Psychotherapie als Profession und Wissenschaft 1 Univ. Doz. Dr. Martin Poltrum Philosoph, Psychotherapeut, Lehrtherapeut PTH als Profession u. Wissenschaft „Im Zentrum der Diskussion um die Professionalität der Psychotherapeuten steht gegenwärtig das Verhältnis von Forschungswissen und professionellem Handeln. Dabei fällt auf, daß von manchen Psychotherapieforschern ein Modell favorisiert wird, das von professioneller Praxis als angewandter Psychologie ausgeht (Grawe et al. 1994). L. Reiter u. E. Steiner (1996): Psychotherapie und Wissenschaft. In: A. Pritz (Hg.) Psychotherapie – eine neue Wissenschaft vom Menschen. Wien, New York: Springer. PTH als Profession u. Wissenschaft „Wer die Psychologie liebt, hat oft Anlass, sich der Psychotherapie zu schämen. Wir wollen mit diesem Buch zu einer Psychotherapie beitragen, zu der wir als wissenschaftliche Psychologinnen und Psychologen stehen können.“ (Vorwort V) „Über Jahrzehnte hin herrschten in der Psychotherapie gleichsam mittelalterliche, vorwissenschaftliche Verhältnisse. In den letzten zwei bis drei Jahrzehnten hat so etwas wie eine Aufklärung begonnen, eine im eigentlichen Sinne wissenschaftliche Psychotherapie. Klaus Grawe et al. (1994) Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession, Hogrefe: Göttingen / Bern / Toronto /Seattle. PTH als Profession u. Wissenschaft Glauben wird allmählich durch Wissen ersetzt, abergläubische Rituale durch professionelles Handeln. Die Aufklärung ist aber noch nicht weit in das öffentliche Bewusstsein vorgedrungen, auch nicht in das der Fachöffentlichkeit, und die psychotherapeutische Praxis hinkt den wissenschaftlichen Erkenntnissen nur wiederstrebend hinterher. (...) Klarheit darüber, was die einzelnen Psychotherapieformen tatsächlich bewirken, kann dazu beitragen, dass die einzelnen Methoden in der Praxis mehr entsprechend ihrer tatsächlichen Wirksamkeit zur Anwendung gelangen (...).“ (ebd. S. 1) PTH als Profession u. Wissenschaft „Psychotherapie ist, ebenso wie Medizin keine Wissenschaft, sondern eine Profession, in deren Umfeld Wissenschaft vorkommt.“ (S. 160) „Psychotherapie ist keine Wissenschaft, sondern eine Profession, in deren Umwelt Wissenschaft – und damit Psychotherapieforschung – vorkommt.“ (S. 177) L. Reiter u. E. Steiner (1996): Psychotherapie und Wissenschaft. In: A. Pritz (Hg.) Psychotherapie – eine neue Wissenschaft vom Menschen. Wien, New York: Springer. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Der Autor wendet sich gegen eine Tendenz, Wissenschaft und Profession einander gleichzusetzen. Selbst in den ‚harten‘ Wissenschaften wird zwischen ‚Profession‘ und ‚Wissenschaft‘ unterschieden. Was Professionelle tun, läßt sich nicht als ‚Anwendung‘ oder ‚Konsum‘ von wissenschaftlichen Befunden beschreiben; Professionelle greifen vielmehr auf eine Vielfalt von Wissensbeständen zurück, von denen nur ein Teil wissenschaftlich fundiert ist.“ M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum d. Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex Beispiel: Fall-Vignette! Was tun? Was alles tun? Wissenschaft und Suizid Suizid zwischen Wissenschaft und Profession - Welche Medikamente (zur Distanzierung v. SuizidGedanken), evidenzbasierte Leitlinienbehandlung - Suizid-Monitoring (Fakten, Zahlen, Daten zur Suizidhäufigkeit, n. Länder, n. Regionen, n. Störungen bzw. Komorbiditäten, n. Suizidmethoden) … positivistische Vermessung des Suizid-Phänomens - Skalen zur Erfassung der Suizidalität - Suizid, Werther-Effekt, Papageno-Effekt … - Suizid im Film, in der Oper, in der Literatur … Gruppen mit erhöhtem Suizid-Risiko Gruppen mit erhöhtem Suizid-Risiko „Die Häufigkeitsverteilung variiert stark. Männer, alleinstehende und ältere Menschen begehen eher Suizid, Frauen eher Suizidversuche. Besondere Risikogruppen sind Depressive jeder nosologischen Art (ca. 10-15 % Mortalität an Suizid), Süchtige, besonders Alkoholiker (ca. 10 %), Schizophrene (ca. 5%), Borderline-Persönlichkeiten (z.T. über 10%).