das problem periimplantitis.

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SCHWERPUNKT
DAS PROBLEM
PERIIMPLANTITIS.
Geistlich News 02 | 2014
5
Illustration: Büro Haeberli
Die Infektion rund um Implantate ist hartnäckig.
Was hilft? Was nicht? Wie kann man vorbeugen?
SCHWERPUNKT
Wie häufig sind periimplantäre
Erkrankungen?
Prof. Niklaus P. Lang | Schweiz
Prof. Dr. med. dent. emeritus Universität Bern
Honorarprof. University of Hong Kong |
Universität Zürich | University College London
Periimplantitis ist ein so
junges Phänomen, dass es
noch kaum verlässliche
Daten zur Häufigkeit der
Infektion gibt. Schätzungen
lassen auf eine Inzidenz von
ca. 1 % pro Jahr schließen.
Die Frage, wie häufig periimplantäre
Erkrankungen vorkommen, ist nicht
leicht zu beantworten. Erstens fehlen
speziell konzipierte epidemiologische
Studien zu diesem Thema. Somit kann
man die Zahl nur aus retrospektiven
Kohortenstudien ableiten. Zweitens
existieren in Studien verschiedene Definitionen der Periimplantitis, sodass
sich die Daten nicht immer vergleichen
lassen. Drittens hängt die Häufigkeit
der Periimplantitis in einem Patientenkollektiv von verschiedenen Faktoren
ab. Entsprechend ist die Periimplantitishäufigkeit in verschiedenen Patientenkollektiven verschieden.
Verschiedene Definitionen –
verschiedene Prävalenz
Natürlich spielt die Definition der
Periimplantitis bei der Berechnung der
Prävalenz und Inzidenz eine entschei-
6
Geistlich News 02 | 2014
dende Rolle. Die Periimplantitis ist ein
so junges Krankheitsbild, dass sie in
Studien, die vor 2000 publiziert wurden, selten als biologische Komplikation behandelt wird. In wenigen Fällen
wurden Weichgewebeläsionen aufgeführt, jedoch nicht definiert, oder
die Periimplantitis wurde auf der
Grundlage einiger willkürlicher radiologischer Knochenhöhen definiert, die
nach einer Konferenz 1986 propagiert
wurden1. So lassen sich die Daten aus
älteren Studien oft nicht verwenden,
um die Prävalenz von periimplantären
Erkrankungen zu ermitteln.
Mittlerweile gilt neben dem Knochenschwund auch die Sondierungstiefe
(probing pocket depth, PPD) als maßgeblicher klinischer Parameter, vor
allem, wenn es um die Diagnose der
Periimplantitis in einem frühen Stadium geht 2. Eine zunehmende Sondierungstiefe ist sehr wahrscheinlich das
erste Anzeichen für die Entstehung einer Periimplantitis und zieht eine Kontrolle der knöchernen Situation mittels
Röntgenuntersuchung nach sich.
In verschiedenen Studien wurden verschiedene Schwellenwerte für die Sondierungstiefe festgelegt, ab denen von
einer Periimplantitis auszugehen ist.
Im Allgemeinen wurde eine Sondierungstiefe ≥ 5 mm für frühe Anzeichen
oder eine Periimplantitis Stufe 1 und
eine Sondierungstiefe ≥ 6 mm für eine
weiter fortgeschrittene Periimplantitis
(Stufe 2) zugrunde gelegt.
Durch die Anwendung unterschiedlicher Schwellenwerte für die Sondierungstiefe bei der Definition der Periimplantitis wird die Erkrankungsprävalenz unvermeidlich verändert. Beispielsweise wurde in einer aktuellen
Studie3 in einer Kohorte von 70 Patienten mit behandelter Parodontitis,
bei denen nach durchschnittlich acht
Jahren Implantate eingesetzt wurden,
festgestellt, dass bei einem hohen Prozentsatz der Patienten (38.6 %) 22.2 %
der Implantate von einer Periimplantitis der Stufe 1 (PPD ≥ 5 mm) betroffen
waren. Wenn die Schwelle für eine Periimplantitis auf eine Sondierungstiefe
≥ 6 mm festgesetzt worden wäre (Stufe 2), wäre die Prävalenz der Periimplantitis auf 8.8 % der Implantate bei
17.1 % der Patienten gesunken.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass
bei einem von sechs Patienten nach
acht Jahren Verweildauer eine Periimplantitis diagnostiziert wurde und diese eines von zwölf Implantaten betraf.
Prävalenz je nach
Patientenkollektiv
Prof. Giovanni Salvi, Schweiz, hat in
seinem Beitrag die Risikofaktoren für
eine Periimplantitis aufgeführt (S. 9–11).
Periimplantitis
entsteht durchschnittlich an jedem zehnten
Implantat und bei
jedem fünften
Patienten nach fünf
bis zehn Jahren.
Das Vorhandensein dieser Risikofaktoren – zum Beispiel Rauchen, stattgehabte Parodontitis, schwer zu
reinigende Rekonstruktionen, Zementreste implantatgetragener Kronen –
hat ebenfalls einen Einfluss auf die
Periimplantitisprävalenz eines Patientenkollektivs. So führten etwa bei
Patienten, die für eine Parodontitis
anfällig sind, Zementreste implantatgetragener Kronen in 85 % der Fälle zur
Entstehung einer Periimplantitis, während dies bei einer Gruppe von Kontrollpatienten mit verschraubten
Kronen nur in 1.08 % der Fälle zutraf 4.
Andererseits waren nach der Entfernung von überschüssigem Zement
unter faseroptischer Vergrößerung
bei 74 % keine Anzeichen einer Periimplantitis mehr vorhanden 5.
