α β γ - physik.uzh.ch

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Physik für Studierende der Biologie und der Wirtschaftschemie
Universität Zürich, SS 2007, U. Straumann
Version 14. Juni 2007
Inhaltsverzeichnis
7 Optik
7.2 Geometrische Optik . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.1 Lichtstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.2 Ebene Wellen, Kugelwellen . . . . . . . . .
7.2.3 Elektromagnetische Wellen an Grenzflächen
7.2.4 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.5 Spiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.6 Parabolspiegel . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.7 Linsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.8 Optische Systeme . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.9 Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.10 Abbildungsfehler . . . . . . . . . . . . . . .
7
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7.1
7.1
7.1
7.2
7.2
7.4
7.5
7.7
7.7
7.10
7.12
7.14
Optik
Fortsetzung
7.2
7.2.1
Geometrische Optik
Lichtstrahlen
Wir beobachten, dass wir mit Hilfe von Blenden scheinbar scharf begrenzte Lichtstrahlen erzeugen können.
Solche Strahlen werden an gut definierten Oberflächen reflektiert (poliert, ruhige Wasseroberfläche). Strahlen werden auch in das andere Medium hineingebrochen. Es gilt das experimentell
gefunden Brechungsgesetz (Snellius, 1620, Leiden).
Trifft eine ebene Welle in Richtung ~k1 unter dem Winkel α gegenüber dem Lot auf die ebene Trennfläche zwischen zwei Medien
verschiedener Wellengeschwindigkeit v1 und v2 so wird sie teilweise
reflektiert, teilweise gebrochen. Es gilt das Reflexionsgesetz
α=β .
k1
β
α
k1'
n1
n2
γ
7.1
k2
v1
c n2
n2
sin α
=
=
=
.
sin γ
v2
n1 c
n1
Ferner gilt das Brechungsgesetz:
Über die Anteile von reflektierter und transmittierter Intensität machen diese Gesetze keine
Aussage. Nur im Spezialfall der sogenannten Totalreflexion folgt aus der Energieerhaltung, dass
die reflektierte gleich der einfallenden Intensität ist. Dieser Fall kann auftreten beim Übergang
vom optisch dichteren ins dünnere Medium (n1 > n2 ). Aus
sin α =
n2
n2
sin γ ≤
<1
n1
n1
folgt, dass ein maximaler Einfallswinkel αT existiert. Ist sin α > sin αT = n2 /n1 , so gibt es keine
gebrochene Welle mehr.
Im weiteren misst man, dass die Geschwindigkeit des Lichtes im Medium gerade um den Brechungsindex n kleiner ist, als im Vakuum:
v=
7.2.2
c
n
Ebene Wellen, Kugelwellen
Mathematisch wird eine Kugelwelle, die eine Lösung der dreidimensionalen Wellengleichung ist,
beschrieben durch die Funktion:
u0
sin(kr − ωt) , mit u ≡ E⊥ bzw. u ≡ B⊥ ⊥ ~r , ~k k ~r k ~v .
u(~r, t) =
r
Ebene Wellen sind gegeben durch:
u = u0 sin(~k~r − ωt) , mit u ≡ B⊥ bzw. u ≡ E⊥ ⊥ ~k , ~k k ~v .
Solche ebenen Wellen sind also in transversaler Richtung (senkrecht zu ~k) konstant, und also
unendlich ausgedehnt. Das ist natürlich eine unrealistische Annahme, sie verletzt zum Beispiel
auch den Energiesatz.
In einem homogenen Medium steht der Wellenvektor ~k einer ebenen Welle senkrecht auf den
Ebenen konstanter Phase, und das Welle breitet sich geradlinig aus. Die Ebenen konstanter
Phase nennt man die Phasenflächen.
7.2.3
Elektromagnetische Wellen an Grenzflächen
Wir versuchen nun, die Lichtstrahlen als elektromagnetische Wellen zu interpretieren:
Ein Lichtstrahl ist eine ebene elektromagnetische Welle mit beschränkter
Ausdehnung in transversaler Richtung. Der Wellenvektor zeigt in die Ausbreitungsrichtung des Lichtstrahles.
