Sonntag, 11. Januar 2015 Predigt zur Jahreslosung der

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02/15
Sonntag, 11. Januar 2015
Predigt zur Jahreslosung der Brüdergemeinde
(überarbeitete Version)
Pfarrer Jochen Hägele
Thema: „Die Stunde des Siegers!“
2. Korinther 2,14
Predigt zur Jahreslosung der Evangelischen Brüdergemeinde 2015
Die Stunde des Siegers
Gott aber sei gedankt, der uns allezeit Sieg gibt in Christus (2Kor 2,14).
Liebe Gemeinde,
ein herrliches Bibelwort, das wir im Silvestergottesdienst am 31. Dezember 2014 für unsere Gemeinde für
das Jahr 2015 gezogen haben. Denn das hört sich gut an und so ein Wort hören wir auch gerne:
Wir sind Sieger durch Jesus!
Wir sind ermutigt, wenn wir davon hören, dass der Glaube an Jesus eine starke Bastion ist, die sich am Ende
über alle Mächte durchsetzt. Heute Morgen dürfen wir diesen Sieger Jesus hier im Gottesdienst feiern. Ja,
Gottesdienst ist Fest zur Ehre des Königs Jesus. Gottesdienst ist Stunde des Siegers.
Dies umso mehr, wenn wir den Urklang des Bibelverses betrachten, den griechischen Wortlaut: „Gott sei
gedankt, der uns allezeit im Triumphzug mit Christus ziehen lässt.“ Hier steht wörtlich der Begriff triambeuo
– das bedeutet „im Triumphzug mit sich führen“.
Paulus nimmt mit diesem Bildwort einen Fachbegriff auf, der seinen Adressaten in Korinth damals bestens
vertraut war. Allerdings muss der Hintergrund erklärt werden: Hat ein Caesar, ein Kaiser und Imperator, im
alten Rom ein fremdes Volk siegreich geschlagen und damit neues Land für das große Römische Reich erobert, so bereitete ihm der römische Senat in der Hauptstadt Rom einen Triumphzug vor. Bis heute lassen
sich Darstellungen von solchen Siegeszügen auf alten Steinreliefs, den Triumphsäulen, finden. Unter großem Jubel der Bevölkerung zog der siegreiche Feldherr in einer imposanten Straßenparade ein und führte
der jubelnden Bevölkerung die besiegten feindlichen Truppen vor. Damit wird allen klar: unser Feldherr hat
einen grandiosen Sieg errungen, unsere Feinde sind endgültig vernichtet. Jubelstimmung allerorten.
All das stand den Lesern des Korintherbriefs vor Augen, wenn sie von Paulus hörten, dass Jesus einen Triumphzug anführt. Und sie seien Teil seiner Siegertruppen. Halleluja!
Zur Präzisierung dieses Bildes müssen wir aber auch beachten, dass die gleiche Vokabel vom Triumphzug
noch an einer zweiten Stelle im Neuen Testament benützt wird, wiederum von Paulus.
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Er – Jesus – hat den Mächten und den Gewalten die Kleider ihrer Stärke ausgezogen (oder: er hat ihnen
ihre Waffen abgenommen) und er hat sie öffentlich zur Schau gestellt und hat einem Triumphzug aus ihnen
gemacht in Christus (Kol 2,15).
Hier spricht Paulus nicht von Menschen, die im Triumphzug eingereiht oder vorgeführt werden, sondern
von den letzten und größten Mächten und Gewalten: Vom Teufel, von der Sünde, vom Tod. Was für eine
herrliche Aussicht: „Jesus ist kommen, nun springen die Bande, Stricke des Todes, die reißen entzwei“ (EG
66,2).
Lassen Sie uns nochmals zurückgehen zum Bild des Triumphzugs. Wenn also im antiken Rom für den siegreichen Feldherrn ein grandioser Empfang zelebriert wird, dann führt er all die feindlichen Soldaten, die er
im Kampf besiegt hat, vor sich her. In schweren Ketten gebunden wurden sie vor dem siegreichen Feldherrn
hergetrieben. Sie wurden der gaffenden und spottenden Meute regelrecht vorgeführt. Das Volk am Straßenrand spuckte sie an, lachte sie aus, verhöhnte sie lautstark. Der Weg dieser Geschlagenen führte sie von
dieser beschämenden Vorführung geradewegs ins Gefängnis oder in die Arena. Alle sollten es sehen: die
sind am Ende, von denen geht keine Gefahr mehr aus!
