30.01.10. Evolutionstheorie im Vergleich zur Struktur der biblischen Schöpfungs- und Heilslehre Dr. Ingo Resch Können wir überhaupt die Struktur der Evolutionstheorie mit der Struktur der Bibel vergleichen? Finden wir in den Naturwissenschaften einerseits und Geisteswissenschaften oder gar in den Religionen andererseits vergleichbare oder gleiche Strukturen? Ein Vergleich ist aus folgenden Gründen möglich: 1. Beide, d.h. Evolutionstheorie und Bibel befassen sich mit der Entstehung des Lebens. 2. Beide beschreiben Prozesse, die sich wissenschaftlicher Beobachtung insofern entziehen, da sie nicht wiederholbar sind. Insofern beinhaltet die Evolutionstheorie mehr als reine Naturwissenschaft, sie ist auch Naturphilosophie. 3. Leben ist sowohl ein biologischer, als auch ein sozialer, geistiger und geistlicher Vorgang, also ein Bereich der Geisteswissenschaften. Funktionieren beide Lebensbereiche vollständig anders oder gar konträr, oder aber sind sie in ihrer Struktur und Abläufen vergleichbar? Folgen sie möglicherweise sogar vergleichbaren Gesetzen? 4. Einerseits wird die Naturwissenschaft herangezogen, um ein Wirken Gottes in der Welt zu leugnen, andererseits lehrt Paulus, dass wir Gott an seinen Werken erkennen können, also an der Schöpfung, d.h. an dem Ergebnis naturwissenschaftlich zu beschreibender Abläufe. Benedikt XVI schrieb: „Die Natur hat nicht nur Ablaufgesetze, wie sie die Naturwissenschaft erforscht, sondern sie trägt eine tiefere Botschaft in sich. Sie gibt uns Wegweisung. Wenn wir von Naturgesetz reden, dann meint sie nicht die Gesetze im naturwissenschaftlichen Sinn, sondern die innere Weisung, die uns aus der Schöpfung entgegenleuchtet.“ In diesem Sinn, wenn auch aus einer gänzlich konträren Perspektive, äußerte sich einer der führenden Köpfe der Evolutionsforschung des 20. Jahrhunderts Ernst Mayr. Er nahm an, es sei ein lohnenswertes Ziel der Evolutionsforschung, moralische Maßstäbe für unser Verhalten zu finden. Der Papst meint an der Natur können wir die Handschrift Gottes erkennen, und viele Evolutionsforscher meinen an ihr bzw. ihrer Entwicklungsgeschichte können wir Anleitungen für unser Verhalten finden. Die drängende Frage lautet: vermittelt uns Gott durch seine Schöpfung, also durch die von uns erkannten Naturgegebenheiten und Naturgesetze andere Anleitungen als z.B. mit den Sinaitafeln? Hier wird, so meine ich, gerade ein Gegensatz deutlich, auf den ich später zu sprechen kommen werde. Darwin hat den Gedanken der Selektion, als elementaren Bestandteil der Abstammungslehre, nicht im naturwissenschaftlichen Experiment entdeckt, sondern von dem Sozialforscher Thomas Robert Malthus, der von 1766 bis 1834 lebte, entlehnte. Die Verelendungstheorie von Malthus und die Ansicht Lyells, der meinte die geologische Entwicklung der Erde gehe stetig vor sich, veranlassten Darwin von der These der Konstanz der Arten abzugehen und statt dessen eine langsame und stetige Entwicklung der Organismen anzunehmen. Es wurden und werden für seine Annahme Belege gesucht. Auch Darwin wusste, dass für seine Überlegungen noch entscheidende Belege fehlen, und nicht umgekehrt führten Belege zwingend zu einer Theorie. Auf diesen wesentlichen methodischen Unterschied sollten wir sehr sorgfältig achten. Es war die geistesgeschichtliche Entwicklung in dieser Zeit welche die Grundlagen dieser der Evolutionstheorie inhärenten Strukturen lieferte. Es war nicht ein Naturwissenschaftler, 1 sondern ein Theologe, nämlich Johann Gottfried Herder, der rund 80 Jahre vor Darwin den Gedanken formulierte Naturgeschichte als Entwicklungsgeschichte zu verstehen, welche die Vielfalt der natürlichen Gestalten hervorbringt. Er sah in der Natur die schöpferische Potenz, die, wie er meinte, früher einem außerweltlichen Bereich zugeordnet war. Die Entwicklung durchläuft verschiedene Stufen, die mineralische, die vegetative und die animalische. Jede Stufe hat ihr Recht in sich, aber enthält zugleich den Keim zur jeweils höheren. Und alle Stufen sind Vorstufen des Menschen. Ähnliche Gedanken finden wir nicht nur bei vielen Denkern seiner Zeit, sondern bereits bei den Alchemisten, in der griechischen Philosophie uw. Nicht zuletzt hat der Großvater von Charles Darwin ein solches Forschungsziel formuliert. Auch der Gedanke von Karl Marx, dass sich die Gesellschaft auf Grund eines dialektischen Prozesses höher, d.h. in eine gerechtere Gesellschaft entwickelt, entstand nicht aus einem gesicherten naturwissenschaftlichen Experiment, sondern aus einer philosophischen Annahme. Natürlich war Marx hoch erfreut, als er vernahm, dass Darwin einen vergleichbaren Gedanken für die Entwicklung der Arten vertrat und vermeintliche biologische Belege präsentierte. Doch diese Belege zeigen Entwicklungen innerhalb von Grundtypen, wie Pferdeartige, Entenartige usw. und nicht den Übergang von einem Grundtypus in einen anderen. Wir werden bei unseren Überlegungen und dem Vergleich mit der Struktur des Lebens in der Bibel und Evolutionstheorie die Mikroevolution gesondert berücksichtigen müssen. Sie entstand in der Tat aus Beobachtungen. Die so genannten Darwinfinken liefern einen aus Beobachtung stammenden Beleg. Also es gilt den Unterschied zu beachten, Veränderung eines Grundtyps, der aber immer noch derselbe Grundtyp bleibt, oder Veränderung, die zu anderen, neuen Grundtypen führen. Sowohl in der Bibel, als auch in der Evolutionstheorie geht es um Veränderungen in der Zeit. Veränderungen, die zu einer Höherentwicklung führen. Beide beschreiben einen Geschichtsprozess. Die