Der schönste Supermarkt der Welt: Wirklich ein M anders

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Der schönste Supermarkt der Welt:
Wirklich ein M anders
Ruhe im Laden, regional geprägtes Sortiment, Architekturkunst am
Ladenbau: Die familiengeführte Supermarktkette MPREIS behauptet sich im Discountland Österreich mit eigenständigen Ansätzen. Ein
Blick nach Osten lohnt sich.
Sehenswürdigkeiten gibt es im Tiroler
Ferienort Achenkirch in der Nähe von
Innsbruck eigentlich genug. Etwa das
barocke Annakircherl, das oft für
Hochzeiten genutzt wird. Oder das
Salzstadel-Haus, einst der Treffpunkt
von Salzhändlern, und – bei Gästen aus
der Schweiz besonders beliebt – das
Posthotel, ein Pionierbetrieb der alpenländischen Wellness-Szene. Dem
Detailhandel nahe stehende Urlauber
werden daneben oft in einem rostfarbenen Gebäude gesehen, das U-Bootartig anmutet und an der Expo.02
problemlos als futuristischer Pavillon
durchgegangen wäre. Der bauchige Bau
ist eine von 177 Filialen der österreichischen Supermarkt-Kette MPREIS.
Und wem schon die Aussenperspektive
erstaunlich vorkommt im Vergleich zum
Fotograf: Lukas Schaller
hiesigen Detailhandel, der wird drinnen auf weitere bemerkenswerte Ansätze stossen.
Was gleich als erstes auffällt: Stille.
Kein verkaufsfördernder Dudelfunk,
keine Sonderpreis-Durchsagen. Einfach
Ruhe. Fast andächtig schieben die Kundinnen und Kunden ihre Einkaufswagerl
durch eine Regallandschaft mit viel
Platz, durch einen Kubus, der durch
die hohe Decke loftartig anmutet. Was
den Eindruck des musealen Shoppings
noch verstärkt: keine Preisaggressivität
im Laden, keine farblich schreienden
Aktionsschilder, fast keine Fremdmarken-Displays.
In den Regalen: Neben den Markenartikeln, die ein Supermarkt einfach haben muss, vieles aus der Region. 48
verschiedene Marmeladen aus der Gegend, 145 regionale Wurst- und Speckvarianten, 41 nah erzeugte Produkte
aus dem Bier- und Spirituosensortiment machen MPREIS zum stilvollen
Tiroler Warentheater. Mit diesem
Konzept hält das familiengeführte
Unternehmen gut mit in der österreichischen Handelslandschaft, wo die
Discounter einen Anteil von rund
30 Prozent – in der Schweiz geht man
von 8 bis 9 Prozent aus – halten.
2008 kam MPREIS auf einen Umsatz
von 527 Millionen Euro, was das Unternehmen auf den zehnten Platz in
der österreichischen Handelsszene
bringt. Wichtiger für die Firma, die
fast ausschliesslich im Tirol tätig ist:
Auf dem Heimmarkt liegt man in etwa gleichauf mit Spar, dem zweitstärksten Player im österreichischen
Lebensmittel-Einzelhandel.
Im Ausland ist MPREIS besonders
für seine architektonische Ambition
bekannt, das dem Unternehmen den
Begriff «seriously sexy Supermarket»
eingebracht hat. Zwar wirbt die Handelskette nicht aktiv mit diesem Prädikat, das das Londoner Trendmagazin
«Wallpaper» geprägt hat, doch es wird
in fast jeder Form der Berichterstattung – nun also auch hier wieder –
verwendet. Wahrscheinlich deshalb, weil
es auf gewisse Weise angemessen ist:
Hier schafft es eine Detailhandelskette der eigentlich so banalen Tätigkeit
des täglichen Einkaufs eine Krone aufzusetzen. Oder zumindest, die Leute
bei ihren Botengängen nicht mit tausenden von Extra-Botschaften zu nerven und zu ärgern.
