Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Quarks & Co Quarks & Co Die Macht der Sonne Autoren: Dirk Gilson, Christiane Meister, Daniel Münter Redaktion: Monika Grebe Die Sonne ist die Quelle allen Lebens auf der Erde. Sie spendet Licht und Wärme, bestimmt Tag und Nacht, Sommer und Winter. Doch von ihr geht auch eine Gefahr aus: Explosive Veränderungen auf ihrer Oberfläche könnten unseren Heimatplaneten eines Tages ins Chaos stürzen. Quarks & Co erzählt die Geschichte der Sonne und berichtet über neueste Forschungsergebnisse. Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Gefährlicher Stern Die Geschichte des stärksten gemessenen Sonnensturms In der Nacht zum 29. August 1859 versetzen merkwürdige Phänomene die Menschen in Nordamerika und Europa in Aufruhr. Kompassnadeln schlagen wie von Geisterhand aus, riesige Leuchtschwaden am Himmel machen die Nacht zum Tag. In den Städten fürchten die Menschen eine nahende Feuersbrunst. Und Seefahrer berichten von einem brennenden Himmel, der auf sie herabstürzt – viele sehen ihr Ende nahen. Was könnte solch eine ungeheure Macht haben? In der Nacht zum 29. August 1859 machen riesige Leuchtschwaden am Das Telegrafennetz in Nordamerika und Europa bricht zusammen Himmel in Europa und Nordamerika die Nacht zum Tag Drei Tage später, am Mittag des 1. September, beobachtet der britische Astronom Richard Rechte: DRA Christopher Carrington wie jeden Tag die Sonne. Es ist kurz vor Mittag, als er eine Gruppe enorm großer Sonnenflecken entdeckt. Während er sie skizziert, blenden ihn plötzlich zwei intensive weiße Lichtblitze, die von zwei Orten in der Fleckengruppe ausgehen. So etwas hatte der Astronom noch nie gesehen. Carrington notiert: „Aufgeregt rannte ich los, um einen Zeugen für meine Beobachtung zu finden. Doch als ich mit meinem Kollegen 60 Sekunden später zurückkehrte, waren die Lichtblitze kaum noch zu sehen.“ Während Carrington noch rätselt, was er da gesehen hat, färbt auch in der folgenden Nacht ein buntes Himmelsspektakel große Teile der Erde in Grün, Diese Zeichnung fertigte Carrington von Rot und Violett. Selbst in südlichen Regionen wie Rom und Havanna berichten die Menschen, dass den Sonnenflecken an. Mit A und B es die ganze Nacht so hell war, dass man draußen Zeitung lesen konnte. markierte er die Bereiche, aus denen die Blitze hervorgingen Zur gleichen Zeit bricht das noch junge Telegrafennetz in Nordamerika und Europa wie aus dem Nichts zusammen. Leitungen schmoren durch oder sprühen Funken, Telegrafenpapier fängt Feuer. Jetzt steht die Presse endgültig Kopf. Wilde Gerüchte über die Ursachen kursieren: Von mächtigen Blitzen in großen Höhen ist die Rede und von meteoritischer Materie aus dem All, die die Erde trifft. Schön und zerstörerisch Starke Sonnenstürme können Kurzschlüsse im Erdmagnetfeld auslösen. Schon bald haben Forscher die Sonne im Verdacht. Doch die wahren Zusammenhänge erkennen Dann dringen elektrisch geladene sie erst mehr als 100 Jahre später. Die Blitze, die Carrington sah, waren die Vorboten eines Teilchen tief in die Erdatmosphäre ein Sonnensturms: Immer wieder schleudert die Sonne mächtige Wolken geladener Teilchen mit bis Rechte: NASA zu 3.000 Kilometern pro Sekunde in den interplanetaren Raum. Trifft eine solche hochenergetische Wolke auf das Magnetfeld der Erde, kann es zu einem Kurzschluss