Lesetext Knaben 09d – Sexualkunde Lesetexte Gefühle in der Pubertät (Von Knaben zum Mann) In der Pubertät treten Veränderungen auf, die mit der körperlichen und sexuellen Reifung verbunden sind. Die Pubertät ist die Zeit im Leben, in der du zum Mann wirst. Sie beginnt zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr und dauert ein paar Jahre. Bei einem grossen Teil der jungen Männer ist sie mit 17 bis 19 Jahren abgeschlossen. Wenn nach dem 16. Geburtstag keine sichtbaren Pubertätszeichen aufgetreten sind, sollte eine Untersuchung gemacht werden. Der Beginn und Verlauf der Pubertät ist zum grossen Teil genetisch – also erblich – bedingt. Es spielen wahrscheinlich aber auch andere Faktoren wie etwa Ernährung und körperliche Gesundheit eine Rolle. Der Pubertätsbeginn wird im Gehirn ausgelöst: Dort werden Hormone freigesetzt, die die Hoden veranlassen, zu wachsen. Das Hodenwachstum ist also das erste sichtbare Zeichen der Pubertät. Gleichzeitig verändert sich auch der Hodensack (Skrotum). Er bekommt mehr Falten und wird erst rötlich, manchmal später auch stärker pigmentiert, also dunkler. Dies ist durchschnittlich mit 11 Jahren der Fall, kann aber auch etwas früher oder später auftreten. Die vergrösserten Hoden geben jetzt sehr viel Testosteron (männliches Hormon) ab, welches für die weitere körperliche Entwicklung sehr wichtig ist: Die Haare in der Geschlechtsregion beginnen zu wachsen. Das Wachstum des Penis beginnt. Die Achsel- und Gesichtshaare wachsen. Der Körper wird länger. Nach und nach verändern sich die Proportionen, die Schultern werden breiter und die Muskelmasse nimmt zu. Erste Ejakulation (Samenerguss) tritt auf, du erreichst die Geschlechtsreife. Es kommt wegen der hohen Testosteronproduktion zu häufigen unwillkürlichen Erektionen. Wegen der hormonellen Umstellung kann es auch vorübergehend zu einer Anschwellung der Brustdrüsen kommen, die auch leicht schmerzen kann. Die Schwellung bildet sich später wieder zurück. Der Kehlkopf wächst, die Stimmbänder werden länger und deshalb wird die Stimme tiefer. Man nennt das den Stimmbruch. Die Schweissdrüsen nehmen ihre Funktion auf, so dass sich der Körpergeruch verändert. Auch der Duft in der Geschlechtsregion verändert sich. Die Talgdrüsen der Haut können bedingt durch das Testosteron mehr Talg absondern, und die Ausgänge der Talgdrüsen verstopfen. Das nennt man Akne – auch die ist vorübergehend. Viele Veränderungen laufen gleichzeitig ab. Es ist bei jedem Jungen anders, wann die Pubertät genau beginnt, wie schnell die einzelnen Veränderungen auftreten, wie die genaue Reihenfolge ist und wann die Pubertät abgeschlossen ist. Man kann das im Voraus nicht sagen. Das Längenwachstum, das Wachstum der Gesichtshaare und Körperhaare und der Stimmbruch dauern meistens noch an, wenn das Wachstum von Hoden und Penis schon abgeschlossen ist. Seite 1 / 24 Lesetext Knaben Erektionen und Ejakulationen in der Pubertät Durch das viele Testosteron wachsen in der Pubertät deine Hoden und Nebenhoden. Ausserdem wachsen deine Bläschendrüsen (Samenblasen) und deine Prostata, und sie fangen an zu arbeiten: Sie produzieren Sekrete (Flüssigkeit), die die Beweglichkeit und das Überleben der Spermien (Samenfäden) nach der Ejakulation möglich machen. Diese Sekrete machen den grössten Teil des Ejakulats (Sperma) aus. Die erste Ejakulation tritt etwa im 13. Lebensjahr auf – es kann aber auch früher oder später sein. Mit deiner ersten Ejakulation bist du geschlechtsreif, kannst also ein Mädchen schwängern. Es kann zur ersten Ejakulation kommen, wenn du dich sexuell erregst – zum Beispiel durch Berührungen oder durch Phantasien. Die erste Ejakulation kann aber auch nachts im Schlaf passieren: Alle Menschen haben im Schlaf Phasen der sexuellen Erregung. Bei jungen Männern ist es normal, dass es dabei bis zu einer Ejakulation kommt. Wegen des vielen Testosterons bekommst du in der Pubertät häufig Erektionen – das kann mehrmals am Tag sein, und auch in der Nacht. Dass eine Erektion entsteht, kannst du als junger, sexuell gesunder Mann nicht verhindern, weil du den sexuellen Erregungsreflex, mit dem die Erektion beginnt, nicht mit deinem Willen steuern kannst. Dieser Erregungsreflex kann durch alle möglichen Gefühle, Gedanken, Berührungen ausgelöst werden – oder auch einfach so, ohne Grund. Der beste Weg, mit diesen Erektionen umzugehen, ist, dich mit ihnen anzufreunden. Eigentlich kannst du stolz auf sie sein, weil sie Ausdruck deiner gut funktionierenden Männlichkeit sind. Sie zeigen dir, dass du ein Mann bist. Wenn du dich dafür schämst oder darüber aufregst, kommst du in eine Spannung hinein, die auch körperlich ist. Das heisst, die Muskeln in deinem Körper spannen sich mehr an. Und diese Spannung kann die Erektion stärker machen. Wenn du aber entspannt bist und dich nicht darüber aufregst, geht die Erektion geht nach einigen Minuten von selbst wieder weg – ausser natürlich, du steigerst deine sexuelle Erregung gezielt mit Phantasien und anderen Erregungsquellen. Probier mal folgendes: Wenn du eine Erektion hast, langsam ganz tief ein- und vor allem ausatmen und die Muskeln im Körper, vor allem im Po und Bauch, entspannen. Wenn du das übst, lernst du besser, deine Erektionen so zu steuern, dass sie bleiben, wenn du Sex machen willst und wieder weg gehen, wenn du keinen Sex willst. Mal Superman, mal kleiner Wurm In der Pubertät gehört es dazu, dass du dich gern als möglichst gut, selbstsicher, fähig, stark darstellst. Das hat damit zu tun, dass du dich mit erwachsenen Männern misst. Du stellst dir gern vor, was du alles können, machen und haben wirst, wenn du erwachsen ist. Da kommen vielleicht Gedanken auf wie «Ich bin der obercoole Macker» oder «Nichts berührt mich.» Und genauso gehört es zur Pubertät, dass Gedanken aufkommen wie «Ich schaff das sowieso nie» oder «Die Lehre ist blöd, ich steig aus, es bringt eh nichts». Diese Seite 2 / 24 Lesetext Knaben Gefühle sind normal. Denn wenn du einerseits an all das denkst, was du als Erwachsener alles können, machen und haben wirst (oder musst), dann fällt dir natürlich all das auf, was du noch nicht kannst, machst und hast. Wenn du dich als allmächtiger Superman darstellst, überspielst du deine schwächere, weichere Seite. Wenn du dich als hilflos und ohnmächtig darstellst, überspielst du deine machtvolle Seite. Männer haben aber immer beide Seiten. Irgendwann im Verlauf der Pubertät findet das Schwanken zwischen Superman und kleinem Wurm eine Mitte. Stimmung auf Achterbahnfahrt In der Pubertät ist die Stimmung oft auf einer Achterbahnfahrt. Das Hormongewitter, dem du jetzt ausgesetzt bist, ist daran nicht ganz unschuldig. Noch wichtiger ist aber, dass es einfach schwierig ist, sich in den neuen Situationen und Anforderungen zurechtzufinden, die das Erwachsenwerden mit sich bringt. Das schlägt auf die Stimmung. Es kann sein, dass dich alles anscheisst. Der Grund dazu kann sein, dass du nicht weisst, was du willst und wohin du gehörst. Und vielleicht fühlst du dich auch überfordert von all den Regeln, Aufgaben, Verpflichtungen und Verantwortungen, die das Erwachsensein mit sich bringt. Es kann sein, dass du der Kindheit nachtrauerst, also der Zeit, wo du einfach in den Tag hinein leben konntest. Wenn dich alles anscheisst: Frag dich, ob das wirklich so ist. Vielleicht scheisst dich deine Musik nicht an. Und vielleicht machst du gern Selbstbefriedigung. Und es gibt sicher noch mehr, dass dich nicht anscheisst. Es hilft dir, wenn du nicht einfach sagst, «alles» scheisst dich an, sondern wenn du dir überlegst, was genau dich anscheisst – und was nicht. Dann sieht deine Situation schon etwas anders aus. Krach mit den Eltern Krach mit den Eltern hast du, weil du selbst immer mehr Ansprüche daran stellst, eigenständig zu sein und zu sagen, wo es durchgeht. Dem gegenüber stehen die Vorstellungen deiner Eltern, die manchmal mit deiner Meinung ziemlich auseinanderklaffen. An den Reibungsstellen gibt es Konflikte und manchmal handfesten Krach. Diese Reibungen und Konflikte sind wichtig, denn du spürst daran besser, was du wirklich willst und was dir wichtig ist. Manche Familien gehen mit den Konflikten besser um als andere. Wenn jede Meinungsverschiedenheit gleich mit Hausarrest «belohnt» wird, ist das keine hilfreiche Form der Auseinandersetzung. Wenn sich hingegen alle zusammen setzen und sagen «OK, jetzt sagst du mal, was du willst und ich sag was ich will und dann schauen wir weiter», dann ist das eine hilfreichere Form. Was sicher auch nicht hilft, ist, wenn deine Eltern