Ergänzungsübungen zur Physik für Ingenieure (Maschinenbau) (WS 13/14) Prof. W. Meyer Übungsgruppenleiter: A. Berlin & J. Herick (NB 2/28) Ergänzung H Schwingungen Freie und ungedämpfte Schwingungen (also ohne Reibungseffekte) lassen sich ganz gut mit Winkelfunktionen beschreiben: x(t) x(t) = A · cos(ω t + ϕ0 ) Dabei ist A die Amplitude der Schwingung – oder die Maximalauslenkung aus der Ruheposition – ω ist die Kreisfrequenz – sie ist ein Maß dafür, wie schnell die Schwingung verläuft – und ϕ0 ist der Nullphasenwinkel – der Winkel, bei dem die Schwingung beginnt. Achtung1 Mit dem freien Parameter t (Zeit), lässt sich die Position der Schwingung bei bekannten ω, A und ϕ0 zu jedem Zeitpunkt berechnen. T=2p/w Phase A t [s] Der Schwingungsbewegung liegt einer Bewegungsvorschrift vor, die wir in der Vorlesung in Form einer Differentialgleichung (DGL) kennengelernt haben. Durch die Betrachtung der Ursachen der Bewegungen – in unserem Fall, die rücktreibenden Kräfte – erhielten wir die folgende Gleichung, für ein Federpendel. mẍ(t) + D x(t) = 0 (1) m ist die schwingende Masse und D die Federkonstante. Vergessen wir mal für einen Moment das Erstgesagte mit den Winkelfunktionen. Wenn wir solch eine DGL vor uns haben, ist es unsere Aufgabe die Gleichung zu lösen, d.h. wir müssen eine Funktion x(t) finden, die – wenn wir sie einsetzten würden – die Gleichung löst. Für Gl.1 müsste dann Null herauskommen und x(t) würde dann die Bewegung des Körpers auf der Grundlage der Physik – die wir in die DGL gesteckt haben – beschreiben. Wie man aber nun an die Funktion kommt ist ein Thema für sich. Je nachdem wie kompliziert die DGL ist, gibt es bestimmte Methoden um sich Lösungsfunktionen regelrecht zu basteln. Dies sind dann meist Lösungsansätze mit Exponentialfunktionen und man muss dann zusätzlich mit imaginären Zahlen rechnen. Kommen wir wieder zurück zu unserem Problem. Wir ’erahnen’ bei unserem Federpendel, dass es sich schwingungsartig bewegen wird; so zeigt es das Experiment. Somit wäre hier ein Lösungsansatz eine Funktion zu wählen die sich periodisch verändert und dazu gehören die Winkelfunktionen. 1 Missverständis bei der Abbildung aus der Vorlesung. Nur weil die Schwingung bei t = 0 s beginnt, heißt das nicht automatisch, dass auch die Phase gleich Null ist. Die Größe ϕ0 hängt natürlich auch von der Wahl der jeweiligen Winkelfunktion ab, denn cos(ωt + π/2) = sin(ωt) 1 Setzten wir also die allgemeine Schwingungsform ein. Dazu müssen wir sie zunächst nach der Zeit ableiten, also: x(t) = A · cos(ωt + ϕ0 ) ẋ(t) = −Aω · sin(ωt + ϕ0 ) ẍ(t) = −Aω 2 · cos(ωt + ϕ0 ) Nun können wir unsere vermeintliche Lösung in die DGL (Gl.1) einsetzten. mẍ(t) + Dx(t) = 0 2 m · (−Aω · cos(ωt + ϕ0 )) + D · A · cos(ωt + ϕ0 ) = 0 | kürzen von A · cos(ωt + ϕ0 ) 2 −m · ω + D = 0 D ⇒ ω2 = m Somit ist die Gleichung wahr, wenn ω 2 = D/m ist. Dieses Ergebnis haben wir auch schon in der Vorlesung durch den Vergleich der DGLs erhalten. Schwingungsphänomene sind nicht nur in physikalischen Labors zu finden sondern auch im Alltag. In den seltensten Fälle haben wir es jedoch dann mit einer ungedämften Schwingung zu tun. In der DGL treten dann weitere Terme auf (mit ẋ(t) ), die Reibungskräfte auf den Körper repräsentieren. Für die Schwingung hat es dann die Folge, das die Amplitude mit der Zeit kleiner wird; das System verliert Energie, welche für den Wechselprozess zwischen potentieller und kinetischer Energie verloren geht. Der Endzustand ist dann die Ruhelage. x(t) ~e -t transversal Ausbreitungsrichtung Schwingung Alle Phänomene die periodisch (wiederkehrend) ablaufen lassen sich mit Schwingungen beschreiben. Man unterteilt die Schwingungen in zwei Klassen, in transversale und longitudinale Schwingungen. Transversal heißt eine Schwingung, deren Auslenkung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung steht, wohingegen eine longitudinale Schwingung parallel dazu schwingt. longitudinal Ein Beispiel für transversale Schwingungen ist das Licht. Das Licht breitet sich im Vakuum mit einer Geschwindigkeit von v = c = 299.792.458 m/ s aus und besitzt eine elektrische sowie magnetische Komponente (Licht ist eine elektro-magnetische Welle, EM-Welle), die senkrecht zueinander und zur Ausbreitungsrichtung schwingen. Die Frequenz f des Lichtes ist dabei mit ihrer Wellenlänge λ (der Abstand zwischen zwei Wellenberge) über die Geschwindigkeit des Lichts2 verbunden. λ · f = v = c. Longitudinale Wellen begegnen uns z.B. jedes mal wenn wir miteinander kommunizieren und generell wenn wir etwas hören. Der Schall ist eine Druckwelle, die das Medium – meistens Gase wie Luft oder Flüssigkeiten – lokal staucht und streckt. Es bilden sich Bereiche mit höheren und niedrigeren Drücken aus, so wie Wellenberge und –täler bei den Transversalwellen. Auch hier gilt die Beziehung λ · f = v, dabei ist v die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle. Alle diese Schwingungen und Wellen lassen sich jedoch mit den Kenngrößen, wie Amplitude, Frequenz und Phase beschreiben. 