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01|Überuns
scinexx.de-DasWissensmagazin
scinexx®-sprich['saineks],eineKombinationaus“science”und“next
generation”-bietetalsOnlinemagazinseit1998einenumfassenden
Einblick in die Welt des Wissens und der Wissenschaft. Mit einem
breiten Mix aus News, Trends, Ergebnissen und Entwicklungen
präsentiert scinexx.de anschaulich Informationen aus Forschung
undWissenschaft.
DieSchwerpunktthemenliegenindenBereichenGeowissenschaften,
Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik
sowie Energie- und Umweltforschung. Das Internetmagazin spricht
allewissbegierigenUseran-obinBeruf,StudiumoderFreizeit.
scinexx wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt der MMCD NEW
MEDIA GmbH in Düsseldorf und des Heidelberger Springer Verlags
gegründet und ist heute Teil der Konradin Mediengruppe mit dem
bekannten Magazin Bild der Wissenschaft sowie den
Wissensangeboten:wissen.de,wissenschaft.de,scienceblogs.de,
natur.deunddamals.de.
02|Inhalt
01
02
ÜBERUNS
INHALT
03
KAMPFUMDIEKINDERSTUBE
Tricks und Strategien bei der
Brutpflege
04
IMPRESSUM
03|KampfumdieKinderstube
TricksundStrategien
beiderBrutpflege
VONPETRAJÖSTINGMEYER
DasBrutverhaltenderVögelistmindestenssovielfältigwieihr
Gefieder.JedeArthatimLaufderEvolutionihreeigeneMethode
entwickelt,umdeneigenenNachwuchsmöglichstgefahrlos
großzuziehen.DochnichtnurbeiVögelngibtessolcheSpezialisten
SPEKTAKELVONMORGENSBISABENDS
L
eben auf dem Vogelfelsen Während einige Vogelarten die
Einsamkeitvorziehen,suchenanderedenSchutzderMasse.
AufeinemVogelfelsen,beispielsweiseandensteilenKlippen
derFäröerinseln,brütendieVögelinriesigenKolonien.Hier
herrscht von morgens bis abends Spektakel und heilloses
Durcheinander. So scheint es auf den ersten Blick. Auf den zweiten
wirdjedocheineganzbestimmteOrdnungdeutlich:JedeVogelarthat
ihre eigene horizontale Schicht zum Brüten, vergleichbar mit
Etagenwohnungen in einem Hochhaus. Ganz am Fuße des Felsens
hausen die Dreizehenmöwen, denn sie benötigen kleine
Felsvorsprünge,andenensieihreNester,dieüberwiegendausTang
bestehen,befestigen.
DarüberwohnendieTrottellummenundTordalken.Siemüssenihre
Brutplätze relativ leicht anfliegen können, da ihre Flugweise eher
plumpundschwerfälligist.Inderoberen,grasbewachsenenSchicht
logieren die Papageitaucher. Dazwischen nisten an geeigneten
Stellen
Eissturmvögel,
Gryllteisten und Tordalken.
Das Plateau oben auf dem
Felsenistaußerdemnochfür
Silber- oder Mantelmöwen
reserviert. Voraussetzung für
die Entstehung von solchen
„Vogelbergen“ sind steile,
unzugängliche Felswände in
Küstennähe. Aber auch die
Dreizehenmöwe©U.S.FishandWildlife
Service
Verpflegung muss stimmen.
Die meisten Vogelfelsen findet man daher in den höheren Breiten,
wo kalte und warme Meeresströmungen zusammenstoßen. Denn
dort ist durch die ständige Umwälzung das Oberflächenwasser
besonders stark mit Nährstoffen angereichert und bietet genug
Futterfüralle.EinKonkurrenzkampfumdasNahrungsangebotwäre
allerdings wenig produktiv. Daher ist jede Art auf eine bevorzugte
Kost spezialisiert. Papageitaucher und Tordalken fangen
beispielsweise kleine Sandaale am Meeresgrund, während
Trottellummen größere Fische verspeisen, die sie im freien Wasser
erbeuten.DieDreizehenmöwebevorzugtKrebse.