Konflikte um jeden Preis vermeiden und dir einfach sagen «Du kannst machen was du willst, du bist ja jetzt alt genug», denn dann fühlst du dich vielleicht zu sehr allein gelassen. Ich bin einsam Vielleicht fühlst du dich ganz allein mit dem, was dich zutiefst beschäftigt. Vielleicht denkst du «Ich bin allein auf der Welt mit meinen Problemen, und niemand versteht mich» und fühlst dich sehr einsam. Diese Einsamkeitsgefühle können daher kommen, dass du dich nicht traust, dich anderen mitzuteilen. Seite 3 / 24 Lesetext Knaben Tipps gegen die Einsamkeit: Bücher lesen, in denen es um Gleichaltrige geht. Wenn du liest, was andere so durchmachen, merkst du, dass du nicht allein bist. Ausserdem hilft dir das Lesen, Wörter für deine Gefühle zu finden. Tagebuch schreiben. Wenn du dich traust, deine Gedanken aufs Papier zu bringen, stellst du sie schon mal aus dir raus. Jemand mal einen Brief schreiben. In Internetplattformen deine Fragen stellen. Im Internet mit anderen chatten. Dadurch merkst du, dass andere ähnliches wie du erleben. Damit kannst du dafür trainieren, mit Menschen von Angesicht zu Angesicht zu reden. Macht es einen Sinn, wenn ich meinen Penis mit anderen vergleiche? Schon bevor du als Kleinkind die ersten Blicke auf deinen Penis geworfen hast, hast du ihn mit deinen Händen entdeckt und gespürt, dass sich das gut anfühlt. Während der ganzen Kindheit ist dein Penis eine Quelle von angenehmen körperlichen Empfindungen und guten Gefühlen. In der Pubertät wird er dann ganz wichtig für deinen Selbstwert und deine Selbstsicherheit als Mann. Dadurch, dass du deine Penisgrösse, dein Aussehen und deine Fähigkeiten regelmässig mit denen anderer Jungen und Männer vergleichst, entwickelt sich dein Selbstbild als Mann. Je nachdem mit wem du dich vergleichst, spürst du dich als eher sicherer oder eher unsicherer Mann: Wenn du deinen Penis mit dem eines Pornostars vergleichst, erscheint dir deiner wahrscheinlich klein, weil Pornostars besonders lange Penisse haben müssen. Das ist, wie wenn du deine sportlichen Leistungen mit Olympiasportlern vergleichst. Dann fühlst du dich als Mann wahrscheinlich nicht so sicher. Für deinen Selbstwert und dein Selbstsicherheit ist es besser, wenn du deinen Penis mit denen von gleichaltrigen Jungen vergleichst. Wenn du deinen Penis mit dem anderer Jungen vergleichst, z.B. beim Duschen, musst du allerdings auf eins achten: Wenn du auf deinen Penis schaust, erscheint er dir wegen dem Blickwinkel (du blickst hinunter) kleiner. Ein Junge, der zu dir herüberblickt und deinen Penis sieht, hat einen anderen Blickwinkel, und in dem erscheint dein Penis grösser. Das Herunterblicken macht den eigenen Penis also immer etwas kleiner. Darum müsstest du eigentlich alle Penisse mit einem Metermass messen, um sie mit deinem Penis zu vergleichen. Nur so hast du wirklich einen Vergleich. Und dabei solltest du nicht vergessen, dass es eigentlich nur Sinn macht, erigierte (steife) Penisse zu vergleichen, weil Penisse bei einer Erektion ganz unterschiedlich wachsen können. Seite 4 / 24 Lesetext Knaben Bis wann wächst der Penis und wie gross sollte er sein? Die Penisgrösse ist genetisch bedingt, das heisst, in der Erbsubstanz bereits festgelegt. Du kannst sie nicht beeinflussen. In der Kindheit wächst der Penis nur wenig mit. Das eigentliche Wachstum des Penis beginnt in der Pubertät. Das liegt daran, dass jetzt mehr vom männlichen Hormon Testosteron ausgeschüttet wird. Die Endgrösse des Penis ist für jeden Jungen vorbestimmt. Man kann sie nicht beeinflussen – auch nicht, wenn man mehr Testosteron gibt. Sobald der Penis ausgewachsen ist, behält er seine Länge, auch wenn die Testosteronmenge im Blut mit den Jahren wieder abnimmt. Man kann nicht sagen, wie gross dein Penis mit 13, 15 oder 17 Jahren sein sollte, da das davon abhängt, in welchem Stadium der Pubertät du gerade steckst – das ist bei jedem Jungen anders. Es lässt sich in der Pubertät auch nicht vorhersagen, wie gross dein Penis mal werden wird. Das Peniswachstum ist mit etwa 18 bis 19 Jahren abgeschlossen. Untersuchungen haben gezeigt, dass der ausgewachsene Penis im erigierten (steifen) Zustand in der Regel eine Länge von 10 bis 19 cm hat. Er kann aber auch kürzer oder länger sein. Die Durchschnittslänge betrug in einer Studie der Uniklinik Essen 14,48 cm. Der Durchmesser liegt zwischen 3 und 5 cm an der Basis (Durchschnitt 3,95 cm) und der Umfang bei 12,4 cm. Du misst die Penislänge vom Bauch zur Spitze der Eichel an der Oberseite des Penis. Es macht keinen Sinn, wenn du den Penis im schlaffen Zustand misst, da die Werte dann nicht genau sind, weil sie z.B. von der Umgebungstemperatur abhängen. Macht mich ein grösserer Penis zum besseren Liebhaber? Es ist ein Märchen, dass die Penisgrösse bestimmt, ob du guten Sex hast oder eine Frau/ein Mädchen «befriedigen» kannst. Zum guten Liebhaber macht dich, wenn du deine Männlichkeit und deine Fähigkeiten als Liebhaber gut entwickelt hast. Dazu gehört, dass du deinen Penis gut wahrnimmst und geschickt mit deinem Körper lenken kannst. Als guter Liebhaber kennst du dich auch in der Scheide deiner Partnerin aus und hast sie auch schon mit den Fingern erforscht und mit der Zunge geschmeckt. Und zum guten Liebhaber macht dich natürlich auch, wenn du beim Sex darauf achtest, was die Frau/das Mädchen beim Sex begehrt, wahrnimmt und fühlt. Hier sind ein paar Tipps für verschiedene Penisgrössen: Wenn dein Penis eher kurz ist, wird es dich wahrscheinlich freuen, zu lesen, dass die Scheide in den äussersten 5 Zentimetern weitaus am meisten spürt und am erregbarsten ist. Da kommen also auch wirklich kurze Penisse problemlos hin. Wenn du einen eher schmalen Penis hast, übt dieser weniger Druck auf die seitliche Scheidenwand aus. Dann ist es eine besonders gute Idee, wenn du lernst, beim Geschlechtsverkehr zwischendurch auch kreisförmigen Beckenbewegungen zu machen und die Scheidenwand so zu massieren. Du kannst auch in schrägen Winkeln mit dem Penis in die Scheide eindringen und so mehr Druck auf die Seite 5 / 24 Lesetext Knaben Scheidenwand ausüben. Probier auch mal, ob es euch gefällt, wenn du auch mal zusätzlich zum Penis einen Finger in die Scheide stickst. Ein grosser, langer Penis kann einer Frau/einem Mädchen beim Geschlechtsverkehr Schmerzen bereiten: Die Scheide ist, wenn sie nicht sexuell erregt ist, nur 12 cm lang oder kürzer. Erst wenn sie erregt ist, wird sie grösser, weiter und feuchter – so dass der Penis gut in ihr Platz hat und gut rutscht. Aber selbst dann gibt es Orte innerhalb der Scheide, die wehtun können, wenn ein ungeschickter Penis daran stösst – etwa der Muttermund. Wenn du einen grossen Penis hast, ist es darum besonders wichtig: dass die Scheide im Vorspiel genügend erregt wird dass du geschickt mit deinem Penis umgehst dass du mit dem Penis gut wahrnimmst, was in der Scheide passiert dass du und deine Partnerin euch beim Sex miteinander – in einem gemeinsamen Rhythmus – bewegt. Was den Penis wirklich gross macht Nachdem du etwa 19 bist, wachsen dein Körper und dein Penis nicht weiter, du kannst an der Länge nichts verändern. Was du aber verändern kannst, ist das Gefühl für deinen Körper und deinen Penis. Du kannst all die Empfindungen kennen lernen, die mit deinem Penis möglich sind; du kannst lernen, zu was er fähig ist; du kannst lernen, seine Kraft und Grösse wahrzunehmen. Der Penis kann nämlich viel kräftiger und grösser sein als er lang ist. Zunächst einmal ist der Penis sowieso viel länger als er aussieht: Er ist nicht aussen an den Körper angewachsen, sondern tief im Körper verankert. Fast die Hälfte des Penis verläuft innerhalb des Körpers. Mit deiner Hand kannst du die Unterseite des Penis weiterverfolgen bis hinter den Hodensack. Statt deinen Penis nur von aussen anzusehen, ist es daher eine gute Idee, wenn du dir immer wieder klar machst, dass da noch viel mehr ist als das, was du siehst. Da so viel vom Penis innerhalb des Körpers ist, lässt er sich auch nicht nur von aussen sexuell erregen, sondern von innen, also durch das Spiel mit der Beckenbodenmuskulatur. Darum bringt es viel, wenn du lernst, deine Beckenbodenmuskeln zu spüren und gezielt einzusetzen. So erfasst die sexuelle Erregung einen grösseren Raum, und du spürst dann auch deinen Penis als grösser und länger. Wenn du lernst, deine sexuelle Erregung gut zu steuern und zu geniessen, kann das so weit gehen, dass du den ganzen Körper als erweiterten Penis wahrnimmst. Dann spürst du deine sexuelle Erregung und deine Lust im ganzen Körper, und du spürst auch