7.2
Die Lichtgeschwindigkeit war ja
v=
s
1
ǫµǫ0 µ0
Der Unterschied zur Vakuumslichtgeschwindigkeit ist ja das Auftreten der Faktoren ǫ und µ, die
die elektrischen und magnetischen Eigenschaften des Mediums beschreiben. Wir müssen damit
den Brechungsindex identifizieren:
√
n= ǫµ
Weiter lassen wir nun den als ebene Welle identifizierten Lichtstrahl senkrecht auf eine Oberfläche
auftreten. Dann wird die Welle langsamer. Natürlich gilt immer noch v = λ ν. An der Grenzfläche
muss ν1 = ν2 sein, sonst gäbe es Unstetigkeiten in den Feldstärken. Damit muss also λ sich
ändern: Im langsameren Medium ist λ also kleiner.
Trifft ein Lichtstrahl unter einem Winkel vom Vakuum auf ein Medium auf, so werden die Phasenflächen abgewinkelt, da der Teil der Fläche der früher auf das Medium trifft, sich langsamer
fortpflanzt, als der Rest sich noch im Vakuum befindlichen. Der Lichtstrahl wird also gebrochen.
Eine detaillierte Studie der Phase der Welle auf der Grenzfläche ergibt für den Winkel des
gebrochenen Strahles gerade das Brechungsgesetz von Snellius.
Ist die Wellengeschwindigkeit kontinuierlich vom Ort abhängig, so führt dies ebenfalls zu einer Änderung der Ausbreitungsrichtung. Dies ist deutlich zu sehen, wenn ein Lichtbündel eine
Flüssigkeit mit grossem Dichtegefälle (z. B. Zuckerlösung variabler Konzentration) durchdringt.
Bekannt sind solche Erscheinungen in der Atmosphäre, z. B. Luftspiegelungen an heissen Oberflächen (Fata Morgana), “Reflexion” von Radiowellen an der oberen Atmosphäre, welche die
Übertragung über grosse Distanzen ermöglicht. Die Sonnenstrahlen können so gebeugt werden,
dass die Sonne sichtbar ist, auch wenn sie unter dem geometrischen Horizont steht.
Wir haben uns bisher nicht über den Rand des Lichtstrahles unterhalten. Natürlich können die
e.m. Felder am Rand nicht plötzlich null werden, der Bereich der Abnahme der Amplituden liegt
mindestens in der Grössenordnung der Wellenlänge. Die Behandlung des Lichtes als geometrische
Lichtstrahlen ist also unter anderem dadurch beschränkt, dass die Breite des Strahles gross gegen
die Wellenlänge sein soll. Andernfalls werden Beugungseffekte beobachtet.
Historische Bemerkung:
Das Brechnungs- und das Reflexionsgesetz folgen auch aus dem Prinzip von Fermat (1601 1665). Es sagt aus, dass ein Lichtstrahl zwischen zwei Punkten denjenigen Lichtweg zurücklegt,
der gegenüber den unmittelbar benachbarten extremal, in der Regel minimal ist. Unter Lichtweg
ist dabei der geometrische Weg multipliziert mit dem jeweiligen Brechungsindex zu verstehen.
7.3
Für die nebenstehende Skizze lehrt das Fermat’sche Prinzip, dass das
Licht auf dem Weg A → B → E bzw. A → B → C längere Zeit braucht
als auf den Wegen A → D → E bzw. A → D → C, die dem Reflexionsund Brechungsgesetz entsprechen, d. h. z. B.
n1
n2
BE
tABE = AB
v1 + v2 = AB c + BE c
n1
n2
DE
> tADE = AD
v1 + v2 = AD c + DE c
A
n1
n2 B
C
D
E
7.2.4
Abbildungen
Unter Abbildung verstehen wir die Zuordnung zweier Räume (Mengen), so dass jedem Punkt
des einen ein Punkt des andern entspricht und umgekehrt1 :
Abbildung f : A → B (A, B Mengen)
a ∈ A ⇔ f (a) ∈ B (eindeutig) .
