Form der Radialgeschwindigkeitskurve 1 Radialgeschwindigkeitsvariation bei Exoplaneten - dargestellt mit Geogebra1 Exoplanetensuche mit der Radialgeschwindigkeitsmethode Die Radialgeschwindigkeit vr eines Sterns lässt sich über die Verschiebung seiner Spektrallinien, aufgrund des Dopplereffekts, im Sternspektrum messen. Bewegt sich der Stern auf den Beobachter zu, so werden seine Spektrallinienzu kürzeren Wellenlängen hin verschoben. Man nennt dies Blau-Verschiebung. Analog spricht man von Rot-Verschiebung, wenn die Linien zu längeren Wellenlängen hin verschoben werden. Der Stern bewegt sich dann vom Beobachter weg. Umkreist ein Exoplanet einen Stern, so bewegen sich beide auf Keplerschen Bahnen um den gemeinsamen Schwerpunkt. Da der Stern um ein Vielfaches schwerer ist als der Planet, ist die große Halbachse des Sterns auch um ein Vielfaches kleiner als die des Planeten. Für das Verhältnis der Halbachsen gilt der Schwerpunktsatz: aS mP = aP mS (1) Dennoch vollführt der Sterne in radialer Richtung eine wenn auch kleine, aber periodische Bewegung auf den Beobachter zu und wieder von ihm weg. Diese durch den Planeten hervorgerufene Bewegung können Astronomen durch sehr genaue Messung der Linienverschiebung ∆λ im Sternspektrum sichtbar machen. Es gilt hier der Zusammenhang ∆λ vr = . λ c (2) c ist die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Abbildung 1 stellt links die Bewegung des Planeten und des Sterns um ihren gemeinsamen Schwerpunkt dar. Auf der rechten Seite der Abbildung ist die Bewegung des Sterns vergrößert dargestellt. Weiterhin sind in Abbildung 1 vier verschiedene Zeitpunkte, sowie die Beobachtungsrichtung (schwarzer Pfeil) zu sehen. Ausgehend vom Zeitpunkt t1 über t2 bis hin zu t3 bewegt sich der Stern auf den Beobachter zu, seine Linien sind blau-verschoben. Die maximale Blau-Verschiebung wird genau zum Zeitpunkt t2 erreicht, da dort der Geschwindigkeitsvektor genau in radiale Richtung zeigt. Zu den Zeitpunkten t1 und t3 ist die Radialgeschwindigkeit und damit die Linienverschiebung gleich null. Der Stern bewegt sich dann senkrecht zur Sichtlinie. Beginnend bei t3 über t4 bis zurück zu t1 bewegt sich der Stern dann vom Beobachter weg, seine Linien werden demnach rot-verschoben. t2 t4 t1 t3 t3 t1 t2 t4 Abbildung 1: Orbitbewegung 1 GeoGebra - Dynamic Mathematics for Everyone - http://www.geogebra.org/ Form der Radialgeschwindigkeitskurve 2 Form der Radialgeschwindigkeitskurve Hervorgerufen durch die periodische Umlaufbewegung des Planeten um seinen Mutterstern, vollführt auch der Stern eine periodische Bewegung. Dies spiegelt sich letztendlich in der Radialgeschwindigkeitskurve wieder. Eine Radialgeschwindigkeitskurve entsteht, wenn man die Radialgeschwindigkeit des Sterns zu verschiedenen Zeitpunkten misst und in einem vr (t)-Diagramm darstellt. Die Form dieser Kurve hängt letztlich von den Bahnelementen des Planeten, dessen Masse und der Sternmasse ab. Für elliptische Bahnen ist eine Vielzahl von Kurvenformen möglich. Bei kreisförmigen Bahnen hingegen, ist die Radialgeschwindigkeitskurve immer durch eine Sinus-Funktion beschreibbar. Dieser einfachste Fall wird nachfolgend genauer erörtert, bevor die Zusammenhänge für elliptische Bahnen besprochen werden. Der Spezialfall kreisförmiger Bahnen Wie bereits erwähnt lässt sich die Radialgeschwindigkeitskurve für Kreisbahnen durch eine SinusFunktion beschreiben. Die Periode der Sinus-Funktion ist dabei natürlich gleich der Umlaufperiode des Planeten. Die Amplitude K der Radialgeschwindigkeitsänderung hängt von vier Faktoren ab: der Masse des Sterns, der Masse und der großen Halbachse des Planeten und der Inklination i der Planetenbahn. Dabei bewirken eine große Planetenmasse, eine kleine Sternmasse und