im ganzen Körper die Lust darauf, eine andere Person aussen und innen zu entdecken. Nicht nur mit dem Penis, sondern mit den Händen, der Zunge und sogar mit deinen Blicken berührst du den anderen Körper und dringst in seine Höhlen ein (Mund, Ohren, Achselhöhlen, Bauchnabel, After, Scheide, Kniekehle, Nacken, Ellenbogenbeuge usw.), um sie auszufüllen. Das hat sehr viel mit deinem Gefühl zu tun, mit deinen Vorstellungen und Fantasien. So kannst du deinen Penis und deinen ganzen Körper mit Männlichkeit ausfüllen und beleben, und das ist viel mehr und grösser und stärker als die reine Penislänge. Seite 6 / 24 Lesetext Knaben Welche Gefühle hat und zeigt ein Mann? Wie kann ich mit meinen Gefühlen umgehen? Gefühle gehören zu dir. Sie sind eine spontane Reaktion auf Dinge, die in deinem Leben passieren. Du hast sie einfach – da kannst du nichts dagegen machen. Du kannst also nicht bestimmen, ob du Liebe, Angst, Wut, Freude, Trauer, Scham, Unsicherheit und Selbstzweifel empfindest, und du kannst sie auch nicht einfach «wegmachen». Hingegen kannst du wählen, wie du mit den Gefühlen umgehst und wie du sie ausdrückst. Was bringt es mir, wenn ich Gefühle zulasse und zeige? Wenn du Gefühle wahrnimmst und sie ernst nimmst, verhinderst du, dass sie sich in dir anstauen und irgendwann heftig und zerstörerisch rauskommen. Du gewinnst in deiner persönlichen Entwicklung dazu, weil du in besserem Kontakt mit dir als Mann und Mensch stehst. Deine emotionale Intelligenz steigt. Emotionale Intelligenz ist deine Fähigkeit, deine eigenen Gefühle wahrzunehmen und damit auch anderen mitteilen zu können. Dadurch, dass du deine eigenen Gefühle wahrnimmst, kannst du auch die Gefühle anderer besser wahrnehmen und mit ihnen umgehen. Deine emotionale Intelligenz ist Voraussetzung für deine Sozialkompetenz. Sozialkompetenz ist die Fähigkeit, dich mit unterschiedlichsten Menschen so zu verhalten, dass du und die anderen sich möglichst wohl fühlen. Du bist erfolgreicher im Eingehen und Gestalten von Beziehungen mit Frauen, weil für Frauen die Gefühlsebene sehr wichtig ist. Du kannst Freundschaften mit Männern eingehen und pflegen, die auch interessiert daran sind, ihre Gefühle bewusst wahrzunehmen. Du kannst von diesen Freundschaften profitieren, weil ihr offener miteinander reden könnt und du mehr dazulernen kannst. Wenn Männer Gefühle nicht zulassen Gefühle wollen ernst genommen und ausgedrückt werden. Du kannst wählen, wie du sie ausdrücken willst. Wenn du sie nicht ernst nimmst, wählen deine Gefühle selbst die Art, wie sie sich ausdrücken. Viele Jungen und Männer trauen sich nur die aggressiven Gefühle zu zeigen, weil diese sie mit ihrer härteren Seite in Verbindung bringen. Aggressive Gefühle sind in vielen Bereichen gewünscht und gefordert: Sie zeigen sich als Durchsetzungsfähigkeit, Kampfgeist, Konkurrenzdenken, Durchhaltevermögen oder Mut. Wenn sie sich aber in zerstörerischer Form zeigen, werden sie abgelehnt oder sogar bestraft. Zerstörerische Formen sind etwa, wenn man andere beschimpft, nieder macht, bedroht oder schlägt. Oder wenn man sich selbst niedermacht oder verletzt. Die aggressiven Gefühle zeigen sich auf diese zerstörerische Art, wenn man sie vorher nicht wahrgenommen und ernst genommen hat. Es fällt vielen Männern schwerer, die Gefühle zu zeigen, die sie mit ihrer weicheren Seite in Verbindung bringen, zum Beispiel Angst, Trauer, Scham, Unsicherheit und Selbstzweifel. Sie fühlen sich diesen Gefühlen machtlos ausgeliefert. Dieses Gefühl Seite 7 / 24 Lesetext Knaben der Machtlosigkeit versuchen sie loszuwerden, in dem sie andere niedermachen – zum Beispiel schlagen, fertig machen, beschämen oder verspotten – damit sie sich selbst wieder mächtiger fühlen. Es gibt aber auch viele Männer, die ihre aggressiven Gefühle nicht ernst nehmen und auch nicht zeigen wollen, weil ihre aggressiven Gefühlen ihnen Angst machen, oder weil sie befürchten, abgelehnt zu werden, wenn sie sie zeigen. Gefühle, die du nicht ernst nimmst und angemessen ausdrückst, empfindest du als eine unklare und unangenehme Spannung. Um diese Spannung loszuwerden, provozieren manche Schlägereien oder verletzen sich selbst. Sie fühlen sich danach entspannter. Andere entspannen sich, in dem sie trinken, Drogen nehmen, essen, Computerspiele spielen oder fernsehen. Gefühle, die du nicht ernst nimmst, verschwinden nicht, sondern sammeln sich an und werden immer wieder spürbar. Der innere Druck und die innere Spannung werden immer grösser. Gefühle kann man nicht wählen, das Verhalten schon Manche Jungen und Männer meinen, sie müssten ihre Gefühle im Griff haben. Sie unterscheiden nicht zwischen Gefühlen und Verhalten. Sie meinen, sie hätten ein Problem mit einem Gefühl, dabei ist das Problem ihr Verhalten: Wenn du aus Wut immer gleich dreinschlägst, ist das Problem nicht, dass du wütend bist, sondern dass du drein schlägst. Wenn du dich aus Schamgefühlen nie traust, mit anderen Jungen zu duschen, und daher den Fussballclub aufgibst, ist das Problem nicht, dass du dich schämst, sondern dass du den Fussballclub aufgibst. Wenn du aus Angst ein Mädchen nicht ansprichst, dass dir gefällt, ist das Problem nicht, dass du Angst hast, sondern dass du das Mädchen nicht ansprichst. Du kannst nichts daran ändern, dass du Wut, Scham oder Angst empfindest. Aber du kannst dein Verhalten ändern: Du kannst dich entscheiden, mit anderen Jungen zu duschen, das Mädchen anzusprechen oder nicht immer zuzuschlagen. Du kannst dein Verhalten kontrollieren – du kannst immer wählen, wie du handelst. Indem du dein Verhalten änderst, verändert sich auch, wie du ein Gefühl erlebt. Deine Scham und Angst werden kleiner, wenn du die Situationen, die sie auslösen, nicht meidest, sondern durchstehst. Und deine Wut handelt dir weniger Probleme ein, wenn du sie dort auslebst, wo niemand zu Schaden kommt. Du kannst also durch dein Verhalten machen, dass deine Gefühle weniger zum Problem für dich werden. Seite 8 / 24 Lesetext Knaben Umgang mit Alkohol Manche Jungen und Männer trinken viel Alkohol, wenn sie eine innere Spannung fühlen oder schlechte Gefühle, etwa Angst oder Scham, in sich hochkommen fühlen. Sie trinken, um ihre Hemmungen zu überwinden, sich machtvoller und männlicher zu fühlen. Dabei macht Alkohol überhaupt nicht männlicher: Wenn du viel trinkst, wird es dir schwerer fallen, eine Erektion zu kriegen. Wenn du Alkohol trinkst, sinkt vielleicht auch deine Hemmschwelle davor, dich daneben zu benehmen, zu stören, aufdringlich zu werden, Grenzen zu überschreiten und Dinge zu tun, die du sonst nicht tun würdest und die du später bereust. Zum Beispiel werden viele Gewalttaten und sexuelle Übergriffe unter dem Einfluss von Alkohol gemacht. Je mehr Alkohol du trinkst, desto schwieriger wird es, klarer zu denken, Situationen richtig einzuschätzen, und gute Entscheide zu fällen. Darum sagen sich manche, nachdem sie eine Dummheit gemacht haben: «Ich war nicht schuld, der Alkohol war schuld». Das stimmt nicht: Sie hätten sich immer noch dagegen entscheiden können, sie sind also für ihr Verhalten verantwortlich. Denn so lang sich ein Mann noch so gut bewegen kann, dass er irgendeine Handlung machen kann, ist er auch noch denkfähig und weiss sehr wohl, was er tut. Erst wenn einer völlig beduselt und betäubt im Stuhl hängt und nicht mehr hochkommt, kannst du davon ausgehen, dass er nicht mehr weiss, was er tut. Wenn du das Gefühl hast, dass du eher zu viel trinkst, und wenn dich das nervt, dann versuch mal, zu verlangsamen. Das heisst: eine Stange Bier trinken und schauen, wie die einfährt. Das nimmst du besser wahr, wenn du danach erst mal eine Flasche Mineralwasser trinkst. Und erst nach dieser Wasserflasche die zweite Stange. Viele trinken nämlich so schnell, dass ihnen gar nicht auffällt, wie der Alkohol einfährt. Und sie spüren nicht, wann die angenehmen Gefühle in Besoffenheit umschlagen. Wenn du lernst, langsamer zu trinken, kannst du das besser kontrollieren und kannst das Trinken auch besser geniessen. Wie übe ich, mit meinen Gefühlen umzugehen? Am besten, du übst an einem sicheren Ort. Der sicherste Ort ist dein Kopf – also deine Vorstellung und Fantasie. Such dir einen ruhigen Moment, wo du nicht gestört wirst, und frag dich, welche Gefühle du bei dir kennst: Wut? Angst? Trauer? Scham? Unsicherheit? Selbstzweifel? Wann hast du sie das letzte Mal erlebt? Was hast du getan, als sie in dir hochgekommen sind? Findest du, du hast gute Wege gefunden, mit ihnen umzugehen? Oder hast du Ärger gekriegt? Oder hast du irgendetwas gemacht, das