© 2013 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Therapeutische Umschau 2013; 70 (7): DOI 10.1024/0040-5930/a000423 Übersichtsarbeit Klinik für Chirurgie, Kantonsspital Baselland/Bruderholz Daniel C. Steinemann Therapie des Pilonidalsinus – ist mehr wirklich mehr? Der Pilonidalsinus wird heute als erworbene Erkrankung in Form von rupturierten Haarfollikeln angesehen. Sie tritt meist im Bereich der proximalen Rima ani auf und stellt insbesondere bei jungen Männern eine häufige Entität dar. Die akute Abszessbildung und die chronische Sezernierung stellen Operationsindikationen dar. Die chirurgischen Verfahren haben sich weg von der radikalen Exzision mit monatelanger offener Wundbehandlung hin zu Eingriffen mit geringerer Morbidität entwickelt. Wichtig beim akuten Abszess ist ein zweizeitiges Vorgehen mit primär sparsamer Abszessinzision in Lokalanästhesie gefolgt von einer definitiven Fistelsanierung im entzündungsfreien Intervall. Vor allem zwei Operationsmethoden scheinen sich beim Pilonidalsinus durchzusetzen. Zum einen die minimal-invasive Sinusektomie mit sparsamer Exzsion der Pori und des Fistelganges unter Schonung des gesunden Subkutangewebes. Dieser Eingriff kann in Lokalanästhesie auch ambulant durchgeführt werden. Die Rezidivrate nach knapp 4 Jahren beträgt 7 %. Alternativ kommt die primär plastische Deckung der Wunde mit einem Verschiebelappen in Frage. Die offene Wundbehandlung entfällt dabei. Die Rezidivrate beträgt 3 %. Zur Rezidivprophylaxe ist individuell eine Laserepilation zu erwägen. Einführung Der Pilonidalsinus, respektive die Pilonidalfistel ist eine entzündliche Erkrankung, welche meist im Bereich der proximalen Rima ani auftritt. Sie ist strikt von der Analfistel abzugrenzen, welche eine Verbindung zum After besitzt und pathogenetisch eine gänzlich andere Entität darstellt. Die Ätiologie des Pilonidalsinus ist nach wie vor nicht sicher geklärt. Unterschiedliche Erklärungstheorien haben zu unterschiedlichen Namensgebungen für die gleiche Erkrankung geführt. Der Begriff des Sakraldermoids bezieht sich auf eine kongenitale Entstehung bei einer embryonalen Fehlentwicklung des Medullarkanals oder auf eine zystische Versprengung von Epithelresten [1]. Diese Theorie ist weitgehend widerlegt und heute wird der Pilonidalsinus bzw. die Pilonidalfistel, zu deutsch Haarnestgrübchen, als erworbene Erkrankung in Form von vergrößerten und deformierten Haarfollikeln angesehen. Durch auf die Rima ani einwir- kende Scherkräfte kann es zur Deformation bis zur Ruptur von Haarfollikeln kommen. Hierdurch können Haare und Zelldetritus unter die Haut gelangen und dort eine chronische Infektion hervorrufen. Die Ausbildung von Zysten und Fisteln ist somit Ausdruck der chronischen Entzündung und ein sekundäres Phänomen [2, 3]. Immunhistologisch zeigen sich beim Pilonidalsinus mehrere Gemeinsamkeiten mit der Hydradenitis suppurativa. Es zeigt sich auch, dass überzufällig viele Patienten mit Hydradenitis suppurativa, also einer entzündlichen Einschmelzung von Haut und Subkutangewebe ausgehend von verlegten Talkdrüsen, auch an einem Pilonidalsinus leiden [4]. Auf Grund der Ätiologie sollte daher heute der Begriff „Pilonidalsinus“ dem Begriff „Sakraldermoid“ vorgezogen werden. Epidemiologie Die Pilonidalsinus-Erkrankung ist eines der häufigsten chirurgischen Prob- leme bei jungen Erwachsenen. Mit einer Inzidenz von 26/100'000 ist es eine relative häufige