1 Vorlesung Mathematik für Ingenieure 3 (Wintersemester 2008/09) Kapitel 15: Eigenwerte und -vektoren Volker Kaibel Otto-von-Guericke Universität Magdeburg (Version vom 19. November 2008) 2 Diagonalisierbarkeit Definition 15.1 Eine Matrix A ∈ Kn×n heißt diagonalisierbar, wenn es eine invertierbare Matrix S ∈ Kn×n gibt, so dass D = S −1 AS eine Diagonalmatrix ist. 3 Eigenwerte und -vektoren Definition 15.2 Eine Zahl λ ∈ K heißt ein Eigenwert von A ∈ Kn×n , wenn es (wenigstens) einen Vektor v ∈ Kn \ {On } gibt mit Av = λv . Diese Vektoren heißen dann Eigenvektoren zum Eigenwert λ. 4 Kriterium für Diagonalisierbarkeit Satz 15.3 Eine Matrix A ∈ Kn×n ist genau dann diagonalisierbar, wenn es eine Basis von Kn aus lauter Eigenvektoren von A gibt. Schreibt man diese Basisvektoren als Spalten in eine Matrix S ∈ Kn×n , so ist S −1 AS eine Diagonalmatrix, auf deren Diagonalen die zu den Basisvektoren gehörenden Eigenwerte stehen. 5 Eigenräume Definition 15.4 Für einen Eigenwert λ ∈ K von A ∈ Kn×n heißt EigA (λ) = {v ∈ Kn | Av = λv } der Eigenraum zum Eigenwert λ. 6 Das charakteristische Polynom Definition 15.5 Für eine Matrix A ∈ Kn×n heißt χA = det(A − x · In ) ∈ K[x]n das charakteristische Polynom von A. Satz 15.6 Die Eigenwerte von A ∈ Kn×n sind genau die Nullstellen des charakteristischen Polynoms χA ∈ K[x]n von A. 7 Konsequenzen Bemerkung 15.7 Eine Matrix A ∈ Kn×n hat also höchstens n Eigenwerte (weil χA den Grad n hat). Satz 15.8 Jede Matrix in Cn×n hat wenigstens einen Eigenwert; wegen Rn×n ⊆ Cn×n hat also jede Matrix wenigstens einen Eigenwert in C. 8 Nicht-reelle Eigenwerte reeller Matrizen Bemerkung 15.9 Die nicht-reellen Eigenwerte reeller Matrizen treten als Paare zueinander komplex-konjugierter komplexer Zahlen auf. 9 Vielfachheiten von Nullstellen I Jedes Polynom p(x) ∈ C[x] vom Grad n zerfällt in n Linearfaktoren: p(x) = α · (λ1 − x)k1 · (λ2 − x)k2 · · · · · (λr − x)kr I mit α ∈ C \ {O} , λi 6= λj , k1 + k2 + · · · + kr = n λ1 , . . . , λr sind genau die Nullstellen von p(x), ihre Vielfachheiten sind k1 , . . . , kr . 10 Vielfachheiten von Eigenwerten Definition 15.10 Ist λ ∈ K ein Eigenwert von A ∈ Kn×n , so ist die algebraische Vielfachheit von λ die Vielfachheit der Nullstelle λ des charakteristischen Polynoms χA von A; die geometrische Vielfachheit von λ ist dim (EigA (λ)). 11 Algebraische und geometrische Vielfachheit Satz 15.11 Die geometrische Vielfachheit eines Eigenwerts ist höchstens so groß wie seine algebraische Vielfachheit; für jeden Eigenwert gilt also: 1 ≤ geom. Vielf. ≤ alg. Vielf. 12 Diagonalisierbarkeit und Eigenwerte Satz 15.12 Eine Matrix A ∈ Kn×n ist genau dann (über K) diagonalisierbar, wenn ihr charakteristisches Polynom χA (über K) in Linearfaktoren zerfällt und für jeden Eigenwert die geometrische Vielfachheit so groß wie die algebraische ist. 13 Determinante und Spur. . . Satz 15.13 Sind λ1 , . . . , λr ∈ C die Eigenwerte einer Matrix A ∈ Cn×n mit algebraischen Vielfachheiten k1 , . . . , kr , so ist k k I det (A) = λ 1 · λ 2 · · · · · λkr r 2 1 I Spur (A) = k1 λ1 + k2 λ2 + · · · + kr λr n P (Spur (A) = Aii ) i=1 14 . . . im charakteristischen Polynom Bemerkung 15.14 Für jede Matrix A ∈ Kn×n ist χA = (−1)n x n +(−1)n−1 Spur (A)x n−1 +· · ·+det (A), Spur und Determinante findet man also in den Koeffizienten des charakteristischen Polynoms. 15 Komplex konjugierte Vektoren/Matrizen Definition 15.15 Für v = (v1 , . . . , vn ) ∈ Cn sei v = (v1 , . . . , vn ) ∈ Cn der zu v komplex konjugierte Vektor; für A = (aij ) ∈ Cn×n sei A = (aij ) ∈ Cn×n die zu A komplex konjugierte Matrix. 16 Symmetrische reelle Matrizen Satz 15.16 Jede symmetrische reelle Matrix A ∈ Rn×n ist über R diagonalisierbar. Satz 15.17 Die Eigenräume zu verschiedenen Eigenwerten einer symmetrischen reellen Matrix stehen orthogonal zueinander (d.h., je zwei Vektoren aus verschiedenen Eigenräumen haben Skalarprodukt Null). 17 Orthonormalbasen, orthogonale Matrizen Definition 15.18 Eine Orthonormalbasis ist eine Basis von Rn , deren Vektoren paarweise orthogonal aufeinander stehen und Norm Eins haben. Definition 15.19 Eine Matrix S ∈ Rn×n heißt orthogonal, wenn S T S = I (d. h. S −1 = S T ) gilt. Bemerkung 15.20 Eine Matrix S ∈ Rn×n ist genau dann orthogonal, wenn die Spalten von S eine Orthonormalbasis von Rn bilden. 18 Reelle symmetrische Matrizen Satz 15.21 Für jede symmetrische Matrix A ∈ Rn×n gibt es eine orthogonale Matrix S ∈ Rn×n , so dass S T AS = D Diagonalgestalt hat. Die Eigenwerte von A stehen dabei mit ihren (algebraischen, geometrischen) Vielfachheiten auf der Diagonalen von D. Die Spalten von S bilden eine Orthonormalbasis von Rn aus Eigenvektoren von A. 19 Hermitesche Matrizen Definition 15.22 Eine Matix A ∈ Cn×n heißt hermitesch, wenn T A = A ist. Satz 15.23 Jede hermitesche Matrix A ∈ Cn×n ist diagonalisierbar und hat nur reelle Eigenwerte.