und gibt ihr ein Stück Sicherheit. Also sagt ihr,
wie gut sie sich anfühlt, riecht, schmeckt; sag ihr, wie heiss und schön du sie findest;
sag ihr, was du gern machen würdest; fragt sie, ob du etwas bestimmtes machen
darfst; frag sie, wie sich etwas anfühlt, ob etwas wehtut und so weiter.
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Lesetext Knaben
Wie verführe ich eine Frau zum Geschlechtsverkehr?
Geschlechtsverkehr haben bedeutet, dass du mit dem Penis in eine Scheide
eindringst. Neben Analverkehr (wenn du mit dem Penis in einen After eindringst) ist
das die einzige sexuelle Handlung, die nur dann klappt und beiden Spass macht,
wenn eure Körper durch die sexuelle Erregung genügend «aufgewärmt» sind. Denn
der Penis muss steif sein, damit er in die Scheide eindringen kann. Und die Scheide
muss feucht sein und sich aufgespannt haben, dass der Penis in ihr gut Platz hat.
Bei jugendlichen und jungen Männern ist der Penis in der Regel schneller bereit zum
Geschlechtsverkehr als die Scheide. Das hat mit dem vielen männlichen Hormon
Testosteron zu tun, dass du jetzt produzierst. Du hast vielleicht schon eine Erektion,
wenn du an eine Frau denkst – und dann sowieso, wenn du mit ihr schmust. Aber
wenn du zu früh mit dem Penis in ihre Scheide eindringst, tust du der Frau nur weh –
auch wenn sie erregt ist und Lust auf dich hat. Denn es dauert eben etwas länger,
bis die Scheide feuchter und grösser wird. Drum lässt du dir als Verführungskünstler
genug Zeit für ein Vorspiel. Beim Vorspiel stimuliert (streichelt, reibt, küsst, leckt,
saugt usw.) ihr euch gegenseitig am Geschlecht und auch sonst am Körper und
steigert so eure sexuelle Erregung. Im Grunde macht ihr beim Vorspiel das gleiche
wie beim Petting.
Als Verführungskünstler kennst du dich natürlich ein bisschen aus über das weibliche
Geschlecht und seine Erregbarkeit. Wenn du beim Vorspiel genau hinsiehst und
hinspürst, merkst du, wann die Scheide genug erregt ist. Dann sagst du der Frau
vielleicht, dass du gerne deinen Penis in ihr spüren möchtest oder in ihre Höhle
eindringen möchtest – oder welche Worte auch immer du wählst. Oder vielleicht ist
sie diejenige, die zuerst sagt, dass sie das jetzt möchte. Wenn die Frau nicht zum
Geschlechtsverkehr bereit ist, dann geniess mit ihr, was möglich ist. Wenn sie heute
nicht will, dann vielleicht das nächste Mal. Sie wird eher Lust entwickeln, wenn du
nicht drängelst.
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