Periimplantäre Erkrankungen korrelieren zudem stark mit der Anfälligkeit
des Patienten für parodontale Erkrankungen 6–8. Darüber hinaus kann bei anfälligen Personen die Prävalenz durch
verbliebene parodontale Taschen nach
aktiver Parodontalbehandlung 3 oder
nicht behandelte Parodontaltaschen
beeinflusst werden.
Systematische Überprüfung
der Prävalenz
Für die dritte EAO-Konsensuskonferenz im Februar 2012 in Pfäffikon,
Schweiz, wurde eine systematische
Überprüfung zur Bestimmung von Prävalenz und Inzidenz der Periimplantitis
durchgeführt 9.
Da die in die Analyse aufgenommenen
Studien sehr heterogen waren, konnte
keine Metaanalyse durchgeführt und
kein eindeutiger, exakter und relevanter Anteil von Implantaten genannt
werden, die nach einer festgelegten
Verweildauer von periimplantären Erkrankungen betroffen waren. Daher
konzentrierte sich die Analyse auf die
Beschreibung aller relevanten Studien.
Es wurde erklärt, dass «fünf bis zehn
Jahre nach der Implantation etwa 10 %
der Implantate und 20 % der Patienten
von einer Periimplantitis betroffen
waren».
Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass
diese kumulative Prävalenz von etwa
1 % pro Jahr Verweildauer eine sehr
grobe Schätzung ist, die von den zuvor
erwähnten Faktoren abhängt.
Bild: ©iStock.com/dem10
SCHWERPUNKT
Schätzung der Inzidenz
Die Berechnung der mutmaßlichen
Inzidenz der Periimplantitis würde eine
exakte Definition eines neuen Falls erfordern, wahrscheinlich mit einem
Knochenschwund von ≥ 2 mm innerhalb eines festgelegten Zeitraums.
Bisher kann man aufgrund der Prävalenzdaten nur spekulieren, dass die
Inzidenz neuer Fälle von Periimplantitis pro Jahr etwa 1 % beträgt.
Referenzen
1 Albrektsson T, et al.: International Journal of
Oral & Maxillofac Implants 1986; 1: 11–25.
2 Klinge B, Meyle J: Clinical Oral Implants
Research 2012; 23; Suppl 6: 108–10.
3 Pjetursson BE, et al.: Clinical Oral Implants
Research 2012; 23: 888–94.
4 Linkevicius T: Clinical Oral Implants Research
2012: Aug 8 [Epub ahead of print].
5 Wilson TG Jr: Journal of Periodontology 2009;
80: 1388–92.
6 Karoussis IK, et al.: Clinical Oral Implants
Research 2003; 14: 329–39.
7 Brägger U, et al.: Clinical Oral Implants
Research 2005; 16: 326–34.
8 Ong CT, et al.: Journal of Clinical Periodontology 2008; 35: 438–62.
9 Mombelli AW, et al.: Clinical Oral Implants
Research 2012; 23: Supplementum 6, 67–76.
Geistlich News 02 | 2014
7
SCHWERPUNKT
Parodontitis und Periimplantitis
sind verschieden
Prof. Tord Berglundh | Schweden
Department of Periodontology
Institute of Odontology
The Sahlgrenska Academy at University
of Gothenburg
Infektionen rund um Zähne Mukositis vs. Gingivitis
und Infektionen rund um
Ergebnisse aus klinischen und experiImplantate haben Gemein- mentellen Studien haben gezeigt, dass
periimplantäre Mukositis und Gingivisamkeiten. Aber im Vergleich zur Parodontitis weist tis viele Merkmale gemein haben. Gingivitis und periimplantäre Mukositis
die Periimplantitis verschie- entstehen als Antwort auf eine Plaquebildung an Zähnen oder Implantaten
dene Charakteristika auf,
die die Behandlung schwie- und ähneln sich in Bezug auf Lokalisa-3
tion, Größe und Zusammensetzung .
riger machen.
Die Läsionen können, wenn sie unbeIn Konsensusberichten vom Europäischen Workshop zur Parodontologie
wurde festgehalten, dass periimplantäre Mukositis und Periimplantitis infektiöse Erkrankungen sind.
Die periimplantäre Mukositis ist eine
entzündliche Läsion, die sich in der
Mukosa befindet. Periimplantitis hingegen betriff t auch den unterstützenden Knochen1. Außerdem ist die
Periimplantitis charakterisiert durch
Veränderungen in der Höhe des krestalen Knochens in Verbindung mit
Blutung bei Sondieren mit oder ohne
Vertiefung von periimplantären Taschen. Pus ist ein häufiger Befund an
Stellen mit Periimplantitis 2.
8
Geistlich News 02 | 2014
handelt bleiben, fortschreiten und sich
zu Parodontitis- bzw. PeriimplantitisLäsionen entwickeln.
Mehr neutrophile Granulozyten und Osteoklasten
Obwohl es auch offensichtliche Ähnlichkeiten im Hinblick auf klinische
Charakteristika und Ätiologie von
Periimplantitis und Parodontitis gibt,
bestehen zwischen den beiden Infektionen entscheidende histopathologische Unterschiede.
Daten aus experimentellen Studien
und Analysen von Humanbiopsien haben gezeigt, dass Periimplantitis-Läsi-
onen schlecht verkapselt sind und sich
in den Knochen erstrecken. Sie sind zudem größer und reichen näher an den
Knochenkamm als Parodontitis-Läsionen. Außerdem enthalten Periimplantitis-Läsionen größere Anteile von
neutrophilen Granulozyten und Osteoklasten als Parodontitis-Läsionen 4–6.