du eigentlich nicht tun wolltest? Oder hast du etwas nicht gemacht, das du gern getan hättest? Und dann frag dich, wie du dich hättest verhalten können, so dass du dich nachher besser gefühlt hättest. In deiner Vorstellung kannst du dir ausmalen, welche guten Seite 9 / 24 Lesetext Knaben Erfahrungen du machen würdest, wenn du auf diese andere Art handeln würdest. Das Gehirn merkt nicht, dass das nicht in Wirklichkeit, sondern nur in deiner Vorstellung passiert – es prägt sich diese guten Erfahrungen trotzdem ein. Und dadurch wird es für dich einfacher sein, wenn du dieses neue Verhalten dann mal in Wirklichkeit ausprobieren willst. Besonders gut klappt das, wenn du das kurz vor dem Einschlafen machst. Ich kenne meine Gefühle nicht so gut Vielleicht merkst du auch, dass es das eine oder andere Gefühl gibt, das du bei dir nicht so gut kennst. Du kannst davon ausgehen, dass du dieses Gefühl auch hast – denn du hast alle Gefühle, weil du ein Mensch bist. Überleg dir, wie du es schaffst, dass du ein bestimmtes Gefühl – zum Beispiel Angst, Wut, Trauer, Scham – nicht wahrnimmst. Überleg dir, in welchen Momenten du solche Gefühle haben könntest, und was du tust, damit du sie dann nicht wahrnimmst. Lenkst du dich zum Beispiel mit irgendetwas ab? Erzählst du einen Witz? Provozierst du jemanden? Spielst du Computerspiele? Schaltest du den Fernseher ein? Betrinkst du dich? Isst du? Nimmst du Drogen? – Mit all diesen Sachen kannst du dich von unangenehmen Gefühlen ablenken. Was bringt es dir, Gefühle nicht wahrzunehmen? Ganz einfach: In dem du gelernt hast, bestimmte Gefühle nicht wahrzunehmen, schützt du dich vor anderen Menschen. Du erwartest nämlich, dass sie auf eine unschöne Art reagieren, wenn du diese Gefühle zeigst. Vielleicht bist du beim Spielen früher von den älteren Jungs ausgelacht geworden, wenn du Angst gezeigt hast. Vielleicht haben dich deine Eltern zurechtgewiesen, wenn du traurig warst und geweint hast. Vielleicht bestraft deine Mutter dich mit Schweigen, wenn du wütend bist und ihr deine Meinung sagst. Vielleicht machen dich deine Kollegen verächtlich herunter, wenn sie merken, dass du dich schämst und rot wirst. Wenn du die Angst, die Trauer, die Wut oder die Scham nicht wahrnimmst, zeigst du sie natürlich auch nicht und bist so geschützt vor dem Ausgelachtwerden, vor Zurechtweisungen, vor Schweigestrafen, verächtlichen Bemerkungen und anderen unschönen Reaktionen. Das Problem entsteht dann, wenn du das verallgemeinerst, das heisst, wenn du deine Angst, Trauer Wut oder Scham auch in den Momenten nicht wahrnimmst, wo dich niemand auslachen, zurechtweisen, strafen oder heruntermachen würde. Denn Gefühle wollen wahrgenommen und ernst genommen werden. Überleg dir, welche Menschen dich ernst nehmen würden, wenn du diese Gefühle zeigen würdest. Bei welchen Menschen kannst du es wagen, dein Gefühl zu zeigen, bei welchen eher nicht? Gibt es jemand unter deinen Freunden? Oder ein Mädchen? Seite 10 / 24 Lesetext Knaben Oder eine Lehrerin? Oder jemand in deiner Familie? Oder einen erwachsenen Bekannten? Oder irgendjemand anderen? Probier das mal in deiner Fantasie aus: Stell dir vor, dass du deine Angst, Trauer, Wut oder Scham vor diesen Menschen zeigen würdest, und stell dir vor, sie würden gut reagieren. So kannst du in der Vorstellung eine gute Erfahrung machen: Das Gehirn merkt nicht, dass das nicht in Wirklichkeit, sondern nur in deiner Vorstellung passiert – es prägt sich diese gute Erfahrung trotzdem ein. Und dadurch wirst du dich eher trauen, deine Gefühle vor diesen Menschen in Wirklichkeit auch zu zeigen. Besonders gut klappt das, wenn du das kurz vor dem Einschlafen machst. Wie werde ich selbstsicherer? Darf ein Mann schüchtern und unsicher sein? Ja: Schüchternheit ist eine Stärke. Sie ist ein Zeichen dafür, dass du im Kontakt mit deinen Gefühlen stehst. Mit deiner Schüchternheit drückst du deine Hemmung und Unsicherheit in unvertrauten, verunsichernden Situationen und Bereichen aus. Unsicherheit ist normal und auch hilfreich: Wenn du eine neue Erfahrung machst in einem Bereich, wo du dich noch nicht auskennst, ist es hilfreich, ängstlich zu sein und dich zu fragen, ob du das schaffst. Dann bist du nämlich wachsamer und reagierst schneller. Jungen oder Männer, die überhaupt nie schüchtern erscheinen, überspielen ihre Schüchternheit, oder sie verdrängen sie oder spalten sie ganz ab, das heisst, sie sind überhaupt nicht mehr mit ihr in Kontakt. Auch wenn du lernst, mit deiner Schüchternheit umzugehen, ein Stück Schüchternheit wird immer bestehen bleiben. Wie gehe ich mit meiner Unsicherheit und Schüchternheit um? Am besten, du nimmst die Unsicherheit und Schüchternheit an und stellst dich ihr. Das heisst, du tust die Dinge, vor denen du Angst hast. Angst wird immer kleiner, wenn du dich ihr stellst: Wenn du in eine Situation hinein gehst, die dir Angst macht, und dann die Erfahrung machst, dass du sie irgendwie überstehen und meistern kannst, steigt deine Selbstsicherheit. Denn das nächste Mal, wenn du in eine ähnliche Situation kommst, erinnerst du dich daran, dass du sie schon einmal überstehen und meistern konntest. Wenn du so immer mehr Erfahrungen sammelst, sinkt deine Angst allmählich und die Selbstsicherheit steigt allmählich. Wichtig ist, dass du dich in einer beängstigenden Situation nicht auf das konzentrierst, was du nicht hast und kannst, sondern auf das, was du gern hast an dir – innerlich wie äusserlich – und was dir gute Gefühle gibt. Das nennt man deine Ressourcen. Ressourcen sind zum Beispiel… ein Sport, den du gern machst und der dir ein gutes Gefühl gibt ein Schulfach, in dem du gut bist ein Hobby, dass du gern machst Seite 11 / 24 Lesetext Knaben eine Musik, die du magst Fähigkeiten im Umgang mit anderen, zum Beispiel wenn du an anderen interessiert bist und gut zuhören kannst Teile von deinem Körper, die dir gefallen alles was dich interessiert gute Gefühle in deinem Körper, zum Beispiel beim Tanzen oder der Selbstbefriedigung Deine Ressourcen tragen viel zu deiner Selbstsicherheit als Mann bei. Es ist darum wichtig, dass du dich so oft wie möglich an sie erinnerst. Tipps für mehr Selbstsicherheit Schreib auf, was du an dir gern hast und gut findest – was deine Ressourcen sind. Denk an etwas, was du gern an dir hast, und achte darauf, wie sich dein Körpergefühl und deine Körperhaltung verändern. Denk zum Vergleich auch mal an etwas, was du nicht gern an dir hast, und achte darauf, wie sich dein Körpergefühl und deine Körperhaltung verändern. Du wirst wahrscheinlich merken, dass es eine gute Idee ist, öfter mal an das zu denken, was du gern an dir hast – dann gehts dir einfach besser. Leg dich in aller Ruhe aufs Bett und fantasiere in Tagträumen von deinen Ressourcen, von den guten Gefühlen, die du dabei hast. Das kannst du auch abends vor dem Einschlafen tun. Das Gehirn prägt sich diese Tagträume ein. Wenn du dann das nächste Mal in einer verunsichernden Situation bist, erinnere dich an deine Tagträume. Das entspannt dich. Wenn du entspannt bist, wird deine Angst kleiner. Versuch gleichzeitig, tief und langsam in den Bauch zu atmen. Das entspannt auch. Leg dich auf dein Bett und stell dir deinen Wunsch vor. Wenn du zum Beispiel ein Mädchen ansprechen möchtest, stell dir vor, dass sie positiv reagiert. So machst du in der Fantasie schon eine gute Erfahrung mit dem Mädchen. Das Gehirn merkt nicht, dass das eigentlich gar keine richtige Erfahrung ist, sondern nur deine Vorstellung – es prägt sich diese gute Erfahrung trotzdem ein, und du wirst sicherer sein, wenn du das Mädchen ansprichst. Besonders gut klappt das, wenn du dir den Wunsch kurz vor dem Einschlafen vorstellst. Wie gehen Männer mit Männern um? Was tun, wenn ich ein Gruppentier bin? Manche Männer finden, dass sie nur allein stark sind. Sie sehen sich als Einzelkämpfer. Es fällt ihnen schwer, eine Gruppe zu finden, zu der sie gehören wollen. Umgekehrt gibt es Männer, die immer mit Leuten zusammen sein wollen. Allein wirds ihnen unwohl und langweilig. Sie wissen nicht so recht, was sie mit sich Seite 12 / 24 Lesetext Knaben anfangen sollen. Das sind die Gruppentiere. Sie finden, nur in der Gruppe seien sie stark. Andere Männer sind beides: Sie sind gruppenfähige Individualisten, die ihre Gruppe zwar als wichtig, aber nicht als überlebensnotwendig sehen. Ihnen macht es Spass, allein zu sein und mit anderen zusammen zu sein. Sie fahren auf die Dauer am besten. Wenn ein Mann nur ein Gruppentier ist, wird er von der Gruppe abhängig. Er will um jeden Preis dazu