“ 1. Menschen mit psychischen Erkrankungen - Depressive (alle Spielarten der Depression) - Suchtkranke (Alkoholkranke, Drogensüchtige) - Schizophrenie - Persönlichkeitsstörungen, insbesondere vom emotional instabilen Typus 2. Menschen mit vorliegender Suizidalität - Suizidankündigungen - nach Suizidversuch (10% Rezidiv mit Suizid) C. Scharfetter (2010) Allgemeine Psychopathologie, S 288. Gruppen mit erhöhtem Suizid-Risiko Gruppen mit erhöhtem Suizid-Risiko 3. Alte Menschen - mit Vereinsamung, mit schmerzhaften, chronischen einschränkenden Krankheiten, nach Verwitwung - mit psychischer und körperlicher Erkrankung 4. Junge Erwachsene, Jugendliche mit - Entwicklungskrisen, Beziehungskrisen (innerer Vereinsamung) - Drogenproblemen - familiären Problemen, Ausbildungsproblemen 5. Menschen in traumarisierenden Situationen und Veränderungskrisen - Beziehungskrisen, Partnerverlust, Kränkungen - Verlust des sozialen, kulturellen, politischen Lebensraumes - Identitätskrisen - chronische Arbeitslosigkeit - Kriminalität (z.B. n. Verkehrsdelikt mit Verletzung, Tötung eines Anderen) Gruppen mit erhöhtem Suizid-Risiko Präsuizidales Syndrom Situation vor dem Suizid – besteht aus: 6. Menschen mit - schmerzhaften, chronischen, lebenseinschränkenden, verstümmelnden, körperlichen Erkrankungen, insbesondere des Bewegungs- und zentralnervösen Systems, terminale Erkrankung mit Siechtum und extremer Pflegebedürftigkeit - einer 4-fache Einengung die Situation, die Interessen- und Wertewelt, die Affektdynamik und die Isolation betreffend, - einer Aggression, welche nicht offen und konstruktiv „nach außen“ getragen werden kann - und zu Selbstzerstörungsphantasien führt. Quelle: Wolfersdorft M., Nervenarzt 2008, 11:1319-34 Erwin Ringel (1953) Der Selbstmord, Maudrich, Wien (eine Untersuchung an 745 geretteten Selbstmördern) Prof.-Erfahrung und Suizid - Reaktion von Therapeuten nach einem Suizid (Abwehr = narzisstisch veranlagte Th., Schuldgefühle = depressiv strukturierte Th. …) - Gegenübertragungsgefühle bezogen das jeweilige Suizidmotiv - Psychotherapeutische Suizid-Modelle (PsychoDynamische, Verhaltenstherapeutische …) Suizid-Motiv und Gegenübertragungsgefühle Apellativ: Ausdruck von Hilfsbedürftigkeit, Hilflosigkeit („Cry for Help“), macht Gegenüber hilflos und induziert besondere Aktivität Manipulativ: „Wirkt erpresserisch“, unter Druck setzen – Gegenüber fühlt sich manipuliert Intentional: Auf ein Ziel gerichtet (oft manipulativ-intentional) – Gefühl eingesetzt zu werden Ausgeprägter Todeswunsch: Häufig „missglückter“ Suizid, wenn Suizidversuch überlebt wird – Gegenüber erschrickt und ist froh, dass SV „nicht geglückt“ ist Psychotisch: Motiv der suizidalen Handlung Angst, Hoffnungslosigkeit, wahnhaftes Erleben, Halluzinationen – Gefühl Patient braucht Behandlung Hoffnungslos: Fehlende Zukunftsperspektive, Unveränderbarkeit erwartet – Gegenüber in Gefahr der Übernahme der Hoffnungslosigkeit und der Zustimmung zur Suizidhandlung Wolfersdorf und Etzersdorfer 2011 Was muss am Ende eines Erstkontaktes bzw. Erst-Gesprächs geklärt sein? - Hat Patient Suizidideen/Todeswünsche oder Suizidabsichten? - Hat er einen hohen dranghaften Handlungsdruck, Suizidideen in eine suizidale Handlung umzusetzen, oder nicht? - Hat er Hoffnung auf Hilfe/Veränderung jetzt, und