Physik I Prof. G. Dissertori ETH Zürich, D-PHYS Durchführung: 22. August 2012 Bearbeitungszeit: 180min Prüfungsklausur - Lösung Aufgabe 1: Frosch auf Seerosenblatt (11 Punkte) Wir wählen ein zweidimensionales Koordinatensystem, das seinen Ursprung bei der Startposition des Frosches hat. Die x-Achse liegt parallel zur Blattoberfläche, die z-Achse steht senkrecht dazu. Die Koordinaten des Frosches bezeichnen wir mit x, z, die des Blattes mit X, Z. Da das Blatt nicht eintaucht gilt Z = 0 für alle Zeiten t. Zur Zeit t = 0 gilt x(0) = z(0) = 0. Ferner definieren wir X(0) = L, d.h. wir beziehen uns für die Position des Blattes auf den dem Frosch am Anfang gegenüberliegenden Rand. a) Da keine äusseren Kräfte in x-Richtung wirken, bleibt die x-Komponente des Schwerpunkts des Systems aus Frosch und Blatt unverändert. Es gilt also m · 0 + M Xs = m(L − s) + M (Xs − s) mL ⇒ s = , m+M wobei Xs die Schwerpunktslage des Blattes bezeichnet. b) Die einzige externe Kraft ist die Gravitationskraft auf den Frosch in z-Richtung: mẍ = 0 mz̈ = −mg M Ẍ = 0 • Unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen (siehe oben) erhält man für die Bahnkurven x(t) = x(0) + tv0 cos α = tv0 cos α t2 t2 z(t) = z(0) + tż(0) − g = tv0 sin α − g 2 2 X(t) = X(0) + u0 t = L + u0 t • Den Zusammenhang zwischen v0 und u0 erhält man aus der Impulserhaltung in x-Richtung: 0 = mv0 cos α + M u0 m u0 = − v0 cos α M ⇒ (1) (2) Die Flugzeit ergibt sich aus der zweiten Nullstelle von z(t): 0 = z(tF ) = tF v0 sin α − ⇒ tF = t2F g 2 2v0 sin α g Desweiteren muss sich zur Zeit tF der Frosch am anderen Rand des Blattes befinden, also 0 = X(tF ) − x(tF ) = L + u0 tF − tF v0 cos α (3) (4) Unter Verwendung der Gleichungen (2) und (4) ergibt sich dann ⇒ m 2v0 sin α 0 = L − v0 cos α( + 1) M g s gL v0 = . m ( M + 1) sin 2α Damit sind dann auch u0 und tF als Funktion von m, M , L und α bestimmt. c) Die Verschiebung des Blattes ist in beiden Fällen gleich, da niemals externe Kräfte in x-Richtung wirken. Dies kann man auch nachrechnen, wenn man die Ergebnisse des letzten Aufgabenteils in s = L + u0 tF einsetzt. Aufgabe 2: Starre Körper (10 Punkte) a) Wir bezeichnen im Folgenden die Koordinaten des Schwerpunkts des Stabs mit x, y. Der zugehörige Geschwindigkeitsvektor ist dann ~v = (vx , vy ). Energieerhaltung führt auf: 1 1 1 mgb = mvx2 + mvy2 + Jω 2 (5) 2 2 2 Das Trägheitsmoment J eines Stabes der Länge l, der um eine Querachse durch seinen Schwerpunkt 1 rotiert, ist J = 12 ml2 . In unserem Fall gilt also J = 13 mb2 . Da keine Kraft in x-Richtung wirkt, ist zu allen Zeiten vx = 0. Wir benötigen nun einen Zusammenhang zwischen der