gehören. Er hat total Angst davor, aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Darum meint er, er müsste bei allem mitmachen, was die Gruppe will. Und er meint, er müsse all das tun, was die Gruppe von ihm erwartet. Auch wenn er es selbst eigentlich nicht tun will. Er meint auch, er müsste die Ansichten, die in der Gruppe herrschen, teilen, und steckt seine eigenen Ansichten weg. Damit ist er sich selbst nicht treu. Das ist schlecht für sein Selbstwertgefühl und für das Gefühl, ein richtiger Mann zu sein. Tipp für Gruppentiere: Vor zigtausend Jahren, in der Steinzeit, war das verständlich, dass Männer auf Teufel komm raus einer Gruppe angehören wollten. Denn in der Wildnis, mit all ihren Mammuts und Säbelzahntigern, konnten sie als Einzelkämpfer nicht überleben. Diese Angst wirkt bei dir heute noch nach, auch wenn sie längst nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hat: Du musst zum Überleben nicht einer Gruppe zugehören. Du musst ja nicht mehr allein Mammuts jagen – du kannst dir deine Lebensmittel im nächsten Supermarkt kaufen. Warum sind Männerfreundschaften so wichtig? Männerfreundschaften sind ganz wichtig, weil du dich so an anderen Männern spiegeln kannst. Das heisst: Du kannst sehen, wo du ähnlich oder anders bist, was du besser oder weniger gut kannst. Und deine Kumpels können dir aus männlicher Sicht sagen, wie sie dich als Mann erleben. Das alles hilft dir, besser zu erkennen, was für ein Mann du eigentlich bist und sein willst. Wenn ein Mann nur Einzelkämpfer ist, kann er nicht von Männerfreundschaften profitieren. Und es kann sein, dass er Angst vor anderen Männern entwickelt, weil er nicht die Erfahrung macht und nicht lernt, mit ihnen umzugehen. Ein Einzelkämpfer lernt auch nicht, andere um Hilfe zu fragen oder mit ihnen über seine Probleme zu reden, wenn es ihm mal schlecht geht. Wenn du ein Problem mitteilst, stellst du es aus dir heraus. Dadurch geht es dir schon mal besser, weil du ein bisschen Abstand dazu hast. Wenn du mit anderen Männern über deine Probleme redest, wirst du merken, dass diese viele deiner Probleme auch kennen. Es hilft, zu sehen, dass du nicht der einzige auf der Welt bist, der ein bestimmtes Problem hat. Da fühlt man sich gleich viel weniger allein. Andere können dir auch Tipps geben, auf die du vielleicht selbst nicht kommst. Schau dich nach Männern in deinem Umfeld um, bei denen du ein gutes Gefühl hast, und sorge dafür, dass du mit ihnen mehr Zeit verbringst. Erzähle ihnen ein bisschen von dir und schau, wie sie reagieren und ob dir das ein gutes Gefühl gibt. Wenn ja, kannst du dich noch etwas mehr öffnen. So machst du mehr und mehr gute Erfahrungen mit anderen Männern. Das gibt dir den Mut, noch mehr zu ihnen in Seite 13 / 24 Lesetext Knaben Kontakt zu treten. Du wirst wahrscheinlich auch die Erfahrung machen, dass sie es schätzen, wenn du dich ihnen gegenüber ein bisschen öffnest. Dann bekommen sie nämlich selbst auch mehr Mut, dir Sachen von sich zu erzählen. Dürfen Männer Probleme haben und darüber reden? Haben Männer Probleme? Klar, alle Männer haben kleinere oder grössere Probleme. Sie sind schliesslich Menschen. Und alle Menschen zwickts irgendwo: Sie haben irgend eine Unzufriedenheit, oder einen Frust, oder eine Angst, die sie nervt, oder zu wenig Geld, oder Streit mit irgend jemandem – und so weiter. Wenn sie keine Probleme hätten, könnten sie auch keine Probleme lösen. Ein Problem zu lösen gibt dir Selbstsicherheit, und es geht dir besser. Wer ist schuld an meinen Problemen? Vielleicht sagst du dir, dass die Anderen Schuld an deinen Problemen haben. Das ist eigentlich schade, denn wenn du selbst die Verantwortung für deine Probleme übernimmst, gibst du dir auch die Kontrolle darüber. Und das macht dich selbstsicherer. Was bringt es, über Probleme zu reden? Wenn du ein Problem mitteilst, stellst du es aus dir heraus. Dadurch geht es dir schon mal besser, weil du ein bisschen Abstand dazu hast. Wenn du mit anderen Männern redest, wirst du merken, dass diese deine Probleme auch kennen. Es hilft, zu sehen, dass du nicht der einzige auf der Welt bist, der dieses Problem kennt. Andere können dir auch Tipps geben, auf die du vielleicht selbst nicht kommst. Frag dich also, ob du einen guten Kollegen hast, dem du deine Sorgen und Probleme mitteilen kannst. Wenn du Mann kennst, kennst du vielleicht eine Frau? Was tun, wenn nur die anderen finden, dass ich Probleme habe? Vielleicht sagst du dir «Mir gehts bestens, ich habe keine Probleme». Würden deine Eltern, Freunde oder Lehrer auch sagen, dass du keine Probleme hast? Wenn du findest, dass sie sagen würden «Doch, er hat Probleme», dann frag dich mal, wie du es geschafft hast, trotzdem zu finden, dass du keine Probleme hast. Möglicherweise hast du eine Fassade aufgebaut, die dich davor schützt, dich mit deinen Problemen zu beschäftigen. Vielleicht musst du noch etwas mehr Selbstsicherheit aufbauen, damit du dich mit deinen Problemen auseinandersetzen möchtest. Vielleicht fütterst du ja auch deine Selbstsicherheit mit dem Gefühl «Ich hab keine Probleme». Vielleicht findest du, dass es dir erst recht verschissen gehen würde, wenn du alle deine schlafenden Probleme ans Tageslicht bringen würdest. Lieber steckst du sie auf die Seite und wendest dich etwas anderem zu. Überleg dir mal, was du machst, um Probleme auf die Seite zu stecken. Kann es sein, dass du dich ablenkst? Wie machst du das? Hilft es dir? Kannst du damit die Probleme lösen? Hast du eine Idee, wie du auch noch damit umgehen könntest? Seite 14 / 24 Lesetext Knaben Komische Meinungen in Männergruppen In Männergruppen herrschen oft Mythen (Irrglauben) darüber, was ein richtiger Mann ist. Manchmal sind diese Mythen klar ausgesprochen. Du hörst vielleicht, dass du etwas Bestimmtes machen musst, um zur Gruppe zu gehören. Manchmal sind sie nicht ausgesprochen. Du vermutest einfach, dass gewisse Meinungen und Regeln gelten und dass die anderen von dir verlangen, dass du dich auf eine bestimmte Art verhältst. Wahrscheinlich trägst du diese Ansichten selbst in dir und meinst einfach, dass andere auch so denken. Vielleicht hast du zum Beispiel das Gefühl, du seist nur akzeptiert, wenn du keine Angst hast, völlig selbstsicher bist, dich nie schämst oder mit vielen Frauen schläfst – dabei finden die anderen das gar nicht. Typische Mythen in Männergruppen In Männergruppen wird oft der Irrglaube verbreitet, dass richtige Männer sexuell sehr aktiv sein sollten, also viel Sex mit vielen Frauen haben sollten. Das stimmt nicht: Sexueller Genuss hat nichts mit der Menge Sex zu tun, die du hast. Wenn du mehr Sex hast, bist du auch nicht männlicher. Du bist männlicher, wenn du deinen Körper und deine sexuelle Erregung mehr geniesst. In Männergruppen herrscht oft der Irrglaube, ein richtiger Mann sei ein Macho, der sich holt, was er will, egal was andere davon halten. Das stimmt nicht. Ein richtiger Mann kann andere verführen und ihnen Lust darauf machen, mit ihm etwas zu machen. Er muss sie nicht dazu überreden, drängen, erpressen oder zwingen. Dadurch erreicht er, dass die anderen wirklich mitmachen wollen. Und wenn sie trotz seiner Verführungskünste nicht wollen, dann fällt ihm kein Zacken aus der Krone, wenn er sich eingesteht, dass sie halt wirklich nicht wollen. Er gibt auf und sucht anderswo weiter. Überleg dir auch mal: Wenn du etwas mit einer anderen Person tust, das diese Person nicht tun will, hast du damit wirklich das erreicht, was du wolltest? Was du dir geholt hast, ist doch nur, dass diese Person wütend auf dich geworden ist oder Angst vor dir hat. In manchen Gruppen herrscht auch der Irrglaube, Männer seien von ihren Trieben, vom Penis oder vom Testosteron «gesteuert», und müssten sich den Sex mit Frauen deshalb holen. Das stimmt nicht: Was stimmt, ist, dass viele Jugendliche und junge Männer wegen ihrer hohen Testosteronproduktion sehr oft an Sex denken, viel Lust auf Sex haben und mehrmals am Tag und in der Nacht Erektionen haben. Aber sie sind trotzdem von ihrem Gehirn gesteuert. Das heisst: Sie können immer entscheiden, wie sie handeln wollen. Es gibt viele Möglichkeiten, die sexuellen Bedürfnisse auszuleben, wenn keine Partnerin da ist, die auch sexuelle Handlungen mit ihnen machen möchte. Die Selbstbefriedigung ist eine von ihnen. In Männergruppen herrscht auch der Irrglaube, dass ein Mann ganz allgemein keine Schwächen und Grenzen hat: Er darf nicht sagen, «Das ist mir zu schwer», «Davor hab ich Angst », «Ich kann nicht weiterlaufen» oder «Ich mag nicht mehr trinken». Aber