MPREIS-Unternehmenssprecherin Ing­
rid Heinz erklärt, weshalb man bewusst
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Fotograf: Lukas Schaller
auf besondere Bauart setzt: «Die Botschaft ist, den Vorgang des Einkaufens aufzuwerten, mittels einem
besonderen Raumerlebnis, etwa mit
Glasfronten und hohen Räumen, eine
eigene Atmosphäre zu schaffen.» Seit
Mitte der achtziger Jahre, als die Geschäftsleitung den befreundeten Architekten Heinz Planatscher ans Ladenbauwerk liess, haben viele verschiedene andere Architekten für
MPREIS Filialen gestaltet und dem
Unternehmen so einige Preise eingebracht. Der bauliche Anspruch hört
aber nicht auf bei aussergewöhnlichen
Haus-Hüllen, Materialien und transparentem Look. Auch im Laden-Inneren
will man das schlichte, etwas entrückt
wirkende Design durchziehen. Deshalb, sagt Heinz, verzichte man auf
Musik und Lautsprecherdurchsagen
und halte den Einsatz von Markenartikel-Displays möglichst klein, «um
bewusst Klarheit, Ruhe und Übersichtlichkeit zu schaffen.»
Trotz aller Eigenständigkeit kann es
sich das Unternehmen nicht leisten, den
Markt und die Aktivität der Konkurrenten aus dem Auge zu lassen. Immerhin haben auch DauertiefpreisAkrobaten wie Lidl oder Hofer (Aldi
Süd) begonnen, regionale Produkte in
ihr Sortiment zu nehmen und damit
zu werben. Und auch wenn in den
MPREIS-Läden wenig Preis-Aggressivität auszumachen ist, muss man der
Stärke der Discounter auf diesem Gebiet
irgendwie Paroli bieten können.
Das Familienunternehmen macht sich
preislich auf verschiedene Arten bemerkbar, ohne damit aber stark zu
werben. Ähnlich wie die Schweizer
Grossverteiler bildet man das Sortiment
der Harddiscounter in den eigenen
Läden ab. «Etwa 800 Diskont-Artikel»,
sagt Heinz, führe man zu sehr tiefen
Preisen. Anders als bei Coop oder
Migros wird das aber nicht in einer
speziellen Linie oder Verpackung
kommuniziert. Das Unternehmen, das
ausser einem Bäckereiproduktionsund einem Fleisch-Zerlegebetrieb über
keine eigene Industrie verfügt, arbeitet
im preislichen Bereich weniger mit
Aktionen im zweistelligen Abschlagsbereich, sondern verfolgt den Weg des
«Mehr zum tieferen Preis». So wird
etwa in der Regalanschrift auf gelbem
Grund signalisiert, dass der erste Beutel Müesli-Mischung 2,99 Euro, jeder
nächste aber nur 1,99 Euro kostet –
«in der Menge billiger» lautet die Losung.
Der Eindruck übervoller Regale kommt
in den MPREIS-Filialen – sie sind in der
Regel 500 bis 600 Quadratmeter gross –
nicht auf. Man beschränkt sich auf ein
Inserat Kassen-Stoffel, Handel Heute, 89 x 58 mm, 4-farbig, 15.12.08
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8903 Birmensdorf
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Scanning und
Warenwirtschaft
für Detailhandel
und Gastronomie
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Sortiment, das die Zahl von 10 000 Artikeln nicht überschreitet. Der regionale Fokus lässt sich dabei in Zahlen
fassen. Rund 1200 Lebensmittel stammen aus dem eigenen Bundesland, geliefert von mehr als 150 Lieferanten
aus der Nähe. Der Tirol-Fokus setzt
sich fort bis auf den Kassenzettel, wo
unterhalb des Totals zusätzlich Subtotal
und Anzahl der eingekauften Tiroler
Produkte vermerkt werden.
Fotograf: Günter R. Wett
Fotograf: Lukas Schaller
Fotograf: Thomas Jantscher
Was von Therese Mölk 1922 im Inntaler Städtchen Wörgl unter der Affiche
«Kleines Sortiment in grossen Mengen
zu niedrigen Preisen» gegründet wurde,
wird auch heute – wenn auch in wesentlich stilvollerer Art – noch gelebt.