eine kleine große Halbachse eine große Veränderung in der Radialgeschwindigkeit des Sterns. Die vierte Einflussgröße ist die Neigung der Planetenbahn gegenüber der Himmelsebene, die Inklination i (vgl. Abbildung 2). Alle Abhängigkeiten der Amplitude zeigt auch Gleichung 3: 2π · G 1/3 K = mP · sin i · (3) P · m2S Eine genaue Herleitung der Gleichung findet man z.B. in [1]. Das Produkt mP · sin i bezeichnet man als untere Massengrenze des Planeten. Da im Allgemeinen die Inklination oder Bahnneigung nicht bekannt ist, kann allein aus den Radialgeschwindigkeitsmessungen nicht die wahre Masse des Planeten bestimmt werden. Nur für den Spezialfall i = 90◦ stimmt die untere Massengrenze mit der wahren Masse überein. Bei einer Inklination von 90◦ bewegt sich der Planeten genau in unserer Beobachtungsebene. Da der Stern ebenfalls in der Beobachtungsebene liegt, verdeckt der Planeten einmal pro Umlauf einen Teil des Sterns und man kann einen Planetentransit beobachten. Durch die Kombination aus Transit- und Radialgeschwindigkeitsmethode kann so die wahre Planetenmasse bestimmt werden. Bahnebene i vr vs Himmelsebene Erde Abbildung 2: Inklination der Planetenbahn Form der Radialgeschwindigkeitskurve 3 Elliptische Bahnen Bahngeschwindigkeit Während sich ein Planet auf einer Kreisbahn mit konstanter Geschwindigkeit2 bewegt, ändert sich auf einer Ellipse die Geschwindigkeit des Planeten in Abhängigkeit seiner gegenwärtigen Position. Qualitativ ist dieser Zusammenhang jedem Schüler aus dem zweiten Kepler’schen Gesetz bekannt, welches lautet: der Fahrstrahl eines Planeten überstreicht in gleichen Zeiten immer ” auch gleiche Flächen“. Daraus folgt sofort, dass der Planet sich in der Nähe des Periastrons viel schneller als in der Nähe des Apastrons bewegen muss. Quantitativ wird die Bahngeschwindigkeit des Planeten durch die Vis-Viva-Gleichung s 2 1 v(θ) = G · mS · (4) − r(θ) a beschrieben. Der Abstand r des Planeten zum Brennpunkt der Ellipse lässt sich in Polarkoordinaten wie gewohnt beschreiben a · (1 − e2 ) . (5) 1 + e · cos θ θ bezeichnet man als wahre Anomalie. Dieser Winkel beschreibt die Lage des Planeten auf der Ellipse. Er wird gemessen ausgehend von der Linie des Periastrons. Die wahre Anomalie ist eine Funktion der Zeit θ = θ(t). Ist diese Funktion bekannt, so kann die Position des Planeten und damit seine Bahngeschwindigkeit für jeden Zeitpunkt vorhergesagt werden. Diesen Zusammenhang erhält man durch Lösen der Kepler-Gleichung r(θ) = E = M − e · sin E . (6) Hierin ist E die exzentrische Anomalie und M die mittlere Anomalie. Die mittlere Anomalie ist ein lineare Funktion der Zeit. Die exzentrische Anomalie beschreibt die Position des Planeten auf dem Umkreis der Ellipse, gemessen vom Mittelpunkt und nicht vom Brennpunkt der Ellipse. Eine genau Beschreibung der hier benötigten Größen und ihrer geometrischen Bedeutung findet man z.B. in [2]. Für die Betrachtung der Radialgeschwindigkeitsvariation reicht es jedoch aus zu wissen, dass man aus dem Lösen der transzendenten Kepler-Gleichung einen Zusammenhang θ = θ(t) und somit die Position des Planeten auf seiner Ellipsenbahn gewinnen kann. Denn zwischen der Entfernung r des Planeten zum Stern und der exzentrische Anomalie E besteht der Zusammenhang r = a · (1 − e · cos E) . (7) Setzt man Gleichung (5) und Gleichung (7) gleich, ergibt sich durch Umstellen nach cos θ der Zusammenhang cos θ = cos E − e . 1 − e · cos E (8) Aus der Kepler-Gleichung (Gleichung 6) erhält man einen Zusammenhang E = E(t) und aus Gleichung 8 dann den gesuchten Zusammenhang θ = θ(E) = θ(t). Lage der Bahn in der Orbitebene Neben dem sich zeitlich ändernden Betrag der Bahngeschwindigkeit ist die Lage der Bahn innerhalb der Orbitebene ein wichtiger Einflussfaktor auf die Form der Radialgeschwindigkeitskurve. 