Pharmazeutische Chemie - Teriflunomid Teriflunomid (Aubagio ) Teriflunomid (Aubagio) ist ein neuer, peroral bioverfügbarer Immunmodulator, der zur Behandlung einer schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose bei Erwachsenen zugelassen ist. Es wird eine Filmtablette pro Tag unzerkaut mit etwas Wasser unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen (Strukturformel s. Abbildung 1) (Fachinformation Aubagio 2013). N H N F F O OH F Teriflunomid Abbildung 1 Teriflunomid ist als chemische Substanz schon seit längerer Zeit bekannt. Es ist die Wirkform des als Basistherapeutikums zugelassenen Prodrugs Leflunomid (Arava), das u.a. bei rheumatoider Arthritis eingesetzt wird (Fachinformation Arava 2013, Thöne und Ellrichmann 2013). Das inaktive Leflunomid wird in Darm und Leber innerhalb eines First-pass-Metabolismus schnell und vollständig durch Öffnung des Isoxazol-Ringes zu seinem aktiven Metaboliten Teriflunomid (A771726) umgewandelt (s. Abbildung 2). N N H N F F O H N First-pass-Metabolisierung Leber, Darmwand O F F F O OH F Leflunomid (Prodrug) Teriflunomid, A771726 (Wirkform) H H N O Ringöffnung Abbildung 2: Bioaktivierung des Leflunomids zu seiner aktiven Wirkform Teriflunomid 1 CA 5.10.2013 Pharmazeutische Chemie - Teriflunomid Prinzipiell existieren beim Teriflunomid aufgrund der vier verschiedenen Reste an der Doppelbindung ein E- und ein Z-Isomer ( E-Enol- und Z-Enol-Form). Zusätzlich besteht noch die Möglichkeit einer Keto-Enol-Tautomerie zwischen Enol- und Ketoamid-Form. Diese Strukturen können sich in Lösung ineinander umwandeln, wobei die Z-Enol-Form die weitaus stabilste und damit auch vorherrschende Struktur ist (s. Abbildung 3). N N H N F F H N E/Z-Isomerie O F F OH OH O F F (Z)-Enol-Isomer Abbildung 3 Teriflunomid (E)-Enol-Isomer E/Z-Isomerie des Teriflunomids Teriflunomid ist ein Immunmodulator, der zusätzlich entzündungshemmende Wirkungen besitzt. Der genaue Mechanismus, über den Teriflunomid seine Wirkung bei Multipler Sklerose entfaltet, ist noch nicht aufgeklärt, allerdings inhibiert Teriflunomid die Produktion insbesondere von sich schnell teilenden, aktivierten TZellen. Die T-Zellen scheinen für den Fortschritt der Multiplen Sklerose eine wichtige Rolle einzunehmen (Warnke et al. 2009). Aspartat + Carbamoylphosphat O O HN O HN Dihydroorotatdehydrogenase N H O O O N H O O Dihydroorotat NAD NADH + H Orotat Teriflunomid Uridylat Cytidintriphosphat Abbildung 4: Hemmung der Dihydroorotatdehydrogenase und damit der de novo-PyrimidinSynthese als Hauptwirkmechanismus des Teriflunomids 2 CA 5.10.2013 Pharmazeutische Chemie - Teriflunomid Der Hauptwirkungsmechanismus des Teriflunomids scheint in der Hemmung der Biosynthese von Pyrimidinbasen (Cytosin und Uracil) zu bestehen. Im Unterschied zu anderen Zellen erweitern aktivierte Lymphozyten ihren Pyrimidin-Pool etwa achtfach während der Proliferation (ihren Purin-Pool nur etwa zweifach!). Dementsprechend führt eine Hemmung der Pyrimidin-de novo-Synthese zu einer Verarmung der T-Lymphozyten an Pyrimidinen, einer Hemmung der DNSBiosynthese und schlussendlich zu einer effizienten Reduktion der T-ZellProliferation. Teriflunomid ist ein nichtkompetitiver, reversibler Inhibitor der DihydroorotatDehydrogenase. Dieses Enzym katalysiert den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt innerhalb der Pyrimidin-Biosynthese. Nachdem der Sechs-Ring durch Ringschluss-Reaktion zwischen Carbamoylphosphat und Aspartat gebildet worden ist, wird das so gebildete Dihydroorotat durch die Dihydroorotat-Dehydrogenase zum Orotat reduziert/ dehydriert, d.h. die ∆5-Doppelbindung wird eingefügt (s. Abbildung 4) (Breedfeld und Dayer 2000, Claussen und Korn 2012).´ Die Tyrosinkinase-Hemmung, die für Teriflunomid auch belegt ist, scheint für die Wirkung nicht maßgeblich zu sein, da hierfür weitaus höhere als die therapeutisch üblichen Dosen nötig sind (Breedveld und Dayer 2000). Neben einer antiproliferativen Wirkung über die Pyrimidin-Synthese-Hemmung besitzt Teriflunomid auch antiinflammatorische Wirkungen, die insbesondere durch eine Beeinflussung des NF-κB-Signalweges zustande zu kommen scheinen (Warnke et al. 2009, Thöne und Ellrichmann 2013). . Literatur: Breedfeld, F.C. und Dayer, J.M. Ann Rheum Dis 2000, 59, 841 Claussen, M.C. und Korn, T. Clin Immunol 2012, 142, 49 Fachinformation Arava 2013 Sanofi-Aventis Deutschlang GmbH Fachinformation Aubagio 2013 sanofi-aventis groupe Thöne, J. und Ellrichmann, G. Drug Healthc Patient Saf 2013, 5, 37 Warnke, C. et al. Neuropsychiatr Dis Treat 2009, 5, 333 3 CA 5.10.2013