Erzabbau durch Bakterien

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Pro f. D r, Kar lOt toS t e t t e r
Erzabbau durch Bakterien
Die nördliche Oberpfalz mit Fichtelgebirge, Steinund Oberpfälzer Wald war seit altersher reich an
vielfältigsten Erzlagerstätten. Wegen ihrer großen
Bedeutung bei der Metallverhüttung wurde sie mit
Recht als das Ruhrgebiet des Mittelalters bezeichnet.
Heute, freilich, sind die meisten Bergwerke ausgebeutet und stillgelegt und nur die großen Halden mit
der erzarmen "Gangart" zeugen noch vom Wirken
früherer Generationen von Bergleuten. Insgesamt
enthalten diese Halden zwar noch erhebliche Mengen wertvoller Metalle, die allerdings auf dem tauben Gestein so fein verteilt sind, daß ein Abbau mit
klassischen Bergbaumethoden nicht mehr wirtschaftlich ist. Man hätte dazu schon Heinzelmännchen gebraucht und so manch früherer Bergmann mag von
der Bergung dieser achtlos weggekippten Schätze
geträumt haben!
Nach neuesten Erkenntnissen existieren solche "Heinzelmännchen" wirklich! Es sind Bakterienarten, die
bei richtiger Behandlung im großen Stil Metalle aus
den Erzen "herauslaugen", d. h. als Salz in Lösung
bringen, wobei sich anschließend das Metall leicht
gewinnen läßt. Obwohl die Erzlaugung ein noch
recht junger Zweig der Mikrobiologie ist, wird sie
schon erfolgreich großtechnisch angewandt: In den
USA werden bereits mehr als 100000 Tonnen Kupfer
pro Jahr durch diese "Bio-Laugung" aus Abraumhalden gewonnen und die Produktionszahlen steigen
jährlich, da dieses Verfahren konkurrenzlos billig
und dazu umweltfreundlich ist. Vorversuche zeigen,
daß außer Kupfer auch noch andere Metalle, wie
Zink, Zinn, Blei und Uran, die auf dem Weltmarkt
immer knapper werden, ebenfalls durch Bio-Bergbau
gewonnen werden können.
Ober die Bakterien, die die Erzlaugung durchführen,
wissen wir noch sehr wenig. Schuld daran ist ihre
schwierige Kultivierbarkeit: Die üblichen Labormethoden versagen und es müssen erst neue Verfahren zum Erhalten von Reinkulturen und zur Züchtung entwickelt werden. Dies ist jedoch die Voraussetzung zum Studium der Lebensgewohnheiten dieser
Mikroorganismen. Eines ist jedoch sicher: Für uns
Menschen sind diese Bakterien völlig harmlos, da sie
organisches Material nicht angreifen können. Im Laufe
von Hunderten von Millionen Jahren haben sie sich
als Begleitflora der Erzlagerstätten eine lithotrophe
Lebensweise angeeignet, bei der sie anorganisches
Material, in erster Linie sulfidische Erze wie Pyrit,
Chalcopyrit oder Sphalerit mit Hilfe von Luftsauerstoff oxidieren und mit der dabei freiwerdenden
Energie ihre Körpersubstanz aus dem Kohlendioxid
der Luft aufbauen. Bei der Oxidation entsteht Schwefelsäure, so daß die Umgebung sauer wird und das
im Erz enthaltene Metall als Salz in Lösung geht. Bestimmte Bakterien können auch das praktisch allgegenwärtige Eisen oxidieren, das dann seinerseits
indirekt andere Metalle, beispielsweise Uran, in eine
lösliche Form überführt. Bisher sind . praktisch nur
zwei an der Laugung beteiligte Bakterienarten näher
studiert worden: Thiobacillus thiooxidans und Thiobacillus ferrooxidans beides stäbchenförmige Bakterien mit einer Größe von nur etwa einem tausendstel
Millimeter, die auf nassen Erzen in Größenordnungen bis zu zehn Millionen pro Gramm vorkommen.
