Wird Planet Nine bald entdeckt? [29. Feb.] Erst vor rund einem

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Wird Planet Nine bald entdeckt?
[29. Feb.]
Erst vor rund einem Monat fanden zwei Planetenforscher [1, 2] einen Hinweis
auf die Existenz eines 9. Planeten im äusseren Bereich des Sonnensystems
[1]: die Wissenschaftler wollten ursprünglich die ungewöhnliche Verteilung
einiger Kuiper-Objekte [1] erklären. Laut den Berechnungen der Forscher soll
sich ein Riesenplanet [1] mit der (vorläufigen) Bezeichnung Planet Nine [1]
im Bereich des äusseren Sonnensystems auf einer bizarren, hochgradig
langgestreckten Bahn befinden.
Was man bisher vermutet
Die Wissenschaftler vermuten, dass Planet Nine etwa 10 mal massereicher
ist als unser Planet Erde und einen Durchmesser von rund 26.000 Kilometern
besitzt. Der vermeintlich neue Planet soll sich etwa 20 mal weiter von der
Sonne entfernt befinden als der äusserste Planet Neptun [1] (Abb. 1); das
entspricht rund 56 Milliarden Kilometern bzw. etwa 700 Astronomischen
Einheiten (AE) [1]. In dieser unglaublichen Entfernung von unserem
Zentralgestirn benötigt ein Planet für eine Umkreisung der Sonne zwischen
10.000 und 20.000 Jahren.
Abb. 1 Mögliche Bahn eines potentiellen 9. Planeten.
Die Bahn des vermeintlichen 9. Planeten des Sonnensystems liegt weit ausserhalb des
Planeten Neptun. Gegenüber den bisher bekannten Mitgliedern des Planetensystems
liegt die Bahn von Planet Nine so weit ausserhalb, dass das Auffinden sehr schwer wird.
Im Zentrum des Planetensystems befindet sich die Sonne (gelb). Die Bahnen der
bekannten acht Planeten entsprechen den weissen Ellipsen [1].
© R. Linzmann
Bisher hat niemand den neuen Planeten beobachtet: sämtliche Hinweise auf
die Existenz von Planet Nine stammen von mathematischen Modellen und
Computersimulationen; die dazugehörige Theorie basiert auf der
merkwürdigen Gruppierung von sechs Asteroiden [1] des Kuiper-Gürtels
[1], einer breiten Ansammlung eisiger Asteroiden und Kometen [1] ausserhalb
der Neptunbahn (Abb. 2).
Die Objekte des Kuiper-Gürtels umfassen kleine Körper ausserhalb der
Neptunbahn wie beispielsweise den Zwergplaneten Pluto [1]. Die sechs
untersuchten Himmelskörper besitzen eine bestimmte räumliche Verteilung,
die man nicht durch puren Zufall erklären kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass
es sich bei der Anhäufung der betreffenden kleinen Körper um reinen Zufall
handele, liege bei nur 0,007 Prozent oder 1:15.000, so die Forscher. Das ist
besser als die Hoffnung auf einen Sechser im Lotto.
Wo soll die Suche beginnen?
Bis hierhin ist alles in Ordnung. ABER: Wie sollen die Astronomen diesen
vermeintlich neuen Planeten in einem derart enorm grossen Bahnbereich
überhaupt finden? Niemand weiss, wo sich Planet Nine derzeit auf seiner Bahn
befindet. Die Suche nach ihm gleicht der nach einer Nadel im Heuhaufen.
Abb. 2 Vergleich der Bahn der bekannten und eines möglichen 9. Planeten.
Falls Planet Nine existiert, könnte seine Bahn (orange) im kalten Bereich des KuiperGürtels im äusseren Sonnensystem liegen. Demgegenüber befinden sich die Bahnen
der bekannten acht Planeten viel näher an der Sonne. (grüner Kreis: Bahn des
Planeten Neptun; gelber Kreis: Position der Sonne) Die Bahnen anderer bekannter
Kuiperobjekte wie Asteroiden (lila) befinden sich in anderen Raumbereichen (links).