Referenzen
1 Lindhe J, Meyle J: J Clin Periodontol 2008; 35
(Suppl. 8): 282–85.
2 Lang NP, Berglundh T: J Clin Periodontol 2011;
38 (Suppl. 11): 178–81.
3 Lang NP, et al.: J Clin Periodontol 2011; 38
(Suppl. 11): 182-87.
4 Lindhe J, et al.: Clinical Oral Implants Research
1992; 3: 9-16.
5 Carcuac O, et al.: Clinical Oral Implants
Research 2013; 24, 363–71.
6 Berglundh T, et al.: J Clin Periodontol 2011; 38
(Suppl. 11): 188–202.
SCHWERPUNKT
Periimplantitis früh
diagnostizieren
Prof. Giovanni E. Salvi | Schweiz
Stv. Direktor Klinik für Parodontologie
Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern
1
2
1 Bluten auf Sondieren ist ein
Hinweis auf eine bereits
bestehende periimplantäre
Mukositis, die, falls unbehandelt,
in eine Periimplantitis
fort schreiten kann.
3
2 In der chirurgischen Darstellung
zeigt sich der typische
kraterförmige Knochendefekt.
Fotos: Salvi
3 Periimplantärer Defekt
radiologisch.
Im Recall nach Implantatsetzung sollten die
periimplantären Gewebe
sorgfältig klinisch und
radiologisch überwacht
werden. So fallen Veränderungen frühzeitig auf.
Die Sondierung rund um das Implantat spielt bei der Diagnostik periimplantärer Erkrankungen eine wichtige
Rolle, ebenso die radiologische Kontrolle, bei der Knochenveränderungen
im Vergleich zur Ausgangssituation
gleich nach Eingliederung der Rekonstruktion bewertet werden.
Sondierung periimplantärer
Weichgewebe
Mit einer Parodontalsonde aus Kunststoff oder Metall wird an vier bis
sechs Stellen um das Implantat sondiert. Während der Heilungsphase
der Weichgewebe nach Implantation
(6–8 Wochen) sollte auf eine Sondierung verzichtet werden. Die Sondie rungstiefe wird in Relation zur
Sondierungstiefe nach Eingliederung
der Rekonstruktion (= Ausgangssituation) gesetzt. Der Sondierungsdruck
sollte 0.2–0.25 N nicht überschreiten.
Eine Zunahme der Sondierungstiefe
über die Zeit ist ein Alarmsymptom
und bedarf weiterer Abklärung.
Bei tief gesetzten Implantaten im
ästhetischen Bereich sind auch unter
entzündungsfreien Verhältnissen Sondierungswerte von 5–6 mm im approximalen Bereich zu messen.
Entzündungszeichen und
Bluten auf Sondieren
Klinische Veränderungen der periimplantären Mukosa wie Rötung und
Schwellung sollten regelmäßig untersucht werden. Die Abwesenheit von
Bluten auf Sondieren ist ein Indikator
für periimplantäre Gesundheit.
Während einer Beobachtungszeit von
zwei Jahren konnte an Recall-Patienten
Geistlich News 02 | 2014
9
SCHWERPUNKT
gezeigt werden, dass eine Progression
der Periimplantitis stattfand, wenn bei
mehr als der Hälfte der Sitzungen
durch die Sondierung um Implantate
eine Blutung ausgelöst wurde 1.
Radiographische
Aufnahmen
Die radiographische Darstellung des
Implantates sollte immer im Zusammenhang mit dem klinischen Befund
erfolgen. Zur radiographischen Diagnostik haben sich die intraorale
Zahnfilmaufnahme, die Orthopanthomographie (OPT) und, bei speziellen
Indikationen, die digitale Volumentomographie (DVT), bewährt. Messen
sollte man den Abstand von einem
festen Referenzpunkt, zum Beispiel der
Implantatschulter, zum krestalen Knochen. Als radiologische Referenz
(=Baseline) dient das Knochenniveau
zum Zeitpunkt der Eingliederung der
Rekonstruktion.
Referenzen
1 Luterbacher S, et al.: Clin Oral
Implants Res 2000; 11: 521–29.
2 Sanz M, et al.: Clin Oral Implants
Res 1991; 2: 128–134.
3 Karoussis IK, et al.: Clin Oral
Implants Res 2003; 14: 329–39.
4 Lee C-YJ, et al.: Clin Oral Implants
Res 2012; 23: 325–33.
5 Pjetursson BE, et al.: Clin Oral
Implants Res 2012; 23: 888–94.
6 Roccuzzo M, et al.: Clin Oral
Implants Res 2013 (Epub ahead
of print).
7 Heitz-Mayfield LJ, et al.: Int J Oral
Maxillofac Implants 2014; 29
(Suppl): 346–50.
8 Heitz-Mayfield LJ, Huynh-Ba G:
Int J Oral Maxillofac Implants
2009; 24 Suppl: 39–68.
9 Strietzel FP, et al.: J Clin
Periodontol 2007; 34: 523–44.
10 Bain CA: Int J Oral Maxillofac
Implants 1996; 11: 756–59.
11 Serino G, Ström C: Clin Oral
Implants Res 2009; 20: 169–174.
12 Ferreira SD, et al.: J Clin
Periodontol 2006; 33: 929–35.
Implantatbeweglichkeit ist Zeichen
eines vollständigen Verlustes der
Osseointegration und kann daher nicht
zur Frühdiagnose einer Periimplantitis
herangezogen werden. Implantatbeweglichkeit in Abwesenheit von Zeichen wie Bluten auf Sondieren,
erhöhten Sondierungstiefen, Suppuration und krestalem Knochenverlust
kann auf Überbelastung hindeuten2.
