01|Überuns scinexx.de-DasWissensmagazin scinexx®-sprich['saineks],eineKombinationaus“science”und“next generation”-bietetalsOnlinemagazinseit1998einenumfassenden Einblick in die Welt des Wissens und der Wissenschaft. Mit einem breiten Mix aus News, Trends, Ergebnissen und Entwicklungen präsentiert scinexx.de anschaulich Informationen aus Forschung undWissenschaft. DieSchwerpunktthemenliegenindenBereichenGeowissenschaften, Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik sowie Energie- und Umweltforschung. Das Internetmagazin spricht allewissbegierigenUseran-obinBeruf,StudiumoderFreizeit. scinexx wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt der MMCD NEW MEDIA GmbH in Düsseldorf und des Heidelberger Springer Verlags gegründet und ist heute Teil der Konradin Mediengruppe mit dem bekannten Magazin Bild der Wissenschaft sowie den Wissensangeboten:wissen.de,wissenschaft.de,scienceblogs.de, natur.deunddamals.de. 02|Inhalt 01 02 ÜBERUNS INHALT 03 KAMPFUMDIEKINDERSTUBE Tricks und Strategien bei der Brutpflege 04 IMPRESSUM 03|KampfumdieKinderstube TricksundStrategien beiderBrutpflege VONPETRAJÖSTINGMEYER DasBrutverhaltenderVögelistmindestenssovielfältigwieihr Gefieder.JedeArthatimLaufderEvolutionihreeigeneMethode entwickelt,umdeneigenenNachwuchsmöglichstgefahrlos großzuziehen.DochnichtnurbeiVögelngibtessolcheSpezialisten SPEKTAKELVONMORGENSBISABENDS L eben auf dem Vogelfelsen Während einige Vogelarten die Einsamkeitvorziehen,suchenanderedenSchutzderMasse. AufeinemVogelfelsen,beispielsweiseandensteilenKlippen derFäröerinseln,brütendieVögelinriesigenKolonien.Hier herrscht von morgens bis abends Spektakel und heilloses Durcheinander. So scheint es auf den ersten Blick. Auf den zweiten wirdjedocheineganzbestimmteOrdnungdeutlich:JedeVogelarthat ihre eigene horizontale Schicht zum Brüten, vergleichbar mit Etagenwohnungen in einem Hochhaus. Ganz am Fuße des Felsens hausen die Dreizehenmöwen, denn sie benötigen kleine Felsvorsprünge,andenensieihreNester,dieüberwiegendausTang bestehen,befestigen. DarüberwohnendieTrottellummenundTordalken.Siemüssenihre Brutplätze relativ leicht anfliegen können, da ihre Flugweise eher plumpundschwerfälligist.Inderoberen,grasbewachsenenSchicht logieren die Papageitaucher. Dazwischen nisten an geeigneten Stellen Eissturmvögel, Gryllteisten und Tordalken. Das Plateau oben auf dem Felsenistaußerdemnochfür Silber- oder Mantelmöwen reserviert. Voraussetzung für die Entstehung von solchen „Vogelbergen“ sind steile, unzugängliche Felswände in Küstennähe. Aber auch die Dreizehenmöwe©U.S.FishandWildlife Service Verpflegung muss stimmen. Die meisten Vogelfelsen findet man daher in den höheren Breiten, wo kalte und warme Meeresströmungen zusammenstoßen. Denn dort ist durch die ständige Umwälzung das Oberflächenwasser besonders stark mit Nährstoffen angereichert und bietet genug Futterfüralle.EinKonkurrenzkampfumdasNahrungsangebotwäre allerdings wenig produktiv. Daher ist jede Art auf eine bevorzugte Kost spezialisiert. Papageitaucher und Tordalken fangen beispielsweise kleine Sandaale am Meeresgrund, während Trottellummen größere Fische verspeisen, die sie im freien Wasser erbeuten.DieDreizehenmöwebevorzugtKrebse. MitHackeundSchaufel Papageitaucher legen ihre Eier nicht auf den blanken Felsen, sondern graben eine Höhle in die Erdschicht, in der sie ein einziges Jungesgroßziehen.IstkeinenatürlicheHöhlevorhanden,müssendie sieselbstansWerk,wennihreBrutzeitimAprilbeginnt.Dabeigehen sie so geschickt vor wie erfahrene Bergleute. Als Hacke dient der massive Schnabel und mit ihren Krallen scharren sie die aufgelockerte