FC Bayern München e.V. Abteilung Schach Training zum Thema: Fritz + ChessBase Johannes Zwanzger 13.06.2016 Unterschied Oberfläche / Engine ● ● ● „Fritz“ = hier stellvertretend für allg. Schachengine Engine: Programm, dass für eine Stellung Varianten und Bewertungen errechnet (Beispiele: Stockfish, Komodo, Fritz-Engine...) Oberfläche (= „GUI“): Für Brettdarstellung, Datenbankverwaltung, etc. (z.B. ChessBase, FritzOberfläche, Shredder, Chess Assistant, …). Zum Analysieren können eine oder mehrere Engines eingebunden werden. Verbindung von GUI und Oberfläche ● ● ● „UCI“ = Universal Chess Interface, der heutige Standard für die Kommunikation zwischen Oberfläche und Engine Jede aktuelle Oberfläche unterstützt UCI Somit sind beliebige Kombinationen aus Oberfläche und Engine möglich, eine UCIEngine ist nicht an eine bestimmte Oberfläche gebunden Bemerkung zu Datenbankformaten Jede der im folgenden genannten Schachoberflächen verwendet ein eigenes Format zum Speichern von Partien. Alle unterstützen jedoch auch das menschenlesbare PGN-Format (Portable Game Notation), so dass ein Austausch zwischen den Programmen in der Regel problemlos möglich ist. Spezialeigenschaften einer Datenbank können aber u.U. beim Exportieren ins PGN-Format verloren gehen. Oberflächen mit Schwerpunkt auf Datenbanknutzung ChessBase (1) Vorteile: ● Marktführer, wird seit ca. 30 Jahren entwickelt ● Großer Funktionsumfang ● Einfache Bedienung bei Standardoperationen ● Regelmäßige Patches zur Fehlerbehebung ● Datenbank Megabase enthält derzeit rund 6.5 Millionen Partien und kann im Wochentakt aktualisiert werden ChessBase (2) Nachteile: ● ● ● ● Nicht billig Gelegentliche Bugs und Abstürze auch in Standardfunktionen (z.B. Partiedruck) Suchmöglichkeiten für Stellungsmuster sind m.E. unnötig limitiert Viel-Fenster-Optik ist nicht jedermanns Sache Scid (1) Vorteile: ● ● ● Kostenfrei; mithilfe von TWIC (The Week in Chess) kann auch kostenlos eine große und aktuelle Datenbank aufgebaut werden Etwas andere Suchmöglichkeiten für Stellungsmuster als bei Chessbase Schneller Zugang zu interessanten Trainingsmöglichkeiten (z.B. Datenbank mit Taktikaufgaben) Scid (2) Nachteile: ● Deutlich geringerer Funktionsumfang als bei ChessBase ● Suchmöglichkeiten sind ebenfalls limitiert ● Etwas altbackene Optik Chess Assistant (Convekta) Eine ebenfalls kostenpflichtige DatenbankSoftware, zu der ich mangels eigener Erfahrung nichts sagen kann. Oberflächen mit Schwerpunkt auf dem Spielen von Partien Fritz (1) Vorteile: ● ● ● Großer Funktionsumfang, auch im Datenbankbereich Verwendet das gleiche Datenbankformat wie Chessbase Serverzugang zum online-Spielen Fritz (2) Nachteile: ● Kostenpflichtig ● Etwas unübersichtlich ● Teilweise unausgereifte Funktionen Shredder-GUI (1) Vorteile: ● ● ● Übersichtlich und gut getestet Leicht eingeschränkte Version („Shredder Classic“) gelegentlich günstig über c‘t-Heft erhältlich Gut implementierte Spielstärkebeschränkung bei der mitgelieferten Engine Shredder-GUI (2) Nachteile: ● Deutlich geringerer Funktionsumfang als bei Fritz ● Nur eingeschränkte Datenbankfunktionen ● Kein Onlinezugang zum Spielen Arena (1) Vorteile: ● ● Kostenlos Viele Funktionen für das Spielen von Enginematches Arena (2) Nachteile: ● Unübersichtlich ● Enthält sehr viele Programmfehler Aquarium (Convekta) Eine ebenfalls kostenpflichtige Schachoberfläche, zu der ich mangels eigener Erfahrung nichts sagen kann. Empfehlenswerte UCI-Engines (kostenlos) ● ● ● Stockfish 7 (stockfishchess.org): Taktisch sehr stark, zusammen mit Komodo 10 die aktuell beste Engine Komodo 8 (komodochess.com): Ältere Version des Stockfish-Rivalen, trotzdem schon sehr stark Gull 3 (sourceforge.net/projects/gullchess): Nach Stockfish vermutlich die zweitstärkste nicht-kommerzielle Engine Empfehlenswerte UCI-Engines (kommerziell) ● ● Komodo 10 (komodochess.com): Sehr