In der Optik wird die Menge der Gegenstandspunkte in die Menge der Bildpunkte abgebildet.
Wenn die von einem Punkt des Gegenstands ausgehenden Lichtstrahlen nach Durchlaufen des
abbildenden Systems im Bildraum wieder in einem Punkt zusammen kommen (konvergentes
Bündel), erhält man einen reellen Bildpunkt. Verlassen die Strahlen das abbildende System
jedoch als divergentes Bündel, dann ist der Punkt, von dem aus sie zu kommen scheinen, ein
virtueller Bildpunkt.
Vom abbildenden System verlangen wir, dass die Zuordnung G ↔ B für alle Gegenstandspunkte
gilt und dass die geometrische Anordnung der Bildpunkte eine Ähnlichkeit mit derjenigen der
Gegenstandspunkte zeigt. Diese letzte Bedingung lässt sich nicht streng erfüllen. Man muss
verschiedene Bildfehler in Kauf nehmen (siehe Abschnitt 7.2.10).
Illustration zum Unterschied zwischen reellen und virtuellen Bildern: Wie Abbildung 7.1 zeigt,
Auge
AS
G
B
reelles Bild
AS
G
B
virtuelles Bild
Auge
Abbildung 7.1: Die beiden verschiedenen Arten abbildender
Systeme (AS) erzeugen entweder einen reellen (links) oder
einen virtuellen (rechts) Bildpunkt B des Gegenstandspunkts G.
kann das Auge reelle und virtuelle Bilder nicht unterscheiden. Hingegen können nur reelle Bilder
auf einem Schirm oder einem Film aufgefangen werden.
Ebene Spiegel produzieren immer virtuelle Bilder. Gekrümmte Spiegel und Linsen können je
nach Anordnung virtuelle oder reelle Bilder produzieren.
1
siehe Storrer, op. cit. p. 394
7.4
7.2.5
Spiegel
Wenn ein leuchtender Gegenstand in einem ebenen Spiegel betrachtet wird, so wirkt der Spiegel
als abbildendes System und erzeugt ein virtuelles Bild ohne Verzerrung oder Grössenänderung.
Das virtuelle Bild kann mit dem Auge gesehen werden. Beispiele zeigt Abbildung 7.2. Reelle
oder virtuelle Bilder erhält man auch mit sphärischen Spiegeln. Dabei treten Vergrösserungen
oder Verkleinerungen auf, wie Abbildung 7.3 zeigt.
Auge
D
T
A
E
G
M
B
90˚
90˚
θ
B
θ
Auge
F
Gegenstand
Virtuelles Bild
C
Abbildung 7.2: Abbildungen durch ebene Spiegel. Es wird ein gleichgrosses, virtuelles Bild erzeugt (links). Um sich in voller Grösse sehen zu
können, ist nur ein Spiegel mit halber Grösse
notwendig, wie die rechte Skizze illustriert.
Für die Bildkonstruktion sind nur Lineal und Zirkel notwendig sowie die Kenntnis des Reflexionsgesetzes. Mit Hilfe elementarer Geometrie erhält man die linearisierte Abbildungsgleichung:
Mit den Bezeichnungen G = Gegenstandsgrösse, B = Bildgrösse, g = Gegenstandsweite (Abstand zum Spiegel, positiv auf der Spiegelvorderseite), b = Bildweite und r = Spiegelradius gilt
für den Hohlspiegel das Abbildungsgesetz
2
B
b
1 1
+ = , mit
=− .
b g
r
G
g
Es gilt nur solange der Gegenstand nicht allzugross im Vergleich zum Radius ist (G < r).
Parallel einfallende Strahlen entsprechen der Situation mit g → ∞ und somit b = r/2. Deshalb
heisst f = r/2 die Brennweite des Hohlspiegels, der entsprechende Punkt im Raum wird mit
Brennpunkt F bezeichnet. Parallele Strahlen treffen sich im Brennpunkt. Diese Definition gilt
für jedes abbildende System.