Suppuration
Eine eitrige Sekretion mit oder ohne
Fistelbildung resultiert aus einer fortgeschrittenen Entzündung. Suppuration eignet sich daher ebenfalls nicht
zur Frühdiagnose einer Periimplantitis.
10
Geistlich News 02 | 2014
Die Überlebens- und Erfolgsraten von Implantaten bei
Patienten mit Parodontitis in
der Vorgeschichte sind tiefer
als bei Patienten ohne
parodontale Probleme 3.
Fazit: Eine parodontale Infektionskontrolle vor Implantation ist von grosser Bedeutung.
Das Belassen von Residualtaschen > 5 mm mit Blutung
auf Sondieren um Zähne
gefährdet die Erfolgsrate der
Implantate 4,5.
13 Wilson TG Jr: J Periodontol 2009;
80: 1388–92.
14 Heitz-Mayfield LJ, et al.: Clin Oral
Implants Res 2004; 15: 259–68
15 Lin GH, et al.: J Periodontol 2013;
84: 1755–67.
16 Costa FO, et al.: J Clin Periodontol
2012; 39: 173–81.
Implantatbeweglichkeit
PARO-ANAMNESE
17 Renvert S, et al.: J Clin Periodontol
2012; 39: 1191–97.
OBERFLÄCHENRAUHIGKEIT
Implantate mit glatter oder
mikro-rauer Oberfläche weisen
eine vergleichbare Zunahme
der Periimplantitis über eine
Beobachtungsdauer von 13
Jahren auf 17.
MUKOSITIS
Eine diagnostizierte aber
nicht behandelte Mukositis
schreitet häufiger in eine
Periimplantitis fort als eine
behandelte Mukositis 16.
Fazit: Mukositis rechtzeitig
behandeln statt abwarten.
SCHWERPUNKT
Risikofaktoren
für Periimplantitis
REINIGUNGSMÖGLICHKEIT
Prof. Giovanni E. Salvi | Schweiz
BETREUUNG
Die 10-Jahres-Überlebensund Erfolgsraten von Implantaten in Patienten mit behandelter Parodontitis sind
bei unregelmäßiger Betreuung
tiefer als bei regelmäßiger
Betreuung 6.
Fazit: Ein regelmäßiges Recallintervall von 3–6 Monaten
je nach Risikoprofil des
Patienten kann empfohlen
werden 7.
RAUCHEN
Rauchen führt zu häufigeren
Weichgewebekomplikationen
und zu erhöhtem periimplantären Knochen- oder Implantatverlust 8–9.
Fazit: Ein Rauchentwöhnungsprogramm erhöht die Überlebensrate der Implantate 10.
Der Reinigung nicht zugängliche Rekonstruktionen weisen
häufiger Periimplantitis auf
als Rekonstruktionen mit
Reinigungszugang 11.
Fazit: Die eingegliederte
Rekonstruktion sollte dem
Patienten einen ungehinderten
Reinigungszugang ermöglichen.
MUNDHYGIENE
Eine schlechte Mundhygiene
erhöht das Risiko an Periimplantitis zu erkranken12.
Fazit: Eine optimale Mundhygiene ist wichtig, um
entzündungsfreie periimplantäre Verhältnisse aufrecht zu
erhalten.
ZEMENTÜBERSCHÜSSE
Iatrogen-bedingte Zementüberschüsse sind mit Mukositis
und Periimplantitis assoziiert 13.
KERATINISIERTE MUKOSA
Eine ungenügende Breite
(< 2 mm) der keratinisierten
Mukosa ist mit erhöhter
Plaqueakkumulation, Entzündung und Rezessionsbildung assoziiert 15.
Fazit: Bei der Implantation
oder bei der Wiedereröffnung
sollte auf eine genügende
Breite (≥ 2 mm) der keratinisierten Mukosa geachtet
werden.
IMPLANTATÜBERBELASTUNG
Obwohl Resultate aus
Tierversuchen keinen Einfluss
der Überbelastung auf den
Verlust der Osseointegration
nachweisen konnten 14, kann
Überbelastung als Grund für
den Verlust an Osseointegration
(ohne bakterielle Infektion) am
Menschen nicht ausgeschlossen
werden2.
Fazit: Der Zementierung sollte
große Aufmerksamkeit
geschenkt werden. Sonst ist
eine verschraubte Rekonstruktion zu bevorzugen.
Geistlich News 02 | 2014
11
SCHWERPUNKT
Periimplantitis systematisch
behandeln
Prof. Lisa J.A. Heitz-Mayfield | Australien
University of Western Australia
The University of Sydney
West Perth Periodontics
Es ist nicht eine einzelne
Maßnahme, die gegen
Periimplantitis hilft, sondern die systematische
Kombination verschiedener
Schritte. Zunächst kommt
es darauf an, auslösende
Faktoren zu identifizieren.
Danach werden die Infektion rund um das Implantat
bekämpft und regenerative
Maßnahmen erwogen.
Schritt 1 – Beurteilung der
Situation
Zunächst sollte der implantatgetragene Zahnersatz untersucht werden.
So lässt sich feststellen, ob die Periimplantitis auf Faktoren wie eine
Schraubenlockerung, nicht entfernte
Überschüsse von Befestigungszement
oder eine unzulängliche Passform einzelner Komponenten resp. Konturen
des Zahnersatzes zurückgehen könnte.