ausgewogener Spielstil, zusammen mit Stockfish spielstärkste Engine Houdini 4 (ChessBase, Amazon, etc.): Vormalige Nummer 1, inzwischen wohl auf den dritten Rang abgerutscht Beispiel: Einbindung einer UCIEngine in ChessBase Multivarianten-Modus Viele UCI-Engines bieten die Möglichkeit, statt nur einem die k besten Züge (und die zugehörigen Werte und Hauptvarianten) zu bestimmen. Das ist praktisch, wenn man wissen will, ob es zu dem aktuell für am besten gehaltenen Zug noch sinnvolle Alternativen gibt. Allerdings vergrößert sich mit k der Rechenaufwand für die Engine zum Erreichen derselben Suchtiefe. Praktisch sinnvoll für eine Analyse erscheinen k=2 bzw. k=3, wer nur am besten Zug interessiert ist, sollte k=1 wählen. Engineparameter UCI-Engines bieten üblicherweise die Möglichkeit, einige Parameter einzustellen; diese können je nach Engine sehr unterschiedliche sein. Fast alle Top-Engines unterstützen aber zumindest einen Standardsatz von Optionen (vergleiche die folgenden Folien). Standardparameter: Hash Die Hashtabelle ist gewissermaßen das Gedächtnis einer Engine. Je größer diese gewählt wird, desto mehr Zwischenergebnisse kann sich das Programm merken und ggf. wiederverwenden. Dadurch steigt die Suchtiefe und damit auch die Spielstärke. Als Faustregel sind 25-50% vom Hauptspeicher des Rechners sinnvoll. Bei zu großen Hashtabellen beginnt das Betriebssystem zu swappen und die Engine wird ausgebremst. Für schnelles Analysieren reichen auch 256MB locker aus. Standardparameter: Threads/CPUs Ein solcher Parameter gibt an, wie viele Rechenkerne die Engine zur Berechnung verwendet. Je mehr, desto schneller und besser die Analyse. Allerdings ist es kontraproduktiv, mehr Kerne einzustellen, als physikalisch im Rechner vorhanden sind. Will man nebenher noch etwas anderes arbeiten, empfiehlt sich „Zahl der Kerne im Rechner minus eins“. Standardparameter: Pfad zu Endspieldatenbanken Heutige Endspieldatenbanken enthalten die perfekte Bewertung für alle Stellungen mit bis zu sechs Steinen (inkl. Königen) auf dem Brett (online sogar alle Siebensteiner, „Lomonosov“). Die bekanntesten beiden Formate sind die Sysygybases (ca. 140GB) und die Nalimovbases (1.2 TB). Die Engines können die Datenbankinformation in ihrer Analyse verwenden, dazu muss ihnen aber der Pfad zu den Datenbankdateien auf dem Rechner mitgeteilt werden. Beispiel: Einbindung der SyzygyBases mit Stockfish Arbeiten mit ChessBase Konfiguration einiger wichtiger Optionen • • Standardengine: Hier kann die Engine ausgewählt werden, die bei Klick auf „Standardkibitz ein/aus“ in einem Brettfenster gestartet wird Heumas: Ein einfacher Algorithmus, der beim Klicken auf eine Figur bzw. ein Feld im Brettfenster versucht, den sinnvollsten Zug mit der Figur bzw. auf das Feld zu ermitteln. Höhere Tiefen erhöhen die Trefferquote, führen aber u.U. zu Verzögerungen bei der Eingabe. Datenbankpfad: In diesem Verzeichnis sucht ChessBase standardmäßig nach Datenbanken bzw. legt neue an. Verzeichnis: Hier können bis zu vier Verzeichnisse angegeben werden, in denen die NalimovEndspieldatenbanken liegen. Achtung: Der Pfad zu den Syzygy-Bases wird in der jeweiligen Engine selbst eingestellt. Referenzdatenbank bestimmen: Dies ist die Standarddatenbank, die ChessBase für alle Suchvorgänge, Reports, Dossiers und ähnliches verwendet. Vorbereitung auf einen bestimmten Gegner Erfahrungsgemäß geht es schneller, den Gegner durch Scrollen in der Spielerliste auszuwählen als mit „Liste filtern“ (letzteres dauert bei mir sehr lange). Tipp: Darauf achten, dass es auch wirklich der richtige Gegner ist :-) Referenz: Statistiken aus den Partien des gewählten Gegners zur aktuellen Brettstellung. Interessant ist hier u.U. auch, wann ein Gegner eine Variante zuletzt gespielt hat. Herr Morphy hat hier als Schwarzer ab 1859 also ausschließlich zu 2. … Sc6 