Oft findet man auch die Bezeichnungen x1 = g − f und x2 = b − f für die Distanz zwischen Bild
(resp. Gegenstand) und dem Brennpunkt (Newton’sche Bezeichnung). Die Abbildungsgleichung
lautet allgemein:
7.5
1
Abbildung
7.3:
Bildkonstruktionen
für sphärische
Hohlspiegel: C markiert des
Zentrum der Kugel (Distanz
zur Spiegeloberfläche r). F
den sogenannten Brennpunkt
bei halber Distanz r/2. Der
Abstand
des
Gegenstands
von der Spiegeloberfläche g
wird variiert, die Bilddistanz b
ändert sich entsprechend.
Oben: Gegenstand zwischen
Krümmungszentrum
und
Brennpunkt: reelles, invertiertes und vergrössertes Bild.
F
2
Reelles
Bild
Reelles
Bild
C
F
Gegenstand
Mitte: Gegenstand ausserhalb
des
Krümmungszentrums:
reelles, invertiertes und verkleinertes Bild.
2
Unten: Gegenstand zwischen
Brennpunkt
und
Spiegel:
virtuelles,
aufrechtes
und
vergrössertes Bild auf der
Spiegelrückseite.
1 1
1
+ =
b g
f
3
Gegenstand
C
3
C
F
Gegenstand
1
oder
Virtuelles
Bild
x 1 · x2 = f 2
Zur Abbildungskonstruktion kann man wie folgt vorgehen: Erstens geht der
vom Gegenstand ausgehende parallele Strahl nach dem abbildenden System
durch den Brennpunkt. Zweitens: Der vom Gegenstand zuerst durch den
Brennpunkt gehende Strahl wird nach dem abbildenden System zum parallelen Strahl. Dort wo sich der erste und der zweite Strahl schneiden befindet
sich das Bild.
Diese Regel gilt für alle abbildenden Systeme.
7.6
7.2.6
Parabolspiegel
Sphärische Hohlspiegel bilden nur ein abbildendes System für G ≪ r. Ein Hohlspiegel, der
eine exakte Abbildung produzieren soll, muss eine Paraboloidform haben. Die Gleichung der
Oberfläche muss lauten:
1 2
x
y=
4f
wo x die Ausdehnung des Spiegels in senkrechter Richtung und y die Koordinate der optischen
Achse darstellt.
Der Parabolspielgel macht also aus einer ebenen Welle eine Kugelwelle und umgekehrt. (!)
Scheinwerfer und Spiegelteleskope besitzen Parabolspiegel.
7.2.7
Linsen
Um die Abbildung mit einer Linse zu verstehen, beginnt man zunächst mit einer Seite dieser
Linse, d. h. der Abbildung durch eine brechende, sphärische Fläche. Der Gegenstandspunkt G
soll auf der optischen Achse (Symmetrieachse) liegen.
α
G
h
φ1
g
n1
φ2
γ
n2
φ3
Für den achsialen Strahl ist α =
0 und somit γ = 0. Aus der nebenstehenden Abbildung folgt
B
b
α = φ1 + φ2 und γ = φ2 − φ3 .
Das Brechungsgesetz lautet für kleine Winkel
sin(φ1 + φ2 )
(φ1 + φ2 ) ∼ n2
sin α
=
≈
, ⇒ n1 φ1 + n2 φ3 = (n2 − n1 )φ2 .
=
sin γ
sin(φ2 − φ3 )
(φ2 − φ3 )
n1
φ1 ≃
Setzen wir in gleicher Näherung
h
h
h
, φ2 ≃ , φ3 ≃ ,
g
r
b
n2 − n1
n1 n2
+
=
.
g
b
r
so erhalten wir die Abbildungsgleichung
g ist wieder die Gegenstandsweite, b die Bildweite, welche nur von g, nicht aber von φ1 abhängt.
Daraus folgt, dass alle achsennahen Strahlen (φ1 << 1) im Punkt B, der daher Bildpunkt ist,
vereinigt werden.