Männer sind nur Menschen, keine Superhelden. Es ist interessanter, mit einem normalen Menschen Kontakt zu haben als mit einem Superhelden. Wenn du deine Grenzen annimmst, lernst Seite 15 / 24 Lesetext Knaben du, was innerhalb der Grenzen möglich ist. Sonst strebst du nur dem Unmöglichen nach und kannst nur versagen. Ein richtiger Mann hat seine eigenen Meinungen. Egal was die Männer in der Gruppe sagen. Wenn deine Gruppe Ansichten vertritt, die dir unangenehm oder nicht geheuer sind, vertrau auf dein Gefühl und such dir eine neue Gruppe. Du hast es in eine Gruppe hineingeschafft, du schaffst es auch in eine andere hinein. Gewalt und sexuelle Übergriffe Was ist ein sexueller Übergriff? Ich habe einen sexuellen Übergriff erlebt, was kann ich tun? Ich kenne eine Person, die einen sexuellen Übergriff erlebt hat, wie kann ich ihr helfen? Wieso sind alle Gefühle bei und nach einem sexuellen Übergriff normal? Wieso kann ich auch sexuell erregt sein, wenn jemand bei mir einen sexuellen Übergriff macht, obwohl ich mich ganz schlecht fühle? Was tun, wenn ich die Person liebe, die bei mir einen sexuellen Übergriff gemacht hat? Wieso bin ich nie schuld daran, wenn jemand einen sexuellen Übergriff bei mir gemacht hat, egal wie ich mich verhalten habe? Wieso ist es so wichtig, mit anderen über den sexuellen Übergriff zu reden? Wo kann ich mich nach einem sexuellen Übergriff beraten lassen? Kann ich dabei anonym bleiben? Welche Handlungen sind nach Schweizer Gesetz strafbar? Ab wann ist Sex erlaubt? Und wie gross darf der Altersunterschied sein? Wie kann ich nach einem sexuellen Übergriff eine Anzeige machen? Wie läuft das Strafverfahren ab? Wie kann ich einen sexuellen Übergriff verarbeiten und wie lang dauert das? Gefühle bei und nach einem sexuellen Übergriff Für viele Männer ist es besonders schwierig, anzunehmen, dass es Situationen gibt, in denen sie keine Kontrolle, keine Macht haben, in denen sie hilflos und ausgeliefert sind – insbesondere dann, wenn ihre Sexualität betroffen ist. Weil das überhaupt nicht in ihr Bild vom Mannsein passt. Männer erleben sehr wohl auch sexuelle Übergriffe, sowohl durch andere Männer als auch durch Frauen. Sie schweigen aber eher darüber. Gespräche mit unbeteiligten Personen, zum Beispiel in einer spezialisierten Beratungsstelle, oder andere Fachpersonen wie Psychologen, helfen dir, klarer zu sehen und zu beurteilen, was wirklich geschehen ist. Auch Männer erleben sexuelle Übergriffe. Wenn irgendjemand – Fremde, Dates, Familienmitglieder, (Ex-)Freunde – wider deinen Willen sexuelle Handlungen mit dir macht oder dich dazu bringt, sexuelle Handlungen zu machen, nennt man das einen sexuellen Übergriff. Ein sexueller Übergriff beinhaltet alle Grenzverletzungen vom ungewollten Küssen und Petting hin zum ungewollten Oral- und Analverkehr. Eine Grenzverletzung ist auch, wenn jemand vor dir wichst, und du das nicht möchtest, oder du einen Porno schauen musst, oder wenn dich jemand mit Worten sexuell belästigt. Deine Sexualität gehört dir. Du entscheidest selbst, welche sexuellen Handlungen du wann und mit wem machst. Seite 16 / 24 Lesetext Knaben Deine Gefühle zeigen dir, ob du einen sexuellen Übergriff erlebt hast. Hast du irgend welche komischen, mulmigen oder unangenehmen Gefühle darüber, was eine Person mit dir gemacht hat oder was du mit ihr gemacht hast? Merkst du, dass du darüber grübelst und es dich nicht loslässt? Spürst du, dass irgend ein Gefühl von Verletzung bleibt? Dann ist es gut möglich, dass diese Person einen sexuellen Übergriff gemacht hat. Vertrau auf dein Gefühl. Wenn du dich nicht wohl fühlst, ist etwas nicht in Ordnung. Manchmal kann man sich einfach nicht wehren – weil man vor Angst erstarrt oder unter Schock steht und so tut, als ob nichts passiert, oder weil das Gegenüber stärker ist, oder weil man schlicht überrascht und fassungslos ist. Situationen, in denen du macht- und hilflos bist – und dazu gehören sexuelle Übergriffe – können ganz viele mögliche Reaktionen auslösen: Angst, das irgendjemandem mitzuteilen, weil du dich schämst oder schuldig fühlst. Angst, dass das wieder passieren könnte. Wut darüber, dass es passiert ist – auf das Gegenüber sowie auf dich selbst, weil du es zugelassen hast. Es kann sein, dass du dich macht- und hilflos fühlst, und es kann sein, dass du dieses sehr beängstigende Gefühl versuchst, wegzumachen, in dem du dir selbst die Schuld gibst. Es kann aber auch sein, dass du gar keine Gefühle wahrnimmst – weil es einfach zu viel war. Es kann auch sein, dass du versuchst, das Geschehene zu vergessen und so zu tun, als ob das nicht passiert ist, und dich so zu schützen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist es für dich vielleicht möglich, dich mit dem Geschehenen auseinanderzusetzen. Allein oder mit Hilfe von anderen. Manchmal braucht es sehr viel Zeit, bis das möglich ist. Alle Gefühle und Reaktionen nach einem sexuellen Übergriff sind normal. Für viele Jungen und Männer ist es besonders verwirrend, wahrzunehmen, dass ihr Körper während eines sexuellen Übergriffs sexuelle Erregung verspürt und dass sie eine Erektion und vielleicht auch eine Ejakulation haben. Dabei wollten sie den sexuellen Kontakt gar nicht und fühlen sich schlecht dabei. Die körperliche Reaktion ist normal: Sexuelle Erregung beginnt mit einem Reflex im Körper, den du nicht bewusst steuern kannst und der auf viele Arten ausgelöst werden kann, z.B. durch Berührungen oder durch Angstgefühle. Wenn du sexuell erregt bist, heisst das nicht, dass du mit einer sexuellen Handlung einverstanden bist. Es kann sein, dass du einen ganzen Wirrwarr von Gefühlen erlebst, weil du die Person, den Übergriff gemacht hat, eigentlich magst, bewunderst oder liebst. Möglicherweise fühlst dich wütend, verwirrt und hintergangen, weil du dieser Person bis jetzt vertraut hast. Ein Mensch, der Übergriffe macht, versucht damit die eigenen Macht- und Kontrollbedürfnisse zu stillen und tut das ohne Respekt vor dir. Das bedeutet, dass du dich von dem Bild, das du bis jetzt von dieser Person hattest, verabschieden musst. Es ist normal, wenn dich das sehr traurig macht. Wenn jemand deine Gefühle ausnützt, ist es normal, dass dich das wütend und traurig macht. Wenn deine Grenzen verletzt werden und du dich gegen den Druck eines anderen nicht wehren kannst, ist es normal, dass du Angst bekommt. Das gilt nicht nur für sexuelle Übergriffe, sondern für alle Situationen, die wir nicht kontrollieren können. Wenn du versuchst, die Angst zu verdrängen – zum Beispiel mit Drogen oder Alkohol Seite 17 / 24 Lesetext Knaben –, oder zu überspielen – zum Beispiel mit Wut –, bringt dir das auf die Dauer nichts. Besser ist, wenn du dir erlaubst, Angst zu empfinden. Es ist klug, Angst ernstzunehmen. Möglicherweise verstärkt die Person, die den Übergriff gemacht hat, deine Selbstvorwürfe durch Beschuldigungen («Du hast es so gewollt!») und versucht dich so nieder zu machen, dass du dich schmutzig und schuldig fühlst. Vielleicht versucht er/sie auch, das Geschehene schönzureden. Damit versucht er/sie, sich selbst vor Beschuldigungen und Anklagen zu schützen und das eigene schlechte Gewissen zu überdecken. Hier helfen dir Gespräche mit unbeteiligten Personen, zum Beispiel in einer spezialisierten Opferberatungsstelle, damit du klarer sehen und beurteilen kannst, was wirklich geschehen ist. BeraterInnen in einer spezialisierten Opferberatungsstelle helfen dir, klarer zu sehen. Spezialisierte Opferberatungsstellen Eine spezialisierte Opferberatungsstelle ist nach dem schweizerischen Opferhilfegesetz anerkannt. Sie bietet dir: Kompetente Beratung An spezialisierten Opferberatungsstellen arbeiten BeraterInnen, die mit dem Thema «sexuelle Gewalt» vertraut sind. Sie wissen, in welcher Situation sich Menschen befinden, die sexuelle Übergriffe erlebt haben. Vertrauliche Beratung Beratungspersonen in einer spezialisierten Opferberatungsstelle unterliegen der Schweigepflicht. Nur wenn du es ausdrücklich willst, nehmen sie mit anderen Menschen Kontakt auf. Anonyme Beratung Du kannst dich telefonisch, persönlich oder per Email beraten lassen. Du musst deinen Namen nicht bekannt geben. Hilfe zur Selbsthilfe Man hört man dir zu und informiert dich über deine Rechte und Handlungsmöglichkeiten. Du selbst entscheidest, welche weiteren Schritte du machen willst. Unterstützung im Rahmen des Opferhilfe-Gesetzes Dazu gehören finanzielle Leistungen, wenn du durch eine Straftat in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten bist. Unter www.opferhilfe-schweiz.ch