Bibel ist insgesamt geschichtlich zu verstehen, also nicht nur die Schöpfungsgeschichte, sondern auch die Heilsgeschichte. Das Werden dieser Welt und des Lebens auf dieser Welt ist in einem Zeitablauf beschrieben, wobei in der Phase der Schöpfung jede Stufe die Voraussetzung für die nächste Stufe bildete. Ob dies nun in 6 Tagen à 24 Stunden vor sich gegangen sein mag oder in langen Äonen von insgesamt über 13 Milliarden Jahren, spielt unter dem Gesichtspunkt der Geschichtlichkeit keine Rolle. Die Evolutionstheorie geht von ähnlichen Entwicklungsstufen aus und sieht das Entstehen und Werden zuerst der unbelebten und dann der belebten Welt als eine Abfolge, die zu immer komplexeren Strukturen führt. Wir können feststellen, beide sind geschichtlich, beide gehen davon aus, dass erst physikalische Grundlagen und dann biologische Formen gebildet wurden. Fast alle anderen Mythologien dieser Welt sind ungeschichtlich, weil sie zyklisch sind. Die klassische Evolutionstheorie befasst sich nicht nur mit der Frage, wie sich die Primaten bis hin zum Menschen entwickelt haben könnten, sondern, was aus dem, durch den Urknall auseinanderstrebenden Kosmos eines Tages werden wird. Nach manchen Vorstellungen wird er wieder zusammenfallen. Das bietet somit die Grundlage eines neuen Urknalles und eines neuen Spieles der Evolution. Mit dieser Annahme wäre aber die Evolutionstheorie zyklisch und nicht mehr geschichtlich. Die biblische Aussage bleibt geschichtlich, denn es gibt eine lineare Heilsgeschichte und im Großen keine sich wiederholenden Abläufe. Mit diesem Punkt stoßen wir auf ein weiteres zentrales Strukturmerkmal. Die Evolutionstheorie kennt kein Ziel. Zufall und Naturgesetze sind die formenden Kräfte, und daraus ergeben sich in der Folge Notwendigkeiten. Diese Notwendigkeiten schränken die 2 Freiheit in der weiteren Entwicklung ein. Denn wenn gewisse Konstellationen vorliegen, kann die Entwicklung nur in einer bestimmten Richtung weitergehen. Die Bibel geht von einem Ziel aus, das Gott mit der Schöpfung verfolgt, und nicht nur von Notwendigkeiten. Im Gegenteil, durch Jesus ist die zentrale notwendige Abfolge unterbrochen, nämlich der Tod. Aber auch im normalen Lebensablauf eines Menschen oder eines Volkes gibt es eine Umkehr, die Buße, die einen Neuanfang erlaubt. Wenn sich Jesus der Sünder, also der Zöllner und Huren annimmt, dann geht er nicht davon aus, weil diese Menschen nun einmal einen bestimmten Weg eingeschlagen haben, sind sie verloren. Der abschüssige Weg kann unterbrochen werden. Es gibt den Neuanfang. Auch das Schicksal ist im biblischen Verständnis nicht als Notwendigkeit zu verstehen, sondern wie es Martin Buber ausdrückte, Schicksal und Freiheit sind aneinander gelobt. Dem Freien schaut, als das Gegenbild seiner Freiheit das Schicksal entgegen. Es ist nicht seine Grenze, es ist seine Ergänzung. Wer Freiheit und Notwendigkeit in der Wirklichkeit des vor Gott Stehen erfährt, der erfährt, dass er einerseits anheimgegeben ist, aber mit einem Ziel, das sich bei Gott befindet und andererseits weiß, dass er selbst herausgefordert ist zu überwinden, wie es Jesus in den sieben Sendschreiben an die Gemeinden in Kleinasien uns verdeutlicht. Damit wird aber ein weiterer entscheidender Unterschied offensichtlich. Den Neuanfang kann ein Mensch nicht von sich aus bewerkstelligen. Es bedarf des Inputs von außen. Es ist das Wirken des heiligen Geistes. Ohne mich könnt ihr nichts tun, sagt Jesus. Durch ihn kann der Mensch Veranlagungen, Prägungen und Gegebenheiten überwinden. Der Geist Gottes bewirkt die Frucht der Liebe, wie es Paulus im Galaterbrief schreibt. Aus einer sich zwangsläufig ergebenden Notwendigkeit des weiteren Ablaufes des Geschehens, kann mit Hilfe des Geistes Gottes ausgebrochen werden. Das bedeutet, nicht nur der Schöpfungsvorgang ist als ein Wirken Gottes zu verstehen, sondern auch der Ablauf des menschlichen Lebens. Dieser Umstand ist deshalb so bedeutsam, weil er zu einem anderen Menschenbild führt, als es die Evolutionstheorie annimmt. Übrigens auch dann, wenn von einer theistischen Evolutionstheorie ausgegangen wird, wie dies z.B. Teilhard de Chardin vertritt. Ist der Mensch in einen Evolutionsprozess eingebunden, dann führt dies einerseits zu einer Leugnung des freien Willens, andererseits auch zu einer Leugnung des zentralen biblischen Begriffs der Gnade. Gnade ist nicht erforderlich, wenn Erlösung durch einen natürlichen Evolutionsprozess geschieht. Das bedeutet, die Bibel geht von einem offenen System Mensch, Welt, ja Kosmos aus. Die Geschichte der Menschheit beginnend mit Adam und endend mit dem Wiederkommen von Jesus zeigt die freien Handlungen Gottes und des Menschen. Da auch der Kosmos von Gott geschaffen ist, muss auch der Kosmos ein offenes System sein. Die Evolutionstheorie, geht eventuell noch von einem offenen System Welt aus, z.B. mit der Annahme, dass aus dem Kosmos Sporen des Lebens auf diese Erde kamen, die dann den Prozess des sich selbst entwickelnden Werdens auf der Erde auslösten. Doch woher kommen diese Sporen? Sie stammen aus dem Kosmos und sind nicht transzendenten Ursprungs. Damit wäre der Kosmos im Evolutionsverständnis ein geschlossenes System. Doch im biblischen Verständnis schuf Gott die „Sporen des Lebens“, nicht der Kosmos. Geist und Bewusstsein kamen von Gott, also außerhalb des Kosmos. 