Die folgenden Spezialfälle gibt es bei der Analyse des Abbildungsgesetzes hervorzuheben, u. a.
deswegen, weil ihre Kenntnis Bildkonstruktionen erleichtert:
7.7
(i) Der Bildpunkt des unendlich fernen Achsenpunkts wird der bildseitige Brennpunkt (F2 )
genannt. Setzen wir g = ∞, so finden wir aus der Abbildungsgleichung
n2
n2 − n1
n1 n2
+
≡
.
=
∞
b
f2
r
F2
Die bildseitige Brennweite f2 ist daher
f2 =
n2 r
.
n2 − n1
f2
Achsenparallel einfallende Strahlen schneiden sich in F2 . Der Brennpunkt ist reeller Bildpunkt, wenn f2 > 0, d. h. n2 > n1 und r > 0 (Fläche konvex).
(ii) Der gegenstandsseitige Brennpunkt F1 ist der Punkt, dessen Bild unendlich weit weg liegt.
Setzen wir daher b = ∞, so erhalten wir
n2 − n1
n1 r
n1
n1
=
, ⇒ f1 =
=
.
f1
g
r
n2 − n1
F1
Die beiden Brennweiten verhalten sich wie die Brechungsindizes
n1
f1
=
.
f2
n2
f1
(iii) Ist die brechende Fläche konkav statt konvex, d. h. gilt r < 0, so findet man für g = ∞
und n2 > n1
γ
G∞
α
n2 r
<0.
f2 =
n2 − n1
F2 ist virtuelles Bild des unendlich fernen Punktes.
Eine einfache Linse hat zwei sphärische brechende Flächen mit
den beiden Radien r1 und r2 . Diese werden positiv gezählt,
wenn die betreffenden Krümmungsmittelpunkte rechts der brechenden Flächen liegen (Lichteinfall von links). Die Abbildungsgleichung ergibt sich durch zweimaliges Anwenden der
obigen Rechnung.
Für den Übergang n1 nach n2 an der ersten Fläche gilt
n2 − n1
n1 n2
+ ′ =
.
g
b
r1
7.8
F2
r1
n1
n2
r2
n1
Dabei ist b′ die Bildweite für das Zwischenbild B ′ . In Bezug auf die zweite Fläche mit dem
Übergang von n2 nach n1 wird B ′ zum Gegenstandspunkt G′ . Für dünne Linsen gilt in guter
Näherung g′ = −b′ und man erhält mit der Abbildungsgleichung:
n1 − n2
n1 − n2
n2 n1
n2 n1
=
=
+
, ⇒ − ′ +
.
′
g
b
r2
b
b
r2
Wir addieren die letzten beiden Gleichungen und erhalten
1
n2 − n1 1
1
1 1
1
n1 n1
+
= (n2 − n1 )( − ) , ⇒
+ =
( − ).
g
b
r1
r2
g
b
n1
r1 r2
Die beiden Brennweiten sind gleich, weil beidseits derselbe Brechungsindex n1 angenommen
wurde. Wir erhalten für g = ∞ oder b = ∞
n2 − n1 1
1
1
=
( − ).
f
n1
r1 r2
Die Gleichung nennt man die Linsengleichung, sie beschreibt wie gross die Brennweite einer
Linse wird, wenn die Brechungsindizes und die Krümmungsradien gegeben sind.
Die Abbildungsgleichung für dünne Linsen hat dann die Form
1
1 1
+ = .
g
b
f
Die Grösse 1/f heisst die Brechkraft der Linse. Sie wird in Dioptrien angegeben, wobei f in
Meter einzusetzen ist. Eine Linse in Luft mit 5 Dioptrien hat also die Brennweite f = 0.2 m.
Ist f positiv, spricht man von einer Sammellinse, ist f negativ von einer Streulinse.
Bei der praktischen Anwendung der obigen Abbildungsgleichung sind folgende Vorzeichenregeln
zu beachten:
1.
2.
3.
4.
Licht fällt von links ein. Die Einfallsrichtung bestimmt die Vorzeigen von g, b und r.
Gegenstandsweiten sind positiv einzusetzen, wenn G links der Linse ist.
Bildweiten sind positiv einzusetzen, wenn B rechts der Linse liegt.
r1 und r2 sind positiv zu zählen, wenn die Krümmungsmittelpunkte rechts der brechenden
Fläche liegen.