kommen. Dann dringen elektrisch geladene Teilchen tief in die Erdatmosphäre ein. Sie erzeugen bezaubernd schöne Polarlichter am Himmel – und können zerstörerische Ströme in Oberlandleitungen von bis zu 1.000 Ampère hervorrufen. Der Sonnensturm von 1859 war der stärkste gemessene Sonnensturm aller Zeiten. Autor: Dirk Gilson Seite 2 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Die Sonne macht das Weltraumwetter Heftige Ausbrüche auf der Sonne gefährden unsere technisierte Gesellschaft Die Sonne ist rund 150 Millionen Kilometer von uns entfernt. Und trotzdem wirken ihre Ausbrüche bis auf die Erde und bedrohen unsere Kommunikationssysteme und Stromnetze. Sonnenforscher arbeiten deshalb daran, die Ursachen der solaren Aktivitäten zu entschlüsseln und die Entstehung eines sogenannten Supersturms so früh wie möglich zu erkennen. Der stärkste Sonnensturm seit Beginn der Aufzeichnungen ereignete sich am 1. September 1859. Protuberanzen sind heiße Gasfackeln, Sogar in Havanna, Rom und Panama-Stadt waren Polarlichter am Himmel zu sehen, in Europa und die wochenlang über der Sonnenober- Nordamerika brachen die Telegrafennetze zusammen, aus elektrischen Leitungen sprühten die fläche stehen können Funken. Heute wären die Konsequenzen eines solchen geomagnetischen Sturms katastrophal. Vor Rechte: NASA allem GPS- und Kommunikationssatelliten wären in Gefahr – und unser Stromnetz, das heute wesentlich größer und leistungsfähiger ist als 1859, aber daher umso empfindlicher für Störungen. Die amerikanische Akademie der Wissenschaften hat kürzlich abgeschätzt, dass sich Folgeschäden allein für Nordamerika auf bis zu zwei Billionen Dollar summieren könnten. Doch trotz aller Fortschritte der Sonnenforschung in den vergangenen Jahrzehnten gibt es heute noch keine umfassende Weltraumwettervorhersage. Gewaltige Ausbrüche von Energie Die Aktivität der Sonne schwankt in einem rund elfjährigen Zyklus. Sichtbares Zeichen dafür sind die Sonnenflecken, deren Anzahl im selben Rhythmus variiert. In Zeiten großer Aktivität kommt es auf der Sonne jeden Tag zu einer ganzen Serie von Ausbrüchen und Auswürfen. Der Sonnenwind besteht hauptsächlich aus Elektronen und Protonen. Er wird durch die Druckunterschiede in der äußeren Schicht der Sonnenatmosphäre, der Korona, angetrieben und hat eine Ein solarer Flare, beobachtet vom Geschwindigkeit von mehreren Hundert Kilometern pro Sekunde. Der Sonnenwind ist nicht völlig Sonnenobservatorium SOHO gleichmäßig, sondern ist von Böen durchzogen. Trifft eine solche Bö die Erde, so kann sie rund Rechte: NASA um Nord- und Südpol das farbenprächtige Polarlicht auslösen. Solare Flares sind plötzliche, heftige Strahlungsausbrüche, die im Extremfall heller als die Oberfläche der Sonne strahlen. Die meiste Strahlung geben die Flares aber im Röntgen- und UV-Bereich ab. Sie dauern einige Minuten bis hin zu mehreren Stunden. Die stärksten Flares setzen die Explosivkraft von mehr als zwei Milliarden Wasserstoffbomben frei. Die Atmosphäre der Erde schirmt uns zum Glück gut von dieser Strahlung ab. Die empfindliche Elektronik von Satelliten kann aber durch einen direkten Beschuss beschädigt werden. In einer eruptiven Protuberanz wird heißes Gas aus der Sonne gewirbelt und steht dann über ihrer Oberfläche. Sie entwickeln sich über Stunden, können dann aber über Monate hinweg stabil sein, da