3 Dass die Bibel von einem offenen System ausgeht widerspricht nicht den geistes- oder sozialwissenschaftlichen Erfahrungen: Denn eine Kultur oder selbst ein Wirtschaftsunternehmen ist schnell dem Ende preisgegeben, wenn es sich abkapselt und keine Einflüsse von außen wirken lässt. Wirtschaftswachstum ist übrigens bei konstanter Bevölkerung primär durch technologischen Input möglich, also ein Einwirken von etwas, dass nicht eigentlich System Wirtschaft ist. Unser gesamtes Leben ist ein offenes System. Die stufenweise Entwicklung, wie sie in der Bibel mit jedem Schöpfungstag und in der Evolutionstheorie mit jedem Schritt in eine höhere Komplexität beschrieben ist, bedarf eines Antriebes. Die Struktur der Bibel geht davon aus, des jeder Schritt zu höheren Lebensformen bis hin zum mit Geist beseelten Menschen ein Akt Gottes ist. Also der Kosmos als offenes System verstanden, bedarf des Geistes und der Kraft um sich weiterzuentwickeln. In der Evolutionstheorie wird davon ausgegangen, dass diese Kraft als Potential vorhanden ist, ohne Einwirkung von außen geschieht daher die Weiterentwicklung. Leben beruht nicht nur auf Materie, sondern auch auf Informationen. Sie sind in den Genen (den Erbfaktoren) und anderen informationstragenden Strukturen, die sozusagen die Anweisung für die Struktur des lebenden Organismus geben, enthalten. Die Evolutionstheorie geht davon aus, dass sich biologische Informationen spontan durch Anhäufung kleinster Veränderungen im Laufe langer Zeiträume ergeben. Abgesehen davon, dass die beobachtbare Wandlung der Arten mit der bislang nicht beobachtbaren Hypothese der Ursache dieser Wandlung vermischt wird (G.Rothe, Factum, 9/2009) ist gemäß biblischem Bericht die Zeit von Gott geschaffen. Der Zeitbegriff entsteht als Folge des ersten Schöpfungsaktes des Schaffens von Energie. Und Gott sprach, es werde Licht. Der erste Zeitabschnitt, aus Abend und Morgen, aus Dunkelheit Licht. In der Evolutionstheorie übernimmt die Zeit in Kombination mit dem Zufall die Schöpfungsfunktion. Dieses und Gott sprach in der Genesis und das höre Israel in der Heilsgeschichte, steht im Gegensatz zu einer sich durch Veränderung ergebenden Information. Gottes Information verändert und nicht umgekehrt schafft Veränderung Information. Das Fundament jeden biologischen Lebens ist die Fähigkeit der Pflanzen, Lichtenergie in chemische Energie zu verwandeln. Die Erklärung für diesen Vorgang wird in dem Nahrungsmangel der Ursuppe gesucht, so dass die dort vorhandenen Einzeller die Fotosynthese erfanden. Genaugenommen handelt es sich damit um eine Selbstschöpfung der Natur, auch wenn dieser Begriff in sich widersprüchlich ist. Nach biblischem Verständnis wäre dies auch unmöglich. Wieder stoßen wir auf den strukturellen Gedanken, den Jesus auf den bereits erwähnten Punkt gebracht hat, „ohne mich könnt ihr nichts tun“. Also nicht nur das Entstehen komplexerer Strukturen ist nur durch einen Input von außen möglich, sondern auch die geistige oder psychische Höherentwicklung. Völlig konträr dazu die Evolutionstheorie und die von Menschen erdachten Religionen und Ideologien. Die Vorstellung einer autonomen Höherentwicklung ist ihnen allen gemein. Der im Dschihad getötete Märtyrer gelangt automatisch in das Paradies auf Grund seines heldenhaften Erduldens, das Entsagen des buddhistischen Mönches führt in die höhere Reinkarnation, die Revolution der Marxisten in die gerechte Gesellschaft. Den Unterschied zwischen Makro- und Mikroevolution möchte ich hier noch einmal hervorheben. Bei der Mikroevolution gehen wir von einem genetischen Potential der Grundtypen aus, das diese in die Lage versetzt Anpassungsvorgänge zu bewältigen. Im Grundsätzlichen ändert sich nichts wesentliches, der Grundtyp bleibt derselbe. Ein Bakterium, das eine Resistenz erworben hat, bleibt ein Bakterium. Die äußeren Herausforderungen 4 bewirken lediglich eine Änderung im Rahmen eines grundsätzlichen Potentials, um sich einem geänderten Umfeld anzupassen. Das ist auch im biblischen Weltbild nicht anders. Jesus lehrt uns, dass wir z.B. von dem unrechten Haushalter lernen sollen. Er passte sich der Situation, in die jener kam, an. Aber dieser Haushalter war nicht plötzlich ein Supermann. In der Makroevolution findet jedoch angeblich ein stufenweiser Prozess einer neuen, gänzlich anderen Komplexität und Funktionalität statt. Dem Schöpfungsbericht können wir entnehmen, dass jeder Schöpfungsakt Arten hervorgebracht hat, die in sich vollkommen waren. Jede Art war für den Lebensbereich oder die Aufgabe, für die sie geschaffen wurde, vollständig. Wenn wir heute rätseln, warum die Dinosaurier ausgestorben sind, dann rätseln wir deshalb, weil wir aus all den gewonnenen Erkenntnissen den Schluss ziehen, die Dinosaurier hatten alle zum Leben notwendigen Organe besessen, sie sind nicht ausgestorben weil ihnen vielleicht der Darm noch fehlte, und sie sich so zu Tode gefressen haben. Die Evolutionstheorie zieht den Schluss, dass sich das Leben aus sich selbst weiter entwickelt. Das Ergebnis dieser Entwicklung wird als immer gleich angenommen: die sich entwickelnde Lebensform ist monistisch, d.h. kollektivistisch. Sei es die Annahme von Carsten Bresch über ein Monon, also eine Art Superorganismus aller Lebewesen auf der Erde, das dann mit anderen Monons auf anderen Gestirnen in Kontakt tritt, sei es die Noosphäre bei Teilhard des Chardin oder die kommunistische Gesellschaft bei Kar Marx wie das anzustrebende arische Kollektiv einer neuen Herrenschicht. Auch hier geht die Bibel von einem gänzlich anderen Bild aus. Die Höherentwicklung findet nicht durch gesellschaftliche oder biologische Fusionsprozesse statt, sie findet auch nicht aus sich heraus statt, sondern nur in der Verbindung mit Gott. Das Heil kommt, so wie in der Schöpfung, von außen, von Gott, aber für jeden einzelnen. Jesaja schreibt, die Reiche, genannt Inseln, vergehen, aber es geht um den einzelnen. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Steht das Kollektiv über dem Einzelnen, wie im Kommunismus, Nationalsozialismus, Islam und letztlich auch bei den fernöstlichen Religionen oder kommt es auf die Würde, Heil und Unversehrtheit jedes einzelnen Menschen an? Daraus folgt, suchen wir den Weg im Abwenden von Gott und mit eigenen Maßstäben oder in der Zuwendung zu Gott? Die Maßstäbe sollen z.B. in dem von der Evolutionstheorie geprägten Menschenbild aus der bisherigen Entwicklung, wie wir sie bei der biologischen Evolution vermuten, gefunden werden. Oder, die Menschen versuchen sich auf einen Minimalkonsens zu einigen, den sie meinen in allen Kulturen selbst entwickelt zu haben. Dies wäre der Ansatz von Hans Küng. Die Regel auf die sich wohl alle einigen könnte, wäre – so Küng - z.B. nicht zu töten. Doch das Tötungsverbot in dieser strikten Form gibt es nicht im Islam, in den Idologien auch nicht, in unserer säkularen Welt auch nicht, wenn sie an die Abtreibung, Sterbehilfe, Eugenik usw. denken. Jaques Monod sah sogar die Tötung von nicht an den Erfordernissen angepassten Lebens als eine Notwendigkeit, der wir uns in ca. 100 Jahren stellen müssen. Die heile Welt ist bisher dem Menschen nicht gelungen. Diese Unmöglichkeit beschreibt die Bibel. Doch gemäß der Evolutionstheorie wäre die vollkommene Welt nicht nur möglich, sondern liegt sogar in der Linie der Entwicklungsstrategie. Das sich entwickelnde Kollektiv repräsentiert die Vollkommenheit. In der Beschreibung warum der Mensch so ist, wie er ist, vertreten Bibel und Evolutionstheorie ebenfalls konträre Standpunkte. Gemäß biblischer Offenbarung hat der Mensch die Verbindung zu Gott, also die Leben schaffende Beziehung aufgekündigt, weil er gleich sein wollte wie Gott. Die Bibel geht davon aus, dass eine Leben schaffende Beziehung nur dann funktioniert, wenn die Beziehungspartner unterschiedlich sind. Dem kann ich als 5 Kaufmann zustimmen. Ein Wirtschaftsleben wäre mit lauter Anbietern nicht möglich. Wären alle Menschen Bäcker würden wir verhungern. So führte dieses Gleichseinwollen wie Gott zu einer Trennung des Menschen von Gott und damit zum Tod des Menschen. Es führt zusätzlich dazu, dass der Mensch meinte auf sich bezogen Gerechtigkeit erlangen zu können. Dieser Wunsch führte laut Genesis zum ersten Mord in der Geschichte, als Kain den Abel erschlug. Laut biblischem Bericht ist der Mensch damit ein gefallenes Geschöpf, das somit schuldig ist. Oder ganz einfach: jeder Mensch wird irgendwie, irgendwann in seinem Leben schuldig, mag er noch so edel gesinnt sein. Warum wird er schuldig? Weil er in der Trennung von Gott nicht in der Lage ist, sündfrei zu leben. Sünde ist die Trennung von Gott. Diese Trennung mit den entsprechenden Folgen will Gott lösen, wie uns die alttestamentlichen Berichte zeigen und Gott hat sie durch Jesus grundsätzlich gelöst. Da der Mensch einen freien Willen hat, kann er dieses Erlösungsangebot annehmen oder nicht. Die Annahme geschieht in dem vertrauensvollen Zuwenden. Ein Christ ist nicht ein edel Vollkommener, wie es Homer für die Helden seiner Sagen noch vorschwebte, sondern ein Mensch der Jesus braucht, der ohne ihn nicht leben kann. Die Evolutionstheorie muss, strukturell bedingt, von einem anderen Bild ausgehen: Die Vervollkommnung geschieht im Laufe einer langen Zeit. Der Gegensatz wird deutlich: Gemäß Evolutionstheorie aus der geringeren Komplexität in die höhere Komplexität, was auch als Vervollkommnung verstanden werden kann, gemäß Bibel aus der Vollkommenheit im Garten Eden in die Unvollkommenheit, die erst am Ende der Heilsgeschichte nicht durch den Zeitablauf sondern durch Jesus gelöst wird. So wie die biologische Evolution lange Zeiträume benötigte, so auch die geistige Evolution des Menschen. Denken Sie an die Eingangsworte von Ernst Mayr. Der Mensch hat in seinem Verhalten noch nicht die Stufe der Vollkommenheit erreicht. Daraus folgert: Vielleicht ist der KZ-Scherge nicht schuldig, oder die Mörder im Gulag usw. Er ist nicht schuldig, weil die Evolution noch nicht so weit war in jenem dunklen 20. Jahrhundert. Im Evolutionsmodell wird die Schuld relativiert, nicht in der Bibel. Das Problem sitzt noch tiefer. Der zu Bewusstsein und Geist führende Evolutionsprozess, reduziert den Gegensatz zwischen Gut und Böse, denn er geht von unterschiedlichen Graden der Perfektion aus. Das geschieht auch bei den Theologen, die eine angebliche Versöhnung zwischen Wissenschaft und Glauben anstreben. Denn wenn zwischen Gott und dem Menschen ein irreversibler, aber zufallsgesteuerter Prozesses wirkt, handelt der Mensch nicht mehr frei. Er passt sich an. In diesem Fall ist der Mensch auch nur eingeschränkt verantwortlich, mit der Folge die für die biblische Offenbarung wesentlichen Unterschiede zwischen Gut und Böse zu relativiern. Werden sie relativiert, landen wir in einem Amoralismus und damit Nihilismus. Die theistischen Evolutionstheoretiker, die Evolutionstheorie und Bibel meinen vereinbaren zu können, lassen sich in vier Gruppen einteilen: 1. Der Mensch ist grundsätzlich nicht schuldig, damit auch nicht am Tod. Der für Weltanschauungsfragen der evangelischen Kirche in Württemberg zuständige HansJörg Hemminger schreibt, dass der Mensch angeblich gemäß biblischer Überlieferungen die Schöpfung Gottes verdarb, aber und jetzt setzt er sich in den Gegensatz zur Bibel, damit wäre dem übereifrigen Primaten zu viel zugetraut. Hemminger macht damit dem Mensch zum Tier, das nicht schuldig ist und schiebt Gott die Schuld zu. 6 2. Die Gnade erübrigt sich, weil der Prozess ohnedies in die Erlösung mündet, wie dies Teilhard de Chardin vertritt, 3. Die Welt ist pantheistisch zu verstehen, wie bei dem Jesuitenpater Christian Kummer. 