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Aber bereits ein Blick ins Mikroskop zeigt, daß noch
ganz andere Formen von Bakterien auf den Erzen in
der Natur vorhanden sind, die wahrscheinlich eine
wichtige Rolle bei der Metall mobilisierung spielen.
In einem Projekt, das vom Bundesministerium für Forschung und Technologie gefördert wird, haben wir
uns an der Universität Regensburg zum Ziel gesetzt,
in erster Linie aus heimischen Erzlagern und Halden
leistungsfähige Erzlaugungsbakterien zu gewinnen,
wobei die nördliche Oberpfalz ein reichhaltiges und
dazu nahe gelegenes Forschungsgebiet darstellt. Seit
einem Jahr bearbeiten wir Proben aus verschiedensten Stollen, Schächten und Halden, die wir unter der
sachkundigen Führung von Herrn Dr. Wolf, dem Leiter des Bergbaumuseums in Theuern, genommen haben. Schon eine erste Begehung zeigte uns, daß wir
hier auf der richtigen Spur waren. An einigen Stellen
waren sogar Anzeichen für eine, wenn auch bescheidene, natürliche mikrobielle Laugung vorhanden.
Beispielsweise deutet ein von Metallsalzen lebhaft
rot und blaugrün gefärbter Tümpel mit Sauerwasser
am Fuße der Halde der Grube Bayerland beim berühmten "Eisernen Hut" nahe Waldsassen, auf solche
mikrobielle Vorgänge in der Halde.
Bei der Probenahme versuchen wir, neue Wege zu
gehen, um bisher unbekannte Bakterien zu erhalten:
Neben normalen Gesteins- und Schlamm proben versuchen wir in situ-Anreicherungen, bei denen Reicherze als regelrechte "Köder" vor Ort ausgelegt werden, die dann von erzabbauenden Bakterien besiedelt
werden sollen. Diese Anreicherungsproben werden
anschließend im Labor weiterkultiviert. Da es sich
hierbei meist um Gemische verschiedenartiger Bak-
terien handelt, müssen diese erst voneinander getrennt, also isoliert werden. Die Isolate können dann
gezüchtet und in ihren Eigenschaften, auch im Hinblick auf einen späteren technischen Einsatz, studiert
werden. Neben den günstigsten Voraussetzungen für
das Wachstum sollen auch die optimalen Bedingungen für die Laugung verschiedenster Erze ermittelt
werden. Außerdem interessiert uns die Frage, wieviele Metalle von einem einzigen Bakterium gelaugt
werden können und ob es hierbei je nach Bakterium
eine Bevorzugung für bestimmte Metalle gibt. Bei
besonders leistungsfähigen Stämmen wollen wir später versuchen, die Laugungsleistung durch genetische
Veränderungen weiter zu steigern.
Insgesamt stimmen uns unsere bisherigen laugungsaktiven Oberpfälzer "Fänge", beispielsweise das
Isolat aus der Grube Bayerland (siehe Abbildung),
recht optimistisch, da sie sich durchaus mit den besten
amerikanischen Bakterien messen können und im
Labor aus angebotenen gemahlenen Erzen Zink,
Uran, Blei, Kupfer, aber auch viele in kleinen Mengen
vorhandenen Metalle wie beispielsweise Mangan,
Kobalt und Wolfram innerhalb weniger Wochen vollständig herauslösen. Wir hoffen, daß sich unsere
Isolate einmal nutzbringend am Ort ihrer Isolierung
einsetzen lassen, wozu freilich erst Verfahren im technischen Maßstab entwickelt werden müssen. Weiterhin ist es durchaus denkbar, daß diese winzigen "Metallspezialisten" aus der Oberpfalz auch später einmal im Ausland, beispielsweise in Ländern der dritten Welt helfen könnten, neue Quellen für wertvolle
Metalle, beispielsweise Armerze, zu erschließen.
Metallabbauendes Bakterienisolat
aus der Grube Bayerland.
Zwei zusammenhängende Stäbchen mit textilartig geriffelter Oberflächenstruktur.
Elektronenmikroskopische Aufnahme Größenmaßstab =
1 um, d . h. 1/1 000 mm.
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