gegriffen. Wie heißt dieses System nochmal? Ok. Aber noch wichtiger: Was sagt die aktuelle Theorie dazu? Dazu befragen wir die Megabase. Wir kopieren die aktuelle Partie in die Zwischenablage und Öffnen ein neues Brettfenster (über Datenbankfenster oder über Datei → neu → Brettfenster; Strg+N öffnet zwar ein neues Fenster, scheint aber auch das alte zu schließen). Bemerkung: Bei mir (CB 12) bewirkt Klicken auf die Lupe mit der Beschriftung „Festplatte“ nichts, obwohl die Megabase korrekt eingestellt ist. Mit „Partie einfügen“ (bzw. Strg+V) fügen wir die Partie im neuen Brettfenster ein. Jetzt schauen wir, was die Referenzdatenbank (= Megabase) dazu sagt. 6. Lb5+ ist der Hauptzug mit einem leicht positiven Score für Weiß; 6. d3 wird auch noch einigermaßen häufig gespielt. Und was meint der Computer? Er empfiehlt auch 6. Lb5+. Mit „+“ und „-“ lässt sich die Zahl der angezeigten Züge erhöhen bzw. verringern (sinnvoll sind 2-3 Züge, vgl. Abschnitt zu Engines). 6. d3 ist laut Computer eine durchaus brauchbare Alternative. Tipp: Beim Vorbereiten oder Analysieren einer Eröffnung die Engine nur gezielt einschalten und möglichst viel selbst nachdenken. So bleibt mehr hängen! Eröffnungsanalyse Alternativ zu dem Abgleich mit der Referenzdatenbank kann es sinnvoll sein, einen Eröffnungsbaum aus den Partien zur aktuellen Stellung zu generieren. Vorteile: schnellerer Zugriff, etwas genauere Statistiken Alternativ zu dem Abgleich mit der Referenzdatenbank kann es sinnvoll sein, einen Eröffnungsbaum aus den Partien zur aktuellen Stellung zu generieren. Vorteile: schnellerer Zugriff, etwas genauere Statistiken Neben dem Spieler- und Performancedurchschnitt sieht man hier auch detailliert die Ergebnisverteilung. Bei den Partien empfiehlt es sich, besonders auf die kommentierten zu achten. Hier finden sich unter Umständen gute verbale Erläuterungen zur Eröffnung. „V“ und „C“ in der VCS-Spalte stehen für „enthält Varianten“ und „enthält Kommentare“. Beispiel für eine kommentierte Partie. Datenbanksuchen Unabhängig von der Eröffnung kann man die Datenbanken natürlich auch nach anderen Kriterien durchsuchen. • • Tipp für die Suche nach Partiedaten: Haken entfernen bei „Farben ignorieren“, wenn nach den Partien eines Spielers mit einer bestimmten Farbe gesucht werden soll (sonst ist es ChessBase egal, ob der Name bei Weiß oder bei Schwarz steht) Manchmal helfen Wildcards (? - belieb. Buchstabe, * - mehrere belieb. Buchstaben) weiter. Im Reiter „Stellung“ kann man nach Mustern suchen; dafür stehen ein Suchbrett (platzierte Figuren müssen auf dem Feld vorkommen), ein Oder-Brett (auf einem der Felder muss die Figur stehen) und ein Ausschlussbrett (Figur darf auf keinem der Felder vorkommen) zur Verfügung. Die Scheiben repräsentieren beliebige Figuren. Wir suchen hier nach allen Stellungen, in denen ein wLb2 sowie ein wT auf der offenen h-Linie das Feld h8 angreifen. Nicht vergessen, ggf. mit „Erster/Letzter“ und „Länge“ den Auftrittszeitpunkt und die Dauer des Motivs in der Partie zu bestimmen. ChessBase springt beim Doppelklick auf eine gefundene Partie direkt zu der Stellung, die dem Suchkriterium entspricht. Sucht man nichts Bestimmtes, sondern allgemein nach interessantem Schachmaterial, bietet sich eine Suche nach „Medaillenkriterien“ an. Auch mit der Materialsuche kann man einiges machen: Wie sind eigentlich die Gewinnchancen im Turmendspiel mit vier gegen drei Bauern an einem Flügel? Um die anschließende Statistik zu erleichtern, beschränken wir uns auf die Fälle, wo Weiß die vier Bauern hat (kein Haken bei „Farben ignorieren“). Die dazu gefundenen Partien werten wir nun statistisch aus... Ergebnis: Sieg und Remis halten sich etwas die Waage. Erinnert man sich nur noch an Teile einer Partie, kann die Manöversuche hilfreich sein. Short – Timman, Tilburg 1991... … eine Perle der Schachgeschichte!