das Gas an Magnetfeldlinien gebunden ist. Werden sie instabil, kann das Plasma mit mehreren Hundert Kilometern pro Sekunde von der Sonne werggeschleudert werden. Bilder von Protuberanzen sind spektakulär. Diese Art der Sonneneruptionen haben aber nur wenige Auswirkungen auf die Erde. Seite 3 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Ganz anders sieht es mit einem koronalen Massenauswurf aus. Dieser ähnelt einer eruptiven Protuberanz ist aber viel heftiger. Bis zu zehn Milliarden Tonnen Plasma werden in blasenförmigen Auswürfen mit bis zu 3000 Kilometern pro Sekunde von der Sonne weggeschleudert. Zum Höhepunkt der Sonnenaktivität entstehen mehre koronale Massenauswürfe pro Tag – zum Glück nur selten in Richtung Erde. Denn wenn die Teilchen eines solchen Auswurfes das Magnetfeld der Erde treffen, können sie einen geomagnetischen Sturm auslösen. In der Erdatmosphäre entstehen dann heftige Ströme, die in den irdischen Stromnetzen starke Spannungsschwankungen hervorrufen. Dadurch kann es zu einem Stromausfall in ganzen Regionen kommen – wie zuletzt 1989 in Nord-West-Kanada und 2003 in Südschweden. Die Erforschung der Sonnenausbrüche Obwohl die Sonne schon seit Jahrhunderten beobachtet wird, hat die Wissenschaft erst in den vergangenen Jahrzehnten die entscheidenden Fortschritte zum Verständnis der Sonnenstürme gemacht. Den größten Sprung brachte das Zeitalter der Satelliten. So wurde es möglich, den Sonnenwind und die gewaltigen Teilchenstürme direkt zu erforschen. Die Erdatmosphäre schirmt nämlich die UV-Strahlung der Sonne ab und das Erdmagnetfeld lenkt geladene Teilchen um unseren Planeten herum. In einem koronalen Massenauswurf werden große Mengen Materie in den 1962 startete die amerikanische Raumsonde Mariner 2 auf eine Erkundungsmission zur Venus. Auf Weltraum geschleudert dem Weg dorthin konnte sie erstmals den Sonnenwind nachweisen. Doch wie er entsteht und Rechte: NASA wie die heftigen Böen und Ausbrüche ausgelöst werden, blieb damals noch ein Rätsel. Die Astronauten im amerikanischen Weltraumlabor Skylab hatten einen privilegierten Fensterplatz, um diese Fragen zu untersuchen: Ab 1973 beobachteten sie mit verschiedenen Teleskopen die Sonne und ihre Atmosphäre und konnten spektakuläre Protuberanzen untersuchen. Ihre Beobachtungen lieferten außerdem Hinweise, dass Sonnenwind und -stürme direkt in der äußeren Atmosphäre der Sonne – der Korona – entstehen. Doch was waren die Auslöser der Sonnenstürme? Lange waren die Flares die Hauptverdächtigen. In den 1980er-Jahren mehrten sich jedoch die Hinweise, dass es möglicherweise noch einen anderen Mechanismus gibt. Doch für den endgültigen Beweis brauchte man eine neue Art von Satellitenteleskop: 1991 startete das Sonnenobservatorium SOHO. Es hat ein Teleskop an Bord, mit dem es die äußere Atmosphäre der Sonne beobachtet. Ähnlich wie bei einer Sonnenfinsternis schirmt das Teleskop die Sonnenscheibe ab. Erst dann kann man die Korona untersuchen, die sonst aufgrund der hellen Sonne nicht sichtbar ist. Die Forscher dokumentierten die koronalen Massenauswürfe und fanden tatsächlich einen direkten Zusammenhang mit den auf der Erde festgestellten Sonnenstürmen. Seite 4 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Weltraumwettervorhersage Das Sonnenobservatorium SOHO zeichnet pro Jahr mehrere Tausend koronale Massenauswürfe