findest du Links für Beratungsstellen in der ganzen Schweiz. Oder du kannst bei der Telefonnummer 147 anrufen. Dort wird dir auch weitergeholfen. Seite 18 / 24 Lesetext Knaben Verführungstipps für Männer Was heisst Verführen? Verführen heisst, dass du etwas möchtest und diese Sache einer anderen Person so schmackhaft machst, dass sie gern mitmacht. Überleg dir mal, wie du andere für irgend etwas gewinnst – fürs Kino, fürs Tanzen, für Sex – wie machst du das? Wenn du gut verführen kannst, stehen deine Chancen besser, mit anderen wirklich das zu erleben, was du dir wünschst und wovon du träumst – weil sie gern mitmachen. Natürlich klappt das mit dem Verführen nur, wenn die andere Person auch irgendwo eine schlummernde Lust auf das hat, was du mit ihr tun möchtest. Verführen heisst, diese Lust zu wecken. Wichtig ist, dass es ihre eigene Lust ist. Stell dir vor, du willst eine Frau dazu verführen, in einen Actionfilm zu gehen, obwohl sie dir klipp und klar sagt, dass sie Actionfilme völlig blöd findet. Dann kannst du ein noch so guter Verführungskünstler sein – sie wird keinen Spass daran haben. Wenn sie aber am Anfang sagt, «Hmm, vielleicht, ich weiss nicht so recht…», dann lohnt sich dein Einsatz als Verführungskünstler. Aber auch dann gelingt es dir vielleicht nicht. Einem guten Verführungskünstler fällt dann kein Zacken aus der Krone, und er zeigt sich auch offen für andere Vorschläge. Wieso ist Selbstsicherheit fürs Verführen wichtig? Wenn du selbstsicher bist, kannst du besser verführen. Die anderen können dich eigentlich nur gut finden, wenn du dich selbst auch gut findest. Wenn du findest «Ich bin nicht gut genug!», zeigst du das den anderen nämlich auch. Besonders wichtig fürs Verführen ist die sexuelle Selbstsicherheit. Die hast du, wenn du gelernt hast, deinen Körper sexuell attraktiv zu finden, ihn als «heiss» oder «geil» zu geniessen, dich in deiner Haut als Mann wohl zu fühlen und liebenswert zu finden. Dann trittst du stolz und selbstbewusst auf und hast Freude daran, dich auch anderen als sexuell attraktiver Mann zu zeigen – und die anderen sehen dich auch so. Ein Stück Unsicherheit ist normal und gehört dazu: Wenn du das erste Mal mit jemandem Sex haben willst, weisst du noch nicht, ob du ein guter Liebhaber sein wirst. Bei allem, was du neu ausprobierst, weisst du nicht, ob das ein gutes Erlebnis wird. Die Unsicherheit gibt dir ein Stück Nervosität und Spannung. Das kann sich durchaus angenehm anfühlen, wenn du grundsätzlich sexuell selbstsicher bist. All die Übungen, die du auf dieser Website unter «Die Sexualität der Männer» siehst, zielen dahin, die Männlichkeit mehr zu geniessen und die sexuelle Selbstsicherheit grösser zu machen. Du wirst auch sexuell selbstsicherer, wenn du mehr sexuelle Erfahrungen gemacht hast – mit anderen und auch mit dir selbst. Seite 19 / 24 Lesetext Knaben Wie gewinne ich eine Frau für mich? Stell dir vor, du bist an einer Frau interessiert. Wie zeigst du dich ihr, so dass sie Lust auf dich kriegt? Wahrscheinlich kriegt sie eher Lust auf dich, wenn du sauber und gepflegt bist und an die Dinge denkst, die du gut an dir findest und auf die du bei dir stolz bist. Und natürlich kriegt sie auch mehr Lust auf dich, wenn du nett mit ihr bist. Zu aller erst aber musst du natürlich wissen, was du eigentlich willst. Schau mal, was du an der Frau so attraktiv findest und was du gern mit ihr erleben würdest. Wenn du weisst, was du willst und brauchst, zeigst du das auch in deiner Haltung, in deinem Gesichtsausdruck und in der Art, wie du dich bewegst und sprichst. Und dann? Beim Verführen ist es ganz wichtig, dass du der anderen Person Raum und Zeit lässt, Lust auf dich zu kriegen. Das ist auch noch so, wenn du die Frau schon kennst und ihr vielleicht schon ein Liebespaar seid: Wenn du sie ständig mit SMS oder Emails bombardierst oder dauernd anrufst, wird ihr das wahrscheinlich zu viel. Es bringt viel mehr, wenn du dich auch mal ein bisschen rar machst und nach dem SMS, Email oder Telefon drauf wartest, dass sie dir eins schickt/dich anruft. Im Grunde geht es drum, dass immer einer von euch einen Schritt macht und drauf wartet, bis der andere den nächsten macht. Stell dir vor, du bietest der Frau ein Stück Schokoladenkuchen an. Stopfst du ihr das ganze Stück Kuchen in den Mund? Wahrscheinlich nicht, denn dann würde sie würgen und ihn wieder heraus spucken. Wenn du ihr den Kuchen hingegen vor die Nase hältst, sieht und riecht sie ihn; ihr läuft das Wasser im Mund vor Lust zusammen, sie denkt sich «Mmm was für ein verführerischer Kuchen!…» – und sie bittet dich um ein Stück. Gib ihr ein Stück. Lass ihr Zeit, es zu schmecken und dich um das nächste zu bitten. Stell dir vor, du wärest dieser Schokoladenkuchen. Wenn du dich der Frau so häppchenweise anbietest – das ist Verführen. Natürlich gibt es Frauen, die keinen Schokoladenkuchen mögen – das liegt aber nicht daran, dass er schlecht ist, sondern dass er einfach nicht nach ihrem Geschmack ist. Genauso stehen nicht alle Frauen auf dich, auch wenn du dich ihnen noch so verführerisch präsentierst. Du stehst ja auch nicht auf alle Frauen. Aber wenn du gut verführen kannst, sind deine Chancen einfach besser, dass du eine Frau für dich gewinnst. Wann und wie spreche ich eine Frau an? Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Frau anzusprechen, das dir gefällt? Wenn du sicher bist, dass du sie wieder sehen wirst (weil sie in die gleiche Schule geht, jeden Freitag in den gleichen Club geht usw.), kannst du dir natürlich mehr Zeit lassen, als wenn du sie irgendwo zum ersten Mal siehst, sofort findest, sie sei deine Traumfrau und keine Ahnung hast, ob du sie je wieder sehen wirst. Ein bisschen Zeit lassen ist gut, weil dann bei ihr der Wunsch, dass du sie ansprichst, entstehen und grösser werden kann. Zu viel Zeit lassen bringt natürlich auch nichts. Wenn du merkst, dass du anfängst, drunter zu leiden, weil du dich nicht traust, sie anzusprechen, machst du am besten Seite 20 / 24 Lesetext Knaben deinem Leid ein schnelles Ende. Du kannst natürlich auch warten, bis sie dich anspricht. Aber vielleicht ist sie genauso schüchtern wie du – und am Schluss redet niemand. Schade. Lies lieber unsere Tipps für mehr Selbstsicherheit. Und mach einen mutigen Schritt auf sie zu – denn was hast du zu verlieren? Es ist hilfreich, wenn du dir vor dem Gespräch vorstellst, was du ihr sagen und welche Fragen du ihr stellen möchtest und was du auf Fragen von ihr antworten möchtest. Gut ist, wenn du das abends vor dem Einschlafen machst. Dann erinnerst du dich am besten daran. Zum Beispiel könntest du so Sachen sagen wie: «Hallo, ich heisse…», «Mir gefällt dein Lächeln», «Ich seh dich oft hier», «Ich würde dich gern kennen lernen. Wie heisst du denn?» – und so weiter. Eigentlich ist es gar nicht so wichtig, was du sagst: Hauptsache, du sagst etwas. Wenn sie dich kennen lernen will, wird sie dann auch mit dafür sorgen, dass sich ein kleines Gespräch entwickelt. Die meisten Frauen mögen, wenn du ihnen ein paar Fragen über sie stellst, und wenn du ihnen auch zuhörst. Damit zeigst du ihnen nämlich, dass du wirklich an ihnen interessiert bist und sie kennen lernen willst. In der Regel kommt es auch gut an, wenn du ihnen ehrlich von dir erzählst, also nicht irgendwas erfindest, nur weil es gut klingt. Die meisten Frauen haben lieber echte Männer mit Stärken und Schwächen als aufgeblasene Macker. Die Frauen haben schliesslich auch Schwächen. Und wenn du ehrlich bist, zeigst du, dass du mutig bist. Wenn du das Ansprechen mit mehreren Frauen ausprobierst, sammelst du Erfahrungen, findest eher zu deinem Stil und wirst sicherer im Umgang mit Frauen. Was ist Flirten und wie mach ich das? Flirten ist ein Spiel, ein Tanz, den ihr miteinander macht – mit oder ohne Worte. Beim Flirten spielt euer Gesichtsausdruck, die Bewegungen, die Haltung, die Stimme… Das läuft meistens ganz automatisch ab, ohne dass man sich dessen so richtig bewusst ist. Am besten, du beobachtest mal, wenn zwei miteinander flirten. Du wirst wahrscheinlich merken, dass sie immer ein bisschen aufeinander zu gehen und wieder ein bisschen voneinander weg: Sie schauen sich vielleicht kurz an, lächeln kurz – und schauen dann wieder weg. Dann denken wahrscheinlich beide: «Schaut er/sie wohl wieder?» – und schielen wieder zueinander hin: «Ja! er/sie schaut wieder!» – und dann lächeln sie und schauen wieder weg… Das ist eigentlich ein ständiges Hin und Her aus Nähe suchen und wieder Abstand nehmen. Wenn zwei diesen Hin- und