4 6 8 10 TENDENZEN NEUE VERFAHREN IN DER PARO-DIAGNOSTIK Dr. Aneta PecanovSchröder: RealTime PCR – exakte Bestimmung der Keimanzahl 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 Ausgezählt 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 In der Lebensmittelanalytik und der medizinischen Diagnostik von viralen Infektionskrankheiten ist sie bereits fest etabliert: Die Real-Time PCR. Nun kann diese innovative molekularbiologische Untersuchungsmethode auch zur Diagnostik von parodontalpathogenen Keimen angewendet werden. Hier erfahren Sie, wofür PCR steht, was das Real-Time Verfahren zu leisten vermag – und warum der Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde an der Universität Bonn, Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, in der Real-Time PCR eine viel versprechende Neuerung für die mikrobiologische Diagnostik sieht. 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 Die meisten der mehr als 500 verschiedenen Bakterienarten in der menschlichen Mundhöhle sind völlig harmlos. Einige jedoch lösen parodontalpathologische Prozesse aus: vor allem Actinobacillus actinomycetemcomitans, Porphyromonas gingivalis, Tannerella forsythensis (frühere Bezeichnung: Bacteroides forsythus) und Treponema denticola sind für den parodontalen und periimplantären Gewebeverlust mit verantwortlich. 104 106 108 Mikrobiologie weist therapeutischen Weg 110 112 114 116 118 120 Die Identifizierung der „Leitkeime“ bildet die Grundlage für eine gezielte, die konventionelle Parodontitisbehandlung ergänzende Antibiotikatherapie. Erst der direkte Erregernachweis mit molekularbiologischen Nukleinsäuretests hat moderne Dia- 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 3/2003 gnostik einer breiten Anwendung zugänglich gemacht. Methodisch hat sich dabei die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) durchgesetzt, die seit ihrer Entwicklung im Jahr 1983 die Molekularbiologie revolutioniert hat. Polymerase-Kettenreaktion (PCR) Wie bei einem Kopierer werden bei der PCR bestimmte Gensequenzen so oft vervielfältigt bis genügende Mengen zur Bestimmung des Gen tragenden Materials eines Krankheitserregers vorliegen. Die gezielte Vermehrung von DNA-Abschnitten erfolgt durch ein hitzestabiles Kopierenzym, der Taq-Polymerase (Abb. 1 bis 5). Der eigentliche Kopiervorgang erfolgt dabei in einem speziellen Gerät, dem Thermocycler. Unter anderem bei der Analyse parodontopathogener Markerkeime in der 3 TENDENZEN 5 Dr. Aneta PecanovSchröder: RealTime PCR – exakte Bestimmung der Keimanzahl 9 NEUE VERFAHREN IN DER PARO-DIAGNOSTIK 7 11 13 15 17 19 21 Parodontologie ist die PCR den klassischen Kulturverfahren durch ihre Vorteile bezogen auf Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Genauigkeit überlegen. Anlässlich des größten europäischen Parodontologie-Kongresses, der EuroPerio4, in Berlin stellte GABA International einen neuen Test zur Erkennung und exakten Quantifizierung von parodontalpathogenen Keimen vor. Die meridol Paro Diagnostik basiert auf der Real-Time PCR, einer modifizierten PCR. Entwickelt wurde die Methode von Carpegen, Münster, unter der Leitung von Dr. rer. nat. Antje Roetger. Real-Time PCR Bei der Real-Time-PCR kommt eine weitere Sonde zum Einsatz: Zusätzlich zu den für jede Erreger-DNA spezifischen Primern wird ein weiteres artspezifisches DNA-Fragment, die TaqMan-Sonde, verwendet (Abb. 6). Diese bindet an die Zielsequenz des