Erde nach hinten weg. Auf diese Weise entsteht ein circa ein bis zwei Meter langer Stollen, an dessen erweitertem Ende die Tiere ihr Nest bauen. Erst, wenn sie flügge sind, verlassen die Jungtiere die Höhle zum ersten Mal, und zwar im Schutz der Nacht, umsodenlauerndenRaubmöwenzuentgehen.Vonnunansindsie auf sich allein gestellt und verbringen die meiste Zeit auf See. Erst nach zwei Jahren kehren sie wieder zur Kolonie zurück, um selbst Nachwuchs zu erzeugen. Wie sie nach Hunderten von Seemeilen direkt ins Schwarze treffen, ist eine navigatorische Meisterleistung. Sie gibt den Forschern heute noch Rätsel auf. Die Treue zum Nest kann manchmal dramatische Züge annehmen. So im Jahr 1973 auf der isländischen Westmänner-Insel Heimaey: Kurz nach dem Vulkanausbruch suchten die heimkehrenden Papageitaucher in der nochglühendenAschevergeblichnachihrenBruthöhlen. FarbkodierteEier Trottellummen bauen im Gegensatz zu den Papageitauchern überhaupt keine Nester, sondern legen ihre Eier direkt auf den Felsen. Besteht da nicht die Gefahr,dassvieleEierinsWasserkullern und verloren gehen? Die ungewöhnliche birnenartige Form verhindert jedoch, dass sie von ihrem Platz rollen. Oft sind die Lummenkolonien so dicht besetzt, dass bis zu 20 Paare auf einem Quadratmeter brüten. Wie können die Tiere da noch ihre eigenen Eier von denen der Nachbarn unterscheiden? Des Rätsels Lösung besteht in der unterschiedlichen Färbung. Was wir uns nur zu Ostern gönnen, ist Papageitaucher©U.S.Fishand WildlifeService beidenTrottellummenalltäglich.DieFarbtönederEiervariierenvon weißüberblau,grün,braun,violettbisschwarz. SprunginskalteWasser Drei Wochen, nachdem die Trottellummen-Küken geschlüpft sind, müssen sie die erste Mutprobe bestehen. Zu diesem Zeitpunkt könnensienochnichtfliegen,sollendieElternaberschonaufsMeer hinaus begleiten. Doch wie dort unten hinkommen? Schließlich sind Lummenküken keine Bergsteiger. Da hilft nur eins: der mutige SprungvonderKlippe,oftauseinerHöhevon250bis450Metern. Das klingt verhängnisvoll, doch die Natur hat sie dafür gut gerüstet. Ihr weicher Knochenbau federt den Aufprall ab und das luftgefüllte Gefieder kommt einem Airbag gleich. Die Eltern erwarten den Nachwuchs kurz vor Anbruch der Dämmerung im Wasser und treibendieKükendurchLockrufean. Das alljährliche Schauspiel treibtimmerwiederHunderte von Ornithologen Ende Juni nach Helgoland, wo sich Deutschlands einziger Vogelfelsen befindet. Zwar müssen die Küken hier nur eineHöhevongut40Metern überwinden, dafür landen sie aber teilweise auf der Trottellummen©U.S.FishandWildlife Service BetonbefestigungamFußder Klippen. Doch wie durch ein Wunder scheint ihnen das nichts auszumachen. Sie rappeln sich auf und robben weiter in Richtung Meer. Der Vater eskortiert das Küken anschließend ins offene Wasser, bleibt bei ihm und versorgt es mit Nahrung, bis es selbst flugfähigist. AUFZUCHTIMKINDERGARTEN D as Sozialleben der Pinguine Die Antarktis bei eisigen Temperaturen.DichtgedrängtstehteineHordePinguine im Schnee und versucht sich gegenseitig zu wärmen. Äußerst gesellig geht es hier zu, wenn sich die Tiere zur Eiablage, Brut und Aufzucht der Jungen in riesigen Kolonien zusammenrotten,indenensichbiszufünfMillionenTiereaufhalten. In der Regel sind es die Männchen, die sich zur Brutzeit sammeln und ein geeignetes Territorium auswählen. Dann versuchen sie, durch trompetenartiges Rufen ein Weibchen zu gewinnen. Oft ist es die Partnerin aus dem Vorjahr, die den Ruf erhört. Bei den Kaiserpinguinen geht es besonders „emanzipiert“ zu. Hier verlässt das Weibchen nach der Eiablage die Kolonie und kehrt zurück aufs