© NASA
Eine neue Studie französischer Wissenschaftler [3, 4] könnte helfen, die
Suche nach Planet Nine einzuengen: die Forscher untersuchten, welchen Effekt
ein grosser Planet des Kuiper-Gürtels auf die Bahnen der übrigen Planeten des
Sonnensystems hätte. Die Existenz eines grossen, massereichen äusseren
Planeten würde nicht nur die Himmelsobjekte ausserhalb seiner Bahn, sondern
auch die räumliche Verteilung von Objekten, die sich innerhalb von rund 40-50
AE befinden, beeinflussen [5].
Hilfe von Saturn
Bei der Suche nach möglichen Aufenthaltsorten des vermeintlichen Planet Nine
konzentrierten sich die Astronomen auf den Planeten Saturn [1]. Der
Ringplanet ist zwar lediglich rund 10 AE von der Sonne entfernt, jedoch kennt
man seine Bahn äusserst genau.
Im Jahr 2003 haben die französischen Forscher das sog. INPOPEphemeridenmodell der Planeten (INPOP) [1] entwickelt, das die Bewegung
der Planeten des Sonnensystems mit bisher unerreichter Genauigkeit
berechnen kann. INPOP integriert nahezu 150.000 Beobachtungen von
Planeten und Asteroiden des Sonnensystems. Im Fall des Ringplaneten Saturn
ist es der US-amerikanischen Raumsonde Cassini [1] zu verdanken, dass man
dessen Position auf seiner Bahn um die Sonne genauestens berechnen kann.
Cassini umkreist den Saturn bereits seit dem Jahr 2004. Mithilfe der CassiniDaten kennt man die Entfernung des Saturns zur Erde bis auf 75 Meter genau.
Daher hatten die Astronomen die Idee, das INPOP-Modell zu benutzen, um die
Möglichkeit der Existenz eines 9. Planeten zu testen.
Dort befindet sich Planet Nine nicht
Auf der Basis der genauen Kenntnis der Saturnbahn, mathematischen
Modellen und den Eigenschaften, die die beiden "Entdecker" von Planet Nine
voraussagen [2], konnten die Wissenschaftler Bereiche eingrenzen, in denen
sich Planet Nine "möglicherweise" und solche, in denen er sich
"wahrscheinlich" aufhält.
Abhängig von der Position des vermeintlichen Planet Nine relativ zu dessen
Perihel [1] sollte der 9. Planet Störungen der Saturnbahn erzeugen; diese
Bahnstörungen des Ringplaneten kann man durch die Analyse der Radiodaten
von Cassini messen - falls sie existieren.
Das Ergebnis: Für Winkel von weniger als 85 Grad (vom Perihel des Planeten)
oder grösser als -65 Grad seien die gerechneten Bahnstörungen mit den
beobachteten Positionen des Saturn unvereinbar - wenn Planet Nine existiert.
Das Gleiche gelte im Bereich von -130 Grad bis -100 Grad (Abb. 3). [4]
Die Ergebnisse erlauben es (für den Aufenthaltsort von Planet Nine) grosse
Bereiche der möglichen Planetenbahn auszuschliessen. Auf der anderen
Seite scheint es, dass - im Vergleich zu einem Modell des Sonnensystems ohne
einen weiteren Planeten - das Hinzufügen eines 9. Planeten für andere (seiner
möglichen) Bahnbereiche die Abweichungen zwischen dem berechneten Modell
und den Beobachtungen des Saturns minimiert.
Stellt man sich die vermeintliche Bahn von Planet Nine vor und teilt diese in
360 Grad ein, scheint es laut der Ergebnisse der INPOP-Modellierung plausibel,
dass sich der 9. Planet in einem Winkelbereich von 104-134 Grad von
dessen Perihel aufhalte; die maximale Wahrscheinlichkeit für den
Aufenthaltsort des neuen Planeten liege bei einem (Perihel)Winkel von
117,8 Grad [3]. (Abb. 3) Allerdings berücksichtigt das Modell Bahndaten des
Saturn nur bis zum April 2014.