Erkrankung in der hausärztlichen und proktologischen Praxis. Es besteht eine familiäre Disposition bei 12 – 38 % der Betroffenen [5, 6]. Als weitere Risikofaktoren gelten eine starke Körperbehaarung (OR 15.5) und eine sitzende Tätigkeit von mehr als 6 Stunden pro Tag (OR 3.3) [7]. Adipositas ist ein relativer Risikofaktor (BMI > 25 kg/m2, OR 2.1). In einer Studie wird auch mangelnde Körperhygiene als Risikofaktor benannt, wobei Patienten, welche 2 oder weniger Mal pro Woche duschen oder baden ein stark erhöhtes Risiko aufweisen (OR 5.5). Erstaunlicherweise betrifft die Erkrankung vornehmlich junge Patienten im zweiten und dritten Dezenium. Danach nimmt die Erkrankungshäufigkeit stark ab [5, 8]. Die Gründe hierfür sind unklar. Klinische Manifestation Die Pilonidalsinuserkrankung tritt vornehmlich in der proximalen Rima ani auf. In seltenen Fällen kann es jedoch auch im Nabelbereich oder interdigital zur Ausbildung einer Pilonidalfistel kommen [9, 10]. Der Pilonidalsinus kann lange asymptomatisch bleiben. In diesem Fall finden sich reizlose kleinste Pori meist in der proximalen Rima ani. Durch die chronische Entzündung kann es jedoch auch zu einer andauernden oder intermittierenden Sezernierung von putrid-seröser Flüssigkeit über die Pilonidalfistel kommen. Schließlich kann sich durch Obliteration eines Porus und entsprechender Superinfektion der Fistel ein Abszess unter oder lateral der proximalen Rima ani mit Auftritt von akuten Schmerzen, Rötung und Überwärmung der umliegenden Haut ausbilden. Während asymptomatische Verlaufsformen prinzipiell nicht therapiebedürftig sind, ist bei 393 Daniel C. Steinemann Therapie des Pilonidalsinus – ist mehr wirklich mehr? 394 Übersichtsarbeit symptomatischem Pilonidalsinus ist eine chirurgische Behandlung angezeigt. Therapie des akuten Abszesses Ursächlich für einen akuten Abszess im Bereich der Rima ani ist praktisch immer ein infizierter Pilonidalsinus. Beweisend für das Vorliegen eines Pilonidalsinus sind die als kleine Löcher sichtbaren Pori in der Rima ani. Allerdings können bei Abszess durch die akute Schwellung vorhandene Pori gegebenenfalls maskiert sein, weshalb eine erneute Beurteilung hinsichtlich Vorliegens eines Pilonidalsinus nach Abschwellung erfolgen sollte. Wird eine primär chirurgische Sanierung des Pilonidalsinus im akuten Abszess angestrebt, entsteht durch die notwendige radikale Exzision des gesamten Abszess mitsamt Kapsel und der Pilonidalfistel ein großer Weichteilinfekt mit langer zwischen 2 und 6 Monaten dauernder Wundheilungszeit [11] und hiermit auch prolongierter Pflegebedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit. Eine alleinige antibiotische Behandlung beim abszedierten Pilonidalsinus ist nicht zielführend. Meistens kann hierdurch die Progredienz des Abszesses nicht mehr verhindert werden, da das Antibiotikum im Abszess nur ungenügend wirksam ist. Aus diesem Grund hat sich in diesem Stadium ein zweizeitiges Vorgehen bewährt. Im Stadium des akuten Abszesses erfolgt eine kleine Abszessabdeckelung durch Entfernung einer Hautspindel über dem Abszess in Lokalanästhesie. Es ist – auf Grund der verbesserten Wundheilung – zu empfehlen, die Abszessinzision 1 – 2 cm lateral und parallel zur Rima ani durchzuführen. Die Lokalanästhesie erfolgt mit einer feinen Nadel am Rand der entzündlichen Schwellung. Durch eine suffiziente Infiltration der oberflächlichen Epidermisschicht ist die Injektion