Meer.DasMännchenübernimmtdasBrutgeschäft.Esbalanciertdas EiaufseinenFüßen,bedecktesmiteinerBauchfalteundträgtesso mit sich umher. Um sich vor den frostigen Winden zu schützen, wechseln die Tiere häufig ihre Plätze, so dass jeder einmal in den Genuss kommt, den wärmsten Platz im Inneren der Kolonie zu haben. BrutzeitimWinter Denn im Gegensatz zu allen anderen Arten brüten Kaiserpinguine im antarktischen Winter. Warum sie sich ausgerechnet die ungemütlichste Jahreszeit mit Temperaturen bis zu minus 60 Grad Celsius aussuchen, ist Kaiserpinguine©MichaelVan Woert/NOAA den Forschern noch ein Rätsel. Sie vermuten jedoch, dass die Jungtiere bessere Überlebenschancen haben, wenn die Temperaturen sechs Monate später, zum Zeitpunkt ihrer Unabhängigkeit, wärmer sind. Während der zweimonatigen Brutzeit verlieren die „alleinerziehenden“VäterguteinDrittelihresKörpergewichts,dasie in dieser Zeit keine Nahrung zu sich nehmen und allein von ihren Fettreserven leben. Auch nach dem Schlüpfen bleiben die Jungen zunächst in der Bauchfalte. Zu diesem Zeitpunkt kehren die Weibchen mit circa drei Kilogramm vorverdautem Fisch zum Küken zurück.Verspätensiesich,fütterndieVäterdasKükenzunächstmit einer milchigen Substanz, die sie in ihrer Speiseröhre produzieren. Während das Küken dann seine erste richtige Mahlzeit von der Mutter bekommt, kehrt der Vater für mehrere Wochen aufs Meer zurück, um seine Reserven aufzufüllen. Danach wechseln sich die ElternmitderFütterungab. Laut-AnpassunganGeräuschpegel Doch wie finden sich die Partner im Gewühl der Kolonie wieder? FranzösischeWissenschaftlerfanden1999heraus,dassdiePinguine ihre Rufe sehr effizient an die jeweils herrschenden Wetterbedingungen anpassen können. Bei starken Winden zum Beispiel erhöht der Pinguin sowohl die Anzahl seiner Rufe als auch die Silbenzahl pro Ruf, um sich vor dem Geräuschpegel besser absetzenzukönnen.DerPartnerantwortetaufdenRufundgibtso seine exakte Position bekannt. Pinguine scheinen nicht nur den aufrechten Gang mit uns Menschen gemeinsam zu haben, sondern auch die eine oder andere gesellschaftliche Umgangsform.Sosteckensie beispielsweise den Nachwuchs im Alter von sieben Wochen in eine Art „Kindergarten“, damit die Eltern ungestört ihrer Arbeit nachgehen können. Um sich gegenseitig zu wärmen, drängen sich die Jungtiere in einem Kreis eng aneinander. Auch sie tauschen die innersten, also wärmsten Plätze nach dem Rotationsprinzip immer wieder aus. Die Eltern Kaiserpinguine©MichaelVanWoert/ NOAA bringen regelmäßig Nahrung vorbei. Bis zum Frühjahr bleiben die Jungen im Kindergarten, dann verlassen sie die Kolonie und kehren erstJahrespäterwiederzurück,umselbstdortzubrüten. Nureinerkommtdurch Alle anderen antarktischen Pinguinarten, wie beispielsweise die Adelie-Pinguine,brütenindenSommermonatenundbauendazuein einfaches Nest aus Gras und Kieselsteinen. Damit die Eier auf dem harten Untergrund nicht zerbrechen, ist eine besonders stabile Schale von Vorteil. Forscher der Universität von Washington haben im Mai 2004 herausgefunden, dass die Weibchen vor der Eiablage vermehrt Muschelschalen fressen, um sich zusätzliche Vorräte an Kalzium zu beschaffen. Sie vermuten, dass das Kalzium im Verdauungstrakt der Vögel aus den kalkhaltigen Muschelschalen herausgelöstunddannzumAufbauderEierschalenverwendetwird. Zwar legen Adelie-Pinguine zwei Eier, doch nach dem Prinzip „Hauptsache einerkommtdurch“isteinemderbeiden Küken ein tragisches Schicksal beschieden. Meistens schlüpft ein Küken etwas eher als das zweite. Die Eltern bevorzugen das größere und stärkere Adelie-Pinguine©MichaelVan Jungtier und stecken