MitHackeundSchaufel
Papageitaucher legen ihre Eier nicht auf den blanken Felsen,
sondern graben eine Höhle in die Erdschicht, in der sie ein einziges
Jungesgroßziehen.IstkeinenatürlicheHöhlevorhanden,müssendie
sieselbstansWerk,wennihreBrutzeitimAprilbeginnt.Dabeigehen
sie so geschickt vor wie erfahrene Bergleute. Als Hacke dient der
massive Schnabel und mit ihren Krallen scharren sie die
aufgelockerte Erde nach hinten weg. Auf diese Weise entsteht ein
circa ein bis zwei Meter langer Stollen, an dessen erweitertem Ende
die Tiere ihr Nest bauen. Erst, wenn sie flügge sind, verlassen die
Jungtiere die Höhle zum ersten Mal, und zwar im Schutz der Nacht,
umsodenlauerndenRaubmöwenzuentgehen.Vonnunansindsie
auf sich allein gestellt und verbringen die meiste Zeit auf See. Erst
nach zwei Jahren kehren sie wieder zur Kolonie zurück, um selbst
Nachwuchs zu erzeugen. Wie sie nach Hunderten von Seemeilen
direkt ins Schwarze treffen, ist eine navigatorische Meisterleistung.
Sie gibt den Forschern heute noch Rätsel auf. Die Treue zum Nest
kann manchmal dramatische Züge annehmen. So im Jahr 1973 auf
der isländischen Westmänner-Insel Heimaey: Kurz nach dem
Vulkanausbruch suchten die heimkehrenden Papageitaucher in der
nochglühendenAschevergeblichnachihrenBruthöhlen.
FarbkodierteEier
Trottellummen bauen im Gegensatz zu
den Papageitauchern überhaupt keine
Nester, sondern legen ihre Eier direkt
auf den Felsen. Besteht da nicht die
Gefahr,dassvieleEierinsWasserkullern
und verloren gehen? Die ungewöhnliche
birnenartige Form verhindert jedoch,
dass sie von ihrem Platz rollen. Oft sind
die Lummenkolonien so dicht besetzt,
dass bis zu 20 Paare auf einem
Quadratmeter brüten. Wie können die
Tiere da noch ihre eigenen Eier von
denen der Nachbarn unterscheiden?
Des Rätsels Lösung besteht in der
unterschiedlichen Färbung. Was wir uns nur zu Ostern gönnen, ist
Papageitaucher©U.S.Fishand
WildlifeService
beidenTrottellummenalltäglich.DieFarbtönederEiervariierenvon
weißüberblau,grün,braun,violettbisschwarz.
SprunginskalteWasser
Drei Wochen, nachdem die Trottellummen-Küken geschlüpft sind,
müssen sie die erste Mutprobe bestehen. Zu diesem Zeitpunkt
könnensienochnichtfliegen,sollendieElternaberschonaufsMeer
hinaus begleiten. Doch wie dort unten hinkommen? Schließlich sind
Lummenküken keine Bergsteiger. Da hilft nur eins: der mutige
SprungvonderKlippe,oftauseinerHöhevon250bis450Metern.
Das klingt verhängnisvoll, doch die Natur hat sie dafür gut gerüstet.
Ihr weicher Knochenbau federt den Aufprall ab und das luftgefüllte
Gefieder kommt einem Airbag gleich. Die Eltern erwarten den
Nachwuchs kurz vor Anbruch der Dämmerung im Wasser und
treibendieKükendurchLockrufean.
Das alljährliche Schauspiel
treibtimmerwiederHunderte
von Ornithologen Ende Juni
nach Helgoland, wo sich
Deutschlands
einziger
Vogelfelsen befindet. Zwar
müssen die Küken hier nur
eineHöhevongut40Metern
überwinden, dafür landen sie
aber teilweise auf der
Trottellummen©U.S.FishandWildlife
Service
BetonbefestigungamFußder
Klippen. Doch wie durch ein Wunder scheint ihnen das nichts
auszumachen. Sie rappeln sich auf und robben weiter in Richtung
Meer. Der Vater eskortiert das Küken anschließend ins offene
Wasser, bleibt bei ihm und versorgt es mit Nahrung, bis es selbst
flugfähigist.
AUFZUCHTIMKINDERGARTEN
D
as Sozialleben der Pinguine Die Antarktis bei eisigen
Temperaturen.DichtgedrängtstehteineHordePinguine
im Schnee und versucht sich gegenseitig zu wärmen.
Äußerst gesellig geht es hier zu, wenn sich die Tiere zur
Eiablage, Brut und Aufzucht der Jungen in riesigen Kolonien
zusammenrotten,indenensichbiszufünfMillionenTiereaufhalten.