2 gemeint ist hier und auch nachfolgend der Betrag, nicht die Richtung der Geschwindigkeit Form der Radialgeschwindigkeitskurve 4 Die Lage wird festgelegt durch den Winkel ω, der sogenannten Länge des Periastrons. Dieser Winkel wird gemessen zwischen der Knotenlinien und der Lage des Periastrons, ausgehend vom aufsteigenden Knoten . Vergleiche hierzu Abbildung 3. Sichtlinie Planet Periastron θ Himmelsebene ω i Apastron Bahn e bene Erde Abbildung 3: Bahnelemente Die Form der Radialgeschwindigkeitsvariation, bzw. die Funktion vr (t) kann nicht ohne Weiteres angegeben werden, da die Kepler-Gleichung eine transzendente Gleichung ist. Das die Länge des Periastrons jedoch einen großen Einfluss auf die Form der Radialgeschwindigkeitskurve hat, kann man sich an zwei Beispielen verdeutlichen: ω = 90◦ : Dieser Fall ist in Abbildung 3 dargestellt. Im Periastron, sowie im Apastron ist die Bewegung des Planeten senkrecht zur Sichtlinie. Die Radialgeschwindigkeit ist dann null, obwohl die Bahngeschwindigkeit im Periastron sogar maximal ist. ω = 0◦ : Periastron und Apastron liegen auf der Knotenlinie. Die Radialgeschwindigkeit ist in diesen Punkten dann gleich der Bahngeschwindigkeit und für den Durchgang durch das Periastron erhält man so die größtmögliche Radialgeschwindigkeit. Abbildung 4 zeigt den Einfluss der Exzentrizität auf die Form der Radialgeschwindigkeit für ω = 0°. Die Exzentrizität ist im Bereich von 0 ≤ e ≤ 0, 90 in Schritten von 0, 15 variiert. Abbildung 5 zeigt den Einfluss der Länge des Periastrons ω bei einer Exzentrizität von e = 0, 75. ω ist hier variiert in einem Bereich von 0° ≤ ω ≤ 180° in Schritten von 30°. Form der Radialgeschwindigkeitskurve 5 vr(t) e=0 Zeit t e = 0,15 e = 0,30 e = 0,45 e = 0,60 e = 0,75 e = 0,90 Abbildung 4: Änderung der Form der Radialgeschwindigkeit bei Variation der Bahnexzentrizität e (ω = 0) Form der Radialgeschwindigkeitskurve 6 vr(t) Abbildung 5: Änderung der Form der Radialgeschwindigkeit bei Variation der Länge des Periastrons ω (e = 0, 75) Form der Radialgeschwindigkeitskurve 7 Umsetzung in GeoGebra Ellipse In GeoGebra wird eine Ellipse eindeutig durch drei Punkte definiert. Den beiden Brennpunkten und einem Punkt auf der Ellipse (vgl. Abbildung 6). Für die astronomische Anwendung setzten wir den Stern in den rechten Brennpunkt an den Punkt (0, 0) der x-y-Ebene. Der zweite Brennpunkt hat dann die Koordinaten (−2 · a · e, 0). Als dritten Punkt wählt man das Apastron mit den Koordinaten (−a · (1 + e), 0). Zusätzlich fügt man einen Punkt für das Periastron mit den Koordinaten (a · (1 − e), 0) hinzu. Um die Exzentrizität der Ellipse variieren zu können wird ein Schieberegler 0 ≤ e < 1 hinzugefügt. Die Länge der großen Halbachse wird willkürlich auf 6 Skalenteile festgelegt. y 2ae Apastron Stern (0,0) Brennpunkt 2 a (1-e) a (1+e) Periastron x Abbildung 6: Ellipse Planetenumlauf Der Planet auf seiner Ellipsenbahn wird durch einen Punkt mit den Koordinaten (rx , ry ) bzw. den Ortsvektor : rx cos θ ~r = = r(θ) · (9) ry sin θ beschrieben. Für r(θ) setzt man weiterhin Gleichung 5 ein. Um nun den Planetenumlauf zeitlich darstellen zu können wird die Kepler-Gleichung durch ein Iterationsverfahren gelöst. Der Startwert des Iterationsverfahrens ist durch die Gleichung E0 = M (10) Ei+1 = M + e · sin Ei . (11) gegeben. Die Iterationsschritte sind In der vorliegenden GeoGebra-Simulation wird die Iteration bis E40 berechnet. Dies liefert einen Zusammenhang zwischen mittlerer und exzentrischer Anomalie. Die mittlere Anomalie kann mit Hilfe eines Schiebereglers im Bereich zwischen 0 ≤ M ≤ 6 · π variiert werden. Das dafür jeweilig berechnete E40 wird anschließend in Gleichung 8 eingesetzt. Auf diese