ihm mehr Nahrung Woert/NOAA zu.Daskleinere,schwächereKükenwird dagegen vernachlässigt und stirbt bald. Doch warum wählen Pinguine diese anscheinend so grausame Taktik? Hier hat der Fortbestand der Art oberste Priorität. Der Tod des zweiten Kükens stellt sicher, dass das meist begrenzte Nahrungsangebot nicht auch noch auf zwei hungrige Mägen verteilt werden muss. Umgekehrt dient das zweite Ei den Eltern als Rückversicherung, falls das erste Kükenfrühzeitigstirbt. GESCHICKMITSCHNABELUNDFADEN W ebervögel als Architekten Die im südlichen Afrika lebenden Webervögel sind Perfektionisten – auch beim Nestbau. Ihre Brutstätten hängen üblicherweise hoch in den Bäumen und sind nur über eine lange Einflugröhre an der Unterseite zugänglich. Unerreichbar für RaubtierebefindensiesichmeistamEndevondünnenZweigen,die zudem auch noch über Teiche oder Flüsse ragen. Um ein Weibchen zu gewinnen, müssen die Männchen eine gut gebaute Behausung vorweisen. EntsprechendgroßistderElan,mitdemsiezuWerkegehen.Äußerst sorgfältigundgeschicktsetztdasMännchenSchnabelundFüßeein, um Blattstreifen und Grashalme miteinander zu verflechten. Jeden neuen „Faden“ schiebt es zunächst in das Geflecht, zieht ein Ende wieder heraus und schiebt es an anderer Stelle wieder herein, ähnlich wie beim Nähen mit Nadel und Faden. Auf diese Weise entsteht ein stabiles flaschenförmiges Gebilde, das einer Festung gleicht. Wird ein Teil des zukünftigen Zuhauses während der Bauphase zerstört, bessert das Tier den Schaden nicht einfach aus, sondern BaummitWebervogelnestern©Neeraj Mishra NestervonWebervögeln© NeerajMishra reißt die gesamte Konstruktion ab und beginnt von vorn. Ist das Nest fertig, suchtsichdasMänncheneinePartnerin, der es den „Prachtbau“ präsentiert. Das Weibchen überprüft das Gebilde äußerst kritisch, indem sie es beäugtundseineStabilitättestet.Dabeikralltessichaußenfestund fängt kräftig an zu ruckeln. Je perfekter die Behausung aussieht, desto„beeindruckter“zeigtsichdasWeibcheninderRegel.Wennes nichts zu beanstanden hat und sich für das Nest entscheidet, paart essichmitdemdazugehörigen„Baumeister“.Anschließendbeginnt das Männchen mit der sorgfältigen Innenausstattung, indem es den BaufürdieEiablageschönweichauspolstert. Sobald das Weibchen mit dem Bebrüten der Eier anfängt, ist die Arbeit des Männchensvollendet.Eszieht von dannen und überlässt dem Weibchen die übrige Arbeit. Doch die Herren der Schöpfung haben für den WebervogelamNest©ArunP.Singh/ Rest des Jahres keineswegs OrientalBirdClub Langeweile. Angetrieben vom Drang, möglichst viel Erbmaterial in die nächste Generation zu bringen, beginnen sie, das nächste Nest zu bauen, um ein anderes Weibchendamitzubeeindrucken. BRUTPARASITISMUSMITKRIMINELLENFOLGEN K uckucks-Kinder Nach dem Prinzip „warum sich selbst abmühen, wenn es andere dafür gibt“, legt der Kuckuck seine Eier in fremde Nester und überlässt es „Adoptiveltern“,dasKükengroßzuziehen.AufdieseWeise muss er sich nicht mit zeitraubenden Notwendigkeiten wie Nestbau, Brutpflege und Aufzucht plagen, sondern kann sich ganz darauf konzentrieren, möglichst viel von seinem Erbgut in die nächste Generationeinzubringen. FürdieWirtsvögelistesallerdingsungünstig,wennsiedasKuckucksKüken anstelle ihres eigenen Nachwuchses aufziehen, da auf diese Weise ihre eigenen Gene nicht weitergegeben werden. Argwohn ist daher angebracht und viele Vögel bemühen sich in der Tat, den Schwindelaufzudecken.Gelingtdies,entfernensiedasfremdeEi.Im ExtremfallgebensiesogardiegesamteBrutauf.ImGegenzughaben dieKuckucksdasAussehenihrerEierderartandenWirtangepasst, dass diese sich kaum noch von denen der