Atemwegsinfektionen in der Kälberaufzucht – Prävention und Therapie Martin Behr essex tierarznei München Übersicht • Folgen und Prinzipien der Infektion! • „Rindergrippe“ und welche Erreger ? • Neue Therapieoptionen bei der Rindergrippe • Prophylaxe Kostenfaktor Rindergrippe o Akutschäden Totalverluste sind Akutschäden o ca. 5 Mio. Kälber pro Jahr in Deutschland o 8-10 % überleben die ersten 3-4 Monate nicht o Hauptursachen: Rindergrippe und Kälberdurchfall Aufzuchtverlust: ca. 500.000 Kälber geschätzter Schaden: 100 Mio € bleibende Lungenschäden! Kostenfaktor Rindergrippe o Folgeschäden durch Lungenschäden - verminderte tägliche Zunahmen - verlängerte Mastdauer/Aufzuchtdauer - höheres Erstkalbealter - reduzierte Milchleistung Die erste Rindergrippe entscheidet über die weitere „Karriere“ des Tieres! Lungenschäden reduzieren die Tageszunahmen Zahl der geschädigten Lungenlappen Übersicht • Folgen und Prinzipien der Infektion! • „Rindergrippe“ und welche Erreger ? • Prophylaxe • Neue Therapieoptionen bei der Rindergrippe Ökonomisch bedeutsamste Atemwegserkrankung des Rindes o vor allem junge Rinder (3 Wochen Æ 12 Monate) - asaisonal „crowding“– assoziiert (Vermarktung, Transport, Gruppenumbildung usw.) - saisonal, vor allem im Winterhalbjahr o Faktorenerkrankung - Infektionserreger - weitere Faktoren Zusammenwirken belebter und unbelebter Faktoren Unbelebte Faktoren Belebte Faktoren Kalb selbst Transport, Umstallung, Futterwechsel, Stallklima Viren Lungenreife, Kolostrumstatus, Immunkompetenz BRSV, Parainfluenza-3, Adenoviren, Rheo-Viren BHV1, BVD, u.a. Bakterien Stress z.B. Pasteurellen, toxinbildende Bakterien Mykoplasmen Schwächung der Körperabwehr Rindergrippe (Enzootische Bronchopneumonie) Verlauf der Entzündung Mikroorganismen Enzyme schädigende Stoffe Entzündung Zellaktivierung Botenstoffe Überschießende Entzündungsreaktion Mikroorganismen Enzyme Schädigende Stoffe Lungenschäden Entzündung Botenstoffe Zellaktivierung Funktionsstörungen der Lunge TOT des Tieres BLEIBENDE LUNGENSCHÄDEN Rindergrippe rechtzeitig erkennen! • Schäden entstehen in kurzer Zeit einige Stunden Früherkennung und rechtzeitige Behandlung sichern den Behandlungserfolg! Rindergrippe rechtzeitig erkennen! • Fieber (Kalb >39,5°C,Rind >39,0°C) • Atemfrequenz (-intensität,-geräusche) (Kalb <36 Atemzüge/min) • Andere Anzeichen • Nasenausfluss, vermehrter Tränenfluss • Husten • Abgeschlagenheit, verminderte Tränkeaufnahme Was heißt Fieber ? • Fieber: Temperatur > 39,5 ºC ist ein wichtiges Symptom! Kalb Stier, Färse, Rind 39.3 ° C 38.5 ° C Temperatur bei viralem Infekt: > 40.0 ° C > 40.0 ° C Temperatur bei bakteriellem Infekt: > 39.5 ° C > 39.5 ° C Normal-Temperatur: Rindergrippe rechtzeitig behandeln! Krankheitssymptome • • • • Fieber Husten beschleunigte Atmung Nasen- und Augenausfluss • angestrengte Atmung • zunehmende Abgeschlagenheit • Verweigerung der Tränke& Futteraufnahme • zunehmende Atemnot • Kümmern • wiederholte Krankheitsschübe Heilungsaussichten gut fraglich schlecht bis aussichtslos Virusinfektionen o mehr als 20 Arten beschrieben, viele Erreger überall nachweisbar o eine reine Virusinfektion hat i.d.R. einen milden klinischen Verlauf - Vermeidung einer bakteriellen Sekundärinfektion ist entscheidend o nur wenige Virusinfektionen verursachen eigenständige Erkrankungen (z.B.BHV-1) Bakterielle Sekundärinfektionen führen zu Veränderungen in der Lunge Und das sehr schnell! Die Rinderlunge – besonders anfällig • besondere Anatomie der Rinderlunge – enge obere Atemwege – starke Lappung der Lunge – Rinderlunge klein im Verhältnis zur Körpermasse • die Lungenreifung ist erst mit 1 Jahr abgeschlossen! Pferd und Rind im Vergleich Zwei Tiere mit vergleichbarem Körpergewicht Pferd und Rind im Vergleich Lungevolumen in Liter: 42,00 l 12,40 l Pferd und Rind im Vergleich Lungevolumen in Liter: 42,00 l 12,40 l Sauerstoff-Bedarf in Ruhe 49,40 ml/min 124,95 ml/min Übersicht • Folgen und Prinzipien der Infektion! • „Rindergrippe“ und welche Erreger ? • Prophylaxe •Neue Therapieoptionen bei der Rindergrippe Unbelebte Faktoren* erhöhen Risiko für Atemwegserkrankungen im Rinderstall • Lufttemperatur • Luftfeuchte • Luftqualität • Luftbewegung • Luftrate *(Quelle: STÖBER M 2006, GROTH W 1988, MARSCHANG, F. 1997) Wegbereitende unbelebte Faktoren* für Atemwegserkrankungen im Kälberstall • Raumvolumen zu gering • Hohe Windgeschwindigkeit • Ungünstige Luftführung • Zu geringer Luftaustausch • Schlechte Isolationsverhältnisse *(Quelle: STÖBER M 2006, GROTH W 1988, MARSCHANG, F. 1997) Wichtig: Gestaltung des Klimas im Kälberstall* - Kälber haben geringere Wärmeentwicklung - Mangelnde Thermik im Kälberstall - Hohes Risiko der Auskühlung des Tieres durch Luftbewegungen - Zuluft darf nicht ungebremst auf Tiere herabstürzen - Abtransport der Schadgase unter Berücksichtigung der Zuluftöffnungen und der Wärmeentwicklung - Häufiger Einstreuwechsel *(Quelle: STÖBER M 2006, GROTH W 1988, MARSCHANG, F. 1997) Möglichkeiten zur Bekämpfung von Atemwegsinfektionen? Impfstoffe Antikörper (gegen Viren + Bakterien) ▼ lebend inaktiviert einfach oder einfach oder kombiniert kombiniert Impfstoffkombinationen ▼ Natürlich: Kolostrum Künstlich: Immunserum Antibiotika (Wirkstoffe gegen Bakterien) spezifische Arzneimittel ¾ Enzündungshemmer (NSAID) ¾ Kreislaufmittel ¾ Flüssigkeitsersatz / Infusionen etc. Prophylaxe Impfung Schutz gegen die häufigsten Erreger der Rindergrippe • • • inakt. Parainfluenza-3-Virus inakt. BRS-Virus mind. inakt. Mannheimia haemolytica Serotyp A1 Ziele einer Impfstrategie gegen Rindergrippe mit Einbindung der Muttertierimpfung • Reduktion der Erregerausscheidung bei den Mutterkühen (Erregerreservoir bei stabiler Abwehrlage), Senkung des Infektionsdrucks in der Herde • Reduktion der Erregerübertragung aufs Kalb (via Geburtsvorgang) • Spezifischer und belastbarer Schutz der Neugeborenen durch Optimierung der Kolostrumqualität (mehr spezifische Antikörper ab dem 1. Lebenstag gegen bedeutende Primärerreger der Rindergrippe) • Besseres Timing bei der Erstimpfung – Verhinderung der immunologischen Lücke“ • Stabilisierung der Herdengesundheit • Verbesserte Leistung Übersicht • Folgen und Prinzipien der Infektion! • „Rindergrippe“ und welche Erreger ? • Prophylaxe • Neue Therapieoptionen bei der Rindergrippe Behandlungsziele bei Rindergrippe 1. Schnelle Abtötung der Bakterien • verhindert die weitere Erregerausbreitung • stoppt die Ausschüttung von Bakterientoxinen • stoppt die Schädigung des Lungengewebes durch die Bakterien hier wird ein schnell wirksames Antibiotikum gebraucht! Behandlungsziele bei Rindergrippe 2. Die Entzündung bekämpfen – bleibende Lungenschäden vermindern • Entzündung ist Teil der natürlichen Abwehr • bei der Rindergrippe gerät sie außer Kontrolle • die überschießende Entzündungsreaktion führt zu bleibenden Lungenschäden hier wird ein gut wirksames NSAID* gebraucht! * NSAID = kortisonfreier Entzündungshemmer Behandlungsziele bei Rindergrippe 3. Schnelle Erholung der Tiere • Tiere fressen wieder • Tageszunahmen konstant • die weitere Leistungsfähigkeit ist gesichert Produktivität erhalten 1 x subkutan 2,0 ml /15 kg Körpergewicht LungenSchutzTherapie Antibiotikum NSAID kortisonfreier Entzündungshemmer Gesündere Lungen Effektiv behandeln mit der Fix-Kombi • Antibiotikum bekämpft schnell und breit wirksam die Bakterien • NSAID (kortisonfreier Entzündungshemmer) unterbricht die Entzündung • NSAID senkt das Fieber • NSAID wirkt schmerzlindernd • Tiere erholen sich schnell • bleibende Lungenschäden werden vermindert Fazit: 1. Sie ist eine Faktorenkrankheit: Belebte und unbelebte Einflüsse/ Stressoren beeinflussen die Infektionslage – vor allem beim Kalb 2. Nicht ein Erreger ist die Ursache des Krankheitsbildes, meist mehrere wirken gleichzeitig zusammen: Sie bilden eine Mischinfektion, dazu gesellen sich „Sekundärkeime“ 3. Die Rindergrippe-Erreger sind meist präsent, werden aber hinsichtlich ihrer krankmachenenden Eigenschaften durch Entwöhnung, Futterwechsel, supprimierte Abwehrlage (BVD) oder Transport (Stress) generiert ►gestörtes Gleichgewicht zwischen „Immunität und Infektionsbelastung“ 4. Bekämpfung: Spezifische Prophylaxe (Impfung), Metaphylaxe und Therapie (Antibiose) Nur gesunde Tiere schöpfen ihr Leistungspotential aus !!!!! Fragen?