4. Zufall, Notwendigkeit und die Fruchtbarkeit des Universums steuern die Evolution, wie es der Jesuitenpater George Coyne beschreibt. Doch Paulus warnt die Kolosser sich nicht von einer Philosophie einfangen zu lassen, die auf der Lehre von Menschen und den Mächten oder Elementen der Welt statt auf Christus gründen. Bei jedem theologischen Denker, der die Evolutionstheorie als Grundlage nimmt, opfert er an irgendeiner Stelle eine zentrale heilsgeschichtliche Aussage. Es geht um Heilsgeschichte, die allerdings in der Genesis angelegt ist. Ohne den wirkenden Schöpfergott ist die biblische Heilsgeschichte nicht zu verstehen. Zu welcher Konsequenz führen alle Ansätze der Evolutionstheorie: Wir bauen um uns eine Mauer von Gesetzen und Gesetzlichkeiten, die für die Liebe Gottes undurchlässig wird. Deshalb schließen wir Wunder aus. In diesem Geist konnte Bultmann die Bibel entmythologisieren. In diesem Geist schließt Küng die Jungfrauengeburt aus, obwohl sie zum Verständnis der Heilsgeschichte zentral ist. Kosmische Gesetze und Gesetzmäßigkeiten sind en Vogue, wer hingegen von dem Wirken Gottes in konkreten Lebenssituationen spricht, wird als Sektierer eingestuft. Gesetze können von Gott trennen. Dies wäre z.B. im Islam der Fall. Zur Rettung der eigenen Ehre wird bei den Ehrenmorden ein Menschenleben geopfert. Das höchste Gut die unantastbare Würde jedes Menschen ist weniger wert, als die Ehre und Gefälligkeit vor Allah. Diese Denkweise finden wir auch im Johannesevangelium, wenn die Jesus anklagenden Juden argumentieren, wir haben ein Gesetz, und nachdem muss er sterben. Im Gegensatz dazu steht bei Gott die Liebe immer über dem Gesetz, der Gesetzlichkeit, ja selbst des Naturgesetzes, sonst hätte Jesus nicht über das Wasser laufen können, um seine in Angst befindlichen Jünger zu trösten, am Sabbat heilen oder Kornausraufen lassen. Es ist bemerkenswert, dass ursprünglich christlich geprägte Denker wie Karl-Friedrich von Weizsäcker, Arnold J. Toynbee, Hans Küng, Michael von Brück u.a. in manchen ihrer Denkergebnissen dem Buddhismus näher stehen, als der biblischen Erlösungsbotschaft. Der Buddhismus ist in seiner Struktur ähnlich der Evolutionstheorie, das Niedere entwickelt sich selbst in das Höhere und landet genau deshalb in einem Nihilismus, weil das eigentlich Höhere, das durch den Unsichtbaren aber Gegenwärtigen Schaffende und Erlösende negiert wird. Konrad Lorenz, der eigentlich vom katholischen Glauben geprägt war, aber doch primär die Evolutionstheorie als Grundlage seiner Verhaltensforschung nahm, hat in seinem Buch Das sogenannte Böse einen bemerkenswerten Satz geschrieben: Der Mensch ist gar nicht so böse von Jugend auf, er ist nur nicht gut genug, um mit den Anforderungen des modernen Gesellschaftsleben fertig zu werden. Im 1. Buch Mose sagt Gott nach der Sintflut: Das Sinnen und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Auch hier sehen wir zu welch konträren Schlussfolgerungen beide Weltbilder kommen. Nicht Buße ist nötig, denn die Gesellschaft ist schuldig. Wer den Evolutionsprozess unterstellt, ob mit oder ohne Gott akzeptiert einen Mechanismus und ein System des angeblichen Fortschritts oder des besseren Angepasstseins oder der höheren Komplexität. Die Konsequenzen sind daher in weiten Bereichen die gleichen, ob die Theorie theistisch oder atheistisch unterfüttert ist. 7 Wir stehen vor der entscheidenden Frage: Ist der Mensch in seinem Verhalten noch nicht weit genug entwickelt oder ist das Verhalten fehlerhaft, weil sich der Mensch von Gott getrennt hat? Grundsätzlich gehen die nichtbiblisch geprägten Weltbilder nicht von einem gefallenen Menschen aus. Dies trifft nicht nur für den Humansimus und den sozialistischen Ideologien, sondern auch für den Islam und Buddhismus zu. Diese Weltbilder meinen der Mensch selbst muss eine unvollkommene Ausgangslage verbessern. Deshalb kennen sie nicht den Heiland, von dem die Bibel berichtet, sondern machen ihr Heil selbst. Statt dem Heiland, die Helden. Der Mensch soll gemäß biblischer Offenbarung Schuld bekennen, aber er kann sich vor Gott nicht selbst entschuldigen. Deshalb lehrt die Bibel, dass die Gerechtigkeit aus dem Glauben kommt. Gestatten sie mir als lutherisch geprägter Christ, die Bemerkung, dass gerade in der Zeit Luthers die römische Kirche sehr stark die Prägung einer typischen Religion annahm. Mit bestimmten Verhaltensweisen wäre die Erlösung machbar. Der biblische Text, schon im AT, besagt jedoch ganz eindeutig, die Gerechtigkeit vor Gott kann nur aus dem Glauben erfolgen und hierüber versuchen die beiden Konfessionen auch eine ökumenische Gemeinsamkeit zu praktizieren. Einig sind sich die grossen Konfessionen in dem Glauben, dass die Auferstehung von Jesus, der die Übernahme der Schuld am Kreuz vorausging, zu der Erlösung führt. Doch die Auferstehung leugnen nicht nur agnostisch geprägte Evolutionstheoretiker, sondern auch etliche der von der Struktur der Evolution geprägte Theologen, wie Gerd Lüdemann, Hans Küng und natürlich Teilhard de Chardin. Bei ihm ist Christus nicht mehr der Jesus, der Gottmensch, die Epiphanie Gottes, der Erlöser, statt dessen ist er der