entlastet ihn das Gespräch/der Kontakt? - Planungen für die nächste Zukunft? Realistisch? Was muss am Ende eines Erstkontaktes bzw. Erst-Gesprächs geklärt sein? Was muss am Ende eines Erstkontaktes bzw. Erst-Gesprächs geklärt sein? - Kann er bzw. hat er akute Suizidabsichten „auf später aufgeschoben“, d.h. ist aus Entschluss wieder Ambivalenz und Inanspruchnahme von Hilfe geworden? - Verleugnet der Patient trotz Ansprechens, trotz anders lautender Information Suizidalität? - Scheint er „glaubwürdig“, ist er „offen“? - Ist Patient überhaupt geschäftsfähig? - Hat er psychopathologisch suizidfördernde Symptome, z.B. Wahn, Halluzination, altruistische Ideen o.Ä.? - Ist stationäre oder ambulante Behandlung nötig? Evtl. Einweisung in eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie gegen den Willen des Patienten? Einschaltung der Polizei? Was muss am Ende eines Erstkontaktes bzw. Erst-Gesprächs geklärt sein? Was muss am Ende eines Erstkontaktes bzw. Erst-Gesprächs geklärt sein? - Bei ambulanter Behandlung: Positive Bezugspersonen vorhanden? Fürsorge gesichert? Regelmäßige Therapietermine, evtl. kurze Telefonkontakte möglich? - Patient sichert glaubwürdig zu, bei Verschlechterung bzw. drängenden oder wieder auftretenden Suizidideen sich umgehend an Bezugspersonen/Therapeuten zu wenden - Patient ist mit Therapieplanung (Krisenintervention, längerfristige Behandlung, jetzt stationär, Medikation) einverstanden Quelle: Wolfersdorft M., Nervenarzt 2008, 11:1319-34 PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft EVERY PATIENT IS A UNIVERSE OF ONE PTH als Profession u. Wissenschaft „Jeder neue Fall, der gründliche Behandlung erfordert, bedeutet Pionierarbeit, und jede Spur von Routine entpuppt sich dann als Irrweg. Die höheren Formen der Psychotherapie sind daher eine sehr anspruchsvolle Beschäftigung und stellen gelegentlich Aufgaben, welche nicht nur den Verstand oder das Mitgefühl, sondern den ganzen Menschen in die Schranken fordern. Der Arzt wird geneigt sein, vom Patienten diesen totalen Einsatz zu fordern. Er muß sich nur bewußt sein, daß diese Forderung nur dann wirkt, wenn er zugleich weiß, daß sie auch ihm selber gilt.“ C. G. Jung (1973) Die Psychologie der Übertragung. Erläutert anhand einer alchemistischen Bilderserie, Verlag Walter: Olten u. Freiburg im Breisgau, S. 25. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ Erik. H. Erikson (1902-1994), In: M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Situationen, auf die Praktiker reagieren müssen, sind durch wenigstens 5 Merkmale ausgezeichnet (...).“ - Sie sind komplex - Sie sind unsicher und sie erzeugen Unsicherheit - Situationen, die professionelle Antworten fordern, sind instabil - Sie sind einzigartig - Sie erfordern Werte-Entscheidungen M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Andererseits kann niemand als der Professionelle selbst die Situation angemessen beschreiben, weil nur er die notwendigen intimen und teils auch flüchtigen Detailkenntnisse hat und nur er selbst seine eigenen Gedanken, die Teil der Situationsdefinition sind, kennt. Vollständigkeit der Beschreibung einer Situation wäre aber weiter eine Bedingung für die Anwendung wissenschaftlich gefundenen Wissens.“ M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Aus diesen Merkmalen ergibt sich für die Position des professionellen Psychotherapeuten ein erkennbares Dilemma: Er muss auf Situationen reagieren, von denen er ein Teil ist, weshalb es besser wäre zu formulieren: er muß in Situationen agieren … ein sechstes Merkmal anfügen:“ - Es kann nicht erwartet werden, daß eine Situation unter solchen Bedingungen vollständig beschrieben werden könnte. M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Professionelle antworten nicht mit der Anwendung von Wissen, sondern erfinden frische Metaphern, die die Dinge in einem anderen Licht zu sehen erlauben (...).