schmerzarm durchzuführen. Anschließend erfolgt die Inzision unter Ausschneidung einer kleinen Hautspindel (1 – 2 cm) um ein rasches Wiederverkleben der Wundränder zu vermeiden. Es ist wichtig, die Abszesshöhle gut mit einer kleinen Klemme aufzuspreizen und mit physiologischer Kochsalzlösung oder Ringerlaktat auszuspülen. Eine zusätzliche antibiotische Therapie ist nicht notwendig. Nach Abszessinzision wird der Patient angeleitet, die Wunde zweimal täglich unter der Dusche selbstständig auzuspülen und eine Kompresse aufzulegen. Ein eigentliches Austamponieren der Wunde ist schmerzhaft und unnötig. Erfahrungsgemäß verschließt sich die Abszesswunde innert 2 – 4 Wochen per secundam. Anschließend erfolgt eine erneute Beurteilung hinsichtlich einer definitiven Exzision der Pilonidalfistel. Hier gilt das Vorgehen analog der Therapie eines chronisch symptomatischen Pilonidalsinus. Nur mit der dauerhaften Beseitigung des Fistelsystems kann eine definitive Heilung und Verhinderung einer erneuten Abszedierung erreicht werden [12]. In einer kürzlich publizierten Studie wurde ein ähnliches zweizeitiges Konzept mit initialer Punktion und Aspiration des Abszesses und zusätzlicher Antibiotikatherapie und im Verlauf frühelektiver Fistelexzision als erfolgreich beschrieben [13]. Hierzu fehlen jedoch noch klinische Erfahrungen außerhalb dieser Studie. Nur bei einem sehr großen Abszess empfiehlt sich eine Abszessabdeckelung in Narkose und mit Auscurettierung der Abszesshöhle. Auch hier sollte im Akutstadium auf eine vollständige Exzision der Abszesskapsel und der Pilonidalfistel verzichtet werden, da hierdurch eine grotesk große Wundhöhle entsteht. Therapie des chronisch symptomatischen Pilonidalsinus Es existiert eine Vielzahl von verschiedenen chirurgischen Operationsver- fahren zur Behandlung des Pilonidalsinus. Eine nach wie vor weit verbreitete Therapie ist die radikale Exzision des Pilonidalsinus – auch im infizierten Stadium – bis auf die praesakrale Faszie. Bei der radikalen Exzision erfolgt die Präparation ohne Darstellung der Pilonidalfistel mit einem weiten „Sicherheitsabstand“. Dabei entsteht ein sehr großer Weichteildefekt mit anschließend durchschnittlich 60-tägiger sekundärer Wundheilung [14, 16]. Durch die notwendigen Verbandswechsel und das mehrmals tägliche Spülen der Wunde besteht während der Zeit der Wundheilung eine mindestens teilweise Arbeitsunfähigkeit. Trotz radikaler Exzision bleibt die Rezidivrate mit bis zu 41 % sehr hoch [15, 18]. Wird die Wunde nach radikaler Exzision primär vernäht, kann zwar die Wundheilung siginfikant auf durchschnittlich 14 Tage verkürzt werden; es findet sich jedoch eine inakzeptabel erhöhte Rezidivrate (25 % vs. 13 %) im Langzeitverlauf [14, 16]. Ebenso führt die Primärnaht, vor allem wenn eine solche in der Mittellinie (Rima ani) erfolgt, zu einer deutlich erhöhten Wundinfektrate [16]. Durch eine Wundnaht lateral der Mittellinie unter Mobilisierung der Rima ani kann die Wundinfektrate etwas reduziert werden (Karydakis-Lappen). Gemäß dem gegenwärtigen Kenntnisstand ist daher die radikale Exzision – insbesondere in einer Infektsituation – sowohl mit sekundärer Wundheilung wie auch mit primärem Verschluss abzulehnen. Im Folgenden werden zwei bewährte Verfahren erläutert, welche zu einer deutlich verkürzten Wundheilungszeit, verkürzten Arbeitsunfähigkeit, weniger Schmerzen und erhöhter Patientenzufriedenheit führen. Minimal