Abb. 3 Aufenthaltsbereiche eines möglichen 9. Planeten.
Die Sonne (Soleil, blau) befindet sich ausserhalb des Zentrums der exzentrischen Bahn
des vermeintlichen 9. Planeten; Das Perihel, der sonnennächste Punkt des neuen
Planeten läge auf dem rechten Bereich der Planetenbahn (périhélie). Die Analyse der
Radiodaten der Saturnsonde Cassini ermöglicht den Ausschluss von verbotenen
Bereichen (Exclu, grün), in denen sich Planet Nine nicht aufhalten kann; dort wären
die Störungen der Saturnbahn durch einen 9. Planeten mit den Beobachtungen nicht
konsistent; daneben existiert ein "möglicher" (Possible, schwarz) Aufenthaltsbereich,
der die Vorhersage der Position von Planet Nine verbessert und die Differenz zwischen
den Berechnungen und den Cassinidaten minimiert. Dagegen könnte sich Planet Nine in
den schwarz markierten Bereichen aufhalten. Am wahrscheinlichsten (probable) hält
sich Planet Nine im lilafarbenen Bereich auf.
© J. LASKAR/GEOAZUR/IMCCE/OBSPM
Am Ende der Cassini-Mission - im Jahr 2017- bis zum Jahr 2020 reduziert sich
das Beobachtungsfenster für den neuen Planeten auf einen Winkelbereich von
180-120 Grad (vom Perihel).
Falls die Saturnmission bis zum Jahr 2020 fortgeführt würde, könnte man
noch genauere Aussagen über einen wahrscheinlichen Aufenthaltsort von
Planet Nine machen (Abb. 4):
Abb. 4 Aufenthaltsbereiche eines möglichen 9. Planeten mit Cassinidaten bis 2020.
Falls die Cassini-Mission bis zum Jahr 2020 verlängert werden würde, könnte die
Modellierung noch genauere Aussagen über einen möglichen und einen
wahrscheinlichen Aufenthaltsbereich von Planet Nine machen (dunkelgrün, C20).
Bisher können lediglich die Bereiche C14 (hellgrün) ausgeschlossen werden.
[Sonstige Erklärung siehe Abb. 3.]
© [5]
Vereinfacht bedeutet das: die Differenz zwischen der berechneten Position des
Saturn und seiner beobachteten Position deutet auf mögliche
Aufenthaltsbereiche von Planet Nine. Die Forscher schliessen zwei
Bereiche des potentiellen Bahnbereiches aus; dort soll sich der 9. Planet nicht
aufhalten. Dagegen gilt ein anderer Bahnbereich für den Aufenthaltsort von
Planet Nine als "wahrscheinlich" und ein noch grösserer Abschnitt als
"möglicher" Aufenthaltsbereich.
Nach dem Ende der Cassini-Mission ruhen die Hoffnungen der Planetensucher
auf der Jupitersonde Juno [1], die den Gasplaneten bald erreichen wird; sie
wird die Bahnposition des Riesenplaneten Jupiter [1] sehr genau vermessen.
Jedoch sei die zu erwartende Bahnstörung des grössten Planeten durch einen
massereichen Planeten eher gering: Jupiter befindet sich innerhalb der
Saturnbahn und ist damit weiter von dem vermeintlich grossen Planet Nine
weit entfernt.
Weitere mögliche Eigenschaften von Planet Nine
Simulationen der Entwicklung eines 9. Planeten mit einer Masse von
10 Erdmassen [1] und einer Entfernung von 700 AE könnten darauf hinweisen,
dass ein derartiger grosser Planet im Laufe seiner Entwicklung sozusagen
"geschrumpft" ist.
Sein gegenwärtiger Durchmesser beträgt wahrscheinlich nur etwa 3,66
Erddurchmesser [1] und seine aktuelle Leuchtkraft [1] nur etwa 0,006 JupiterLeuchtkräfte [7]. Die Schwächung von Planet Nine könnte vor allem seiner
Abkühlung zu verdanken sein, die auch Ursache für sein Schrumpfen wäre.