Insgesamt sind um 20 Mölk-Sprösslinge
im Unternehmen tätig; die Firma wird
von der dritten Generation geführt, die
vierte ist ebenfalls schon aktiv. Insgesamt beschäftigt MPREIS mit Sitz in
Völs bei Innsbruck 4400 Mitarbeitende,
davon sind rund 150 Lernende.
Gewinnzahlen gibt das Unternehmen
zwar nicht bekannt, doch der Umsatzsprung von 494 Millionen Euro (2007)
auf 527 Millionen Euro im 2008 zeigt,
dass das Unternehmen einiges richtig
und marktgerecht zu machen scheint.
Hier zeigt eine familiengeführte Firma
den Mut, der Übermacht von grossen
Playern wie REWE, Spar und den Harddiscountern eine eigene Denke und
Machart, einen selbstständigen Entwurf
des täglichen Shoppings gegenüberzustellen.
Bio-Kompetenz, fair gehandelte Lebensmittel, Einsatz im Lehrlingswesen, machen das Unternehmen bei Kunden,
die ihren Einkaufsort auch nach Kriterien der Nachhaltigkeit wählen, zu einem Gewinner. Österreichische Marktbeobachter mögen denn auch keine
Makel nennen – ausser vielleicht, dass
das Unternehmen «eben halt kein internationaler Player ist», wie sich ein
Einzelhandelskenner ausdrückt. Rein
auf das österreichische Bundesland
Tirol beschränkt sich die Firma inzwischen aber nicht mehr. Man führt
auch acht Filialen im italienischen
Südtirol und konnte durch die Übernahme von Adeg-Filialen einen Fuss
nach Salzburg und Kärnten setzen.
Doch der Hauptharst der 177 MPREISFilialen – 145 ingesamt – liegt im Tirol.
Viele davon sind mit einem Convenience-Satelliten namens «Baguette»
ausgestattet, ein dem Laden vorgelagertes Café-Bistro-Konzept, das zum
kurzen Verweilen einlädt.
Dass der österreichische Player – nennen wir ihn einmal salopp «Ein M anders» – irgendwann im Land des Platz-
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hirschen, der sich «ein M besser» tituliert, antritt, ist auf absehbare Zeit
nicht zu erwarten. «Aus heutiger Sicht»,
sagt MPREIS-Sprecherin Ingrid Heinz,
«ist eine Expansion in die Schweiz kein
Thema». Es wäre für die familiengeführte Firma, die im eigenen Bundesland den Vorteil der regionalen und
nachhaltigen Denke, Beschaffung und
Sortimentierung souverän ausspielt,
wohl auch schwierig, dies im westlichen
Nachbarland in gleich starker Weise zu
tun. Denn hierzulande besetzen die
Grossverteiler dieses Feld, in den ruralen Gebieten spielt Volg diese Karte
ebenso – und auf der preislichen Unterschiene geht sogar ein Aldi Suisse immer mehr dazu über, sich einen «Swissness-Orden» anzuheften.
Wenn schon ein Schweiz-Bezug zu diesem erstaunlichen österreichischen
Player herbeigezwungen sein soll, dann
wohl am ehesten jener des Sortiments. Denn neben den internationalen
Schweizer Export-Erfolgen wie Lindt,
Emmis «Caffè Latte» und Nestlés Tur-
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bo-Brands finden sich auch kleinere
Schweizer Marken wie Ragusa, Ricola,
Kambly, Munz oder Parisienne-Zigaretten im Sortiment von MPREIS.
«Wir wollen», heisst es bei den Österreichern, «eine Vielfalt bieten, die auch
kleinere Unternehmen berücksichtigt».
Zum Tiroler Warentheater gesellt sich
bei MPREIS so also eine kleinere
Schweizer Nebenbühne.
Andreas Güntert
Shops, die man liebt
ASSMANN Ladenbau Leibnitz GmbH
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