auf. Da die Sonde aber genau zwischen Sonne und Erde schwebt, nimmt sie ausgerechnet den Teilchenbeschuss in unsere Richtung nur als Prasseln im Detektor wahr. Genau über diese Sonneneruptionen wollen die Sonnenforscher aber mehr erfahren, denn sie können die geomagnetischen Stürme auf der Erde auslösen. Seit 2007 ist es endlich möglich, die Entstehung von koronalen Massenauswürfen auf der Sonne zu beobachten und auf dem ganzen Weg zur Erde zu verfolgen: Das Zwillingssondenpaar der STEREO-Mission nimmt die Massenauswürfe aus zwei Perspektiven ins Visier und kann so ein dreidimensionales Modell erstellen, das wichtige Details über den Teilchensturm verrät. Der größte Traum der Wissenschaftler ist es aber, Ausbrüche vorhersagen zu können und so den Satelliten- und Stromnetzbetreibern auf der Erde eine möglich lange Vorwarnzeit zu geben. Dazu untersuchen sie intensiv das Magnetfeld der Sonne. Denn hier liegt der Schlüssel zur Entstehung der Sonneneruptionen. Zur Einrichtung eines regelmäßigen und verlässlichen Weltraumwetterdienstes sind aber noch erheblich Anstrengungen notwendig. Denn SOHO, STEREO und die kürzlich gestartete Sonde SDO sind Forschungssatelliten, die grundlegende Fragen untersuchen sollen. Für einen richtigen Weltraumwetterdienst bräuchte man eine ganze Flotte von Überwachungssonden. Die Sonnenforscher sind überzeugt: Auf einen Sonnensturm, wie den von 1859 sind wir noch nicht ausreichend vorbereitet. Autor: Daniel Münter Zusatzinfos Geomagnetischer Sturm Wenn es auf der Sonne zu Materieausbrüchen kommt, werden große Mengen elektrisch geladener Teilchen in den Weltraum geschleudert. Treffen diese Plasmawolken auf die Erde, treten sie mit dem natürlichen Erdmagnetfeld in Wechselwirkung, rufen Ströme in der Ionosphäre hervor und erzeugen starke und sehr rasche Schwankungen der Stärke und Richtung des Erdmagnetfeldes. Seite 5 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Die Geburt der Sonne Aus einer kalten Gaswolke wird glühend heißes Himmelsfeuer Die Sonne ist nur einer von rund 200 Milliarden Sternen in unserer Galaxie. Ihr Kern ist unvorstellbare 15 Millionen Grad Celsius heiß und in ihrem Inneren hätte die Erde mehr als eine Million Mal Platz. Obwohl sie 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist, steht fast jedes Lebewesen auf der Erde unter ihrem Einfluss. Die Sonne ist durch ihre Strahlungsenergie der Motor unseres Wetters, der Energielieferant für das Wachstum von Pflanzen. Ohne die Sonne wäre es auf der Erde bitterkalt und dunkel. Sie ist das Zentrum unseres Sonnensystems und das seit sehr langer Zeit. Doch ihr Leben begann als riesige, kalte Gaswolke, aus der Erde und Sonne gemeinsam entstanden. Begleiten Sie die außergewöhnliche Geburt der Sonne im Quarks-Film – jetzt angucken auf 4www.quarks.de Autor: Daniel Münter Seite 6 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Wer kreist eigentlich um wen? 2000 Jahre stritten Forscher über den Mittelpunkt der Welt Im alten Griechenland, etwa 350 Jahre vor unserer Zeitrechnung, schien die Welt noch in Ordnung. Der berühmte Philosoph Aristoteles lehrte, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums ruht, und um sie herum Sonne, Mond und Planeten kreisen. Damit bestätigte er, wovon seine Zeitgenossen schon lange überzeugt waren. Denn dass sie sich mitsamt dem Erdball durch das