Der Zahnersatz sollte zudem einwandfrei sitzen und zu reinigen sein. Korrekturen werden bei Bedarf auch nach
Entfernung des Zahnersatzes durchgeführt.
12
Geistlich News 02 | 2014
Zudem gilt es, Risikofaktoren wie eine
schlechte Mundhygiene, Rauchen, Diabetes oder das Vorliegen tiefer parodontaler Taschen anzugehen1.
Schritt 2 – Nicht-chirurgisches Débridement
Vor einer chirurgischen Intervention
sollte ein nicht-chirurgisches Débridement mit Titankürette, Pulverstrahlgerät, Ultraschallgerät, fotodynamischer
Therapie oder Er:YAG-Laser erfolgen.
Systemische Antibiotika, lokale antibakterielle Wirkstoffe und/oder topische Antiseptika (z.B. Chlorhexidin)
können in Verbindung mit dem Débridement verordnet werden. Wichtig ist
auch eine individualisierte Mundhygieneunterweisung, um eine gute
Plaquekontrolle zu gewährleisten.
Schritt 3 – Neubeurteilung
Eine Neubeurteilung sollte etwa vier
Wochen nach dem nicht-chirurgischen
Débridement erfolgen, um festzustellen, ob die Periimplantitis zurückgegangen ist. Einige Fälle von Periimplantitis werden schon durch eine
nicht-chirurgische Behandlung behoben, und der Patient kann mit erhaltenden Maßnahmen beginnen.
Schritt 4 – Chirurgische
Intervention
Wenn die Periimplantitis bei der Neubeurteilung nicht verschwunden ist,
wird eine chirurgische Behandlung
empfohlen. Sie ist häufig erforderlich,
wenn die Periimplantitis-Läsion ausgeprägt ist und fortgeschrittener Knochenverlust sowie tiefe periimplantäre
Taschen vorliegen. Submukosale Überschüsse von Befestigungszement erfordern normalerweise ebenfalls einen
chirurgischen Ansatz, damit sie entfernt werden können.
Die chirurgische Behandlung umfasst
das Abheben eines Mukoperiostlappens, das Entfernen des entzündlichen
Granulationsgewebes und eine gründliche Dekontamination der Implantatoberfläche. Zu Letzterem dienen das
Abreiben mit in Kochsalzlösung getränkter Gaze, chemische Wirkstoffe
wie Zitronensäure oder Wasserstoffperoxid, mechanische Reinigung mit
einer Kürette oder Titanbürste sowie
die Behandlung mit Laser oder Pulverstrahlgeräten. Bislang kann keine
Dekontaminationsmethode als überlegen betrachtet werden.
Reinigung unter Aufklappung
Bei der Reinigung unter Aufklappung
wird nicht versucht, den Knochen zu
regenerieren. Nach Lappenbildung und
SCHWERPUNKT
1
2
4
6
3
7
Fotos: Heitz-Mayfi eld
5
8
gründlicher Dekontamination der Implantatoberfläche wird das Weichgewebe wieder mit Nähten verschlossen,
um abzuheilen. Häufig kommt es zu
Rezessionen. Dieser Ansatz zielt vor
allem auf die Beseitigung der Entzündung ab 2.
Resektion
Wenn die ästhetischen Ergebnisse keine hohe Priorität haben, werden die
Knochenspitzen um das Implantat entfernt oder umgeformt, um die Lappenränder weiter apikal zu positionieren.
Nach Abheilung führt diese Technik zu
einer Reduktion der periimplantären
Taschen, aber auch deutlichen Weichgeweberezessionen.
In Verbindung mit dieser Technik ist
auch eine Implantatplastik, das heisst
eine Modifikation der Implantatoberfläche mit einem Hartmetall- oder
Diamantschleifer, beschrieben. Das
Verfahren zielt auf eine Modifikation
der Implantatoberfläche ab, um die
Mundhygiene nach der Abheilung zu
erleichtern.
Regenerativer Ansatz
Der regenerative Ansatz ist auf den
Wiederaufbau des periimplantären
Knochens und die Re-Osseointegration des Implantats ausgerichtet. Der
intraossäre Defekt wird mit einem
Knochentransplantat oder Knochenersatzmaterial gefüllt und einer Barrieremembran abgedeckt (Abb. 1–8).
Umschlossene intraossäre Defekte eignen sich besser für einen solchen Ansatz als nicht umschlossene Defekte.
Bei letzteren sind keine Knochenwände vorhanden, um das Transplantatmaterial zu unterstützen.
Zu den möglichen Transplantatmaterialien, die eine Regeneration des periimplantären Defekts bewirken sollen,
zählen autogener Knochen, allogener
dekalzifizierter gefriergetrockneter
Knochen, phytogenes Calciumcarbonat,
Hydroxylapatit, Tri-Calciumphosphat
oder xenogenes Knochenmineral. Bei
einigen Protokollen werden nichtresorbierbare Membranen aus expandiertem Poly tetrafluoroethylen (e-PTFE), resorbierbare synthetische
1 Periimplantitis in Region 21
mit erhöhten Sondierungswerten, Exsudierung sowie
Blutung und Suppuration
nach Sondieren.
2 Marginaler Knochenverlust
sowie Überschüsse von Befestigungszement im periapikalen Röntgenbild.
3 Nach Aufklappung, Entfernung
der Zementüberschüsse und
Dekontamination der Implantatoberfläche wird der intraossäre
Defekt mit Geistlich Bio-Oss®
gefüllt.
4 Geistlich Bio-Oss® wird mit
einer resorbierbaren Kollagenmembran (Geistlich Bio-Gide®)
abgedeckt.