Adoptiveltern unterscheiden und in der Regel nicht bemerkt werden. Das Gen für die „Eiausbildung“ befindet sich im Erbgut des Männchens. Daher habensichverschiedeneStämmevonKuckucksentwickelt,diejeweils auf bestimmte Wirte festgelegt sind. Je nachdem, von welchem Männchen es begattet wurde, legt das Weibchen entsprechend unterschiedlicheEier.Nochwährendder junge Kuckuck heranwächst, findet die Prägung auf die Zieheltern statt. So sucht er später instinktiv die Brutstätten seiner Wirtseltern auf, um seinen eigenen Nachwuchs dort aufziehen zu EuropäischerKuckuck© lassen. AurélienAudevard/Oriental BirdClub Gaunerpärchen UnsereheimischenKuckucksführenihrenCoupimTeamdurch.Das Männchen begibt sich auf die Suche nach geeigneten Nestern. Geschickt lockt es die Altvögel vom Nest weg. Diesen Moment nutzt das Weibchen und macht sich an dem Gelege zu schaffen. Es frisst einEiaufundersetztesdurchseineigenes. Fallen die Wirtseltern auf das untergeschobene Ei herein, haben sie das Nachsehen, denn das Kuckucks-Kind beginnt sein Leben sofort miteiner„kriminellenHandlung“,indemesseineStiefgeschwisteraus dem Nest schubst. Fortan bekommt es die alleinige Aufmerksamkeit und das Futter der Zieheltern - auch wenn es noch so anders aussieht als der eigene Nachwuchs und unter Umständen sogar sechsmal größer ist als die ausgewachsenen Wirtseltern. Diese können gar nicht anders, als sich um das bettelnde Küken zu kümmern. Forscher haben herausgefunden, dass der riesige rote Rachen des jungen Kuckucks bei den Wirtseltern einen starken Fütterungstrieb auslöst. Auch der vielstimmige Gesang des kleinen Vielfraßes verstärkt den Drang zusätzlich: er simuliert eine ganze Schar hungriger Geschwister. So bekommt der junge Kuckuck die Portion an Nahrung, die normalerweise ein ganzes Nest sättigen würde. VorgetäuschteGeschwister Mit ganz raffinierter Strategie geht der asiatische Fluchtkuckuck vor, dessen Zieheltern Bodenbrüter sind. Lautes Schreien ist bei ihm untersagt,denndadurchwürdenRäuberangelockt.Stattdessensetzt er auf Optik, wie japanische Zoologen im Mai 2005 beobachtet haben. Mit leuchtend gelben Farben auf der Innenseite seiner Flügel täuscht er ein ganzes Nest vollerhungrigerSchnäbelvor. Die Zieheltern gehen ihm auch prompt auf den Leim und bringen unermüdlich NahrungzumNest. DieRachederWirtseltern Doch es gibt Vogelarten, die nichtaufdasbettelndeKüken hereinfallen und sich erfolgreich wehren. In JungerKuckuckimNest©JeffBrett Australien treibt zum Beispiel der Rotschwanzkuckuck sein Unwesen, der seine Eier bevorzugt in dieNestervomPrachtstaffelschwanzlegt.DieNachahmungderEier istsoperfekt,dasssienursehrseltenentdecktwerden.Wiegehabt befördert das Kuckucks-Küken innerhalb von 48 Stunden nach dem Schlüpfen die anderen Küken aus dem Nest. Zunächst scheint alles optimal für den Kuckuck zu laufen. Doch der Triumph währt nicht lange. Denn bereits zwei Tage später „rächen“ sich die Wirtseltern, indemsiedasNestverlassen,umanandererStelleneuzunisten. Das Kuckucks-Kind muss verhungern. DabeiistesnichtetwadieGröße,diedie Zieheltern misstrauisch macht, sondern diefremdenBettelrufe.Siegleichenzwar in Lautstärke und Frequenz der eigenen Art, aber sie dauern länger. Doch wie kommtes,dasshierdieWirtselterndem Kuhstärling©U.S.Fishand verführerischen Schlüsselreiz in Gestalt WildlifeService des aufgesperrten Schnabels widerstehen? Forscher haben das Verhalten britischer und australischer Wirtsvögel miteinander verglichen. „Wir wissen noch nicht, warum die australischen Wirtseltern es besser fertigbringen, Kuckucks-Küken zu verlassen als ihre britischen Artgenossen“, sagt