Universum bewegen, ohne auch nur das Geringste davon mitzubekommen, erschien ihnen unmöglich. Doch hundert Jahre später rüttelte ein anderer Gelehrter gewaltig an diesem Weltbild. Der Astronom Aristoteles lehrte bereits 250 vor Aristarch von Samos versuchte mit Hilfe von Winkelberechnungen herauszufinden, wie weit Sonne unserer Zeitrechnung, dass die Erde und Mond von der Erde entfernt sind. Dabei erkannte er auch, dass die Sonne größer sein muss Mittelpunkt der Welt sei als die Erde. Aristarch lässt die Erde kreisen Dem Astronomen erschien es unmöglich, dass sich der feurige Koloss um den kleinen Erdball dreht. Deshalb rückte er die Sonne ins Zentrum und lies die Erde um sie herum kreisen. Außerdem war er davon überzeugt, dass die Erde sich auch um sich selbst dreht, denn nur so konnte er sich den Wechsel von Tag und Nacht erklären. Für seine revolutionären Gedanken erntete Aristarch jedoch keinen Ruhm, sondern nur Hohn und Spott. Sein Weltbild konnte sich nicht durchsetzen. Stattdessen glaubten die Menschen weiter, dass die Erde im Mittelpunkt von allem läge. Doch mit Aristarch von Samos berechnet etwa der Zeit machten Astronomen immer wieder Beobachtungen, die sie mit dem gängigen geozentri- 150 vor unserer Zeitrechnung, dass die schen Modell nicht erklären konnten. Trotzdem blieb für die meisten der Gedanke an eine beweg- Sonne größer ist als die Erde te Erde immer noch unvorstellbar. Fälschungen für Aristoteles Deshalb modernisierte Ptolemäus, ein besonders großer Anhänger Aristoteles, dessen Weltbild und passte es den neuen Erkenntnissen an. Sein System war am Ende so ausgeklügelt, dass man damit zahlreiche Vorhersagen über Himmelsereignisse treffen konnte. Doch das wichtigste war, dass die Erde im Mittelpunkt blieb. Die Sache hatte jedoch einen Haken: Ptolemäus hat mit gefälschten Daten gearbeitet. Trotzdem zweifelte über 1.000 Jahre niemand an seinen Ergebnissen. Nur mit fiktiven Daten kann Ptolemäus das Weltbild des Aristoteles im 2. Jahr- Ein stiller Revolutionär hundert retten Erst Nikolaus Kopernikus entdeckte Anfang des 16. Jahrhunderts Fehler im ptolemäischen System. Um bessere Daten zu erhalten, lässt Kopernikus eigens für seine Himmelsbeobachtung einen Turm bauen. Mit Hilfe seiner Forschung und Ergebnissen anderer Wissenschaftler gelangte Kopernikus zur Erkenntnis, dass die Sonne nicht um die Erde kreisen kann. Von Aristarch inspiriert baut Kopernikus die Welt kurzerhand neu zusammen: Nun ruht die Sonne im Mittelpunkt und die Erde kreist um sie herum. Für diese kühne Behauptung hätten ihn seine Zeitgenossen vermutlich für Kopernikus Beobachtungen lassen ihn geisteskrank erklärt – und so veröffentlichte er die Ergebnisse erst kurz vor seinem Tod. am Werk des Ptolemäus zweifeln Seite 7 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Einer rechnet nach Weitere hundert Jahre mussten vergehen, bis der Mathematiker Johannes Kepler mit neuen Messungen Kopernikus Aussagen überprüft. Je länger er rechnet, umso klarer wird, dass Kopernikus sich nicht geirrt hatte. Nur einen Fehler kann Kepler ausmachen. Nicht in Kreisen, sondern in Ellipsen drehen sich die Planeten um die Sonne. Doch das neue Weltbild bringt auch Kepler keinen Ruhm. Wegen seiner Lehren findet er an keiner Universität eine Anstellung. Um die Öffentlichkeit von den neuen Lehren überzeugen zu können, sucht