Winkelgeschwindigkeit ω und vy (für die Definition von α siehe Skizze): y = b cos(α) ⇔ vy = ẏ = −b sin(α)α̇ = −b sin(α)ω y B α G A x Da wir den Zeitpunkt betrachten für welchen der Stab auf der Oberfläche auftrifft (α = 90◦ ), gilt ω=− vy b bzw. ω2 = vy2 b2 . Einsetzen in Gleichung (5) ergibt dann 1 mgb = mvy2 + 2 2 2 gb = vy 3r 3gb vy = ± 2 1 2 vy2 mb 2 6 b . Nur die negative Lösung macht physikalisch Sinn, da sich G nach unten bewegt. b) • Um welche Drehachse ist das Trägheitsmoment der Hantel am grössten, wenn es sich bei den beiden Körpern um Kugeln handelt? ¤ Eine Achse durch den Schwerpunkt der Hantel, senkrecht zum Stab. ¤ Eine Achse durch den Schwerpunkt der Hantel, mit einem Winkel von 60◦ zum Stab. £ Eine Achse durch einen Kugelmittelpunkt, mit einem Winkel von 60◦ zum Stab. ¤ Die Achse durch die Kugelmittelpunkte, parallel zum Stab (Stabachse). • Für welche Körper ist das Trägheitsmoment der Hantel am grössten, wenn sie sich um die Stabachse dreht? ¤ Vollkugeln mit Masse M und Radius R. ¤ Vollkugeln mit Masse 2M und Radius 32 R. ¤ Vollzylinder mit Masse 23 M und Radius R. £ Hohlzylinder mit Masse M und Radius 23 R. Aufgabe 3: Bahn mit Looping (12 Punkte) a) Für die beiden Körper gilt Impulserhaltung: pvor = pnach 0 = 2mv1 + mv0 Daraus ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen den Geschwindigkeiten der beiden Körper: 1 v1 = − v0 2 Die Energie der gespannten Feder ist: 1 EF eder = k(∆x)2 2 Weiterhin gilt Energieerhaltung: Evor = Enach 1 1 EF eder = 2mv12 + mv02 2 2 1 −v0 2 1 = 2m( ) + mv02 2 2 2 1 1 = 2mv02 + mv02 8 2 1 1 2 = mv0 + mv02 4 2 3 = mv02 4 Auflösen nach der Geschwindigkeit ergibt: 4 EF eder 41 k 2k = (∆x)2 = (∆x)2 3 m 32m 3m Somit ist die kinetische Energie des Körpers mit Masse m v02 = 1 1 2 mk 1 Ekin = mv02 = (∆x)2 = k(∆x)2 2 23 m 3 . (6) b) Damit der Looping gerade noch geschafft wird muss am höchsten Punkt FN = 0 gelten. Es trägt also nur die Gravitation zur Zentripetalbeschleunigung bei: 2 vtop =g r = aZP r = gr ⇒ aZP = 2 ⇒ vtop Wiederum gilt Energieerhaltung: 1 mv 2 = Etop 2 0 = Ekin + Epot 1 2 = mvtop + mgR + mgr 2 1 = mgr + mg(R + r) 2 Nun muss nur noch nach v0 aufgelöst werden: 1 1 mv02 = mgr + mg(R + r) 2 2 ⇒ v02 = g(r + 2(R + r)) = g(3r + 2R) p ⇒ v0 = g(3r + 2R) c) Mit der kinetischen Energie aus Gleichung (6) bekommt man: 3m 2 v 2k 0 r r 3m 3 mp v0 = ⇒ ∆x = g(3r + 2R) 2k 2k (∆x)2 = Einsetzen der gegebenen Zahlenwerte ergibt dann ∆x = 0.1 m. d) Für die Kräfte in x- und y-Richtung gilt: X Fi,y = 0 ⇒ 0 = −mg + FN · cos θ v2 ρ ⇒ m ⇒ cos θ = i X i Fi,x = m v2 = FN · sin θ ρ ⇒ sin θ = Die Division von Gleichung (8) durch (7) ergibt sin θ = tan θ = cos θ mv 2 ρFN mg FN = v2 ρg Somit gilt für den Neigungswinkel der Bahn (mit v = v0 und ρ = R) µ ¶ µ 2¶ 3r + 2R v0 = arctan . θ = arctan Rg R Einsetzen der Zahlenwerte ergibt schliesslich θ = 70◦ . mv 2 ρFN mg FN (7) (8) Aufgabe 4: Meteorit (7 Punkte) a) Die Dichte des Meteoriten ergibt sich als ρ= m = V 4π 3 m 3 3 ¡ d ¢3 = 6 · 10 kg/m · 2 . b) Die potentielle Energie Epot des Meteoriten im Unendlichen ist Null. Im Abstand r vom Erdzentrum gilt Epot (r) = −GN MEr m . Somit erhält man aus der Energieerhaltung: Ekin (∞) = −GN 1 ME m ME m 1 + mv 2 ≈ −GN + mv 2 = 1.57 · 1017 J d 2 RE 2 RE + 2 Die Geschwindigkeit im Unendlichen lässt sich dann berechnen zu r 2Ekin (∞) = 10 km/s . v∞ = m c) Bei einem vollkommen inelastischen Stoss bleiben die beiden Stosspartner aneinander haften, und ein Teil der kinetischen Energie wird in innere Energie Q umgewandelt. Wir bezeichnen im Folgenden die Geschwindigkeit des Meteoriten im Ruhesystem der Erde vor dem Stoss als v. Nach dem Stoss bewegen sich Meteorit und Erde gemeinsamen mit der Geschwindigkeit v 0 . Aus der Impulserhaltung folgt dann: mv = (ME + m)v 0 ⇒ v0 = mv ME + m (9) Desweiteren gilt Energieerhaltung: mv 2 (ME + m)v 02 = +Q 2 2 Setzt man Gleichung (9) in Gleichung (10) ein erhält man nach einigen Umformungen µ ¶ 1 ME 1 2 Q = mv ≈ mv 2 = 3.53 · 1017 J . 2 ME + m 2 (10) Aufgabe 5: Rotierende Kugel an Feder (10 Punkte) a) Wir bezeichnen im Folgenden das Laborsystem mit K. Weiterhin betrachten wir, zunächst ganz ~ beschleunigtes und mit Ω ~ rotierendes Bezugssystem K 0 . Für die allgemein, ein gegenüber K mit A Beschleunigung ~a eines Massenpunktes in K gilt dann (vergleiche Skript, Abschnitt 3.11): ~ + 2Ω ~ × ~v 0 + Ω ~ × (Ω ~ × ~r0 ) ~a = ~a0 + A , (11) ~0 wobei ~r0 , ~v 0 und ~a0 den Ort, die Geschwindigkeit und die Beschleunigung des Massenpunktes in K bezeichnen. Für die Lösung des vorliegenden Problems kann man verschiedene Bezugssysteme wählen. Wir setzen hier den Ursprung des Laborsystems K auf die Ruhelage des Motors M . Das beschleunigte System K 0 wird so gewählt, dass M dort immer in Ruhe und im Ursprung ist. K 0 rotiert nicht gegenüber K. In K 0 führt m also eine gleichförmige Kreisbewegung um den Ursprung aus. Unter Verwendung von Gleichung (11) erhalten wir für die Beschleunigung von m in K: µ ¶ µ ¶ ẍ cos(ωt) 2 ~am = −ω r ÿ sin(ωt) Dabei bezeichnen x und y die Koordinaten des Motors in K. Da K 0 in diesem Fall nicht gegenüber ~ = ~0. Für die Beschleunigung von m in K 0 haben wir die Zentripetalbeschleunigung K rotiert, gilt Ω 0 2 0 ~am = −ω ~r angesetzt, und dann ~r0 = r(cos(ωt), sin(ωt))T verwendet. Alternativ kann man K 0 