Rebecca Kilner von der Cambridge University im März 2003. Sie vermutet, dass die längere Brutsaison in Australien dabei eine Rolle spielt.DadurchrentiertessichfürdieVögeleher,einenBrutversuch insospätemStadiumabzubrechen.ImGegensatzzudenbritischen Wirten, haben australische Vögel mehr Zeit, erneut ein Nest zu bauen. VerstärkungdurchdieAdoptivgeschwister Ähnlich, aber nicht ganz so „kriminell“ geht der amerikanische Kuhstärling vor. Auch er legt seine Eier in fremden Brutstätten ab, allerdings verhält sich das Küken nicht so aggressiv gegenüber seinenNestgenossen.EsduldeteinbiszweiStiefgeschwisterumsich herum, wenn auch nur zu seinem eigenen Vorteil. Denn Forscher fanden heraus, dass das Kuhstärling-Küken mehr Nahrung abbekommt,jemehrJungtiereaufeinmalumNahrungbetteln.Istes dagegenalleinimNest,reichtseinRufennichtaus,umdieElternzu motivieren,permanentNahrungherbeizuschaffen. LEBENIMHAREM S traußenvögel gehen fremd Fauchende, zischende Laute klingen über die Steppe Afrikas. Dabei handelt es sich jedoch nicht etwa um ein Raubtier auf Beutezug, nein, es sind vielmehr die Rufe eines männlichen Straußenvogels, der damit um einen Harem kämpft. Hat er eine Schar von drei bis fünfWeibchenumsichvereint,nimmtersichdasdominanteTierzur Partnerin. Doch das hindert ihn nicht, auch die anderen unerfahreneren Hennen zu befruchten. Auf diese Weise sorgt er dafür, dass sich seine Gene in so vielen Nachkommen wie möglich weitervererben. Nachdem ein Tier eine Kuhle gegraben hat, legen alle Hennen ihre Eier dazu, so dass gut 20 bis 60 Eier zusammenkommen. Beim BebrütenderEierwechselnsichalleTiereab–auchdasMännchen trägt seinen Teil dazu bei. Geschickt richten sie die Schichten jeweils so ein, dass ihr Gefieder immer eine optimale Tarnung ermöglicht. Den Weibchen kommt tagsüber ihr grau-braunes Gefieder zu gute, mit dem sie sich hervorragend an den Boden anpassen. Die Nachtschicht übernimmt das Männchen allein, da sein schwarzweißes Gefieder im Dunkeln unauffälliger ist. Nach sechs Wochen schlüpfen die Küken und folgen den Eltern sofort überall hin. Doch es ist in erster Linie das Männchen, das sich um die Küken kümmert. Emus – die Variante aus dem Outback Straußenhennen©U.S.FishandWildlife Service Während bei den Straußen das Männchen für genetische Vielfalt sorgt, ist es bei den australischen Emus das Weibchen, das während der Beziehung „fremdgeht“.Zunächstläuftallesnochganzmonogamab.Nachdem die Paare sich im Hochsommer zusammengefunden haben, paaren siesichimAprilallezweiTage.DazwischenlegtdasWeibchenjeweils einEiineinNest,dasdasMänncheninderZwischenzeitgebauthat. Etwa nach dem siebenten Ei stellt das Männchen seinen Paarungstrieb ein und fängt an zu brüten. Das Weibchen ist jedoch weiterhin „unersättlich“ und nach dem Motto „wenn Du nicht willst, such ich mir eben jemand anders“, zieht es los und paart sich mit anderen Männchen. Zur Eiablage kehrt es aber immer zum ersten Hahnzurückundlegtbiszu18weitereEierzudenanderendazu. Dem Männchen macht es offenbar nichts aus, dass die Hälfte der Eier gar nicht seine Gene trägt. Es kümmert sich trotzdem liebevoll um das gesamte Gelege, nimmt während der Brutzeit nichts zu sich und steht nur auf, um die Eier zu wenden. In der Phase nach dem Schlüpfen ist das Männchen äußerst angriffslustig und verteidigungsbereit. Als „alleinerziehender Vater“ begleitet es die JungenetwaeinhalbesJahrlangundsorgtfürsie.Erstdannsuchtes sich eine neue Partnerin. Das „Fremdgehen“ der Hennen ist für australische Vogelarten nichts Ungewöhnliches. Forscher haben beobachtet,dasssichjüngereMännchen häufig in der Nähe von erfolgreicheren