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Medizin
CYP2D6-Genotypisierung
Tamoxifen-Resistenz frühzeitig erkennen
Mit Tamoxifen steht dem behandelnden
Arzt ein potentes Krebsmedikament
zur endokrinen Therapie des Mammakarzinoms zur Verfügung. Bei 10 bis
15 Prozent der Patientinnen kann die
Standardbehandlung mit Tamoxifen
jedoch nicht ihre Wirkung entfalten.
Grund ist die geringere Aktivität des
Enzyms CYP2D6. Die Bestimmung des
Metabolisierungsstatus von Tamoxifen
zum Wirkstoff Endoxifen kann die Heilung entscheidend unterstützen. Mamma
Mia! sprach mit PD Dr. Christian M.
Kurbacher über die Aussagekraft dieser
Typisierung.
Mamma Mia!: Herr Dr. Kurbacher,
wie hängen Tamoxifen und CYP2D6
zusammen?
PD Dr. Christian M. Kurbacher: Das
Medikament Tamoxifen ist ein Prodrug.
Dies bedeutet, dass das Medikament
erst im Körper zum Wirkstoff Endoxifen
umgewandelt werden muss, bevor es
seine therapeutische Wirkung entfalten kann. Dieser Stoffwechselprozess
geschieht durch das Enzym CYP2D6.
Einige Patientinnen (7 bis 15 Prozent)
weisen in ihrer Erbinformation für
dieses Enzym Mutationen auf, so dass
ihr CYP2D6 Tamoxifen langsamer beziehungsweise schneller zu Endoxifen
umwandelt.
Mamma Mia!: Wie wirkt sich eine solche Mutation aus?
PD Dr. Christian M. Kurbacher:
Verschiedene Studien zeigen die
Zusammenhänge zwischen den vier
Metabolisierungstypen Poor Metabolizer (PM) ohne Enzymaktivität,
Intermediate Metabolizer (IM) mit
verminderter Enzymaktivität, Extensive
Metabolizer (EM) mit normaler Enzymaktivität und Ultrarapid Metabolizer
(UM) mit erhöhter Enzymaktivität und
dem unterschiedlichen Ansprechen
auf eine Therapie mit Tamoxifen. So
liegt die Wahrscheinlichkeit für zehn
Jahre rezidivfreies Überleben nach
einer Tamoxifen-Behandlung beim primären Mammakarzinom für Frauen mit
„normalem“ (wt, wildtype) CYP2D6Enzym bei etwa 95 Prozent. Tragen
Patientinnen auf ihren zwei Allelen nur
ein wt und eine veränderte Form (verminderte Enzymaktivität), so sinkt die
Wahrscheinlichkeit auf 80 Prozent. Für
Patientinnen, die nur über veränderte
Varianten verfügen (Poor Metabolizer),
liegt die Wahrscheinlichkeit für eine
rezidivfreie Zeit bei unter 60 Prozent.
Mamma Mia!:
verlässlich?
Sind
diese
PD Dr. Christian M. Kurbacher: Wird eine
Patientin im Vorfeld einer antihormonellen Therapie durch Genotypisierung als
„Poor Metabolizer“ diagnostiziert, stehen dem behandelnden Arzt AlternativTherapien zu Tamoxifen zur Verfügung.
So könnten Frauen nach den Wechseljahren beispielsweise einen Aromatasehemmer einnehmen. Bei jüngeren Frauen ist
die Therapieentscheidung etwas schwieriger. Denkbar wäre die Einnahme von
Toremifen (Handelsname Fareston®),
das ähnlich wirkt wie Tamoxifen, aber
eben nicht von Stoffwechselprozessen
abhängig ist. Eine weitere Alternative
wäre die Erhöhung der Tamoxifen-Dosis,
was jedoch sehr experimentell und unter
Umständen gefährlich wäre, da es keine
Daten hinsichtlich der Nebenwirkungen
bei einer höheren Dosis gibt.
Daten
PD Dr. Christian M. Kurbacher: Nun,
es handelt sich um retrospektive Daten,
also Daten, die rückblickend erhoben
wurden. Meiner Meinung nach sind sie
jedoch sehr valide. Es wäre auch ethisch
kaum vertretbar, nun eine prospektive
Studie aufzulegen, um zu testen, inwiefern Frauen mit geringer Enzymaktivität von Tamoxifen profitieren. Nach
den heute vorliegenden Daten wäre
klar, dass sie das Medikament höchstwahrscheinlich völlig umsonst nehmen
würden.
Mamma Mia!: Wie und wo können
Betroffene testen lassen, zu welchem
Metabolisierungstyp sie gehören?
PD Dr. Christian M. Kurbacher: In Apotheken ist ein Test der Firma humatrix
(www.humatrix.de) erhältlich, der alle
relevanten Mutationen abdeckt. Mit diesem Test kann jede Frau bei ihrem Arzt
eine Blutprobe entnehmen und an das
Labor zur Analyse einsenden lassen. Wir
führen ebenfalls eine CYP2D6-Bestimmung durch, das Ergebnis senden wir
den Ärzten nach drei bis vier Tagen zu.
Mamma Mia!: Was kann die Patientin
tun, wenn sie ein so genannter „Poor
Metabolizer“ ist?
Mamma Mia!: Würden Sie jeder
Brustkrebspatientin empfehlen, sich vor
der Einnahme von Tamoxifen testen zu
lassen?
PD Dr. Christian M. Kurbacher: Ja, das
würde ich auf jeden Fall. Für die erkrankten Frauen ist es ja schon interessant zu
wissen, welchen Effekt sie sich von der
Tamoxifen-Einnahme erhoffen können.
Es ist ein Test, der einmal im Leben
durchgeführt wird und möglicherweise
auch Auskunft über die Wirksamkeit
anderer Medikationen geben kann. es
Kontakt
PD Dr. med. Christian M.
Kurbacher
Friedensplatz 16
53111 Bonn
Tel.: 0228 22720515
Fax: 0228 22720112
E-Mail: [email protected]
www.medizinisches-zentrum-bonn.de
www.mammamia-online.de
Juli bis September 2012
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