Beispiel Sammellinse: Das Bild B eines beliebigen Gegenstandpunktes G wird graphisch wie
folgt konstruiert, wobei die Linse durch die Linsenebene LE ersetzt wird.
Auf der Achse der Linsen liegen die beiden Brennpunkte symmetrisch zu dieser Ebene. Der Bildpunkt B ist der
Schnittpunkt der ausgezeichneten Lichtstrahlen, die durch
die beiden Brennpunkte laufen. Dabei ist es nicht nötig, dass
sie in Wirklichkeit durch die Linse laufen. Es sind geometrische Hilfsgeraden, deren Schnittpunkte G und B Achsenabschnitte g und b haben, die die Abbildungsformel erfüllen.
7.9
LE
g
G
f
f
B
b
Zur eigentlichen Abbildung tragen nur diejenigen Strahlen bei, die die Linse durchsetzen. Sie
bilden das abbildende Bündel. Aus der Abbildung kann auch die Lateralvergrösserung m abgelesen werden. Sie beträgt
LE
G
F2
F1
B
b
B
=− .
m=
G
g
Der eingeführte negative Wert von m drückt aus, dass das Bild invertiert ist. Ist m positiv, so
ist das Bild aufrecht.
Mit einer dünnen Sammellinse werden Gegenstände, die ausserhalb des Brennpunktes sich befinden, immer reell abgebildet (Auge, Fotoapparat). Gegenstände, die sich innerhalb des Brennpunktes befinden, werden virtuell abgebildet (Lupe).
Bei einer Streulinse werden die Strahlen gestreut. Die gleichen Regeln können angewendet werden. Man erhält dann immer virtuelle Bilder (Brille für kurzsichtige Leute, Türspion).
7.2.8
Optische Systeme
Abbildende Systeme, die aus dünnen Linsen zusammengesetzt sind, wie auch dicke Linsen,
können durch zwei Hauptebenen H1 und H2 mit den dazu gehörenden Brennweiten f1 und
f2 vollständig charakterisiert werden.
Die Punkte P von H1 werden mit der Lateralvergrösserung
m = +1 in Punkte P ′ von H2 abgebildet und umgekehrt. Die
Brennweiten f1 und f2 haben die üblichen Eigenschaften. Sie
werden von den entsprechenden Hauptebenen aus gerechnet.
Sie bestimmen die Brennpunkte des Gesamtsystems. Die Bildkonstruktion erfolgt wieder mit Hilfe von zwei Lichtstrahlen, die
durch die Brennpunkte laufen. Haben bild- und gegenstandsseitiger Raum denselben Brechungsindex, f1 = f2 = f , so gilt
wieder
1
1 1
+ = ,
g
b
f
wobei g und b ebenfalls von H1 bzw. H2 aus gerechnet werden.
Das laterale Vergrösserungsverhältnis ist ebenfalls
m=
P
P'
G
F1
F2
B
f1
f2
g
b
H1 H2
B
b
=− .
G
g
wobei g und b ebenfalls von H1 bzw. H2 aus gerechnet werden. Das laterale Vergrösserungsverhältnis ist ebenfalls
B
b
m=
=− .
G
g
Wir erhalten den Fall der dünnen Linse, wenn H1 und H2 mit der Linsenebene zusammenfallen.
7.10
Das menschliche Auge ist ein zusammengesetztes optisches System. Die Brechungsindizes
der verschiedenen Komponenten unterscheiden sich so wenig, dass die einfallenden Strahlen vor
allem an der Grenzfläche Luft → Cornea gebrochen werden (siehe Abbildung 7.4).
V
C
F1
Cornea
L
F2
G
f2
f1
H1 H2
hyperop
myop
Vorderkammer
Linse
Glaskörper
Abstand H1 H2
nC = 1.38
rC = 7.8 mm
nV = 1.34
nL = 1.40
nG = 1.34
~ 0.3 mm
Abbildung 7.4: Aufbau
des menschlichen Auges.