invasive Sinusektomie Bei der minimal-invasiven Sinusektomie erfolgt nach sparsamer Spindelexzision Therapeutische Umschau 2013; 70 (7): 393 – 398 Übersichtsarbeit Abbildung 1 Minimal-invasive Sinusektomie der Pori die Exzision präzise entlang der zuvor mit Methylenblau angefärbten Pilonidalfistel unter Schonung und Erhaltung des umliegenden – gesunden – Subkutangewebes. Der Fistelgang wird in toto entfernt (Abb. 1 und 2). Die Sinusektomie bei abszediertem Sinus erfolgt immer zweizeitig im entzündungsfreien Intervall. Es konnte gezeigt werden, dass sich die Operation in bis zu 93 % der Patienten – bei entsprechendem Patientenwunsch – in Lokalanästhesie durchführen lässt [12]. Bei der minimal-invasiven Sinusektomie entsteht im Vergleich zur radikalen Exzision nur eine verhältnismäßig kleine Wundhöhle und somit eine deutlich verkürzte Wundheilungszeit und Arbeitsunfähigkeit. Das Verfahren hat sich als Standardeingriff bei primärer oder kleiner rezidivierender Pilonidalfistel etabliert. In einer klinischen Studie konnte gezeigt Abbildung 2 Sinusektomiepräparat werden, dass sich die Arbeitsunfähigkeit durch die verkleinerte Wundfläche auf durchschnittlich zwei Wochen reduzieren lässt. Es zeigte sich eine kleine Rezidivrate von 7 % bei einer Nachbeobachtungszeit von 3.6 Jahren. An Komplikationen zeigten sich in jeweils 2 % Nachblutungen, Wundinfektionen und verzögerte Wundheilung [12]. Die Akzeptanz der Patienten und die Zufriedenheit nach dem Eingriff sind hoch. Radikale Exzision und primär plastische Deckung mittels Verschiebelappen Als Alternative zur minimal-invasiven Sinusektomie bietet sich die Exzision mit primär plastischer Deckung an, wobei verschiedene Lappenplastiken beim Pilonidalsinus in Frage kommen. Dieses Verfahren bietet sich vor allem bei großen Befunden mit multiplen und weit auseinderliegenden Pori, bei einem Zustand nach einem großen Abszess oder beim komplizierten Rezidivsinus an. Im Gegensatz zum einfachen Primärverschluss nach einer radikalen Exzision ist bei der plastischen Deckung des Wunddefektes mit einem gestielten Haut-Subkutanlappen unter entsprechenden prophylaktischen und chirurgisch-technischen Maßnahmen nicht mit einer erhöhten Wundinfektrate zu rechnen [17]. Gute Erfahren bestehen mit dem sogenannten Limberg-Lappen. Bei der Operation mit primärer Deckung mittels Limberg-Verschiebelappen erfolgt zunächst eine rhomboide Exzision unter Mitnahme des gesamten Fistelsystems, welches zunächst mit Methylenblau gefärbt wird. Die Exzision erfolgt bis auf die praesakrale Faszie und nach lateral bis auf die Glutealmuskulatur. Hierdurch erfolgt eine radikale Beseitigung des erkrankten Gewebes. Anschließend wird der Limberg-Lappen ausgeschnitten und mitsamt der Faszie von der Glutealmuskulatur gelöst. Durch kräftige Ecknähte kann der Lappen in die Defektzone mobilisiert und fixiert werden. Es erfolgt die Einlage von subkutanen Drainagen, mehrschichtige Subkutannähte und anschließend eine dicht abschließende Hautnaht (Abb. 3). Im Bestreben der Vermeidung einer Wundinfektion bei anatomischer Nähe zum Anus verwenden wir einen leicht rotierten Limberg- 395 Daniel C. Steinemann Therapie des Pilonidalsinus – ist mehr wirklich mehr? 396 Übersichtsarbeit Abbildung 3 Limberg-Lappenplastik lappen wobei die kaudale Wunde aus der Mittellinie leicht herausrotiert wird. Es wurde gezeigt, dass die Infektionsrate bzw. Wunddehiszenzrate durch das Vermeiden einer