Initiator eines rein natürlichen Evolutionsprozesses und zugleich sein Ziel, der Christus – Omega, wie es der katholische Philosoph Dietrich von Hildebrand (S. 356) beschreibt. Was bedeutet die Heilsgeschichte der Bibel? Der Mensch vertraut Gott, d.h. seinen Weg durch Jesus Christus. Grundbaustein des Lebens ist die Beziehung des Menschen zu Gott. Diese ist durch den Sündenfall zerstört. Ein Wiederherstellen dieser Beziehung fordert vom Menschen Vertrauen zu Gott und damit Gefolgschaft. Die gute Tat kann Vertrauen nicht ersetzen. In der Evolutionstheorie ist Vertrauen zur Höherentwicklung nicht nötig, es bedarf nur der eigenen Fähigkeiten. Die derzeit in das Bankensystem gepumpten Milliarden sollen Vertrauen wieder herstellen. Selbst in der profanen Wirtschaft ist ein Gedeihen ohne Vertrauen unmöglich. Aus der Wirtschaftskrise können wir auch lernen, dass durch die maßlose Vermehrung von Geld und damit Schulden Grenzen überschritten wurden. Wir meinten ohne Arbeit reich werden zu können, was einigen gelang, jedoch die Mehrheit hat weniger, die Verarmung nimmt zu. Braucht der Mensch in seinem Verhalten Grenzen? Der Glaube an Gott als dem Schöpfer und Erhalter des Lebens setzt Grenzen. Eine sich aus Zufall ergebende Entwicklung, die nicht zielorientiert ist, kennt a priori keine Grenze. Das was sich aus der jeweiligen Konstellation ergeben mag, kann gemacht werden. Wo liegen die Grenzen in der biblischen Sichtweise und wo in der evolutionistischen? Die Grenze im biblischen Verständnis bildet das Du. Dieses Du ist der Nächste und Gott. Der Dekalog hat das Du im Blick. Es geht nicht darum, wie im Islam bei den 5 Säulen oder im Buddhismus bei dem achtteiligen Pfad um einen selbst, sondern nur um das Du. Das scheint nicht so ganz realitätsfern zu sein. Alle Lebewesen sind auf ein Gegenüber ausgerichtet und eingerichtet. Nicht nur, dass sie andere Lebewesen brauchen, sie werden auch gebraucht. Das erfahren wir zur Zeit schmerzlich durch das Artensterben. Bei dem Menschen ist das für 8 einander da sein einmal in Bezug auf Pflanzen und Tiere zu verstehen, als Ackermann, Gärtner, Viehzüchter oder Jäger nicht nur zu nehmen, sondern im Pflanzen und Züchten auch zu pflegen. Zum anderen ist der Bezug auch und besonders ausgeprägt im zwischenmenschlichen Bereich vorhanden. Der Mensch wird nur am Du zum Ich, wie es Martin Buber schrieb. Wir brauchen andere Menschen, wir könnten nicht existieren ohne die Arbeitsergebnisse anderer Menschen. Wir werden aber auch gebraucht, und dieses Gebrauchtwerden ist wesentlich für unsere Psyche. Wir erfahren Sinn und Freude im Leben in der gebenden und empfangenden Beziehung zu anderen Menschen. Das ist sogar für unseren Organismus elementar wichtig. Im Grunde benötigen wir Liebe und wollen lieben. Wer dies nicht erfährt ist arm. Dieser geistig-psychische Bereich bildet die Grundlage für unser seelisches und organisches Wohlbefinden. Noch ein Wort zum Dekalog. Er beginnt mit der Befreiung des Menschen von materieller Abhängigkeit, Gott hat Israel aus der Knechtschaft befreit. Die Freiheit ist grundlegend. Sie ist nicht als Spielraum in einem mechanistischen Entwicklungsprozess zu verstehen. Aus dieser von Gott geschenkten Freiheit entsteht die Verantwortung gegenüber dem Nächsten. Die Struktur der Evolutionstheorie sieht weder die grundsätzliche Freiheit noch den nicht determinierten, also freiwilligen, selbstlos gebenden Bezug zum Du. Verfolgt man die Strukturbeschreibungen von der Einzelle bis zum komplexen Organismus, dann handelt es sich um ein Aneignen von Fähigkeiten, ein Nutzen von Gegebenheiten, ein Überwinden von Schwierigkeiten, das Erobern eines Lebensraumes und Erschließen von Lebensquellen. Die Evolutionstheorie ist ichbezogen. Selbst die Symbiose wird unter dem Gedanken der Vorteilnahme interpretiert, nicht in dem Gedanken für ein anderes Leben einfach da zu sein. Das ergibt sich aus der Annahme einer am Anfang exisiterenden Zelle, die sich selbst den Lebensraum zu erschließen hat. Die Grenze in der Evolutionstheorie wird durch die eigene Begrenztheit markiert. Die Grenze liegt im Ich, in der Bibel im Du. Die Struktur der Bibel geht von einer Beziehung des Lebens von Anfang an aus. Denn Leben ist Beziehung. Beziehung entstand daher nicht nach dem Anfang, sondern im Anfang, sie war vorher da, denn Leben kann in unserer erfahrbaren Welt nur aus Leben werden. Und auch in diesem Punkt ist die biblische Sicht einmalig, denn sie beschreibt den Dreieinen Gott, schon im AT. Gott, der in der Genesis im Plural genannt wird, ist in sich nicht nur Beziehung, wie zwischen zwei Magneten, sondern in sich Leben, mehr noch in sich Liebe. Damit unterscheidet er sich auch zu Allah, der gerne mit Jahwe verglichen wird. Allah ist singulär, er ähnelt mehr dem gefallenen Menschen der Bibel als dem Dreieinen Gott. Da der Mensch in seiner Verhaltensweise gemäß biblischem Bereicht frei ist, so liebt er nicht automatisch im Sinne der Agape, sondern er kann frei entscheiden. Ja, es erfordert sogar Überwindung zu lieben. Agape ist nicht selbstverständlich, wie es Jesus in dem Beispiel mit dem barmherzigen Samariter beschreibt. Die Bibel versteht, wie wir gesehen haben, die gebende Beziehung zwischen lebenden Individuen als die Grundlage des Lebens. Es heißt: Ich gab Euch die Gebote in der Wüste damit ihr lebt. Die Gebote sind keine Ethikübungen oder Erfolgsrezepte, sondern schlichtweg Lebensgrundlage. Damit ist das, was die Gebote vermitteln das Gute. Nolens volens wäre das Gegenteil das Böse. Das Böse resultiert