Her-Tanz so richtig ausgedehnt spielen, kann der Raum zwischen ihnen vor lustvoller Spannung so richtig knistern. Flirten ist also eigentlich eine Art Vorspiel. Wenn du lernst, dir fürs Flirten Zeit zu lassen, wirst du wahrscheinlich merken, dass es grossen Spass machen und dem Sex noch eine Extraportion Lust geben kann. Vielleicht sagst du dir: Wozu das ganze? Du willst lieber gleich zur Sache kommen. Aber wenn du auf eine fremde Frau zugehst und sagst, dass du Sex mit ihr willst, ist ihr das wahrscheinlich zu direkt und sie findet «Nein, du Idiot!» Und das, obwohl du Seite 21 / 24 Lesetext Knaben ihr als Mann vielleicht gefallen würdest, wenn du dir und ihr mehr Zeit gelassen hättest. Genauso ungeschickt ist es, wenn du eine fremde Frau einfach stundenlang anstarrst. Dann wird es ihr wahrscheinlich zu viel, und sie denkt genervt «Was für ein Spanner!». Es ist also gut, wenn du dir und ihr Zeit fürs Flirten lässt. Dann kann die Frau anfangen, von dir zu träumen und kriegt richtig Sehnsucht nach dir – vorausgesetzt natürlich, du gefällst ihr und sie macht beim Flirt mit. Wie merkst du, dass sie mitmacht? Zum Beispiel lächelt sie vielleicht, schaut immer wieder zu dir hin, sucht den Kontakt mit dir, wird rot, spielt mit den Haaren, mit ihrer Kette oder ihrem Halstuch, streichelt ihren Hals, sucht das Gespräch mit dir, witzelt, lacht – und so weiter. Wenn eine Frau mit dir flirtet, ist sie immer ein bisschen in Bewegung. Wenn sie in ihrer Haltung und ihrem Verhalten irgendwie angespannt, unbeweglich und steif bleibt oder wird, grenzt sie sich eher von dir ab. Das tut sie vielleicht weil sie extrem schüchtern ist, vielleicht aber auch, weil sie wirklich keine Lust auf Nähe zu dir hat. Als guter Verführungskünstler respektierst du das und suchst dir eine andere Frau, die dir gefällt. Wann ist die Zeit reif für Sex? Manche Frauen haben schon beim ersten Treffen Lust auf Sex. Viele ticken allerdings anders: Bei ihnen beginnt es mit der Lust auf Liebe, und erst danach kriegen sie Lust auf Sex. Viele jugendliche und junge Männer hingegen haben zuerst Lust auf Sex und danach Lust auf Nähe, Liebe und Beziehung. Man kann das auch so sagen: Bei ihnen wandert die Aufmerksamkeit von unten – dem Penis – nach oben, zum Gefühl. Und bei vielen Frauen ist das eben umgekehrt. Weil Gefühle für Frauen so wichtig sind, kommt es gut bei ihnen an, wenn du deine Gefühle kennst und mit ihnen einigermassen klarkommst. Frauen wünschen sich stolze, sexuell selbstbewusste Männer, die mutig ihre Gefühle zeigen und darüber reden können. Es gefällt ihnen, wenn Männer versuchen, sich in sie einzufühlen und zu verstehen, was sie wünschen, träumen und gern haben. Wenn eine Frau merkt, dass du ihre Gefühle und Gedanken ernst nimmst, öffnet sie sich dir «oben» und kriegt Lust auf Nähe und Liebe. Dann kann sie sich auch «unten» öffnen und Lust auf Sex mit dir kriegen. Ein Tipp für dich als Verführungskünstler: Wenn du auf etwas Lust hast, heisst das noch lange nicht, dass die Frau auch darauf Lust hat. Es kann gut sein, dass du sie küsst und streichelst und zärtlich mit ihr bist, weil du mit ihr Sex haben willst – und sie will etwas ganz anderes: Sie geniesst die Nähe, sie fühlt sich geborgen, sie lebt ihre Verliebtheit auf der Gefühlsebene aus – und das reicht ihr vorerst. Wenn eine Frau zärtlich mit dir ist, kannst du daraus also nicht schliessen, dass sie auch Sex mit dir haben will. Daher ist es gut, wenn du langsam und vorsichtig vorgehst – vor allem wenn ihr euch noch nicht so gut kennt und noch keinen Sex miteinander hattet. Dann kannst du besser darauf achten, ob ihr etwas gefällt und ob sie Lust hat, einen Schritt weiter zu Seite 22 / 24 Lesetext Knaben gehen. Wenn du zu schnell drauf los stürmst, merkst du vielleicht zu spät, dass du an eine Grenze gestossen bist oder sie sogar überschritten hast. Als Verführungskünstler fängst du erst mal «oben» an. Das heisst, du berührst sie mit Händen und deinem Mund (Küssen, Lecken, Knabbern usw.) zuerst im Gesicht, am Kopf, Hals und Nacken, an den Armen und Händen, am Bauch und Busen. Wenn die Frau dir zeigt, dass ihr deine Zärtlichkeiten gefallen, gehst du nach «unten» weiter – also zum Po und zum Geschlecht (natürlich nur, wenn du selbst auch Lust darauf hast!). Woran merke ich, wie weit ich beim Sex gehen kann? Wenn du mit einer Frau zärtlich bist, wird sie dir zeigen, wenn es ihr gefällt, wie du sie berührst. Sie lächelt, stöhnt, sagt «mmmm», wendet ihren Körper dir zu, atmet stärker, küsst dich, streichelt dich, kuschelt ihren Körper an deinem, geht von sich aus einen Schritt weiter… Vielleicht sagt sie dir auch, dass es ihr gefällt. Du merkst auch, wenn ihr etwas nicht gefällt: Sie spannt ihren Körper an und wird eher steif, sie rückt weg oder schiebt dich weg, ihr Gesichtsausdruck verdunkelt sich und sie sagt dir möglicherweise auch direkt, dass sie das nicht will. Jetzt bist du an eine Grenze von ihr gekommen. Da gibts nur eins: die Grenze respektieren. Wenn du sie nicht respektierst, machst du einen sexuellen Übergriff. Das ist strafbar. Und du verspielst deine Chancen bei der Frau. Denn sie macht dann vielleicht noch mit, weil sie muss – aber nicht, weil sie will. Ein Verführungskünstler hat Zeit. Falls die Frau dir also zeigt oder sagt, dass sie nicht weiter machen will, lässt du dich nicht entmutigen, sondern versuchst es ein anderes Mal wieder. Wenn du ihre Grenzen respektierst und ihr Zeit lässt, wächst ihr Vertrauen in dich, und auch ihre Lust kann wachsen. Und das nächste Mal geht sie vielleicht einen Schritt weiter. Manchmal hat eine Frau zwar Lust, aber auch Angst vor einer neuen sexuellen Erfahrung – einfach weil sie neu ist, das kennst du sicher auch. Du merkst dann vielleicht, dass sie sich verspannt. Aber sie zeigt dir nicht eindeutig, dass sie aufhören will. In so einem Fall kommst du nur mit Reden weiter. Du kannst ihre Gedanken ja nicht lesen. Frag sie, ob ihr etwas unangenehm ist, ob du aufhören oder etwas anders tun sollst, und ob sie etwas anderes tun möchte. Reden beim Sex ist sowieso eine gute Idee – gerade wenn die Frau unsicher ist. Deine Stimme ist ihr nämlich vertraut und gibt ihr ein Stück Sicherheit. Also sagt ihr, wie gut sie sich anfühlt, riecht, schmeckt; sag ihr, wie heiss und schön du sie findest; sag ihr, was du gern machen würdest; fragt sie, ob du etwas bestimmtes machen darfst; frag sie, wie sich etwas anfühlt, ob etwas wehtut und so weiter. Seite 23 / 24 Lesetext Knaben Wie verführe ich eine Frau zum Geschlechtsverkehr? Geschlechtsverkehr haben bedeutet, dass du mit dem Penis in eine Scheide eindringst. Neben Analverkehr (wenn du mit dem Penis in einen After eindringst) ist das die einzige sexuelle Handlung, die nur dann klappt und beiden Spass macht, wenn eure Körper durch die sexuelle Erregung genügend «aufgewärmt» sind. Denn der Penis muss steif sein, damit er in die Scheide eindringen kann. Und die Scheide muss feucht sein und sich aufgespannt haben, dass der Penis in ihr gut Platz hat. Bei jugendlichen und jungen Männern ist der Penis in der Regel schneller bereit zum Geschlechtsverkehr als die Scheide. Das hat mit dem vielen männlichen Hormon Testosteron zu tun, dass du jetzt produzierst. Du hast vielleicht schon eine Erektion, wenn du an eine Frau denkst – und dann sowieso, wenn du mit ihr schmust. Aber wenn du zu früh mit dem Penis in ihre Scheide eindringst, tust du der Frau nur weh – auch wenn sie erregt ist und Lust auf dich hat. Denn es dauert eben etwas länger, bis die Scheide feuchter und grösser wird. Drum lässt du dir als Verführungskünstler genug Zeit für ein Vorspiel. Beim Vorspiel stimuliert (streichelt, reibt, küsst, leckt, saugt usw.) ihr euch gegenseitig am Geschlecht und auch sonst am Körper und steigert so eure sexuelle Erregung. Im Grunde macht ihr beim Vorspiel das gleiche wie beim Petting. Als Verführungskünstler kennst du dich natürlich ein bisschen aus über das weibliche Geschlecht und seine Erregbarkeit. Wenn du beim Vorspiel genau hinsiehst und hinspürst, merkst du, wann die Scheide genug erregt ist. Dann sagst du der Frau vielleicht, dass du gerne deinen Penis in ihr spüren möchtest oder in ihre Höhle eindringen möchtest – oder welche Worte auch immer du wählst. Oder vielleicht ist sie diejenige, die zuerst sagt, dass sie das jetzt möchte. Wenn die Frau nicht zum Geschlechtsverkehr bereit ist, dann geniess mit ihr, was möglich ist. Wenn sie heute nicht will, dann vielleicht das nächste Mal. Sie wird eher Lust entwickeln, wenn du nicht drängelst. Seite 24 / 24