7 . M Ä R Z 2 01 3 Thema: Mikrobiom GRAFIK 41 D I E Z E I T No 1 1 Wir Menschen halten uns für Individuen – dabei sind wir ein Kollektiv von Abermilliarden Lebewesen. Forscher arbeiten an einem vollständigen Katalog aller Organismen, die uns besiedeln 195 No Die Themen der letzten Grafiken: 191 Todesursachen 190 Viererbob 189 Geisterfahrer Weitere Grafiken im Internet: www.zeit.de/grafik Pro Körperzelle zählt man etwa 10 Besiedler. Alle Bakterien im und am Menschen haben zusammen acht Millionen proteincodierende Gene – der Mensch hat nur 22 000. Bakterien Nein, wir sind nicht allein. Auf und in uns leben dauerhaft Myriaden von Bakterien, Amöben und Pilzen. Die Gesamtheit dieser 100 000 000 000 000 (hundert Billionen) Organismen bezeichnet man als das Mikrobiom. Ihre Aufgaben: ankommende Nahrung so zerteilen, dass wir sie verdauen können; lebenswichtige Vitamine und Fettsäuren produzieren; das Immunsystem stärken; und vor allem: gefährliche Erreger abwehren. Die Mikroben im menschlichen Körper wiegen zusammen circa Auf der Haut eines durchschnittlichen Erwachsenen siedeln bis zu eine Billion Bakterien, insgesamt etwa 180 Arten. Corynebakterien erzeugen Fettsäuren, deren saures Milieu wehrt Keime ab. Malassezia furfur, ein Sprosspilz, verursacht bei zu starkem Wachstum Kopfschuppen. Staphylococcus epidermidis kann bei schwacher Abwehr zu Infektionen führen. In einem Milliliter Speichel finden sich bis zu eine Milliarde Mikroorganismen, darunter etwa 600 verschiedene Arten. Streptococcus mutans verwandelt Zucker in Säure. Verursacht auf diese Weise Karies. Streptococcus salivarius ist der erste Keim im Mund, ebnet S. mutans den Weg. Entamoeba gingivalis frisst Bakterien. Die Amöbe verändert ständig ihre Gestalt. Körperzelle Der Dickdarm ist der Ort mit der höchsten Einwohnerdichte der Welt – in einem Milliliter Darminhalt leben bis zu eine Billion Mikroorganismen. Die Magensäure ist extrem lebensfeindlich – in jedem Milliliter Mageninhalt leben nur etwa zehn Mikroorganismen. In einem Milliliter Flüssigkeit aus dem Ileum, dem hinteren Teil des Dünndarms, leben rund eine Milliarde Bakterien. So wie jeder Mensch ein ganz persönliches Genom besitzt, hat er auch sein eigenes Mikrobiom. Dessen Erforschung ist Gegenstand des Human Microbiome Project (HMP), das die amerikanischen National Institutes of Health 2007 ins Leben gerufen haben. In den nächsten Jahren wollen die Forscher herausfinden, wie sich das Vorhandensein oder Fehlen gewisser Bakterien auf die Ent stehung von Krankheiten wie Krebs oder Fettleibigkeit auswirkt. Wasserstoff Helicobacter pylori steigert die Magensäureproduktion. Es ist mitverantwortlich für Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, eventuell auch für Magenkrebs. Aber nicht jeder, der H. pylori in sich trägt, wird auch krank. Escherichia coli stellt Vitamin K her, pathogene Stämme lösen häufig Infektionen aus. Lactobacillaceae wandeln Zucker in Milchsäure um und töten konkurrierende Keime. Bacteroides fragilis ist die Hauptkomponente der Stuhlflora eines gesunden Menschen. Die Verdauungshelfer im Darm produzieren täglich bis zu 24 Liter Wasserstoff, 6 Liter Methan sowie Schwefelwasserstoff und andere übel riechende Substanzen. Das meiste wird vom Körper resorbiert, doch gut ein Liter Gas entweicht täglich. Methan Illustration: Maren Amini Recherche: Claudia Füßler Im Mutterleib ist der Fötus tatsächlich noch allein – die Gebärmutter ist eine völlig sterile Umgebung. Bei der Geburt nimmt ein Kind seine ersten Mikroben auf, zum Beispiel Laktobazillen aus der Scheide der Mutter. Die besiedeln Haut und Schleimhäute und ver mehren sich dort. Der Kontakt mit anderen Menschen, Haustieren und Gegenständen wie der Bettdecke sorgt dafür, dass sich das eigene Mikrobiom rasch entwickelt. Quellen: Jörg Blech: »Leben auf dem Menschen«; European Bioinformatics Institute; Microbewiki; »Spektrum der Wissenschaft«; scinexx.de; Wikipedia