2 Das Licht ist nicht in jedem Medium gleich schnell → Optik, Brechungsindex 2 t Drehmoment – Garnrolle In der Vorlesung wurde eine ’Garnrolle’ vorgeführt, die beim Ziehen der Schnur mal in die eine oder andere Richtung gerollt ist. Die Rollrichtung ist natürlich nicht zufällig, sondern es lag daran, dass der Dozent die Schnur mit verschiedenen Neigungswinkeln gezogen hat. Die Größe, die hier eine Rolle Spielt ist das Drehmoment ~ = d~ × F~ M Dabei ist d~ der Abstand zwischen dem Drehpunkt und der angreifenden Kraft. Der Clou bei der Garnrolle ist nun, dass der Drehpunkt nicht auf der Symmetrieachse S der Rolle liegt, sondern es ist der Auflagepunkt zur Unterlage; in der Zeichnung mit A gekennzeichnet. Wenn man sich nun den Faden – welcher die Kraft ausübt – bis zum Rand des größeren Zylinders verlängert vorstellt, erkennt man warum sich die Rolle vor oder zurück bewegen kann. F S Hält man den Faden in einem steilen Winkel, so greift die Verlängerung der Kraft vor dem Drehpunkt (Auflagepunkt) an. Somit wirkt ein Drehmoment, welches die Rolle dazu zwingt von einem weg zu rollen. A F S Wird der Faden in einem flachen Winkel gezogen, so wirkt die Kraft hinter dem Drehpunkt. Die Folge ist ein entgegengesetztes Drehmoment und die Rolle rollt auf einem zu. A Rechnen wir das Drehmoment mal genau aus (die Z-Komponente von d~ und F~ sind Null): dx Fx 0 ~ = d~ × F~ = dy × Fy = 0 M 0 0 dx Fy − dy Fx Wir sehen, dass das Drehmoment nur eine Z-Komponente hat3 und dass eigentlich zwei Drehmomente gegeneinander wirken. Wir zerlegen die Kraft in dem Punkt, wo der Faden die innere Rolle verlässt, in ihre X- und YKomponenten. Fx = |F~ | cos α und Fy = |F~ | sin α Das Drehmoment der wirkenden Kraft in Fx führt zu einer Rotation im Uhrzeigersinn (); also auf einem zu. Das entgegengesetzte gilt für Fy → Rotation gegen den Uhrzeigersinn (). Für einen beliebigen Neigungswinkel der Kraft zwischen diesen beiden Extremen erhält man eine Kombination aus positiven und negativen Drehmomenten. Mit Hilfe von der nebenstehenden Abbildung erkennt man leicht, dass man den Abstandsvektor wie folgt ausdrücken kann: r sin α dx d~ = dy = R − r cos α 0 0 3 die Z-Achse liegt hier parallel zur Drehachse 3 Fy F R S y dy x A a r a dx Fx d Für das positive Drehmoment erhält man somit: M = Fy · dx = Fy · r sin α = |F~ | · sin α · r sin α Und für das negative Drehmoment: M = Fx · dy = Fx · (R − r cos α) = |F~ | · cos α · (R − r cos α) Das wirkende Drehmoment ist dann die Summe der beiden einzelnen Teilmomente Mres = Fy dx − Fx dy = M − M = |F~ |r sin2 α − |F~ |R cos α + |F~ |r cos2 α = |F~ |r (cos2 α + sin2 α) −|F~ |R cos α | {z } =1 Somit erhält man für das resultierende Drehmoment, in Abhängigkeit des Neigungswinkels α, den Ausdruck Mres = |F~ | · (r − R cos α) Nun gilt es zu unterscheiden, in welchem Fall sich die Garnrolle vor oder zurück bewegt. In der Vorlesung wurde gesagt, dass das Vorzeichen des Drehmoments die Drehrichtung anzeigt. Als Ergebnis erhält man dann: Mres > 0, die Garnrolle rollt von einem weg Mres < 0, die Garnrolle rollt auf einem zu Es gibt noch einen dritten Fall, dieser wird jedoch in einer Übungsaufgabe behandelt. 4 Aufgabe 1) Schwingung a) Geben Sie die folgenden Parameter der in der Abbildung dargestellten Sinus-Schwingung an: (Zahlenwert + Einheit) Amplitude Schwingungsdauer Frequenz Kreisfrequenz Phase A T f ω ϕ0 : : : : : Auslenkung x [cm] 3 2 1 0 -1 -2 -3 0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 Zeit t [s] b) Skizzieren Sie die Funktion x(t) = 3 2 [cm] · sin 2π 4[s] ·t+ π 2 in den oberen Graphen. Aufgabe 2) Garnrolle In der Vorlesung wurde ein dritter Fall – neben vor- und zurückrollen – demonstriert. a) Was passiert bei diesem dritten Fall und was bedeutet dies für Mres ? b) Skizzieren Sie den dritten Fall; wohin zeigt die ’verlängerte’ Kraft? c) Leiten Sie den Ausdruck für den Winkel her, bei dem dieser dritte Fall eintritt. d) Wie groß ist der dieser Grenzwinkel für eine Garnrolle mit den folgenden Abmessungen: r = 1 cm und R = 5 cm 5