Weise ist der Zusammenhang zwischen dem linearen Zeitmaß M und der Position des Planeten auf der Ellipse, beschrieben durch die wahre Anomalie θ, hergestellt. Startet man mit Rechtsklick auf den Schieberegler M und klicken von Animation ein“ die Animation, so wird M variiert und der ” Planeten umkreist den Stern auf der Ellipse. Form der Radialgeschwindigkeitskurve 8 Geschwindigkeit auf der Ellipsenbahn Zur Berechnung der Umlaufgeschwindigkeit bildet man die zeitliche Ableitung des Ortsvektors → − r . Man erhält die Bahngeschwindigkeit ~vBahn . Zunächst berechnet man die x-Komponente der Bahngeschwindigkeit cos θ a · (1 − e2 ) dθ 2 d vx = a · (1 − e ) = · (− sin θ) · (12) dt 1 + e · cos θ (1 + e · cos θ)2 dt und anschließend die y-Komponente sin θ a · (1 − e2 ) dθ 2 d = vy = a · (1 − e ) · (e + cos θ) · . (13) 2 dt 1 + e · cos θ (1 + e · cos θ) dt Bei beiden Ableitungen muss die Quotienten- und die Kettenregel angewandt werden. Setzt man den Ausdruck dθ 2π · (1 + e · cos θ)2 = dt P · (1 + e2 )3/2 ein3 , folgt für die Bahngeschwindigkeit a · 2π − sin θ √ ~vBahn = · . (14) e + cos θ P · 1 − e2 Der Betrag der Bahngeschwindigkeit ändert sich in Abhängigkeit der Planetenposition. Der Vektor ist dabei aber immer tangential zur Bahn gerichtet (vgl. Abbildung 7). y vx vy vBahn(θ) θ Stern Mittelpunkt x Abbildung 7: Umlaufgeschwindigkeit Der Vektor ~vBahn wird von der Position des Planeten aus gemessen. Legt man die y-Richtung als Beobachtungsrichtung fest, so erhält man den radialen Anteil der Geschwindigkeit durch Multiplikation mit dem Einheitsvektor ~ey . vr = ~vBahn · ~ey (15) bzw. den Radialgeschwindigkeitsvektor: ~vr = 0 ~vBahn · ~ey Auch dieser Geschwindigkeitsvektor beginnt an der aktuellen Position des Planeten. 3 Eine genaue Herleitung des Ausdrucks findet man im Anhang von [3] (16) Form der Radialgeschwindigkeitskurve 9 Berücksichtigung der Lage der Bahn innerhalb der Orbitebene Die Länge des Periastrons ω beschreibt die Lage der Planetenbahn innerhalb der Orbitebene. Eine Änderung dieses Winkels bewirkt eine Drehung der gesamten Ellipse und des zugehörigen Bahngeschwindigkeitsvektors. Einzig die Richtung der Radialgeschwindigkeit muss davon unberührt bleiben. Um die Abhängigkeit der Form der Radialgeschwindigkeitskurve von der Länge des Periastrons demonstrieren zu können, werden alle bisher definierten Größen (Punkte und Vektoren) mit der Drehmatrix MRot cos ω − sin ω MRot = (17) sin ω cosω multipliziert. Ausgenommen ist hier nur der Vektor ~vr . Radialgeschwindigkeit des Muttersterns Wie bereits beschrieben, führt auch der Stern eine periodische Bewegung um den Schwerpunkt aus. Damit der Schwerpunkt im System erhalten bleibt, muss diese Bewegung der des Sterns entgegen gerichtet sein (vgl. Abbildung 1). Zudem ist die Amplitude der Radialgeschwindigkeitsvariation des Sterns, aufgrund dessen höherer Masse, deutlich geringer als die des Planeten. Hier gilt vr (Stern) mP = vr (Planet) mS (18) Da die Radialgeschwindigkeit des Sterns, der des Planeten entgegen gerichtet ist, gilt: ~vr (Stern) = − mP · ~vr (Planet) mS (19) Da die Skalierung der Geschwindigkeitsachse in der GeoGebra-Simulation willkürlich gewählt ist, wird das Massenverhältnis auf 1 festgesetzt. In der Realität ist dieses jedoch stets viel kleiner mP 1). als eins ( mS Literatur [1] Stefan Völker; Exoplanetensuche mit dem CoRoT-Satellit - Die Entdeckung von CoRoT-1b; http://www.uni-jena.de/didaktik physik.html ,→ Download ,→ Schülerprojekte [2] W. Kuhn (Hrsg.); Handbuch der experimentellen Physik, Sekundarbereich II, Band 11: Astronomie - Astrophysik Kosmologie; AULIS VERLAG; 2011 [3] Stefan Völker: Exoplaneten auf elliptischen Bahnen; http://www.unijena.de/didaktik physik.html ,→ Download ,→ Schülerprojekte