Johannes Kepler nach Mitstreitern und hofft, in Galileo Kepler liefert fehlende mathematische Galilei einen gefunden zu haben. Beweise für das kopernikanische Weltbild Ein später Verbündeter Galilei war schon früh vom kopernikanischen Weltbild überzeugt. Aus Angst vor Spott wollte der gefeierte Gelehrte jedoch nicht offen dazu stehen. Als er sich 1632 in einem Buch dazu bekennt, ist Kepler bereits als verarmter Mathematiklehrer gestorben. Aber auch Galileo findet kein glückliches Ende. Er entkommt dem Scheiterhaufen, weil er vor der Inquisition seiner Überzeugung abschwört. Den Rest seines Lebens muss er jedoch unter Hausarrest verbringen. Vor den Inquisitoren leugnet Galileo Aber Wissenschaftler finden immer neue Beweise für das heliozentrische Weltbild und bald zwei- Galilei seine Überzeugung felt niemand mehr daran: Die Erde ist nicht der Mittelpunkt der Welt. Dennoch muss einige Zeit verstreichen, bis die katholische Kirche 1992 bekennt: Sie hat Galileo und seinen Vorgängern Unrecht getan. Nach über 2.000 Jahren fand der Streit damit ein Ende. Autor: Christiane Meister Zusatzinfos Geozentrisches Weltbild Im geozentrischen Modell ist die Erde im Mittelpunkt des Universums und Sonne, Mond und Planeten kreisen um sie. Heliozentrisches Weltbild Im heliozentrischen Weltbild kreisen alle Planeten um die Sonne. Seite 8 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Neuer Blick auf die Sonne Mission Sunrise zeigt uns die Sonne in bislang unerreichter Genauigkeit Am 8. Juni 2009 startet von der Weltraumbasis ESRANGE im nordschwedischen Kiruna ein weltweit einzigartiges Projekt: die Mission Sunrise. Mit einem Teleskopspiegel von einem Meter Durchmesser ist Sunrise das größte Sonnenteleskop, das jemals den Erdboden verlassen hat. Es soll die Sonne in bislang unerreichter Genauigkeit zeigen. Allerdings ist das Teleskop nicht Teil eines Satelliten und wird auch nicht von einer Rakete in die Höhe befördert. Mit Sunrise will ein internationales Wissenschaftler-Team, unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für SonnensysEin Heliumballon mit einem Durch- temforschung, neue Wege gehen: Ein Heliumballon mit einem Durchmesser von 100 Metern beför- messer von 100 Metern trägt Sunrise dert das Teleskop auf 35 Kilometer Höhe. Sunrise lässt 99 Prozent der Erdatmosphäre unter sich auf 35 Kilometer Höhe und hat damit einen ungetrübten Blick auf die Sonne – ohne die störenden Luftschichten der Erde. Rechte: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) Ausgeklügelte Optik Fünf Tage ist Sunrise unterwegs. Polarwinde tragen das Teleskop von Nordschweden um den Nordpol bis nach Kanada. Spezialinstrumente richten das Teleskop während des Fluges automatisch Richtung Sonne aus – dank der Mitternachtssonne sogar Tag und Nacht. Der Flug verläuft glatt, doch die Landung verläuft extrem dramatisch: Stürmische Winde bringen die Gondel über Kanada vom Kurs ab. Die Wissenschaftler bangen um den Lohn ihrer Arbeit. Knapp zwei Terabyte Daten hat das mobile Forschungsinstitut gesammelt. Gingen sie verloren, wären sechs Jahre Arbeit Sunrise landet unsanft auf Somerset vergebens. Schließlich landet Sunrise unsanft auf Somerset Island, einer abgelegen kanadischen Island, einer kanadischen Insel Insel. Rechte: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) Dynamische Magnetfelder Die