In der Regel sind es die Männchen, die sich zur Brutzeit sammeln
und ein geeignetes Territorium auswählen. Dann versuchen sie,
durch trompetenartiges Rufen ein Weibchen zu gewinnen. Oft ist es
die Partnerin aus dem Vorjahr, die den Ruf erhört. Bei den
Kaiserpinguinen geht es besonders „emanzipiert“ zu. Hier verlässt
das Weibchen nach der Eiablage die Kolonie und kehrt zurück aufs
Meer.DasMännchenübernimmtdasBrutgeschäft.Esbalanciertdas
EiaufseinenFüßen,bedecktesmiteinerBauchfalteundträgtesso
mit sich umher. Um sich vor den frostigen Winden zu schützen,
wechseln die Tiere häufig ihre Plätze, so dass jeder einmal in den
Genuss kommt, den wärmsten Platz im Inneren der Kolonie zu
haben.
BrutzeitimWinter
Denn im Gegensatz zu allen anderen
Arten brüten Kaiserpinguine im
antarktischen Winter. Warum sie sich
ausgerechnet
die
ungemütlichste
Jahreszeit mit Temperaturen bis zu
minus 60 Grad Celsius aussuchen, ist
Kaiserpinguine©MichaelVan
Woert/NOAA
den Forschern noch ein Rätsel. Sie
vermuten jedoch, dass die Jungtiere
bessere Überlebenschancen haben, wenn die Temperaturen sechs
Monate später, zum Zeitpunkt ihrer Unabhängigkeit, wärmer sind.
Während
der
zweimonatigen
Brutzeit
verlieren
die
„alleinerziehenden“VäterguteinDrittelihresKörpergewichts,dasie
in dieser Zeit keine Nahrung zu sich nehmen und allein von ihren
Fettreserven leben. Auch nach dem Schlüpfen bleiben die Jungen
zunächst in der Bauchfalte. Zu diesem Zeitpunkt kehren die
Weibchen mit circa drei Kilogramm vorverdautem Fisch zum Küken
zurück.Verspätensiesich,fütterndieVäterdasKükenzunächstmit
einer milchigen Substanz, die sie in ihrer Speiseröhre produzieren.
Während das Küken dann seine erste richtige Mahlzeit von der
Mutter bekommt, kehrt der Vater für mehrere Wochen aufs Meer
zurück, um seine Reserven aufzufüllen. Danach wechseln sich die
ElternmitderFütterungab.
Laut-AnpassunganGeräuschpegel
Doch wie finden sich die Partner im Gewühl der Kolonie wieder?
FranzösischeWissenschaftlerfanden1999heraus,dassdiePinguine
ihre Rufe sehr effizient an die jeweils herrschenden
Wetterbedingungen anpassen können. Bei starken Winden zum
Beispiel erhöht der Pinguin sowohl die Anzahl seiner Rufe als auch
die Silbenzahl pro Ruf, um sich vor dem Geräuschpegel besser
absetzenzukönnen.DerPartnerantwortetaufdenRufundgibtso
seine
exakte
Position
bekannt. Pinguine scheinen
nicht nur den aufrechten
Gang mit uns Menschen
gemeinsam
zu
haben,
sondern auch die eine oder
andere
gesellschaftliche
Umgangsform.Sosteckensie
beispielsweise
den
Nachwuchs im Alter von
sieben Wochen in eine Art
„Kindergarten“, damit die
Eltern ungestört ihrer Arbeit
nachgehen können. Um sich
gegenseitig zu wärmen,
drängen sich die Jungtiere in
einem Kreis eng aneinander.
Auch sie tauschen die
innersten, also wärmsten
Plätze
nach
dem
Rotationsprinzip
immer
wieder aus. Die Eltern
Kaiserpinguine©MichaelVanWoert/
NOAA
bringen regelmäßig Nahrung vorbei. Bis zum Frühjahr bleiben die
Jungen im Kindergarten, dann verlassen sie die Kolonie und kehren
erstJahrespäterwiederzurück,umselbstdortzubrüten.
Nureinerkommtdurch
Alle anderen antarktischen Pinguinarten, wie beispielsweise die
Adelie-Pinguine,brütenindenSommermonatenundbauendazuein
einfaches Nest aus Gras und Kieselsteinen. Damit die Eier auf dem
harten Untergrund nicht zerbrechen, ist eine besonders stabile
Schale von Vorteil. Forscher der Universität von Washington haben
im Mai 2004 herausgefunden, dass die Weibchen vor der Eiablage
vermehrt Muschelschalen fressen, um sich zusätzliche Vorräte an
Kalzium zu beschaffen. Sie vermuten, dass das Kalzium im
Verdauungstrakt der Vögel aus den kalkhaltigen Muschelschalen
herausgelöstunddannzumAufbauderEierschalenverwendetwird.