dementsprechend aus dem Ichbezug und nicht aus dem Dubezug. Streng genommen würde in biblischer Interpretation die Verhaltensstruktur in der Evolutionstheorie dem Bösen entsprechen, denn sie ist Ich-bezogen. Es ist bemerkenswert, dass in der Literatur der Evolutionstheorie das Wort Liebe in der Regel nicht vorkommt. Altruismus wird manchesmal sogar als eine Fehlentwicklung bezeichnet. Bei Teilhard de Chardin kommt der 9 Begriff Liebe vor, allerdings bezeichnet er kosmische Energie als Liebe. Damit wird der Begriff der Liebe geradezu pervertiert. Nachdem ich als gelernter Volkswirt gelegentlich Vergleiche zum Wirtschaftsleben gezogen habe, so werden Sie mir vorhalten, zeigt nicht gerade die Wirtschaft, dass egoistisches Verhalten zum Erfolg führt und beweist nicht das vielgepriesene Wettbewerbsprinzip, dass gerade die Prinzipien der Evolutionstheorie zur Mehrung und Sicherung der materiellen Versorgung beiträgt? Das aber ist verkehrt. Das Gegenteil ist der Fall, wie unsere jetzige zu einer Verarmung führenden Entwicklungen belegt. Der Unternehmer ist erfolgreich, der das Wohl seiner Kunden und auch Mitarbeiter im Auge hat. Nur wer auf dem Markt Nutzen erzielt, wird langfristig etwas verkaufen, nur wer sich um seine Mitarbeiter gut kümmert, wird langfristig die Besten gewinnen. Die auf Wettbewerb aufbauende soziale Marktwirtschaft soll sichern, dass kein Anbieter Macht über den Kunden hat, dass die Anbieter gezwungen werden qualitativ und preislich dem Kunden maximalen Nutzen zu stiften. Bedauerlicherweise gehen viele Verantwortlichen in der Wirtschaft andere Wege und scheitern. Das Management, das eigentlich Unternehmerfunktionen zu erfüllen hätte, denkt kurzfristig, wenn das Unternehmen an der Börse notiert ist, sogar nur in Quartalen. Das hat zum Zusammenbruch von GM, von Arcandor und etlichen anderen geführt. Das Management sah sich, seinen kurzfristigen Erfolg, seine Entlohnung, die sich am Aktienkurs orientiert und nicht mehr die Marktpartner. Sozialwissenschaftliche Erkenntnisse widersprechen nicht der Bibel, sofern sie frei von ideologischer Prägung sind. In der Evolutionstheorie geht es pauschal um die Entwicklung des Lebens, nicht um den einzelnen Menschen. So wird auch dort nur von der Menschheit und nicht vom Menschen gesprochen. Doch ist nicht der einzelne Mensch mehr als der ganze Kosmos, denn er ist sich des Kosmos bewusst? Aber der einzelne Mensch spielt keine Rolle, wenn die Entwicklung monistisch wäre. Im Kollektiv zählt der einzelne nichts. Er kann für den Fortschritt geopfert werden. Das praktizierten die Ideologien und letztlich wäre dies eine Schlussfolgerung aus der Selektionsannahme Darwins. So fungiert der Tod entscheidend für den Mechanismus der Höherentwicklung. Vordergründig könnten wir meinen, mit der Aussage von Jesus der Weg sei breit, der zur Verdammnis führt und schmal der zur Rettung führt, hier handelt es sich um eine Art Selektionstheorie. Aber Jesus hatte nicht gesagt, weil eine große Menge aussterben wird, dann kann eine kleinere Menge die Höherentwicklung in das Paradies antreten. Sondern Jesus will dass alle Menschen gerettet werden. Es ist auch nicht so, dass der Tod von Jesus die Voraussetzung unserer Höherentwicklung sei, sondern die Auferstehung führt zu dem ewigen Leben, d.h. unzertrennbare Gemeinschaft mit Gott. Mit dem Tod am Kreuz und der Auferstehung ist der Tod überwunden. Und dies gilt grundsätzlich für alle Menschen. Der Unterschied ist wieder deutlich: In der Konsequenz hat der Tod in der Evolutionstheorie eine positive Rolle inne, auch im Buddhismus, Taoismus, in vielen hinduistischen Religionen und im Islam, was dort die Bereitwilligkeit für Selbstmordattentate erklärt. Der Tod kam nach Meinung mancher Evolutionsforscher durch die Vielzelligkeit in die Welt. Der Tod ist in der Bibel die Folge der Sünde. Adam, der Mensch oder die Menschheit, hatte die Wahl zwischen zwei in der Mitte des Garten Edens stehenden Bäumen. Den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis. Adam wählte die Selbsterkenntnis von dem was Gut und Böse ist. Er wollte selbst beurteilen. Deshalb wäre er dann wie Gott. Er konnte es aber nicht werden, weil ihm Gott nach dem er sein wollte wie Gott, das Essen vom Baum des 10 Lebens verwehrte und in der Trennung den Menschen in die Unvollkommenheit und somit auch Sterblichkeit führte. Zwischen den beiden Bäumen konnte der Mensch wählen, nach dem ihm Gott seinen Odem gegeben hatte. Ob die Schöpfung vorher vergänglich war oder nicht steht nicht in der Bibel. Schließlich ist Adam aus Staub gemacht, also vergänglichem Material. Die Unvergänglichkeit hätte der Mensch durch das Essen vom Baum des Lebens geschenkt bekommen und mit ihm wohl die gesamte Schöpfung. Wir haben gewählt. Gott legt uns in der Heilsgeschichte immer wieder beide Wege vor, der Weg zum Leben, oder der zum Tod. Adam entschied sich für den Tod, Jesus, der zweite Adam für das Leben. So steht der Baum des Lebens am Ende der Heilsgeschichte in der Offenbarung wieder vor uns, wenn Jesus wiederkommt. Gott hat als Mensch durch das Leiden am Kreuz die Schranke des Todes, des endgültigen Getrenntseins durchbrochen. Selektion als Mittel der Höherentwicklung des Lebens, setzt den Tod voraus, in der Bibel ist es die Überwindung des Todes. Weil Leben Leiden sei, versuchte Buddha das Leben zu überwinden, Jesus überwand den Tod. Romano Guardini zitierte in diesem Zusammenhang einen seiner Gesprächspartner, der bei dem Nachdenken über diese gewaltige Entscheidung Gottes, dem Leiden von