Forscher können aufatmen: Die Datenspeicher sind intakt und erste Auswertungen am MaxPlanck-Institut für Sonnensystemforschung zeigen: Die Mission ist ein voller Erfolg. Sunrise liefert Bilder der Sonne in einer noch nie dagewesenen Auflösung. Erstmals sind Strukturen klar erkennbar, die kleiner als 100 Kilometer sind. Bei einer Entfernung der Sonne von 150 Millionen Kilometern entspricht das einer Auflösung, mit der man eine Ein-Euro-Münze noch aus 100 Kilometern Entfernung erkennen könnte. Diese Auflösung hatte bislang noch kein Sonnenteleskop. Sunrise macht Strukturen auf der Sonne sichtbar, die kleiner sind als 100 Sunrise soll vor allem neue Informationen über die Magnetfelder der Sonne liefern. Die Felder ent- Kilometer stehen, weil die Sonne aus heißem, geladenen Gas besteht, das ständig in Bewegung ist. Das Rechte: Max-Planck-Institut für heißt, es fließen ständig elektrische Ströme auf der Sonne – und wo ein Strom fließt, ist auch Sonnensystemforschung (MPS) immer ein Magnetfeld. Mit einer Spezialkamera machen die Forscher die magnetische Aktivität sichtbar. Die Bilder der Kamera zeigen die enorme Dynamik der Felder. Ständig entstehen neue und andere verschwinden. Seite 9 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Rätsel der Sonnenphysik Die Magnetfelder könnten die Lösung für eines der spannendsten Rätsel der Sonnenphysik liefern: Wie heizt die Sonne ihre äußere Hülle, die sogenannte Korona, auf? Während die Temperatur an der Oberfläche etwa 5500 Grad Celsius beträgt, steigt sie in der Korona paradoxerweise wieder an – auf bis zu fünf Millionen Grad. Wie kann es sein, dass die Temperatur steigt, obwohl die Entfernung zur Energiequelle, dem Sonnenkern, größer wird? Das Phänomen erinnert an einen Induktionsherd. Dort bleibt die Platte kalt, während Topf und Inhalt heiß werden. Beim IndukWährend die Sonnenoberfläche nur tionsherd sind Magnetfelder dafür verantwortlich. Die Forscher sind sich sicher, dass Magnetfelder etwa 5.500 Grad Celsius heiß ist, steigt auch für den Temperaturanstieg in der Sonnenatmosphäre verantwortlich sind. Aber bislang ist die Temperatur in der Atmosphäre der noch unklar, wie sie die Korona aufheizen. Sonne auf bis zu fünf Millionen Grad. Rechte: NASA Die Wissenschaftler können zwar berechnen, wie viel Energie nötig ist, um den steilen Temperaturanstieg zu erreichen. Um nachweisen zu können, dass die Magnetfelder in der Lage sind, diese Energie zu liefern, müssen sie die Dynamik der Felder auf sehr kleinen Skalen untersuchen. Genau das ist mit der enormen räumlichen Auflösung von Sunrise erstmals möglich. Die Auswertung der enormen Datenmenge, die das Projekt gesammelt hat, wird sich noch ein bis zwei Jahre hinziehen. Aber die Wissenschaftler sind sich sicher: Dank der Mission Sunrise werden sie die Kraft der Sonne besser verstehen. Autor: Dirk Gilson Seite 10 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Das Sterben der Sonne Die Tage der Sonne sind gezählt Das Leben auf der Erde ist nur möglich, weil wir von der Sonne gerade die richtige Menge an Energie bekommen. Würde sie weniger strahlen, wäre es hier zu kalt. Würde sie mehr Energie aussenden, würde alles Wasser auf der Erde verdampfen und unser Planet zu einer Gluthölle. Doch die Wissenschaft prophezeit schon heute das Ende dieser harmonischen Beziehung zwischen Sonne und Erde. In