Artgenossen aufhalten, um so die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, selbst ein Weibchen abzubekommen. Emu©PixelQuelle/Henning HrabanRamm Wissenschaftler vom österreichischen Konrad-Lorenz-InstitutfürvergleichendeVerhaltensforschunghaben auch schon eine Erklärung für das „treulose Verhalten“ parat: es handelt sich um eine Strategie, beim Nachwuchs Schäden durch eventuelle Inzucht zu vermeiden. Auf diese Weise erhöhen die Tiere dieÜberlebenswahrscheinlichkeitdergesamtenArt. Nandus–dieamerikanischenVerwandten Bei den in Südamerika beheimateten Nandus ist es wiederum das Männchen,daseinausgeprägtesPaarungsverhaltenandenTaglegt. Es befruchtet bis zu zwölf Weibchen, die ihre Eier alle in sein Nest legen. Von da an kümmert sich der Hahn allein um Brut und AufzuchtderJungen,währenddieHennenweiterziehen,umsichmit anderen Männchen zu paaren. Während dieser Zeit sind die Männchen hochaggressiv und greifen alles an, was sich dem Nest nähert,auchdieeigenenWeibchen. HAUTNAHAMGESCHEHEN B rutpflegebeiAmphibienDiemeistenAmphibienlegenihre Eier einfach ins Wasser ab und überlassen sie nach der BefruchtungdurchdasMännchensichselbst.Dochdiese „Sorglosigkeit“ bedeutet oft den Verlust der gesamten Nachkommenschaft, beispielsweise, wenn der Laich oder die frisch geschlüpften Kaulquappen Räubern zum Fraß fallen. Um dieser Gefahr zu entgehen, haben einige Arten erstaunliche Strategien entwickelt.SiebetreibeneineBrutpflege,beidersiedasGelegenicht aus den Augen lassen. Erst, wenn sich der Nachwuchs vollständig entwickelthat,entlassendieElternsieausihrerObhut. BrutpflegeimHuckepack… Besonders „anhänglich“ geht die südamerikanische Wabenkröte mit ihrem Gelege um. Während der Paarung vollbringen die Tiere zunächst erst einmal akrobatische Höchstleistungen unter Wasser, dieanSynchronschwimmererinnern.ImLaufemehrererDrehungen undLoopingsstößtdasWeibcheneinigeEieraus,diedasMännchen sogleich besamt und anschließend an den Rücken des Weibchens schiebt, wo sie kleben bleiben. Innerhalb der nächsten Stunden wächst die Haut nach und schließt jedes Ei in einer Zyste ein. Sicher von der Außenwelt abgeschirmt, entwickeln sich dieKaulquappenindiesenBrutkammern weiter. Nach etwa 80 Tagen ist die Metamorphose abgeschlossen und die kleinen Kröten schlüpfen aus dem RückendesWeibchens. … Wabenkröte©PatrickC. Morgan imMaul Ähnlich dicht am Geschehen verfolgt der Darwinfrosch die Entwicklung seiner Nachkommen. Im Gegensatz zu allen anderen Amphibien legt das Weibchen die Eier jedoch nicht ins Wasser, sondern auf den feuchten Wabenkröte©HugoClaessen Boden. Hier ist es das Männchen, das sich von nun an um die Brut kümmert. Wenn die Kaulquappenschlüpfen,nimmtderFroschsieinseinemKehlsackauf und trägt sie mit sich herum, bis die Entwicklung zum Frosch abgeschlossen ist. Während dieser Zeit ernähren die Kaulquappen sich vom Eidotter. Nach circa sechs Wochen schlüpfen die kleinen FröschedannausdemMauldesVaters. …undimMagen Noch besser hat eine andere Froschart ihren Nachwuchs vor der Außenwelt versteckt. Seit 1984 gelten sie leider als ausgestorben, aberzuihrenLebzeitenhabensieganzErstaunlichesgeleistet.Diein Australien beheimateten Magenbrüterfrösche haben ihre Jungen im Bauch ausgebrütet. Das Weibchen schluckte dazu ihren eigenen Laich und die Kaulquappen schlüpften einige Zeit später im Magen. DochwiekonntedieMutterverhindern,dasssieihreeigenenJungen verdaut? Forscher haben entdeckt, dass die Kaulquappen ein Hormon absonderten, das beim Weibchen die Nahrungsaufnahme und infolgedessen auch die Produktion von Magensäure einstellte. Sobald die Metamorphose der Kaulquappen