Zwar legen Adelie-Pinguine zwei Eier,
doch nach dem Prinzip „Hauptsache
einerkommtdurch“isteinemderbeiden
Küken
ein
tragisches
Schicksal
beschieden. Meistens schlüpft ein Küken
etwas eher als das zweite. Die Eltern
bevorzugen das größere und stärkere
Adelie-Pinguine©MichaelVan
Jungtier und stecken ihm mehr Nahrung
Woert/NOAA
zu.Daskleinere,schwächereKükenwird
dagegen vernachlässigt und stirbt bald. Doch warum wählen
Pinguine diese anscheinend so grausame Taktik? Hier hat der
Fortbestand der Art oberste Priorität. Der Tod des zweiten Kükens
stellt sicher, dass das meist begrenzte Nahrungsangebot nicht auch
noch auf zwei hungrige Mägen verteilt werden muss. Umgekehrt
dient das zweite Ei den Eltern als Rückversicherung, falls das erste
Kükenfrühzeitigstirbt.
GESCHICKMITSCHNABELUNDFADEN
W
ebervögel als Architekten Die im südlichen Afrika
lebenden Webervögel sind Perfektionisten – auch
beim Nestbau. Ihre Brutstätten hängen üblicherweise
hoch in den Bäumen und sind nur über eine lange
Einflugröhre an der Unterseite zugänglich. Unerreichbar für
RaubtierebefindensiesichmeistamEndevondünnenZweigen,die
zudem auch noch über Teiche oder Flüsse ragen. Um ein Weibchen
zu gewinnen, müssen die Männchen eine gut gebaute Behausung
vorweisen.
EntsprechendgroßistderElan,mitdemsiezuWerkegehen.Äußerst
sorgfältigundgeschicktsetztdasMännchenSchnabelundFüßeein,
um Blattstreifen und Grashalme miteinander zu verflechten. Jeden
neuen „Faden“ schiebt es zunächst in das Geflecht, zieht ein Ende
wieder heraus und schiebt es an anderer Stelle wieder herein,
ähnlich wie beim Nähen mit Nadel und Faden. Auf diese Weise
entsteht ein stabiles flaschenförmiges Gebilde, das einer Festung
gleicht.
Wird ein Teil des zukünftigen Zuhauses während der Bauphase
zerstört, bessert das Tier den Schaden nicht einfach aus, sondern
BaummitWebervogelnestern©Neeraj
Mishra
NestervonWebervögeln©
NeerajMishra
reißt die gesamte Konstruktion ab und
beginnt von vorn. Ist das Nest fertig,
suchtsichdasMänncheneinePartnerin,
der es den „Prachtbau“ präsentiert. Das
Weibchen überprüft das Gebilde äußerst kritisch, indem sie es
beäugtundseineStabilitättestet.Dabeikralltessichaußenfestund
fängt kräftig an zu ruckeln. Je perfekter die Behausung aussieht,
desto„beeindruckter“zeigtsichdasWeibcheninderRegel.Wennes
nichts zu beanstanden hat und sich für das Nest entscheidet, paart
essichmitdemdazugehörigen„Baumeister“.Anschließendbeginnt
das Männchen mit der sorgfältigen Innenausstattung, indem es den
BaufürdieEiablageschönweichauspolstert.
Sobald das Weibchen mit
dem Bebrüten der Eier
anfängt, ist die Arbeit des
Männchensvollendet.Eszieht
von dannen und überlässt
dem Weibchen die übrige
Arbeit. Doch die Herren der
Schöpfung haben für den
WebervogelamNest©ArunP.Singh/
Rest des Jahres keineswegs
OrientalBirdClub
Langeweile. Angetrieben vom
Drang, möglichst viel Erbmaterial in die nächste Generation zu
bringen, beginnen sie, das nächste Nest zu bauen, um ein anderes
Weibchendamitzubeeindrucken.
BRUTPARASITISMUSMITKRIMINELLENFOLGEN
K
uckucks-Kinder Nach dem Prinzip „warum sich selbst
abmühen, wenn es andere dafür gibt“, legt der Kuckuck
seine Eier in fremde Nester und überlässt es
„Adoptiveltern“,dasKükengroßzuziehen.AufdieseWeise
muss er sich nicht mit zeitraubenden Notwendigkeiten wie Nestbau,
Brutpflege und Aufzucht plagen, sondern kann sich ganz darauf
konzentrieren, möglichst viel von seinem Erbgut in die nächste
Generationeinzubringen.