Krankheitserregers und bedingt die hohe Spezifität des Verfahrens. Während des Vervielfältigungspro- zesses wird dieses Fragment (TaqMan-Sonde) abgespalten und zerstört (Abb. 7). Dabei wird ein Fluoreszenzsignal freigesetzt, das durch automatische Laserdetektion online gemessen und aufgezeichnet wird (Abb. 8 und 9). Die Intensität des Fluoreszenzsignals ist ein Maß für die Menge des gebildeten Produktes: Die Anzahl der interessierenden Mikroorganismen kann also exakt bestimmt werden (Abb. 10). Das Verfahren identifiziert die sechs Markerkeime Actinobacillus actinomycetemcomitans, Porphyromonas gingivalis, Tannerella forsythensis, Treponema denticola, Fusobacterium nucleatum ssp., und Prevotella intermedia (Abb. 11). Die Real-Time-PCR wird nahezu vollständig automatisiert durchgeführt. Von der Probenaufarbeitung bis zur Ergebniserstellung sind keine manuellen Schritte erforderlich, mögliche Fehlerquellen sind ausgeschlossen. Die akkurate Arbeit im Labor wird vom Pipettierroboter ausgeführt. Der gesamte Analysenprozess dauert in etwa drei Stunden. Dadurch ist die Real-Time-PCR für eine Hochdurchsatz-Analytik bestens geeignet. In vielen kommerziellen Bereichen hat sie sich mittlerweile durchgesetzt 23 25 27 29 Abb. 1: DNA-Molekül 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 Abb. 2: DNA-Doppelstran wird durch Erhitzen geteilt 51 53 55 57 59 61 63 65 67 69 71 Berechnungsempfehlung für die Probenentnahme • Die Kosten für Versand, Porto, Auswertung und Material sind zusätzlich nach § 3 GOZ und § 4 Abs. 3 GOZ berechnungsfähig. Nach GOZ § 10 Abs. 2 Satz 6 müssen Art, Menge und Preis der verwendeten Materialien aufgelistet werden. Ein Originalbeleg ist nicht erforderlich. • Für die Probenentnahme kann eine nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertige Leistung der GOZ als Analogposition nach § 6 Abs. (2) GOZ herangezogen werden; z. B. Abb. 3: Primer (rot und grün) binden an bestimmte DNA-Abschnitte 73 75 77 79 81 83 85 401 Anwendung elektromechanischer Verfahren zur Parodontaldiagnostik, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich Gegebenenfalls zusätzlich erbrachte Leistungen Ä1 Beratung oder Ä3 Ä5 405 50 Punkte 80 Punkte Eingehende, das gewöhnliche Maß überschreitende, Beratung, mindestens 10 Minuten 150 Punkte Symptombezogene Untersuchung 80 Punkte Entfernung harter und weicher Zahnbeläge, einschließlich Polieren, je Zahn (Reinigung der Zähne vor der Probennahme) 10,90 Punkte Faktor 1,0 Faktor 2,3 Faktor 3,5 € 2,81 € 6,46 € 9,83 Faktor 1,0 Faktor 2,3 Faktor 3,5 € 4,66 € 10,72 € 16,31 Faktor 1,0 Faktor 2,3 Faktor 3,5 € 8,74 € 20,10 € 30,59 Faktor 1,0 Faktor 2,3 Faktor 3,5 € 4,66 € 10,72 € 16,31 Faktor 1,0 Faktor 2,3 Faktor 3,5 € 0,61 € 1,40 € 2,13 87 89 91 Diesen Artikel stellen wir Ihnen im Internet unter www.zahnheilkunde.de herunterladbar zur Verfügung. Den vollständigen unverbindlichen Berechnungshinweis zu meridol Paro Diagnostik von GABA (Stand: 06/2003) erhalten Sie telefonisch unter 07621 / 907-155. 