Falls das Aphel [1] des neuen Planeten bei etwa 1.120 AE liegt, wird seine
scheinbare Helligkeit [1] - abhängig von seiner Masse - auf etwa 23,2-24,2
mag geschätzt [7]. Ein derart leuchtschwacher neuer Planet wäre nur schwer
zu entdecken.
Sollte Planet Nine jedoch massereicher sein, würde das eine Entdeckung
erleichtern. Möglicherweise könnte das geplante Large Synoptic Survey
Teleskop (LSST) [1] einen derart lichtschwachen neuen Planeten entdecken:
die Grenzgrösse [1] des LSST soll bei rund 26 mag liegen. [7]
Suche im Millimeterbereich?
Daneben könnte Planet Nine mithilfe von kosmologischen Experimenten im
Millimeterwellenlängenbereich [1] entdeckt werden, jedoch nur dann, wenn
er mindestens so gross ist wie der Planet Neptun, eine Temperatur von rund
40 Kelvin (K) [1] besitzt und rund 700 AE von der Sonne entfernt ist. Unter
diesen Voraussetzungen könnte er sich als Millimeterquelle bemerkbar machen.
Dabei besteht die Herausforderung darin, den vermeintlichen Planeten von den
rund 4.000 Vordergrund-Asteroiden zu unterscheiden [6].
Falls Planet Nine allerdings kleiner und kälter ist und/oder sich weiter entfernt
von der Sonne befindet, wäre er im Millimeterbereich sehr leuchtschwach.
Einen vermeintlichen 9. Planeten unter diesen Umständen zu finden, ist
nahezu unmöglich und möglicherweise nur mithilfe von hochauflösenden
Millimeterteleskopen durchführbar; in diesem Fall man müsste man sein
Millimeterleuchten von rund einer Million Asteroiden unterscheiden können, die
ebenfalls eine ähnliche Helligkeit besitzen [6].
Wie vor 150 Jahren?
Die Diskussion erinnert stark an das Vorfeld der Entdeckung eines anderen
Planeten vor mehr als 150 Jahren: den Planeten Neptun. Im Jahr 1847 führten
Irregularitäten der Bewegung des Planeten Uranus [1] zu der Vorhersage des
8. Planeten, dem Neptun. Am 24. September 1846 entdeckte Johann Galle [1]
den Planeten Neptun nur rund ein Grad von der von dem französischen
Mathematiker Urbain LeVeriier [1] vorhergesagten Position.
Die Existenz eines vermeintlichen 9. Planeten kann lediglich durch die direkte
Beobachtung nachgewiesen werden; dennoch ist es wichtig, die Suche nach
dem neuen Mitglied des Sonnensystems eingrenzen zu können. Das
französische Team hat hierzu bereits jetzt einen wichtigen Beitrag geleistet.
Könnten Amateurastronomen zur Entdeckung des Planet Nine
beitragen?
Die Schätzung der visuellen (scheinbaren) Helligkeit von Planet Nine liegt im
Bereich von 23-24 mag [1]. Amateurastronomen haben daher kaum eine
Chance ihn zu erwischen. Eine Entdeckung von Planet Nine kann nur mithilfe
von modernen Grossteleskopen [1] erfolgen, beispielsweise den Teleskopen
auf Hawaii.
Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns
unter [email protected]
Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter
Quellenangaben:
[1] Mehr Information über astronomische Begriffe
www.wikipedia.de
[2] http://ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__9_Planet_entdeckt.html
[3] Französische Wissenschaftsseite des CNRS [1]
http://www2.cnrs.fr
[4] Antipolis, N.-S., et al., A&A Lett. (22 Feb 2016)
[5] Fienga, A., et al., A&A (19 Feb 2016)
[6] Cowan, N. B., et al., New Scientist (24 Feb 2016)
[7] Lindner, E. F., et al., A&A (25 Feb 2016)
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