Paulus erinnert die Kolosser: Jesus ist der Sieger von Golgatha, der alle Mächte gefangen genommen hat.
Alles, was sich gegen Jesus erhoben hat, ist seit Karfreitag und seit dem Ostermorgen zum Spott geworden:
Mächte und Gewalten; Sünde und Hölle, Tod und Verderben. Sogar der Fürst des Bösen, der Teufel, wird
vorgeführt. Sie treibt Jesus in seinem himmlischen Triumphzug vor sich her. Und all denen, die sich zu Jesus
halten, können diese Mächte darum letztlich nichts mehr anhaben. Ihr Herr hat sie befreit von allen dunklen
und belastenden Mächten! Soweit also das Bild im Kolosserbrief.
Zurück zu unserem Jahreslos:
Heißt das dann, wir sind gar keine Sieger? Keine Stunde der Siegers?
Einerseits ja. Gott triumphiert über uns. Jesus feiert die Stunde des Siegers und er hat uns überwunden.
Bewusst schickt Paulus der Gemeinde in Korinth dieses Bild vom Triumphzug. Denn diese Gemeinde warf
dem Apostel vor, er komme doch arg hemdsärmelig daher, viel zu schlicht für einen vollmächtigen Prediger.
Kein souveräner, gewinnender Verkündiger. Kein Jesus-Strahlemann, sondern einer mit jeder Menge Probleme.
Und eben diesen kritisierenden Korinthern bestätigt Paulus: ´Ja, so ist es. Ich bin nicht der Sieger – sondern
der Geschlagene. Ich meinte, ich sei ein Gewinner im Kampf für Gott, im Kampf gegen die Jesusjünger. Ich
wähnte mich als siegreicher Kämpfer in Sachen Reinheit des wahren Glaubens. Darum habe ich die Christen
verfolgt, sogar bis aufs Blut. Aber dort vor Damaskus, wenige Jahre nach der Auferweckung Jesu, hat mich
dieser erhöhte Herr überwunden.“
Damaskus war das persönliche Waterloo des Paulus. Seine totale Niederlage. Er hatte gegen Jesus gekämpft
und wurde nun durch einen Blitzangriff zu Boden geworfen. Er wurde sogar von Blindheit gefesselt und
dann in den Sklavendienst für Jesus gestellt. Nicht zufällig nennt sich Paulus in etlichen seiner Briefe einen
„Sklaven Christi“ – unsere Übersetzungen sprechen oft verharmlosend vom „Knecht Christi“.
Von wegen Sieger. Paulus war ein Vorgeführter, ein Gefangener. Darum kann er im Galaterbrief seine Lebensbilanz so ziehen: Ich lebe, doch nun nicht mehr ich (nicht mein Leben), sondern Christus lebt in mir (ich
bin nur noch etwas durch und wegen Jesus) (Gal 2,20).
Doch der Höhepunkt: Dieses Sklavendasein unter Jesus Christus ist kein Verlust, sondern der höchste Gewinn für Paulus.
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So also kommt der Apostel zu seinem Vergleich in
unserem Bibelwort aus dem 2. Korintherbrief. In nur
einem Wort erzählt er quasi seine ganze Lebensgeschichte – vom Verfolger zum Verkündiger – vom fundamentalistischen Kämpfer zum freudigen Evangelisten.
Was aber will uns dieser Lebensrückblick des Paulus für uns mitgeben? Lassen Sie uns nochmals eintauchen
in die Praxis der Triumphzüge bei den Römern.
Die alles entscheidende Frage ist doch, welche Rolle, welchen Platz man im Triumphzug des Imperators einnimmt. Denn vor dem Feldherrn wurden die geschlagenen Feinde mit hängenden Köpfen hergetrieben,
aber hinter dem Feldherrn auf seinem stattlichen Pferd folgen die jubelnden und johlenden siegreichen
Soldaten dieses Herrschers. Er hatte sie zum Sieg geführt. Seine Strategie brachte den Erfolg und seine
Kühnheit spornte sie an.
Für uns: Entscheidend, welche Rolle wir einnehmen. Besiegter oder Sieger – oder doch nur gaffender Zuschauer.
Unser Jahreslos weist uns gleich eine Doppelrolle zu. Und diese Doppelrolle ist die einig wahre und die einzig verheißungsvolle. Zuerst kommt uns die Rolle der von Jesus Besiegten zu, von ihm Überwundenen.
Menschen, die vor ihm alle Waffen strecken und sich ihm nur noch ergeben können. Und als solche sind wir
immer wieder ein Spott vor der Welt. Christen sind Menschen, die Jesus ihren Lebensbankrott erklären,
weil sie den falschen Herren und Mächten gefolgt sind.