Abbildung 7.5: Die Korrektur von Kurz- und Weitsichtigkeit durch Brillen. Beim myopen Auge ergibt sich bei Fernakkomodation ohne Brille ein unscharfes Bild, bei Nahakkomodation ein scharfes Bild für nahe Gegenstände. Hier
hilft eine Streulinse. Mit dem hyperopen Auge kann man
bei zusätzlicher Nahakkomodation zwar weit entfernte Gegenstände scharf sehen, für Naheliegendes reicht die Akkomodation nicht aus, es braucht eine Sammellinse.
Der Krümmungsradius der Linse kann durch einen Ringmuskel so verkleinert werden, dass
die Gesamtbrennweite f2 verkürzt wird. Diese sogenannte Akkommodationsfähigkeit ermöglicht
es dem normalsichtigen Auge, Gegenstände in Entfernungen zwischen dem Fernpunkt aR =
∞ (f2 ≃ 23 mm), und dem Nahpunkt, je nach Alter ap ≃ 10 − 40 cm, (f2 ≃ 18 mm), scharf
auf die Netzhaut abzubilden. Die zu kurze Brennweite des myopen Auges kann durch eine vorgesetzte Zerstreuungslinse, die zu lange des hyperopen Auges durch eine Sammellinse korrigiert
werden (Abbildung 7.5). Die Grösse des Netzhautbildes hängt nicht von der Grösse des Gegenstands ab, sondern vom Sehwinkel, unter dem er dem Auge erscheint. Die Grösse ergibt sich
erst, wenn zusätzlich die Entfernung aus der Stellung des Akkommodationsmuskels oder mit
Hilfe des binokularen Sehens bestimmt wird.
Optische Instrumente (Lupe, Mikroskop, Fernrohr) werden im allgemeinen so benützt, dass das
meist virtuelle Bild in einem Normabstand vom Auge, der sogenannten deutlichen Sehweite
L = 25 cm entsteht. Bei den folgenden Anwendungen der geometrischen Optik setzen wir dünne
Linsen voraus. Sie sind durch die Brennweite f1 = f2 = f eindeutig charakterisiert.
Lupe: Rücken wir einen kleinen Gegenstand zur Vergrösserung des Sehwinkels zu nahe ans Auge
(g < ap ), so entsteht auf der Netzhaut kein scharfes Bild. Eine Lupe dient dazu, von diesem
Gegenstand ein Bild im Abstand L = 25 cm zu erzeugen, welches vom Auge scharf gesehen wird.
7.11
θ
G
θ'
B
G
F
L
g
L
Der Gegenstand G muss innerhalb der Brennweite der bikonvexen Linse liegen. Die Bildweite ist
negativ. Halten wir die Lupe unmittelbar vor das Auge, so ist −b ∼
= L. Die Lateralvergrösserung
m = −b/g ist dann gleich gross wie die Winkelvergrösserung θ ′ /θ, wo θ ′ der Winkel des Bilds,
θ der Winkel des Gegenstands im Abstand L ist. Es gilt somit
m=−
1 1
b
L
θ′
b
= −b( − ) = 1 − ≃ 1 + ≃
.
g
f
b
f
f
θ
Linsen-Doublett: Zwei dünne Linsen mit den Brennweiten f1 und f2 seien im Abstand d
hintereinander aufgestellt. Die erste Linse erzeugt das Zwischenbild B1 , das anschliessend durch
die zweite Linse in das endgültige Bild B2 überführt wird.
Aus der Abbildungsformel folgt für die erste
Abbildung
d
G
1
1
b1
1
=
−
, m1 = − .
b1
f1 g1
g1
f1
f1
f2
Die Gegenstandsweite für die zweite Abbildung ist g2 = d − b1 . B1 liegt hinter der zweiten Linse, deshalb ist g2 negativ! Damit gilt
f2
B2
1
1
1
b2
−b2
=
−
, m2 = − =
.
b2
f 2 d − b1
g2
d − b1
LE1
LE2
m = m1 m2 =
Die totale Lateralvergrösserung ist somit
B1
b1 b2
.
g1 (d − b1 )
Mikroskop: Auch das Mikroskop ist im Prinzip ein Linsendoublett. Die Resultate von vorher
können daher benutzt werden. Die beiden Linsen heissen Objektiv und Okular (siehe Abbildung
7.6). Das Objektiv hat eine kurze Brennweite f1 . Der Gegenstand befindet sich etwas ausserhalb der Brennweite (g1 > f1 ) und wird durch das Objektiv in ein stark vergrössertes, reelles
Zwischenbild B1 abgebildet. Das Okular wird als Lupe verwendet und erzeugt ein virtuelles
Zwischenbild B2 . Dieses wird vom Auge ungefähr in der deutlichen Sehweite L gesehen.