ferner Zukunft wird die Sonne alles Leben auf der Erde vernichten. Doch das ist nicht das Ende des spektakulären Todeskampfes. Begleiten Sie die Sonne bis zu ihrem furiosen Finale. Das Sterben der Sonne – jetzt angucken auf www.quarks.de! Autor: Daniel Münter Seite 11 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Lesetipps Die Sonne: Eine Einführung für Hobby-Astronomen Autor: Jürgen Banisch Verlagsangaben: Oculum Verlag, 2009 ISBN-13: 978-3938469248 Sonstiges: 232 Seiten, 19,90 Euro Kompakte, übersichtliche Einführung zur Theorie und Praxis der Sonnenbeobachtung. Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit den Grundlagen der Sonnenphysik. Unsere Sonne – Motor des Weltraumwetters (Sterne und Weltraum, Special 1/2007) Autoren: diverse Verlagsangaben: Spektrum der Wissenschaft ISBN-13: 9783938639696 Sonstiges: 98 Seiten, EUR 8,90 Umfassendes Sonderheft der Zeitschrift „Sterne und Weltraum“ zur Sonne. Die Themen der Artikel reichen von der Geschichte der Sonnenforschung bis zu den Auswirkungen der Sonnenstürme auf die Erde. Verschiedene Einzelartikel der Zeitschrift „Sterne und Weltraum“ (SuW) befassen sich ebenfalls mit der Sonne und den Sonneneruptionen: Thilo Günter: Die Sonne – Der Stern, von dem wir leben, SuW 8/2007, S.70 Sten F. Odenwald und James L. Green: Solare Superstürme – die verkannte Gefahr, SuW 3/2009, S.24 Gordon D. Holman: Explosionen auf der Sonne, SuW 6/2006, S.40 Die Sonne. Biographie unseres Sterns Autor: Dieter Hildebrandt Verlagsangaben: Carl Hanser Verlag, München 2008 ISBN: 978-3-446-23018-7 Sonstiges: 361 Seiten, 23,50 Euro (als Taschenbuch 12,90 Euro) Dass die Sonne die Menschheit schon immer fasziniert hat, zeigt sich spätestens bei der Lektüre dieses Buches. Der Autor beschreibt, wie sich Philosophen und Wissenschaftler in den letzten 3500 Jahren mit der Sonne auseinandergesetzt haben. Mit Spritzgebäck und Silberscheibe zum eigenen Spektroskop Autor: Joachim Köppen Verlagsangaben: Zeitschrift „Sterne und Weltraum“ Ausgabe April 2010, S.88ff Detaillierte Beschreibung der Hintergründe zum CD-Spektrometer und Tipps zur Beobachtung und Analyse des Sonnenspektrums. Seite 12 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Linktipps Sonnenobservatorium SOHO http://sohowww.nascom.nasa.gov/ Webseite der Sonnensonde SOHO, einer Gemeinschaftsmission von amerikanischer und europäischer Weltraumagentur (NASA/ESA). Viele spektakuläre Aufnahmen der Sonne. (Englisch) Informationen zur STEREO-Mission http://www.dlr.de/rd/desktopdefault.aspx/tabid-2448/3635_read-5412/ Deutschsprachige Informationen zur STEREO-Mission vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. STEREO-Mission http://stereo.gsfc.nasa.gov/ Webseite STEREO-Mission der NASA. Ebenfalls spektakuläre Aufnahmen der Sonne. (Englisch) Weitere Bauanleitungen und Beispielspektren http://astro.u-strasbg.fr/~koppen/spectro/spectrod.html Auf den Internetseiten des Freiburger Astrophysikers Joachim Köppen finden sich weitere Bauanleitungen und Beispiele von Absorptions- und Emissionsspektren. Seite 13 Quarks & Co | Die Macht der Sonne | Sendung vom 01.06.2010 http://www.quarks.de Impressum: Herausgegeben vom Westdeutschen Rundfunk Köln Verantwortlich: Quarks & Co Claudia Heiss Redaktion: Monika Grebe Gestaltung: Designbureau Kremer & Mahler Bildrechte: Alle: © WDR © WDR 2010 Seite 14