FürdieWirtsvögelistesallerdingsungünstig,wennsiedasKuckucksKüken anstelle ihres eigenen Nachwuchses aufziehen, da auf diese
Weise ihre eigenen Gene nicht weitergegeben werden. Argwohn ist
daher angebracht und viele Vögel bemühen sich in der Tat, den
Schwindelaufzudecken.Gelingtdies,entfernensiedasfremdeEi.Im
ExtremfallgebensiesogardiegesamteBrutauf.ImGegenzughaben
dieKuckucksdasAussehenihrerEierderartandenWirtangepasst,
dass diese sich kaum noch von denen der Adoptiveltern
unterscheiden und in der Regel nicht bemerkt werden. Das Gen für
die „Eiausbildung“ befindet sich im Erbgut des Männchens. Daher
habensichverschiedeneStämmevonKuckucksentwickelt,diejeweils
auf bestimmte Wirte festgelegt sind. Je nachdem, von welchem
Männchen es begattet wurde, legt das
Weibchen
entsprechend
unterschiedlicheEier.Nochwährendder
junge Kuckuck heranwächst, findet die
Prägung auf die Zieheltern statt. So
sucht er später instinktiv die Brutstätten
seiner Wirtseltern auf, um seinen
eigenen Nachwuchs dort aufziehen zu
EuropäischerKuckuck©
lassen.
AurélienAudevard/Oriental
BirdClub
Gaunerpärchen
UnsereheimischenKuckucksführenihrenCoupimTeamdurch.Das
Männchen begibt sich auf die Suche nach geeigneten Nestern.
Geschickt lockt es die Altvögel vom Nest weg. Diesen Moment nutzt
das Weibchen und macht sich an dem Gelege zu schaffen. Es frisst
einEiaufundersetztesdurchseineigenes.
Fallen die Wirtseltern auf das untergeschobene Ei herein, haben sie
das Nachsehen, denn das Kuckucks-Kind beginnt sein Leben sofort
miteiner„kriminellenHandlung“,indemesseineStiefgeschwisteraus
dem Nest schubst. Fortan bekommt es die alleinige Aufmerksamkeit
und das Futter der Zieheltern - auch wenn es noch so anders
aussieht als der eigene Nachwuchs und unter Umständen sogar
sechsmal größer ist als die ausgewachsenen Wirtseltern. Diese
können gar nicht anders, als sich um das bettelnde Küken zu
kümmern. Forscher haben herausgefunden, dass der riesige rote
Rachen des jungen Kuckucks bei den Wirtseltern einen starken
Fütterungstrieb auslöst. Auch der vielstimmige Gesang des kleinen
Vielfraßes verstärkt den Drang zusätzlich: er simuliert eine ganze
Schar hungriger Geschwister. So bekommt der junge Kuckuck die
Portion an Nahrung, die normalerweise ein ganzes Nest sättigen
würde.
VorgetäuschteGeschwister
Mit ganz raffinierter Strategie geht der asiatische Fluchtkuckuck vor,
dessen Zieheltern Bodenbrüter sind. Lautes Schreien ist bei ihm
untersagt,denndadurchwürdenRäuberangelockt.Stattdessensetzt
er auf Optik, wie japanische
Zoologen im Mai 2005
beobachtet
haben.
Mit
leuchtend gelben Farben auf
der Innenseite seiner Flügel
täuscht er ein ganzes Nest
vollerhungrigerSchnäbelvor.
Die Zieheltern gehen ihm
auch prompt auf den Leim
und bringen unermüdlich
NahrungzumNest.
DieRachederWirtseltern
Doch es gibt Vogelarten, die
nichtaufdasbettelndeKüken
hereinfallen
und
sich
erfolgreich
wehren.
In
JungerKuckuckimNest©JeffBrett
Australien treibt zum Beispiel
der Rotschwanzkuckuck sein Unwesen, der seine Eier bevorzugt in
dieNestervomPrachtstaffelschwanzlegt.DieNachahmungderEier
istsoperfekt,dasssienursehrseltenentdecktwerden.Wiegehabt
befördert das Kuckucks-Küken innerhalb von 48 Stunden nach dem
Schlüpfen die anderen Küken aus dem Nest. Zunächst scheint alles
optimal für den Kuckuck zu laufen. Doch der Triumph währt nicht
lange. Denn bereits zwei Tage später „rächen“ sich die Wirtseltern,
indemsiedasNestverlassen,umanandererStelleneuzunisten.
Das Kuckucks-Kind muss verhungern.