Jesu, meinte, die Liebe tut so etwas. Die Bibel geht davon aus, nicht der Zufall, nicht das Anpassen, nicht das Verschwinden des weniger angepassten, nicht dieser Mechanismus bildet die Grundlage des Lebens, sondern die Liebe. Liebe verstanden als ein sich hingeben, ohne dies an Bedingungen zu knüpfen. Vielleicht ist es wirklich so: Liebe ist der Pulsschlag des Universums, wie es in La Traviata heißt. Liebe Pulsschlag des Universums, wahrscheinlich finden wir dort mehr als in der vermeintlichen Weltformel. Es scheint sich der Kreis zu schließen. Denken Sie an die eingangs gebrachten Zitate von Ernst Mayr, Kriterien für unser Verhalten durch die Evolutionsforschung zu finden und das des Papstes, dass die Schöpfung uns tiefe Erkenntnis über Gott vermitteln kann. Vielleicht ist ein Vergleich der Strukturen und Inhalte nicht nur möglich, sondern notwendig. Zieht nicht Paulus ganz andere Schlussfolgerungen im 1. Kapitel des Römerbriefes? Wenn wir Gott als Schöpfer nicht mehr anerkennen, sondern die vierfüßigen Tiere, dann wird der wichtigste, innigste und neues Leben schaffende Bereich menschlicher Beziehungen pervertiert. Die Menschen werden sich in gleichgeschlechtlicher Verbindung verirren. Dem Gleichseinwollen mit Gott, folgte das Gleichseinwollen der Menschen in der sozialistischen Gesellschaft und jetzt dem Aufgeben der Unterschiede in der Geschlechtlichkeit. Diese gegensätzlichen Strukturen und Inhalte von biblischer Schöpfungs- sowie Heilsgeschichte einerseits und Evolutionstheorie andererseits müssen zu einem unterschiedlichen Verständnis von Wahrheit führen. Das moderne Denken lehnt ohnedies den Begriff der Wahrheit ab. Der biblische Wahrheitsbegriff war aber immer ein anderer, als der in der Philosophie entwickelte. Wahrheit findet in der Begegnung von Personen statt. Die letzte Wahrheit liegt in der Begegnung des Menschen mit Gott. Gott ist durch Jesus erfahrbar, wie es Karl Rahner formulierte. Eine personale Begegnung ist wahr. Hier gibt es keine unterschiedlichen Wahrheiten. Das in der Bibel beschriebene Leben ist in der personalen Beziehung erfahrbar. Die Grundlage dieser Beziehung ist die Begegnung Gottes mit dem Menschen. Das wird deutlich in dem Satz von Jesus, ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. 11 Nur eine Person kann lieben, nur eine Person kann hoffen und ihre Hoffnung richtet sich wieder auf eine Person, auf Gott, nicht auf einen blinden Mechanismus. Nur eine Person kann glauben, d.h. vertrauen. Vertrauen wächst aber immer in der Verbindung zwischen einzelnen Personen. Glaube, Liebe und Hoffnung, das zentrale Merkmal des Gott zugewandten Menschen. Diese zentrale Botschaft wäre in einem mechanistischen, zufallsinduzierten Prozess ohne Inhalt. Der Zoologe Rupert Riedl, hat einem seiner Bücher den Titel Strategie der Genesis, statt Strategie der Evolution gegeben. Die Genesis wird bei ihm von Systemen kreiert. Die Systeme sind an die Stelle Gottes getreten. Und so meint er: Die Genesis der Systeme schafft uns alles, sogar das Höchste, das wir selbst zu besitzen meinen: sie schuf unseren Sinn, und sie erhielt unsere Freiheit. Da sie aber alle Schöpfungen aus den eigenen Antagonismen entstehen lässt, können wir Menschen unseren Sinn und unsere Freiheit nur aus unsren eigenen Systemen entwickeln. Wir gaben sie uns, und wir müssen sie uns auch in aller Zukunft selber geben. Und erschließt mit dem Satz: Vertrauen wir darauf, dass einmal wird gesagt werden können: „Siehe, der Mensch ist geworden wie einer von uns. Die Chance dazu ist in uns erhalten: durch die Strategie der Genesis.“ Riedl zitiert den Sündenfall aus dem 1. Buch Mose, doch seine Diktion ist anders als es in den biblischen Texten steht, sie ist gegensätzlich. Lassen Sie mich zusammenfassen: Evolution bedeutet Veränderung in der Zeit, biblische Heilsgeschichte ist Veränderung in der Zeit. Insofern gibt es keinen Gegensatz zu dem allgemeinen Begriff Evolution. Sämtliche wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über sich verändernde Entwicklungen stehen nicht im Gegensatz zur Bibel. Veränderung durch Evolution besagt, dass sich etwas Vorhandenes verändert. Die klassische Evolutionstheorie überschreitet jedoch die Grenze unserer erfahrbaren Welt. Sie versucht den Anfang zu ergründen. Den Anfang des Kosmos, der Erde, des Lebens auf der Erde, des Bewusstseins, des Geistes. Auch in diesem Anfang setzt sie irgendetwas Vorhandenes voraus, also keine creatio ex nihilo. Die Annahme des aus sich selbst heraus Entstehens oder die Annahme des Schaffens durch einen Gott bedingt unüberbrückbare Differenzen in dem sich daraus ergebenden Menschenbild. Diese Differenz kann auch nicht aufgehoben werden, wenn Gott als Verursacher des Mechanismus aus Zufall und Notwendigkeit angenommen wird und Höherentwicklung Selektion voraussetzt. Das Menschenbild ist dann ein anderes, als das uns aus der Bibel vermittelte. Das Menschenbild ergibt sich aus unserem Gottesbild. Wie ist das Menschenbild der Kommunisten, Natianalsozialisten, des Islam, des Buddhismus und der hinduistischen Religionen? Lassen Sie es mich an einem Beispiel verdeutlichen: Nur im Christentum gibt es die monogame, auf Liebe und Treue bis zum Tod geschlossene Ehe zwischen Mann und Frau. Sie ist Ebenbild des Bundes zwischen Gott und Mensch. Wenn wir etwas Selbsterdachtes, also Götzen, als Gott setzen, Systeme, Mechanismen, Despoten, dann wird der Mensch sein Spiegelbild. Götzen sind alle nichtig, wie es Jesaja schreibt und so wird der Mensch unter seinen Götzen, er wird nichtig. 12