93 95 97 99 101 103 105 107 109 111 113 115 117 119 121 123 125 127 DENTAL MAGAZIN 3/2003 129 4 6 8 10 TENDENZEN NEUE VERFAHREN IN DER PARO-DIAGNOSTIK Dr. Aneta PecanovSchröder: RealTime PCR – exakte Bestimmung der Keimanzahl 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 Abb. 4: Identische DNAStränge werden wieder aufgebaut 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 Abb. 5: Verdopplung des DNA-Doppelstrangs 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 Abb. 6: DNA-Einzelstrang mit TaqMan-Sonde 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 Abb. 7: TaqMan-Sonde wird vom DNA-Strang verdrängt (z. B. Lebensmittelanalytik, Coronavirus, Dengue, EBV, HSV 1/2, VZV usw). Sie spielt natürlich auch in der Forschung eine große Rolle. meridol Paro Diagnostik ist ein Komplettpaket, bestehend aus dem Entnahmeset, der Analyse auf Basis der Real-Time-PCR in einem zertifizierten Vertragslabor sowie einem detaillierten, übersichtlichen Ergebnisbericht und Therapieempfehlungen, die sich an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie orientieren. Die Berechnung aller zusätzlich erbrachten Leistungen unterliegt selbstverständlich den Bestimmungen der GOZ bzw. GOÄ. Ziel einer in der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde der Universität Bonn unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen durchgeführten Pilotstudie war es, ein neues molekularbiologisches Diagnostikverfahren mit dem etablierten „goldenen Standard“ – der anaeroben Kultur – zu vergleichen. Prof. Jepsen und Dr. Pia-Merete Jervøe-Storm beschreiben ihr Vorgehen und die Ergebnisse: „Hierfür haben wir bei Patienten mit fortgeschrittener chronischer Parodontitis subgingivale Plaqueproben entnommen und diese sofort in ein anaerobes Transportmedium überführt. In einem spezialisierten mikrobiologischen Labor (Zentrum für Dental-Medizinische Diagnostik, Kiel, Leitung: Dipl.-Biol. W. Falk) wurden Aliquote der Bakteriensuspension entweder der anaeroben Kultur auf selektiven Nährböden zugeführt oder aber mit dem neu entwickelten molekularbiologischen Diagnostikverfahren mittels Real-Time PCR analysiert (Carpegen, Münster, Leitung: Dr. rer. nat. Antje Roetger). Beide Auswertungen wurden unabhängig voneinander und somit „Untersucher-blind“ durchgeführt. Zum Vergleich der Ergebnisse wurde zunächst die Häufigkeit eines positiven oder negativen Nachweises ausgewählter parodontalpathogener Bakterien analysiert. Generell wurde eine sehr gute Übereinstimmung zwischen dem molekularbiologischen und dem kulturellen Nachweis in den individuellen Plaqueproben beobachtet. Allerdings fanden sich keimspezifische Besonderheiten. Porphyromonas gingivalis und Tannerella forsythensis wurden häufiger mittels Real-Time PCR als in der Kultur nachgewiesen. Eine nähere Betrachtung der quantitativen Ergebnisse aus individuellen 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 3/2003 Abb. 10: Unterschied PCR und Real-Time PCR: Die Messung bei der Real-Time PCR erfolgt während des gesamten DNA-Vervielfältigungsprozesses; die PCR misst erst am Ende des Vervielfältigungsprozesses. Abb. 11: Ergebnisdarstellung von meridol Paro Diagnostik Dr. Pia-Merete Jervøe-Storm ist Oberärztin in der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde an der Universität Bonn. Nach Studium und mehrjähriger parodontologischer Tätigkeit in Kopenhagen ist die Dänin seit 1989 an der Universität Bonn tätig. Sie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit mikrobiologischen Diagnostikverfahren in der Parodontitistherapie. 