5 Unmittelbar nach Lappenverschluss und Vernähen.
6 Klinisches Foto 12 Monate nach
Abheilung.
7 Periapikales Röntgenbild
12 Monate nach Behandlung.
8 Verwendete Materialien:
Geistlich Bio-Oss® und Geistlich
Bio-Gide®.
Geistlich News 02 | 2014
13
SCHWERPUNKT
Membranen oder Kollagenmembranen
verwendet, um das Transplantatmaterial abzudecken.
Das Ausmaß der Defektfüllung nach
regenerativen Verfahren variiert. In
Tierstudien wurde gezeigt, dass die ReOsseointegration einer zuvor kontaminierten Implantatoberfläche nach
einem regenerativen Ansatz möglich
ist. Zudem wurden in mehreren Studien Langzeiterfolge dokumentiert 3–6.
Schritt 5 – Postoperative
Nachsorge
Während der unmittelbar postoperativen Heilungsphase wird ein tägliches
Spülen mit Chlorhexidin empfohlen.
Häufig werden perioperative systemische antimikrobielle Präparate verordnet, um die mikrobielle Belastung zu
verringern sowie spezifische parodontale resp. periimplantäre Pathogene zu
unterdrücken. Mögliche Nebenwirkungen von systemischen Antibiotika
sollten vor der Verabreichung mit dem
Patienten besprochen werden.
Schritt 6 – Erhaltungspflege
Regelmäßige Überwachung, wiederholte Mundhygieneunterweisungen
und eine professionelle Entfernung des
IMPRESSUM
Zeitschrift für Kunden und Freunde
von Geistlich Biomaterials
Ausgabe 2/2014, 7. Jahrgang
Herausgeber
© 2014 Geistlich Pharma AG
Business Unit Biomaterials
Bahnhofstr. 40
6110 Wolhusen, Schweiz
Tel. + 41 41 492 55 55
Fax + 41 41 492 56 39
biomaterials@ geistlich.ch
14
Geistlich News 02 | 2014
supramukosalen Biofilms sind erforderlich, um eine erneute Infektion
oder ein Rezidiv der Periimplantitis zu
verhindern.
Wie häufig solche Maßnahmen verordnet werden, hängt von der jeweiligen
Risikobeurteilung des Patienten ab. Zu
den hierfür relevanten Faktoren gehören Rauchgewohnheiten, Parodontalstatus, Diabetes und Mundhygiene.
Entfernung von Implantaten
Wenn eine Periimplantitis-Behandlung
nicht erfolgreich oder das ästhetische
Resultat stark beeinträchtigt ist, kann
die Entfernung des Implantats erforderlich sein. Das Implantat sollte auf
konservative Weise entfernt werden,
ohne benachbarte Strukturen zu beschädigen und so, dass so viel Knochen wie möglich erhalten bleibt.
Viele Implantathersteller haben ein
spezielles Instrument im Sortiment,
das zur Entfernung des Implantats mit
hohem Ausdrehmoment verwendet
werden kann.
Nach der Entfernung des Implantats
kann eine Augmentation der Stelle mit
einem Knochentransplantat oder
Knochenersatzmaterial in Verbindung
mit einer Barrieremembran erwogen
werden, um die Stelle zu rekonstruieren.
Redaktion
Verena Vermeulen
Layout
Marianna Leone
Erscheinungsweise
2 × jährlich
Auflage
25 000 Exemplare in verschiedenen Sprachen
weltweit
Die Inhalte von GEISTLICH NEWS werden mit
größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Die von Dritten
Schlussfolgerungen
In einer kürzlich veröffentlichten systematischen Übersicht wurde festgestellt, dass in der Mehrzahl der Studien
eine Periimplantitis-Behandlung bei
den meisten Patienten zu einer Verbesserung führt. Bei einigen Patienten
kann die Periimplantitis trotz Behandlung rezidivieren oder weiter fortschreiten. Dann ist eine erneute
Behandlung oder Entfernung des Implantats notwendig7.
Was zum Therapieerfolg führt, ist das
anti-infektive Behandlungsprotokoll in
seiner Gesamtheit. Der Zahnarzt sollte
sich für die am besten geeignete Behandlungsmethode entsprechend den
Anforderungen des einzelnen Falls entscheiden.
Referenzen
1 Heitz-Mayfield LJA: Journal of Clinical
Periodontology 2008; 35: 292–304.
2 Heitz-Mayfield LJA, et al.: Clinical Oral
Implants Research 2012; 23: 205–10.
3 Roccuzzo M, et al.: Journal of Clinical
Periodontology 2011; 38: 738–45.
4 Roos-Jansåker A-M, et al.: Journal of Clinical
Periodontology 2011; 38: 590–97.
5 Schwarz F, et al.: Journal of Clinical Periodontology 2009; 36: 807–14.
6 Froum SJ, et al.: International Journal of
Periodontics and Restorative Dentistry 2012;
32: 11–20.
7 Heitz-Mayfield LJA, Mombelli A: Int J Oral
Maxillofac Implants 2014; 29: Suppl: 325–45.
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EUROPERIO 8 LONDON
3.–6. JUNI 2015
REGENERATIVE EXCELLENCE:
HOW TO COPE TODAYS CHALLENGES
Wo:
© fazon - Fotolia.com
ExCeL London
www.efp.org/europerio/europerio8
Unsere Industry Session:
Redner:
Schauen Sie bei uns am
Stand vorbei!