7.2.9
Dispersion
Unter Dispersion versteht man die Tatsache, dass der Brechungsindex der meisten Substanzen
von der Wellenlänge der Strahlung abhängt.
n = n(λ)
7.12
b2
d
G
g1
f1
f2
f1
B1
b1
g2
Objektiv
B2
Auge
Okular
Beispiel: f1 = 5 mm, f2 = 50 mm, d = 200 mm, −b2 ∼
= L = 250 mm
1
1
1
1
1
g2 = f2 − b2 = f2 + L , → g2 = 41.7 mm , d = g2 + b1 , → b1 = 158.3 mm ,
b1 b2
1
1
1
g1 = f1 − b1 , → g1 = 5.2 mm , ⇒ m = g1 (d − b1 ) , → m = −184 .
Abbildung 7.6: Schematischer Aufbau eines Mikroskops und typische Zahlenwerte für eine etwa
200-fache Vergrösserung.
Im sichtbaren Gebiet nimmt n in der Regel mit zunehmender Wellenlänge ab. In den üblichen
Gläsern ist n (violett) grösser als n (rot). Violett wird stärker gebrochen als rot. Man spricht
von normaler Dispersion.
n
1
4000
7000
Å
In gewissen Wellenlängenbereichen kann auch das Umgekehrte zutreffen: n steigt mit zunehmender Wellenlänge. Dies tritt ein, wenn die Frequenz der einfallenden Strahlung in der Nähe einer
Eigenfrequenz des durchstrahlten Materials liegt, d. h. wenn eine Resonanz auftritt.
Da im Brechungsgesetz das n vorkommt, kann mit Hilfe zum Beispiel eines Prismas die Strahlung
in ihre verschiedenen Wellenlängen zerlegt werden. Man spricht von einem Spektrograph.
Ein Regenbogen entsteht durch Brechung in den Wassertröpfen. Wegen der Dispersion ist der
Regenbogen farbig.
7.13
7.2.10
Abbildungsfehler
Optische Systeme können keine vollkommenen Bilder erzeugen, denn es treten Bildfehler auf, die
sich nie ganz eliminieren lassen. Sie können aber mit geeigneten Linsenkombinationen teilweise
so unterdrückt werden, dass sie nicht stören. Zu den bekanntesten Abbildungsfehlern gehören
Sphärische Aberration: Bei Linsen mit sphärischen Flächen treffen sich achsenparallele Strahlen nicht im Brennpunkt. Die achsenfernen Strahlen werden stärker gebrochen als die
achsennahen.
Astigmatismus: Ein seitlich der Achse liegender Punkt wird durch eine sphärische Fläche nicht
exakt in einen Punkt B abgebildet, sondern in zwei zueinander normale, hintereinander
liegende Linienelemente. Der Astigmatismus schiefer Bündel ist der am schwierigsten zu
behebende Fehler. Er kann leicht mit einem quadratischen Raster als Gegenstand beobachtet werden. Werden dabei schiefe Bündel zur Abbildung verwendet, so sieht man entweder
die horizontalen oder dann die vertikalen Rasterstäbe in zwei verschiedenen Bildebenen
scharf.
Chromatische Aberration: Wegen der Dispersion wird die Lage des Bildes von der Wellenlänge abhängen, es gibt farbige Ränder. Werden Linsen aus Gläsern mit verschiedener
Dispersion zusammengeklebt, so kann die chromatische Aberration teilweise kompensiert
werden (Achromaten).
7.14
Zugehörige Unterlagen
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