Aber dann kommt es zum fröhlichen Wechsel. Jesus weist uns förmlich eine neue Rolle, eine neue Stellung
zu. Aus den Besiegten werden Sieger. Aus den Gebundenen werden Befreite. Aus den Vorangetriebenen
werden Nachfolger. Aus den Kandidaten des Todes werden Teilhaber des Lebens, ja des Lebendigen.
Diesen Grundton der Freude atmet unser Bibelwort. Und diesen Grundton der Freude dürfen wir und unsere Gemeinde 2015 Tag um Tag atmen. Paulus macht das mit einem Wort deutlich:
Gott sei gelobt, der uns stets (= in jeder Lage) triumphieren lässt in Christus.
So weit und so universal ist der Sieg Jesu, dass er immer und überall gilt. Nicht dass in diesem Jahr für uns
alle Dinge triumphal auslaufen. Manches Schwere wird kommen, und manches Schwere wird uns auch begleiten und nicht verlassen. Und doch haben wir jederzeit die Blickrichtung zum Sieger.
Nur einige Kapitel später kann Paulus diese besiegte Siegerexistenz in folgende Worte zusammenfassen: In
allem erweisen wir uns als Diener Gottes; in großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten, … in Ehre und
Schande, in bösen Gerüchten und guten Gerüchten, … als die Unbekannten, und doch bekannt; als die Sterbenden und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht getötet; als die Traurigen, aber allezeit
fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben, und doch alles haben (2Kor
6,3.8.9).
Hier ist also kein Platz für überschwängliche Triumphgesänge auf unsere Kraft und unser Vermögen. Vielmehr klingt die Lutherstrophe mit: „Mit unsrer Kraft ist nichts getan, wir sind gar bald verloren. Es streit´ für
uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren.“
Das gilt auch für unsere Gemeinde. Wir sind´s doch nicht, von denen die Menschen reden sollen, auf die
andere verweisen sollen. Sondern er, Jesus Christus ist´s, auf den wir hinweisen wollen. Ihm dienen wir, ihn
bezeugen wir, ihn verherrlichen wir.
Ich möchte an den durch einen Film in den 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt gewordenen
Sportler Eric Lydell erinnern. Erinnern Sie sich noch an die „Stunde des Siegers“ mit seiner eingängigen
Filmmusik? Man schreibt die Olympiade 1924. Die Jugend der Welt versammelt sich in Paris. Mit dabei ist
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eine Medaillenhoffnung von der britischen Insel: Eric Lydell. Als Vorlaufschnellster war ihm die Goldmedaille über 100 m fast schon sicher. Doch der Endlauf, der an einem Sonntag stattfand, verlief ohne ihn. Sein
Gehorsam gegen das dritte Gebot, wonach der Feiertag Gott heilig ist, verwehrte ihm mitzulaufen. Statt im
Stadion um Gold zu kämpfen, predigt Lydell in einer Baptistengemeinde Gottes Wort. Eine bewegende Geschichte. Ein bewegender Film. Ein Jesusjünger wurde eben kein Sieger.
Und doch ist damit die Geschichte nicht zu Ende. Kurzfristig über 400 m gemeldet, gewinnt Lydell wenige
Tage später über die längere Strecke eine Medaille. Ein Triumph nicht für sich – ein Triumph für seinen
Herrn Jesus Christus.
So sehen Sieger aus! So leben Menschen, die von Jesus ergriffen sind. In ganzem Gehorsam, in ganzem Vertrauen, in ganzer Ausrichtung auf ihn.
Denken wir nochmals zurück an den Triumphzug im alten Rom. Der Sieger hat neues Land eingenommen.
Christus aber nimmt uns Menschen in seinen Besitz. Darum ist die Gemeinde Jesu nicht das Häuflein der
Geschlagenen, sondern die Gemeinschaft der Jubelnden. Sie zieht im Gefolge ihres Herrn durch die Zeit in
Richtung Herrlichkeit. Und sie blickt von der eigenen Schwachheit und Verwerflichkeit weg auf die Majestät
ihres Herrn. Sie weiß: Schon heute ist für sie die Stunde des Siegers angebrochen.
Amen.
Herausgeber:
Evang. Brüdergemeinde Korntal, Saalplatz 2, 70825 Korntal-Münchingen
Tel.: 07 11 / 83 98 78 - 0, Fax: 07 11 / 83 98 78 – 90;
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