Diabetes: Biomarker mit Fingerspitzengefühl Blutzuckermessgeräte könnten zukünftig nicht nur für die Bestimmung des Glykosewerts, sondern auch für andere Biomarker eingesetzt werden. So ließe sich durch die Messantwort von Nicotinamid-Coenzymen in gängigen Messgeräten unter anderem auch der Laktatspiegel bestimmen. Einfach zu bedienende, tragbare Blutzuckermessgeräte bieten Diabetikern seit Jahren die Möglichkeit, ihren Glukosespiegel schnell und unkompliziert selbst zu messen. Die meisten dieser Messgeräte arbeiten elektrochemisch und beruhen auf enzymatischen Reaktionen: Glukose wird enzymatisch oxidiert, anschließend wird das Enzym durch einen Mediator, dann der Mediator selbst an der Elektrode des Messgeräts rückoxidiert, was einen kleinen elektrischen Strom produziert. Das Messsignal gibt den Strom wieder und korreliert direkt mit der Glukosekonzentration. Ließe sich nun dieses etablierte System auch für die Messung von anderen Biomarkern im Blut als Glukose nutzen, ohne am Aufbau oder der chemischen Ausstattung des Geräts viel zu ändern? Die Gruppe um Yi Lu an der Universität von Illinois hat jetzt ein typisches Glukosemessgerät auf andere Biomarker hin umfunktioniert. Sie fügten einfach ein kleines weiteres Molekül hinzu, Nicotinamidadenindinucleotid (NADH), das sehr viele Redoxenzyme in biologischen Systemen nutzen. Die Idee war, dass die Reaktionen mit NADH das gewünschte Zielmolekül, zum Beispiel Milchsäure oder Laktat, direkt mit dem Mediator an der Elektrode des Blutzuckermessgeräts verknüpfen. Der Laktatspiegel wird bei vielen klinischen Indikationen routinemäßig gemessen: zum Beispiel bei Diabetikern, die ebenfalls ihren Glukosespiegel überwachen müssen. Könnte man gleichzeitig und mit nur einem portablen Gerät Blutzucker und Laktat messen, hätte man viele Vorteile: „Ein solches homogenes Testsystem ist sehr vielversprechend für die Messung zu Hause“, sagen deshalb die Autoren der Studie. Sie beschreiben das dosisabhängige Signal, das Blutzuckermessgeräte auf die Zugabe des Coenzyms NADH liefern. Indem NADH unter Zugabe der geeigneten Enzyme mit L-Laktat reagiert, zeigt es die Laktatkonzentration an: „Zwischen dem Messsignal des Blutzuckermessgeräts und der L-Laktatkonzentration ist ein quantitativer Zusammenhang hergestellt“, erklären die Autoren. Hexokinase schließt Interferenz aus Das von Lu und Mitarbeitern entwickelte System enthält im Wesentlichen die Enzymde, die für eine Enzymreaktionen notwendigen sind. Diese werden einfach der zu untersuchenden Probe mit NADH beigefügt werden. Nach einer kurzen Reaktionszeit wird das Signal abgelesen. Wie aber ist es möglich, dass ein Testgerät für Glukose in der Blutprobe Laktat misst, ohne gleichzeitig den Glukosespiegel anzugeben? Dieses Problem lösten die Wissenschaftler relativ einfach: „Um die Glukoseinterferenz auszuschließen, fügten wir ein weiteres Enzym, die Hexokinase, hinzu. Die Hexokinase wandelt Glukose in Glukose-6-phosphat um, das kein Messsignal produziert“. Die Wissenschaftler ermittelten somit Laktatspiegel in Plasmaproben von Patienten, die den Ergebnissen herkömmlicher Methoden entsprachen. Möglich wären auch Doppelmessungen von L-Laktat und Glukose mit ein- und demselben portablen Blutzuckermessgerät. „Unser Geräteentwurf ermöglicht es, bei gleichzeitiger Glukoseentfernung aus dem Blut die Zielmoleküle in einem einzigen Schritt nachzuweisen“, so die Autoren. Weitere Biomarker, die durch die NADH-Methode erfassbar wären, sollen in Zukunft erforscht werden. Originalpublikation: Dose-Dependent Response of Personal Glucose Meters to Nicotinamide Coenzymes: Applications to Point-of-Care Diagnostics of Many Non-Glucose Targets in a Single Step Jingjing Zhang et al.; Angewandte Chemie; doi: 10.1002/ange.201507563; 2015