Prof. Christoph Hämmerle, Schweiz
Prof. Istvan Urban, Ungarn
LEADING REGENERATION
Geistlich News 02 | 2014
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SCHWERPUNKT
Mikrobiologie der Periimplantitis
Prof. Andrea Mombelli | Schweiz
Leiter der Abteilung für Parodontologie
Zahnmedizinische Klinik der Universität Genf
Das Interview führte Verena Vermeulen
Gibt es Keime, die mit
besonders schwerwiegenden
Verläufen von Periimplantitis
in Verbindung gebracht
werden? Und lohnen sich
mikrobiologische Tests?
Eine Spurensuche im Mikrobereich mit Prof. Andrea
Mombelli, Schweiz.
Professor Mombelli, sind Periimplantitis-Bakterien die gleichen
wie Parodontitis-Bakterien?
Prof. Mombelli: Bei Implantaten mit Periimplantitis lassen sich regelmäßig
hohe Keimzahlen verschiedener anaerober Bakterien nachweisen. Dazu gehören die Fusobakterien, Prevotella,
Porphyromonas, Spirochäten und Peptostreptokokken. Diese anaerobe
Mischflora ist in der Tat sehr ähnlich
wie bei Parodontitis am natürlichen
Zahn.
Gelegentlich findet man beim Implantat allerdings eine Flora, die durch Staphylokokken dominiert ist. Dies ist
beim Zahn ungewohnt. Staphylokokken sind jedoch sehr häufig an Infektionen an orthopädischen Implantaten
ausserhalb der Mundhöhle, bei Infektionen an Kathetern usw. beteiligt.
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Geistlich News 02 | 2014
Ist das Implantat von Beginn an
besiedelt oder kommen die Bakterien
später hinzu?
Prof. Mombelli: Jedes Zahnimplantat
wird beim Setzen unweigerlich kontaminiert. Trotzdem heilen die allermeisten Implantate infektionsfrei ein.
Periimplantäre Infektionen können die
Folge von primär nichtmikrobiellen Ereignissen sein, die das Auftreten einer
pathogenen Mikroflora begünstigen.
Das haben wir in einem Artikel über die
Bedeutung von Biofilmen bei periimplantären Erkrankungen dargestellt 1.
Ein Beispiel dafür ist die subgingivale
Persistenz von Adhäsivzement, der
eine eitrige bakterielle Infektion auslösen kann, die sich mit antiinfektiösen
Maßnahmen allein nicht beheben lässt.
Für eine Heilung muss der zugrunde
liegende Auslöser entfernt werden.
Daher gehört zur Differenzialdiagnose
einer Periimplantitis stets die Suche
nach einer spezifischen Ursache, selbst
wenn Eiter oder ein Biofilm eine bakterielle Infektion nahelegen.
Sind die Periimplantitis-Bakterien in
allen Patienten gleich?
Prof. Mombelli: In der Regel handelt es
sich um eine Mischinfektion mit Bakterien, die der Patient auch anderswo
im Mund hat. Mikroökologische Faktoren beeinflussen sodann das Wachstum der verschiedenen Keime. Zum
« Periimplantitis
hat keinen speziellen Erreger. »
Beispiel kann eine lokale Entzündung
der Schleimhaut auf eine mangelnde
Reinigung in einer nicht zugänglichen
Nische zurückzuführen sein.
Gibt es spezielle Bakterien, die mit
schweren Periimplantitis-Infektionen
verbunden sind?
Prof. Mombelli: Nein. Periimplantitis
entsteht nicht aufgrund einer Ansteckung von Aussen mit einem bestimmten, hoch pathogenen Erreger.
Alle Keime findet man selbst bei klinischer Gesundheit in geringer Zahl im
Mund-, Nasen- oder Rachenraum.
Dazu gehören auch die Staphylokokken. Komplette Eradikation ist daher
ein unrealistisches Behandlungsziel.
Vielmehr geht es um die Verhinderung
einer übermäßigen Ansammlung potentiell pathogener Keime in Form
eines Biofilms.
Gibt es einen guten Test auf Periimplantitis-Bakterien? Sollte man
einen solchen Test durchführen?
Prof. Mombelli: Es gibt keine klinische
Evidenz für den Zusatznutzen solcher
SCHWERPUNKT
2
1a
Fotos: Mombelli
1b
1 a | b Biofilm im Spaltraum zwischen Implantat
(links) und Krone (rechts).
2
Tests über die genaue klinische und radiologische Untersuchung hinaus. Es
gibt auch keine Kosten-Nutzen-Analyse für solche Tests.
Obschon ich für Kollegen und Patienten, die mehr wissen möchten,
sehr viel Sympathie habe, muss ich sagen, dass die gegenwärtig zur Verfügung stehenden prophylaktischen und
therapeutischen Optionen einen Bakterientest nicht voraussetzen.
Welche systemischen Antibiotika
sind für die Behandlung geeignet?
Prof. Mombelli: Basierend auf umfangreichen Studien in der Parodontologie
und den erwähnten Erkenntnissen zur
periimplantären Flora setzen wir heute in der Regel eine Kombination von
Amoxicillin und Metronidazol ein. Eine
eigene multizentrische Studie und Arbeiten anderer Forschungsgruppen
zeigen gute Resultate2. Bei Unverträglichkeit, z.B. Penizillin-Allergie, kann
auch nur Metronidazol allein verschrie-
Periimplantärer Knochenverlust als Folge
einer eitrigen bakteriellen Infektion,
ausgelöst durch einen Zementüberschuss.
ben werden. Dieses ist jedoch nicht gegen alle inkriminierten Keime wirksam.
Sehr wichtig ist die Zusatzbemerkung,
dass Periimplantitis rein medikamentös nicht erfolgreich behandelt werden
kann. Es braucht immer die minutiöse
Reinigung der gesamten kontaminierten Implantatoberfläche. Um den
Biofilm vollständig zu entfernen, muss
diese meistens chirurgisch dargestellt
werden.