DabeiistesnichtetwadieGröße,diedie
Zieheltern misstrauisch macht, sondern
diefremdenBettelrufe.Siegleichenzwar
in Lautstärke und Frequenz der eigenen
Art, aber sie dauern länger. Doch wie
kommtes,dasshierdieWirtselterndem
Kuhstärling©U.S.Fishand
verführerischen Schlüsselreiz in Gestalt
WildlifeService
des
aufgesperrten
Schnabels
widerstehen? Forscher haben das Verhalten britischer und
australischer Wirtsvögel miteinander verglichen. „Wir wissen noch
nicht, warum die australischen Wirtseltern es besser fertigbringen,
Kuckucks-Küken zu verlassen als ihre britischen Artgenossen“, sagt
Rebecca Kilner von der Cambridge University im März 2003. Sie
vermutet, dass die längere Brutsaison in Australien dabei eine Rolle
spielt.DadurchrentiertessichfürdieVögeleher,einenBrutversuch
insospätemStadiumabzubrechen.ImGegensatzzudenbritischen
Wirten, haben australische Vögel mehr Zeit, erneut ein Nest zu
bauen.
VerstärkungdurchdieAdoptivgeschwister
Ähnlich, aber nicht ganz so „kriminell“ geht der amerikanische
Kuhstärling vor. Auch er legt seine Eier in fremden Brutstätten ab,
allerdings verhält sich das Küken nicht so aggressiv gegenüber
seinenNestgenossen.EsduldeteinbiszweiStiefgeschwisterumsich
herum, wenn auch nur zu seinem eigenen Vorteil. Denn Forscher
fanden heraus, dass das Kuhstärling-Küken mehr Nahrung
abbekommt,jemehrJungtiereaufeinmalumNahrungbetteln.Istes
dagegenalleinimNest,reichtseinRufennichtaus,umdieElternzu
motivieren,permanentNahrungherbeizuschaffen.
LEBENIMHAREM
S
traußenvögel gehen fremd Fauchende, zischende Laute
klingen über die Steppe Afrikas. Dabei handelt es sich
jedoch nicht etwa um ein Raubtier auf Beutezug, nein, es
sind vielmehr die Rufe eines männlichen Straußenvogels,
der damit um einen Harem kämpft. Hat er eine Schar von drei bis
fünfWeibchenumsichvereint,nimmtersichdasdominanteTierzur
Partnerin. Doch das hindert ihn nicht, auch die anderen
unerfahreneren Hennen zu befruchten. Auf diese Weise sorgt er
dafür, dass sich seine Gene in so vielen Nachkommen wie möglich
weitervererben.
Nachdem ein Tier eine Kuhle gegraben hat, legen alle Hennen ihre
Eier dazu, so dass gut 20 bis 60 Eier zusammenkommen. Beim
BebrütenderEierwechselnsichalleTiereab–auchdasMännchen
trägt seinen Teil dazu bei. Geschickt richten sie die Schichten jeweils
so ein, dass ihr Gefieder immer eine optimale Tarnung ermöglicht.
Den Weibchen kommt tagsüber ihr grau-braunes Gefieder zu gute,
mit dem sie sich hervorragend an den Boden anpassen. Die
Nachtschicht übernimmt das Männchen allein, da sein schwarzweißes Gefieder im Dunkeln
unauffälliger ist. Nach sechs
Wochen schlüpfen die Küken
und folgen den Eltern sofort
überall hin. Doch es ist in
erster Linie das Männchen,
das sich um die Küken
kümmert.
Emus – die Variante aus dem
Outback
Straußenhennen©U.S.FishandWildlife
Service
Während bei den Straußen
das Männchen für genetische Vielfalt sorgt, ist es bei den
australischen Emus das Weibchen, das während der Beziehung
„fremdgeht“.Zunächstläuftallesnochganzmonogamab.Nachdem
die Paare sich im Hochsommer zusammengefunden haben, paaren
siesichimAprilallezweiTage.DazwischenlegtdasWeibchenjeweils
einEiineinNest,dasdasMänncheninderZwischenzeitgebauthat.
Etwa nach dem siebenten Ei stellt das Männchen seinen
Paarungstrieb ein und fängt an zu brüten. Das Weibchen ist jedoch
weiterhin „unersättlich“ und nach dem Motto „wenn Du nicht willst,
such ich mir eben jemand anders“, zieht es los und paart sich mit
anderen Männchen. Zur Eiablage kehrt es aber immer zum ersten
Hahnzurückundlegtbiszu18weitereEierzudenanderendazu.
Dem Männchen macht es offenbar nichts aus, dass die Hälfte der
Eier gar nicht seine Gene trägt. Es kümmert sich trotzdem liebevoll
um das gesamte Gelege, nimmt während der Brutzeit nichts zu sich
und steht nur auf, um die Eier zu wenden. In der Phase nach dem
Schlüpfen ist das Männchen äußerst angriffslustig und
verteidigungsbereit. Als „alleinerziehender Vater“ begleitet es die
JungenetwaeinhalbesJahrlangundsorgtfürsie.Erstdannsuchtes
sich eine neue Partnerin. Das
„Fremdgehen“ der Hennen ist für
australische
Vogelarten
nichts
Ungewöhnliches.