zum Frosch abgeschlossen war, wurden sie hochgewürgt und hüpften aus dem MaulderMutter.Erstdannbeganndiesewiederzufressen.Warum die Art heute ausgestorben ist, können Wissenschaftler nur vermuten. Die Theorien erstrecken sich von der Austrocknung der Lebensräume über Pilzbefall bis hin zu Missbildungen an Jungtieren durchdiezunehmendeUV-Strahlung. FAMILIENLEBEN–NEINDANKE! V erantwortungslose Schildkröten Von ausgeprägtem Sozialverhalten kann bei Schildkröten keine Rede sein, dennalstypischeEinzelgängerhabensiemitFamilienleben nichts im Sinn. Das ändert sich auch nicht, wenn Nachwuchs ansteht. Die grüne Meeresschildkröte beispielsweise verspürt nur alle drei Jahre den Drang, sich fortzupflanzen. Zu diesem Zweck kehren die Schildkröten zu ihrem Geburtsort zurück. EinigeArtenbewältigendabeiHundertevonKilometern. DiePaarungfindetimWasserinderNähedesHeimatstrandesstatt. In der folgenden Nacht schleppt sich das Weibchen an Land und gräbt oberhalb der Flutgrenze mit den Hinterflossen eine Grube in den Sand, in die sie ihre Eier legt. Anschließend schaufelt sie die Grube wieder zu und kriecht erschöpft zum Meer zurück. Damit ist ihre Arbeit beendet. Die Eier sind von nun an sich selbst überlassen. Vom Sand geschützt und von der Sonne ausgebrütet, schlüpfendiejungenSchildkrötenzeitgleichnachetwazweiMonaten aus den Eiern. Nicht einmal auf das Geschlecht haben die Eltern Einfluss. Das übernimmt die Umgebungstemperatur des Sandes, in demdieEierliegen.Wissenschaftlerhabenherausgefunden,dassbei niedrigerenTemperaturenüberwiegendeMengenanTestosteronfür die Entwicklung von Männchen sorgen. Bei rund 32 Grad Celsius wird das Enzym Aromatase aktiviert, das Testosteron in das weibliche Geschlechtshormon Estradiol umwandelt. Die Folge: Es entstehen Weibchen. GrüneMeeresschildkröte© U.S.FishandWildlifeService VomInstinktgeleitet Wie aber können die Jungen ohne elterliche Fürsorge überleben? Forscher haben beobachtet, dass ein ausgeprägtes Instinktverhalten ihr Leben GrüneMeeresschildkröte©U.S.Fishand bestimmt. Nachdem die WildlifeService Jungen geschlüpft sind, hasten sie kollektiv im Schutz der Nacht zum Meer. Um den schnellstenWegdorthinzufinden,orientierensiesichamMondlicht, das sich im Meer spiegelt. Schlüpfen sie am Tag, verharren sie solangeinderGrube,bisesdunkelgewordenist.SowohlanLandals auchimMeerlauernvieleGefahrenaufdiekleinenSchildkröten,von RaubmöwenbishinzuRaubfischen.Nurwenigekommendurch.Wie rentiertsichdadasunsozialeVerhaltenderEltern?Stattpersönlicher Betreuung setzen Schildkröten auf Masse. Um die Verluste auszugleichen, legen sie bis zu 3.000 Eier in ihrem Leben. So garantieren sie, dass wenigstens ein paar Nachkommen die GeschlechtsreifeerlangenundselbstzurArterhaltungbeitragen. VersicherunggegenHochwasser Ein bisschen mehr Sorgfalt legt die Braune Landschildkröte an den Tag. Sie vergräbt ihre Eier nicht im Boden, sondern schichtet einen Haufen aus Erde und Laub auf, in dem sie die Eier versteckt. Der Vorteil liegt auf der Hand: die erhöhte Lage schützt das Gelege vor Überflutung. Landschildkröte©U.S.Fish andWildlifeService 04|Impressum scinexx.de-DasWissensmagazin MMCDNEWMEDIAGmbH Elisabethstraße42 40217Düsseldorf Tel.0211-94217222 Fax03212-1262505 www.mmcd.de [email protected] Geschäftsführer:HaraldFrater,[email protected] Chefredakteurin:NadjaPodbregar,[email protected] Handelsregister: Düsseldorf,HRB56568;USt.-ID.:DE254927844; FinanzamtDüsseldorf-Mitte Konzeption/Programmierung YOUPUBLISHGmbH Werastrasse84 70190Stuttgart M:info(at)you-publish.com Geschäftsführer:AndreasDollmayer ©2016byKonradinMedienGmbH,Leinfelden-Echterdingen