Wundecke in der Rima ani von 23 % auf 3 % reduziert werden kann [18]. Um eine Infektion mit nachfolgender Wundheilungsstörung zu vermeiden, befürworten wir eine praeemptive Antibiotikatherapie über 7 Tage. In den ersten Tagen darf der Patient nicht auf dem Rücken liegen und nicht Sitzen. Üblicherweise beträgt die Hospitalisationsdauer zwischen 3 und 5 Tagen. Die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit beträgt zwischen 12 und 17 Tagen [19, 20]. In der frühen postoperativen Periode ist auf eine gute Hygiene zu achten. Nachteile des Limberglappens sind das Auftreten einer teilweise störenden permanente Hypästhesie in 2 bis 5 % [19, 20]. Die Patientenzufriedenheit bezüglich des kosmetischen Ergebnisses und der Körperwahrnehmen (Body image) im Allgemeinen nach der Operation ist gut [21]. Trotzdem ist es wichtig, die Patienten im Vorfeld der Operation auf das durch die Lappenplastik bedingte leichte Verstreichen der proximalen Rima ani sowie die Narbenbildung gut aufzuklären. Es konnte gezeigt werden, dass der Limberglappen sowohl dem Primärverschluss in der Mittellinie wie auch dem Karydakis-Verfahren mit Ver- schluss lateral der Mittellinie hinsichtlich Wundinfektrate und Rezidivrate deutlich überlegen ist [17]. Mit dieser Methode lässt sich eine tiefe Rezidivrate um 3 % erzielen [19, 20]. Nachbehandlung Während nach einer Operation mit Limberg-Lappen eine präemptive Antibiotikatherapie für 7 Tage durchgeführt wird, ist eine Antbiotikatherapie nach Sinusektomie mit offener Wundheilung nicht notwendig. Ebenso ist bei adäquater Abszessabdeckelung keine Antbiotikatherapie indiziert. Eine wichtige Rolle in der Therapie der Pilonidalfistel spielt die Entfernung der Haare im Bereich der Rima ani sowie die verbesserte lokale Hygiene. In einer retrospektiven Studie konnte gezeigt werden, dass das alleinige konsequente Rasieren zumindest die akute Infektion einer Pilonidalfistel effektiv verhindern kann [22]. Auch kann einer de-novo Entwicklung eines erneuten Pilonidalsinus entgegen gewirkt werden. Für die Dauer der Wundheilung und einen Monat darüber hinaus wird daher nach Abszessentlastung wie auch nach defintitiver Sinusoperation – unabhängig von der Methode – eine wöchentliche Rasur empfohlen. Auf Grund der Pathogenese des Pilonidalsinus müsste auch eine langfristige Haarentfernung empfohlen werden. Allerdings zeigte eine retrospektive Analyse, dass die langfristige mechani- sche Rasur sogar zu einer Erhöhung der Rezidivrate führen kann [23]. Dies wird durch das Verursachen von Mikroverletzungen bei der Rasur erklärt. Die Datenlage bezüglich einer Laserepilation zur Verhinderung eines Rezidives ist derzeit noch schwach. Kleinere Fallserien zeigen sich jedoch einen guten Erfolg mit dieser Methode [24]. Eine erste randomisierte Studie vergleicht die mechanische mit der Laserrasur und zeigt Vorteile in Bezug auf die Rezidivrate sowie den Patientencompliance für die Laserrasur [25]. Die Kosten für eine Laserepilation, welche in der Regel von Kosmetikerinnen durchgeführt werden, betragen zwischen 1'000 und 2'000 Schweizer Franken und sind nicht durch die Krankenversicherung gedeckt. Im Einzelfall lohnt sich gegebenenfalls eine Anfrage beim Krankenversicherer um eine freiwillige Kostenbeteiligung. Fazit Mit dem Konzept des zweizeitigen Vorgehens beim akuten infizierten Pilonidalsinus sowie dem Verzicht auf eine radikale Exzision mit einem breiten Sicherheitsabstand