Forscher
haben
beobachtet,dasssichjüngereMännchen
häufig in der Nähe von erfolgreicheren
Artgenossen aufhalten, um so die
Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, selbst
ein
Weibchen
abzubekommen.
Emu©PixelQuelle/Henning
HrabanRamm
Wissenschaftler vom österreichischen
Konrad-Lorenz-InstitutfürvergleichendeVerhaltensforschunghaben
auch schon eine Erklärung für das „treulose Verhalten“ parat: es
handelt sich um eine Strategie, beim Nachwuchs Schäden durch
eventuelle Inzucht zu vermeiden. Auf diese Weise erhöhen die Tiere
dieÜberlebenswahrscheinlichkeitdergesamtenArt.
Nandus–dieamerikanischenVerwandten
Bei den in Südamerika beheimateten Nandus ist es wiederum das
Männchen,daseinausgeprägtesPaarungsverhaltenandenTaglegt.
Es befruchtet bis zu zwölf Weibchen, die ihre Eier alle in sein Nest
legen. Von da an kümmert sich der Hahn allein um Brut und
AufzuchtderJungen,währenddieHennenweiterziehen,umsichmit
anderen Männchen zu paaren. Während dieser Zeit sind die
Männchen hochaggressiv und greifen alles an, was sich dem Nest
nähert,auchdieeigenenWeibchen.
HAUTNAHAMGESCHEHEN
B
rutpflegebeiAmphibienDiemeistenAmphibienlegenihre
Eier einfach ins Wasser ab und überlassen sie nach der
BefruchtungdurchdasMännchensichselbst.Dochdiese
„Sorglosigkeit“ bedeutet oft den Verlust der gesamten
Nachkommenschaft, beispielsweise, wenn der Laich oder die frisch
geschlüpften Kaulquappen Räubern zum Fraß fallen. Um dieser
Gefahr zu entgehen, haben einige Arten erstaunliche Strategien
entwickelt.SiebetreibeneineBrutpflege,beidersiedasGelegenicht
aus den Augen lassen. Erst, wenn sich der Nachwuchs vollständig
entwickelthat,entlassendieElternsieausihrerObhut.
BrutpflegeimHuckepack…
Besonders „anhänglich“ geht die südamerikanische Wabenkröte mit
ihrem Gelege um. Während der Paarung vollbringen die Tiere
zunächst erst einmal akrobatische Höchstleistungen unter Wasser,
dieanSynchronschwimmererinnern.ImLaufemehrererDrehungen
undLoopingsstößtdasWeibcheneinigeEieraus,diedasMännchen
sogleich besamt und anschließend an den Rücken des Weibchens
schiebt, wo sie kleben bleiben. Innerhalb der nächsten Stunden
wächst die Haut nach und schließt jedes
Ei in einer Zyste ein. Sicher von der
Außenwelt abgeschirmt, entwickeln sich
dieKaulquappenindiesenBrutkammern
weiter. Nach etwa 80 Tagen ist die
Metamorphose abgeschlossen und die
kleinen Kröten schlüpfen aus dem
RückendesWeibchens.
…
Wabenkröte©PatrickC.
Morgan
imMaul
Ähnlich dicht am Geschehen
verfolgt der Darwinfrosch die
Entwicklung
seiner
Nachkommen. Im Gegensatz
zu allen anderen Amphibien
legt das Weibchen die Eier
jedoch nicht ins Wasser,
sondern auf den feuchten
Wabenkröte©HugoClaessen
Boden. Hier ist es das
Männchen, das sich von nun an um die Brut kümmert. Wenn die
Kaulquappenschlüpfen,nimmtderFroschsieinseinemKehlsackauf
und trägt sie mit sich herum, bis die Entwicklung zum Frosch
abgeschlossen ist. Während dieser Zeit ernähren die Kaulquappen
sich vom Eidotter. Nach circa sechs Wochen schlüpfen die kleinen
FröschedannausdemMauldesVaters.
…undimMagen
Noch besser hat eine andere Froschart ihren Nachwuchs vor der
Außenwelt versteckt. Seit 1984 gelten sie leider als ausgestorben,
aberzuihrenLebzeitenhabensieganzErstaunlichesgeleistet.Diein
Australien beheimateten Magenbrüterfrösche haben ihre Jungen im
Bauch ausgebrütet. Das Weibchen schluckte dazu ihren eigenen
Laich und die Kaulquappen schlüpften einige Zeit später im Magen.