3 TENDENZEN 5 Dr. Aneta PecanovSchröder: RealTime PCR – exakte Bestimmung der Keimanzahl 9 NEUE VERFAHREN IN DER PARO-DIAGNOSTIK 7 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 Proben (Taschen) zeigte, dass in diesen Fällen (positiver molekularbiologischer und negativer kul3 tureller Nachweis) die Bakterienzahl jeweils 10 oder kleiner war. Es ist davon auszugehen, dass die Keimmenge unterhalb der Detektionsschwelle der anaeroben Kultur lag oder aber keine ausreichende Menge vitaler Bakterien das Kulturlabor erreicht hatte. Im Gegensatz dazu wurde Prevotella intermedia häufiger kulturell als molekularbiologisch nachgewiesen. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Differenzierung zwischen P. intermedia und P. nigrescens in der Kultur Schwierigkeiten bereitet (falschpositive kulturelle Ergebnisse) und der molekularbiologische Nachweis mittels Real-Time PCR spezifischer ausfällt. Neben der spezifischen und quantitativen Bestimmung der parodontalpathogenen Markerkeime wird mit dem neuen Testverfahren zusätzlich die Gesamtzahl der in der Probe vorhandenen Bakterien quantifiziert. Die Gesamtkeimzahl stellt eine Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, M.S. ist Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde an der Universität Bonn. Besonders parodontologische Fragestellungen interessieren den 45-jährigen gebürtigen Hamburger, der in den USA sowohl ein Postgraduierten-Programm Parodontologie (Loma Linda University, Kalifornien, USA) als auch ein Post-Doktorat absolviert hat und danach zunächst an der Universität Kiel tätig war. Bezugsgröße für die Zahlen der Markerkeime dar. Dadurch kann die Ergebnisdarstellung nicht nur in Form von absoluten Zahlen erfolgen, sondern die Anzahl spezifischer Bakterien kann in ein Verhältnis zur Gesamtkeimzahl gesetzt werden: Es werden die relativen Anteile der einzelnen parodontalpathogenen Markerkeime an der Gesamtkeimzahl angegeben. Damit wird die Probenentnahme, die in der mikrobiologischen Paro-Diagnostik die größte Fehlerquelle darstellt, gewissermaßen standardisiert. Schwankungen, die sich in den absoluten Zahlen bemerkbar machen, werden durch die Verhältnisbildung neutralisiert.“ Abb. 8: Bei der Zerstörung der TaqMan-Sonde wird ein Fluoreszenzsignal freigesetzt, das durch automatische Laserdetektion online gemessen und aufgezeichnet wird. 37 39 41 43 45 47 49 51 53 55 57 59 61 63 65 Abb. 9: Das Fluoreszenzsignal bleibt auch nach Zerstörung der TaqManSonde erhalten. 67 69 71 73 75 77 佥 79 Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit dem neu entwickelten molekularbiologischen Verfahren offenbar eine sensitive und zugleich sehr spezifische Methode zur raschen, quantitativen Erfassung parodontalpathogener Mikroorganismen in subgingivalen Plaqueproben bei Parodontitispatienten zur Verfügung steht. Von großem Interesse ist die Möglichkeit, die gesamte Bakterienzahl in einer Plaqueprobe bestimmen und somit eine Aussage über den relativen Anteil spezifischer Bakterien an der Gesamtkeimzahl machen zu können. Da es gegenwärtig keine Möglichkeit einer standardisierten Probeentnahme aus der parodontalen Tasche gibt, wird dies vermutlich einen besseren Vergleich konsekutiv, d. h. vor, während und nach der Therapie entnommener Bakterienproben erlauben. Dies kann uns eine erweiterte Aussage über die mikrobiologischen Therapieeffekte, beispielsweise im Rahmen einer „Full mouth desinfection“, ermöglichen. (Jepsen, Jervøe-Storm) 81 83 85 87 89 Verschiedene Tests in der Paro-Diagnostik auf Basis der PCR-Methode: IAI Pado Test 4·5, John O. Butler microDent, Hain Lifescience ParoCheck, Greiner Bio-One 91 93 95 97 99 101 103 105 107 109 111 113 115 117 119 121 123 125 127 DENTAL MAGAZIN 3/2003 129