kann die Eingriffsmorbidität bei den zumeist jungen im Erwerbsleben stehenden Pilonidalsinus-Patienten deutlich reduziert werden. Nebst einer erhöhten Patientenzufriedenheit und einer kürzeren Therapeutische Umschau 2013; 70 (7): 393 – 398 Übersichtsarbeit Wundheilungszeit, trägt die Verkürzung der Arbeitsunfähigkeit auch zu einer deutlichen Reduktion der volkswirtschaftlichen Kosten dieser Erkrankung bei. Für die definitive Sinusentfernung kommen heute v. a. die minimal-invasive Sinusektomie mit offener Wundbehandlung bei kleiner Wunde und die radikale Exzision mit primär plastischer Deckung mittels Verschiebelappen in Frage. Beide Methoden sollten individuell mit dem Patienten unter Darlegung der Vorund Nachteile besprochen werden (Tab. 1). wound healing towards procedures causing less morbidity. In case of an acute abscess it is important to sepa- 2. rate time-wise incision of the abscess in local anaesthesia from definitive excision of the fistula. Two surgical meth- 3. ods are compelling. First the minimalinvasive sinusectomy with sparse excision of the pori and the fistula pre- 4. serving intact subcutaneous tissue. This procedure can be performed in local anaesthesia in an outpatient setting. The recurrence rate after 4 years is 7 %. Alternatively there is the possibility of a primary plastic wound closure Therapy of pilonidal sinus – by a rotation flap. Open wound healing is more always better? can be avoided and the recurrence rate Nowadays the etiology of pilonidal si- is as low as 3 %. To prevent recurrences nus is explained as an acquired disease a laser epilation has to be considered in form of ruptured hair follicles. It oc- on individual decision. 5. 6. curs most frequently in the proximal rima ani. Pilonidal disease is common in young men. Acute abscess formation and chronic discharge from the fistula represent indications for surgery. Surgical therapy has evolved from radical excision followed by months of open Literatur 1. Chintapatla S, Safarani N, Kumar S et al. (2003) Sacrococcygeal pilonidal sinus: historical review, pathological insight and surgical op- 7. tions. Tech Coloproctol 7: 3 – 8. doi: 10.1007/s101510300001. Bascom J (1980) Pilonidal disease: origin from follicles of hairs and results of follicle removal as treatment. Surgery 87: 567 – 572. 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Steinemann Therapie des Pilonidalsinus – ist mehr wirklich mehr? Übersichtsarbeit 398 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. posed risk factors. Clinics (Sao Paulo) 65: 125 – 131. doi: 10.1590/ S1807-59322010000200002. Clothier PR, Haywood IR (1984) The natural history of the post anal (pilonidal) sinus. Ann R Coll Surg Engl 66: 201 – 203. Eryilmaz R, Sahin M, Okan I et al. (2005) Umbilical pilonidal sinus disease: predisposing factors and treatment. World J Surg 29: 1158 – 1160. doi: 10.1007/s00268005-7895-9. Eryilmaz R, Okan I, Ozkan OV et al. (2012) Interdigital pilonidal sinus: a case report and literature review. Dermatol Surg 38: 1400 – 1403. doi: 10.1111/j.1524-4725.2012.02412.x. Harris CL, Laforet K, Sibbald RG et al. (2012) Twelve common mistakes in pilonidal sinus care. Adv Skin Wound Care 25: 324 – 32; quiz 333 – 4. doi: 10.1097/01.ASW. 0000416004.70465.8a. Soll C, Dindo D, Steinemann D et al. (2011) Sinusectomy for primary pilonidal sinus: less is more. 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