Bern, den 18. August 2016 Medienmitteilung Risiko Cytomegalievirus: Neue Empfehlung für Schwangere in der Schweiz Zwar macht das ZIKA-Virus weltweit Schlagzeilen, doch das Cytomegalievirus ist hierzulande die häufigste Ursache für schwere Hirnfehlbildungen von Neugeborenen. Hauptansteckungsquelle für Schwangere sind Kleinkinder. Mangels Behandlungsmöglichkeiten sind Hygienemassnahmen entscheidend und dringend allen schwangeren Frauen empfohlen. Beruflich exponierte Schwangere wie Kleinkindbetreuerinnen sind vom Arbeitgeber zu schützen. Ist dies nicht möglich, muss unter Umständen ein Berufsausübungsverbot während der Schwangerschaft erlassen werden. Ein generelles Screening (Blutkontrolle) auf Cytomegalie in der Schwangerschaft hingegen ist nutzlos und soll nicht mehr gemacht werden. Diese neue Empfehlung hält die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) zusammen mit einem Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO im neuesten Expertenbrief «Cytomegalie und Schwangerschaft» fest. Cytomegalie ist eine häufige Viruserkrankung, die meistens unbemerkt verläuft oder grippeähnliche Symptome macht. In den Industrieländern ist über die Hälfte aller Erwachsenen infiziert. Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Babys im Mutterleib ist das Virus gefährlich. Eine Infektion mit dem Cytomegalievirus (CMV) während der Schwangerschaft ist heute noch die häufigste nicht-erbliche Ursache für angeborene Behinderungen wie Taubheit, Sehschwäche oder psychomotorische Probleme sowie Entwicklungsstörungen. Im schlimmsten Fall kann es auch zur Mikrocephalie und schweren Hirnfehlbildungen des Fetus kommen, ähnlich wie bei Zikavirusinfektionen in der Schwangerschaft. Je früher in der Schwangerschaft eine Infektion erfolgt, desto schwerer die Schädigung des ungeborenen Kindes. Zirka 20% der im Mutterleib infizierten Babys zeigen bei Geburt Symptome oder entwickeln Langzeitschäden. Eine CMVInfektion einer schwangeren Frau kann auch eine Frühgeburt oder den Tod des Ungeborenen verursachen. Studien zufolge sind in Europa bis zu 7% aller Schwangeren betroffen. Umgerechnet auf die Schweiz wären dies jährlich etwa 400-500 infizierte Schwangere. Die hiesige Krankenhausstatistik verzeichnet im Jahr 2014 allerdings nur 23 symptomatische Infektionen, dabei wurden allerdings intrauterine Fruchttode oder Fehlgeburten nicht erfasst. Hygienemassnahmen als einziger Schutz Werdende Mütter stecken sich an, indem sie mit infizierten Körpersekreten, wie Speichel oder Urin, in Berührung kommen. Wichtigster Risikofaktor dafür ist der enge Kontakt zu Kleinkindern. Eine Schwangere kann sich und ihr Ungeborenes somit beim Windeln wechseln oder beim gemeinsamen Benutzen von Besteck infizieren. Deshalb sind für die Prävention Hygienemassnahmen entscheidend: Schwangere sollen sich die Hände mehrmals am Tag gründlich waschen – vor allem nach Kontakt mit Windeln – oder mit einem Handgel desinfizieren. Darüberhinaus ist das gemeinsame Benutzen von Besteck, Zahnbürsten oder Handtüchern nicht empfohlen. Auch soll der heruntergefallene Schnuller keinesfalls in den Mund genommen werden, um ihn zu säubern. Etwas vom Schwierigsten: Auch das Küssen von Kleinkinder auf den Mund soll möglichst vermieden werden. gynécologie suisse SGGG, Altenbergstrasse 29, Postfach 686, 3000 Bern 8 Telefon: +41 31 313 88 55 I eMail: [email protected] Beschäftigungsverbot bei Nichteinhalten der Vorschriften am Arbeitsplatz möglich Problematisch ist, dass Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft eine CMV-Infektion durchgemacht haben, nicht immun sind. Sie können – zwar seltener – aber dennoch mit einem anderen CMV-Virus-Stamm wieder infiziert werden. Ein generelles Screening auf CMV bei allen Schwangeren mittels Blutentnahme bringt deshalb nichts, unter anderem auch wegen der fehlenden Behandlungsmöglichkeiten. Frauen mit entsprechender Exposition am Arbeitsplatz wie Kinderbetreuerinnen oder Kinderärztinnen sind vom Arbeitgeber über das erhöhte Risiko, mögliche Konsequenzen und notwendige Hygienemassnahmen zu informieren. Beispielsweise müssen schwangere KITA-Mitarbeitende alle Tätigkeiten mit potentiellem Kontakt zu Körperflüssigkeiten, wie Wickeln oder Füttern, mit Handschuhen ausführen. Können die erforderlichen Hygienemassnahmen aus betrieblichen Gründen nicht eingehalten, kann nach individueller Risikobeurteilung ein Beschäftigungsverbot durch den betreuenden Arzt oder die betreuende Ärztin ausgesprochen werden. Ein generelles Beschäftigungsverbot von exponierten Schwangeren wird allerdings nicht empfohlen. Für Medienanfragen und weitere Auskünfte stehen Ihnen zur Verfügung: Prof. Dr. med. Daniel Surbek, Vorsteher der Kommission Qualitätssicherung, Telefon 079 239 21 91, [email protected] Dr. med. David Ehm, Präsident gynécologie suisse, Telefon 079 356 25 36, [email protected] Links: Expertenbrief Nr. 47 Cytomegalievirus (CMV) und Schwangerschaft