DochwiekonntedieMutterverhindern,dasssieihreeigenenJungen
verdaut? Forscher haben entdeckt, dass die Kaulquappen ein
Hormon absonderten, das beim Weibchen die Nahrungsaufnahme
und infolgedessen auch die Produktion von Magensäure einstellte.
Sobald die Metamorphose der Kaulquappen zum Frosch
abgeschlossen war, wurden sie hochgewürgt und hüpften aus dem
MaulderMutter.Erstdannbeganndiesewiederzufressen.Warum
die Art heute ausgestorben ist, können Wissenschaftler nur
vermuten. Die Theorien erstrecken sich von der Austrocknung der
Lebensräume über Pilzbefall bis hin zu Missbildungen an Jungtieren
durchdiezunehmendeUV-Strahlung.
FAMILIENLEBEN–NEINDANKE!
V
erantwortungslose Schildkröten Von ausgeprägtem
Sozialverhalten kann bei Schildkröten keine Rede sein,
dennalstypischeEinzelgängerhabensiemitFamilienleben
nichts im Sinn. Das ändert sich auch nicht, wenn
Nachwuchs ansteht. Die grüne Meeresschildkröte beispielsweise
verspürt nur alle drei Jahre den Drang, sich fortzupflanzen. Zu
diesem Zweck kehren die Schildkröten zu ihrem Geburtsort zurück.
EinigeArtenbewältigendabeiHundertevonKilometern.
DiePaarungfindetimWasserinderNähedesHeimatstrandesstatt.
In der folgenden Nacht schleppt sich das Weibchen an Land und
gräbt oberhalb der Flutgrenze mit den Hinterflossen eine Grube in
den Sand, in die sie ihre Eier legt. Anschließend schaufelt sie die
Grube wieder zu und kriecht erschöpft zum Meer zurück. Damit ist
ihre Arbeit beendet. Die Eier sind von nun an sich selbst
überlassen. Vom Sand geschützt und von der Sonne ausgebrütet,
schlüpfendiejungenSchildkrötenzeitgleichnachetwazweiMonaten
aus den Eiern. Nicht einmal auf das Geschlecht haben die Eltern
Einfluss. Das übernimmt die Umgebungstemperatur des Sandes, in
demdieEierliegen.Wissenschaftlerhabenherausgefunden,dassbei
niedrigerenTemperaturenüberwiegendeMengenanTestosteronfür
die Entwicklung von Männchen sorgen.
Bei rund 32 Grad Celsius wird das
Enzym
Aromatase
aktiviert,
das
Testosteron
in
das
weibliche
Geschlechtshormon
Estradiol
umwandelt. Die Folge: Es entstehen
Weibchen.
GrüneMeeresschildkröte©
U.S.FishandWildlifeService
VomInstinktgeleitet
Wie aber können die Jungen
ohne elterliche Fürsorge
überleben? Forscher haben
beobachtet,
dass
ein
ausgeprägtes
Instinktverhalten ihr Leben
GrüneMeeresschildkröte©U.S.Fishand
bestimmt. Nachdem die
WildlifeService
Jungen
geschlüpft
sind,
hasten sie kollektiv im Schutz der Nacht zum Meer. Um den
schnellstenWegdorthinzufinden,orientierensiesichamMondlicht,
das sich im Meer spiegelt. Schlüpfen sie am Tag, verharren sie
solangeinderGrube,bisesdunkelgewordenist.SowohlanLandals
auchimMeerlauernvieleGefahrenaufdiekleinenSchildkröten,von
RaubmöwenbishinzuRaubfischen.Nurwenigekommendurch.Wie
rentiertsichdadasunsozialeVerhaltenderEltern?Stattpersönlicher
Betreuung setzen Schildkröten auf Masse. Um die Verluste
auszugleichen, legen sie bis zu 3.000 Eier in ihrem Leben. So
garantieren sie, dass wenigstens ein paar Nachkommen die
GeschlechtsreifeerlangenundselbstzurArterhaltungbeitragen.
VersicherunggegenHochwasser
Ein bisschen mehr Sorgfalt legt die Braune Landschildkröte an den
Tag. Sie vergräbt ihre Eier nicht im Boden, sondern schichtet einen
Haufen aus Erde und Laub auf, in dem sie die Eier versteckt. Der
Vorteil liegt auf der Hand: die erhöhte Lage schützt das Gelege vor
Überflutung.
Landschildkröte©U.S.Fish
andWildlifeService
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