z.B. auch so definieren, dass es zusätzlich noch mit Ω = ω rotiert (Ursprung wie vorher), dass also m dort in Ruhe ist. Dann gilt ~a0 = ~v 0 = ~0, aber dafür verschwindet der letzte Term von Gleichung (11) nicht mehr. Hier ist zu beachten, dass sich beim Wechsel von K 0 nach K die Einheitsvektoren ändern. Die Kraft F~Stab,m , die über den Stab auf m wirkt, ist im Laborsystem gegeben durch m~am . Entgegengesetzt zu F~Stab,m wirkt eine entsprechende Kraft über den Stab auch auf den Motor: ¶ µ µ ¶ cos(ωt) ẍ 2 ~ ~ + mω r FStab,M = −FStab,m = −m~am = −m sin(ωt) ÿ Ausserdem übt noch die Feder eine Kraft aus. Da angenommen werden darf, dass die Federkraft durch die x-Bewegung des Motors nicht verändert wird, gilt: F~F eder,M = −ky~ey Wir erhalten also die beiden (entkoppelten) Differentialgleichungen M ẍ = mrω 2 cos(ωt) − mẍ M ÿ = mrω 2 sin(ωt) − mÿ − ky bzw. für ẍ und ÿ die Ausdrücke m rω 2 cos(ωt) M +m k m ÿ = − y+ rω 2 sin(ωt) M +m M +m ẍ = b) Der Elektromotor führt in diesem Fall eine harmonische Schwingung in y-Richtung aus. Aufgabe 6: Thermodynamik (10 Punkte) a) Vor dem Öffnen des Ventils gilt für Behälter A bzw. B: pA VA = νA RTA bzw. pB VB = νB RTB Dabei bezeichnen p, V und T den Druck, das Volumen und die Temperatur, ν die Stoffmenge sowie R die Gaskonstante. Für die gesamte Stoffmenge gilt dann: ν = νA + νB = pA VA pB VB + RTA RTB Nach dem Öffnen des Ventils gilt entsprechend 0 p0 VA = νA RTA bzw. und 0 0 ν 0 = νA + νB = p0 µ 0 p0 VB = νB RTB VA VB + RTA RTB ¶ . Da die gesamte Stoffmenge konstant bleibt gilt ν = ν 0 , also µ ¶ VA VB pA VA pB VB 0 p + = + RTA RTB RTA RTB . Verwendet man noch die Beziehung VB = 4VA erhält man schliesslich ³ ´ pA 4pB + TA TB ´ = 2.0 · 105 Pa . p0 = ³ 4 1 TA + TB b) Ein einatomiges Gas besitzt drei Freiheitsgrade f und somit gilt für die innere Energie U= f 3 pV = pV 2 2 . Vor dem Öffnen des Ventils gilt also 3 3 U = (pA VA + pB VB ) = VA (pA + 4pB ) 2 2 und nachher 3 3 U 0 = (p0 VA + p0 VB ) = p0 (5VA ) 2 2 . Mit V = VA + VB bzw. VA = V /5 erhält man für die Differenz ∆U = U 0 − U pro Volumeneinheit µ ¶ ∆U 3 1 = p0 − (pA + 4pB ) = 3.0 · 104 J/m3 . V 2 5 Die innere Energie des Gesamtsystems erhöht sich also, da Gas aus VA nach VB strömt und erwärmt werden muss. c) Für den Endzustand des Gases gilt (mit V = VA + VB und ν = νA + νB ): ¶ µ ¶ µ pA VA pB VB pA TB 4pB 00 00 00 + RTB ⇒ p = + = 2.1 · 105 Pa p V = νRTB ⇒ p V = RTA RTB 5TA 5 Für die Differenz der inneren Energie pro Volumeneinheit erhält man ³ ´ pA 4pB µ ¶ + 00 0 TA TB U −U 3 3 pA TB 4pB ´ = 2.0 · 104 J/m3 = (p00 − p0 ) = + − ³ 1 4 V 2 2 5TA 5 + TA Die innere Energie erhöht sich also. TB .