Referenzen
1 Mombelli A & Décaillet F: J Clin Periodontol
2011; 38 Suppl 11, 203–13.
2 Heitz-Mayfield LJA & Mombelli A: Int J Oral
Maxillofac Impl 2014; 29 Suppl, 325–45.
Geistlich News 02 | 2014
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SCHWERPUNKT
Chirurgisch-regenerative Therapie
der Periimplantitis: Fallbeispiele
Prof. Frank Schwarz | Deutschland
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie
und Aufnahme
Universität Düsseldorf
FALL 1
4
3
2
1
5
6
7
8
9
FALL 2
2
3
Fotos: Schwarz
1
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SCHWERPUNKT
Bei fortgeschrittener und
komplexer Defektkonfiguration sollte die regenerative Therapie mit einer
Implantatplastik kombiniert
werden.
Im ersten Fall besteht an zwei stegtragenden Implantaten eine fortgeschrittene, kombinierte (supra- und
intraossäre) Defektkonfiguration mit
vestibulären Dehiszenzen und einem
suprakrestal exponierten Schraubgewinde > 1 mm. In solchen Fällen
führen wir nach der vollständigen Entfernung des Granulationsgewebes
zunächst eine Implantatplastik zur
Glättung des Implantatkörpers im
suprakrestalen sowie bukkalen Defektbereich durch. Die dem Defekt zugewandten Implantatoberflächenanteile werden strukturell erhalten
und dekontaminiert (z.B. mit Kürette,
Er:YAG-Laser, steriler Kochsalzlösung).
Danach erfolgt die Augmentation der
wandigen intraossären Defektkompo-
nenten mit einem langsam resorbierenden Knochenersatzmaterial. Dieses
wird mit einer Kollagenmembran abgedeckt, bevor der Weichgewebelappen
eng um die Implantate adaptiert
wird.
Im zweiten Fall liegen an zwei
benachbarten Implantaten zirkumferentielle intraossäre Defekte mit einer
suprakrestalen Komponente < 1 mm
vor. Solche Defekte können ohne
Implantatplastik knöchern regeneriert
werden.
tachmentlevel und sorgt für ein
langfristig stabiles knöchernes Niveau. 3–6 Die mit chirurgischen Eingriffen einhergehende mukosale Rezessionsbildung ist durch eine simultane Volumenaugmentation mit einem
Bindegewebetransplantat 7 oder einer
porcinen Kollagenmatrix 8 kompensierbar. Dies ermöglicht eine Erweiterung
des Indikationsbereiches auf die ästhetische Zone. Eine absolute Indikation
zur Explantation stellt der vollständige
Verlust der Osseointegration dar.
Was ist zu beachten?
Referenzen
Durch die Implantatplastik wird die
Makro- und Mikrostruktur des Implantatkörpers in den Bereichen geglättet,
die sich außerhalb der physiologischen
Barriere für derzeitige Augmentationsverfahren befinden. Hierdurch wird die
Weichgewebeintegration gefördert
und die bakterielle Anlagerung 1–2 reduziert. Die kombinierte Guided Bone Regeneration (GBR) im intraossären
Defektbereich reduziert die Sondierungstiefen, erhöht das klinische At-
1 Schwarz F, Becker J: Peri-implant infection.
Etiology, diagnosis and treatment. Quintessence Publishing 2010.
2 Schwarz F, et al.: J Clin Periodontol 2011;
38(10): 939–49.
3 Schwarz F, et al.: J Clin Periodontol 2009; 36(9):
807–14.
4 Schwarz F, et al.: J Clin Periodontol 2013;
40(10): 962–67.
5 Matarasso S, et al.: Clin Oral Implants Res
2014; 25(7): 761–67.
6 Chan HL, et al.: J Periodontol 2013 Nov 21
[Epub ahead of print].
7 Schwarz F, et al.: Clin Oral Implants Res 2014;
25(1): 132–36.
8 Schwarz F, et al.: Int J Periodontics Restorative
Dent 2014; 34(4): 489–95.
BILDLEGENDEN FALL 1
1 Blutung und Eiterbildung an zwei Implantaten in Region 33 und 34.
2 Im Röntgenbild zeigen sich suprakrestal exponierte strukturierte Implantatanteile.
3 Ein fortgeschrittener supra- und intraossärer Defekt ist sichtbar.
4 Zustand nach Implantatplastik zur Glättung
des Implantatkörpers im suprakrestalen
und bukkalen Defektbereich.
5 Mit Geistlich Bio-Oss® wird der intraossäre
Defektbereich aufgefüllt.
6 Die zurechtgeschnittene Kollagenmembran
Geistlich Bio-Gide® in situ.
7 Die Wundränder werden eng um die Implantate adaptiert.
8 Entzündungsfreie klinische Situation nach
18 Monaten.
9 Röntgenaufnahme nach 12 Monaten – die
strukturierten Implantatanteile sind auf
Knochenniveau bedeckt.
BILDLEGENDEN FALL 2
1 Zirkumferentielle intraossäre Defekte mit
einer suprakrestalen Komponente von
ca. 1 mm.
2 Nach Entfernung des Granulationsgewebes
und Dekontamination der Implantatoberfläche wird der Defekt mit Geistlich BioOss® gefüllt und mit Geistlich Bio-Gide®
abgedeckt.
3 Die radiologische Aufnahme 8 Jahre nach
der Therapie belegt die Langzeitstabilität
und zeigt eine komplette knöcherne Defektfüllung.
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