“ „(...) Verwissenschaftlichung der Praxis ... Verarmung der Praxis ... Bild einer ... anorektischen Psychotherapie ... die der Poesie, des ästhetischen Imperativs ermangelt ... .“ M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Mit meiner Verschiebung des Diskussionsfokus aus Anlaß der Grawe‘schen Herausforderung auf ‚Profession‘ und auf deren Verhältnis zur Wissenschaft wollte ich zu zeigen versuchen, daß professionelle Praxis ihre Eigenständigkeit gegenüber der wissenschaftlichen Umwelt behaupten kann.“ M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Wenn wir uns vorstellen, daß wissenschaftliche Befunde in der Praxis angewendet würden, dann schließt das ein, daß man sich die Wissenschaft hierarchisch als über der Praxis stehend vorstellt.“ (...) „Wissenschaft liefert nicht besseres, sondern anderes Wissen; beide müssen als nebeneinander positioniert vorgestellt werden.“ (...) „Wissenschaft und Profession sind gleichberechtigte Diskurse (...).“ M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum der Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, S. 75-93. PTH als Profession u. Wissenschaft „Der Autor wendet sich gegen eine Tendenz, Wissenschaft und Profession einander gleichzusetzen. Selbst in den ‚harten‘ Wissenschaften wird zwischen ‚Profession‘ und ‚Wissenschaft‘ unterschieden. Was Professionelle tun, läßt sich nicht als ‚Anwendung‘ oder ‚Konsum‘ von wissenschaftlichen Befunden beschreiben; Professionelle greifen vielmehr auf eine Vielfalt von Wissensbeständen zurück, von denen nur ein Teil wissenschaftlich fundiert ist.“ M. Buchholz (1997) Psychoanalytische Professionalität. Andere Anmerkungen zu Grawes Herausforderungen. Forum d. Psychoanalyse, Band 13, Heft 2, 75-93. Wissensbestände! Die Wege, auf denen die Seele bejahend oder verneinend die Wahrheit trifft, mögen fünf sein: Sachkundigkeit (téchne), Wissenschaftlichkeit (epistéme), Vernünftigkeit (phrónesis), Weisheit (sophía), Vernunft (noûs). (Nikomachische Ethik, VI. Buch, Seite 29) Aristoteles (384-322) Nikomachische Ethik, H.-G. Gadamer (1998), Herausgegeben und übersetzt, Klostermann Verlag, Frankfurt a. Main. Welches Wissen? Welches Wissen? ARTEN DES WISSENS ARTEN DES WISSENS Episteme – Wissenschaft Episteme – Wissenschaft Techne – Kunst (Können) Techne – Kunst (Können) Sophia – Weisheit Sophia – Weisheit Nous – Geist (Erk. d. Prinzipien) Phronesis – (praktische Klugheit) Aristoteles (384–322 v. Chr.) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia Wissensbestände – Episteme! Was nun ‚Wissenschaft‘ sei, ergibt sich, wenn wir die Worte genau nehmen und uns nicht durch bloße Ähnlichkeiten leiten lassen, klar aus folgendem: Wir alle nehmen an, daß das, wovon es Wissenschaft gibt, nicht anders sein kann. (…) Daher kommt dem Gegenstand der Wissenschaft ein ‚mit Notwendigkeit‘ Sein zu. Also ist er ewig. Denn das schlechthin Notwendige ist ewig, das Ewige aber ist ungeworden und unvergänglich. (31) Aristoteles (384-322) Nikomachische Ethik, H.-G. Gadamer (1998), Herausgegeben und übersetzt, Klostermann Verlag, Frankfurt a. Main. Nous – Geist (Erk. d. Prinzipien) Phronesis – (praktische Klugheit) Aristoteles (384–322 v. Chr.) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia Wissensbestände! Was auch anders ein kann, ist entweder Sache des Herstellens (poíesis) oder Sache des Verhaltens (praxis). (31) zwei (...) verschiedene Gebiete des Erkennens (...) zwei (...) verschiedene Teile der Seele (...). Wir möchten den einen dieser Teile als „auf Wissen beruhend“ (epistemonikón) und den anderen „auf Überlegung beruhend“ (logistikón) bezeichnen. Denn Überlegen und Sich-Beraten ist ein- und dasselbe. Niemand berät sich aber über das was gar nicht anders sein kann als es ist. (27) Welches Wissen? Welches Wissen? ARTEN DES WISSENS ARTEN DES WISSENS Episteme – Wissenschaft Episteme – Wissenschaft Techne – Kunst (Können) Techne – Kunst (Können) Sophia – Weisheit Sophia – Weisheit Nous – Geist (Erk. d. Prinzipien) Phronesis – (praktische Klugheit) Aristoteles (384–322 v. Chr.) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia Nous – Geist (Erk. d. Prinzipien) Phronesis – (praktische Klugheit) Aristoteles (384–322 v. Chr.) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia Antike Selbsterkenntnis „Erkenne, dass du ein Mensch bist. (...) Sterblich, nicht unsterblich. Gebrechlich, nicht unverletzlich. Fehlerhaft, nicht vollkommen. Ohnmächtig, nicht allmächtig. Unwissend, nicht allwissend. Anders formuliert: Erkenne die Bedingungen, die Möglichkeiten und die Grenzen, mit denen du zu leben hast.“ „Erkenne dich selbst“ – gnōthi sautón – Tempel des Apoll in Delphi W. Schmid (2007) Mit sich selbst befreundet sein Welches Wissen? ARTEN DES WISSENS PHYSIK DER SUCHE Episteme – Wissenschaft Techne – Kunst (Können) Sophia – Weisheit Nous – Geist (Erk. d. Prinzipien) Phronesis – (praktische Klugheit) Aristoteles (384–322 v. Chr.) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia „Letzten Endes kam ich zu der Überzeugung, dass es so etwas gibt wie die Physik der Suche. Eine Kraft in der Natur, die von so realen Gesetzen regiert wird wie das Gesetz der Schwerkraft. ... Das erste physikalische Gesetz der Suche lautet ungefähr so: Wer mutig genug ist, alles Vertraute und Wohltuende hinter sich zu lassen, egal was, vom Haus bis zu alten Verletzungen und sich auf die Suche nach der Wahrheit macht, sei es nach innen gewandt oder nach außen, und wer wahrhaft gewillt ist, alles was ihm auf dieser Reise passiert als Schlüssel zu betrachten und jeden der ihm unterwegs begegnet als Lehrer zu akzeptieren, und vor allem, wer dazu bereit ist sich unangenehmen Realitäten die einen selbst betreffen zu stellen, und diese zu verzeihen, dem wird sich die Wahrheit offenbaren. ... Davon bin ich fest überzeugt, nach allem was ich erlebt habe.“ Goethes Variante der Physik der Suche „Solange man sich nicht hingibt, herrscht Zaudern, die Möglichkeit zurückzuweichen, stete Wirkungslosigkeit. Was initiatives und schöpferisches Handeln angeht, gibt es nur eine elementare Wahrheit - deren Unkenntnis zahllose Einfälle und großartige Pläne zunichte macht: Dass nämlich in dem Moment, in dem man sich völlig hingibt, auch die Vorsehung sich entwickelt. Es geschehen dann zu unserer Hilfe alle möglichen Dinge, die sonst nie eingetreten wären. Eine ganze Reihe von Ereignissen entspringt der Entscheidung und bewirkt zu unseren Gunsten eine Vielzahl unerwarteter Begebenheiten und materielle Unterstützung, von denen niemand sich geträumt hätte, dass sie ihm zuteil würden ... . Welches Wissen? ARTEN DES WISSENS Was immer du tun oder erträumen kannst, du kannst damit beginnen. In der Kühnheit wohnen Schöpferkraft, Stärke und Zauber. Beginne jetzt.“ Episteme – Wissenschaft Techne – Kunst (Können) Sophia – Weisheit Nous – Geist (E. d. Prinzipien) Johann Wolfgang von Goethe Phronesis – (praktische Klugheit) Aristoteles (384–322 v. Chr.) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia Satz von Widerspruch „Doch das sicherste Prinzip von allen ist das, bei dem eine Täuschung unmöglich ist (…) Welches das aber ist, wollen wir nun angeben: Denn es ist unmöglich, dass dasselbe demselben in derselben Beziehung zugleich zukomme und nicht zukomme. (…) Doch wir haben eben angekommen, es sei unmöglich, dass etwas zugleich sei und nicht sei.“ Vier-Ursachen-Lehre Causa finalis – Finalursache, Zielursache, Zweckursache, Teleologie z.B. um im Tempel zu beten Causa efficiens – Wirkursache z.B. das Hämmern des Bildhauers Causa materialis – Stoffursache Aristoteles (384–322 v. Chr.) Metaphysik 1005b z.B. der Stein gründet den Tempel Causa formalis – Formursache z.B. die Form (gr. idea o. eidos) bestimmt das Aussehen des Tempels Aristoteles (384–322 v. Chr.) Physik, Kap II 3 194 b causa efficiens causa finalis causa materialis causa formalis Die causa materialis und die causa formalis bestimmen das Sein eines Gegenstandes: die Form durchdringt den an sich ungeformten und unbewegten Stoff (d.h. die Materie) und bildet ihn zu einem konkreten, Ding. Die causa efficiens und die causa finalis beziehen sich dagegen auf das Werden der Gegenstände. Die causa efficiens wird im Sinne eines äußeren Anstoßes der Bewegung verstanden und die causa finalis als der Zweck, um dessentwillen etwas geschieht, eine bestimmte Tätigkeit ausgeführt wird. Aristoteles (384-322 v. Chr.) Mittelalterliche Handschrift der Physik in lateinischer Übersetzung Immanuel Kant 1724-1805 Hauptwerke Kritik der reinen Vernunft (1781 u. 1787) Kritik der praktischen Vernunft (1788) Kritik der Urteilskraft (1790) KAUSALITÄT „Kausalität nach Gesetzen der Natur“ „Alles, was geschieht (anhebt zu sein) setzt etwas voraus, worauf es nach einer Regel folgt.“ (Kritik der reinen Vernunft A 189) „Das Schema der Ursache und der Kausalität eines Dinges überhaupt ist das Reale, worauf, wenn es nach Belieben gesetzt wird, jederzeit etwas anderes folgt.“ Immanuel Kant (1781) Kritik der reinen Vernunft, S. 192. „Realität ist im reinen Verstandesbegriffe das, was einer Empfindung überhaupt korrespondiert; dasjenige also, dessen Begriff an sich selbst ein Sein (in der Zeit) anzeigt.“ Immanuel Kant (1781) Kritik der reinen Vernunft, S. 191. Welches Wissen? ARTEN DES WISSENS Episteme – Wissenschaft Techne – Kunst (Können) Sophia – Weisheit Nous – Geist (Erk. d. Prinzipien) Phronesis – (praktische Klugheit) Phrónesis! Was ferner die Vernünftigkeit (phrónesis) sei, können wir daraus lernen, daß wir uns fragen, welche Menschen wir „vernünftig“ (phrónimos) nennen. Nun scheint es dem Vernünftigen eigentümlich zu sein, daß er wohl überlegen kann, was für ihn gut und nützlich ist, und zwar nicht nur in besonderer Hinsicht, etwa was seiner Gesundheit oder Stärke zuträglich ist, sondern in allgemeinerer Hinsicht, was nämlich im ganzen Leben gut und glücklich macht. (33) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia Phrónesis! Phrónesis! Ein Zeichen dafür ist, daß wir jemanden in etwas „vernünftig“ nennen, wenn er in einer Sache einen guten Zweck zu erreichen weiß, in der einem keine Sachkundigkeit hilft. Im Allgemeinen wird also vernünftig sein, wer selber Rat finden kann. Wer so Rat sucht, hat es weder mit dem zu tun, was nicht anders sein kann, noch mit dem, was der Rat-Suchende nicht selber ins Werk zu setzen vermag. (33) Die Vernünftigkeit aber hat es mit den Menschen zu tun und mit solchen, in welchen es ein Sich-Beraten gibt. Dem vernünftigen Menschen legen wir ja als Hauptgeschäft das richtige Sich-Beraten bei. Niemand aber überlegt und beratschlägt über das, was unmöglich anders sein kann und ebensowenig über das, was zwecklos ist, oder genauer, was nicht ein dem Menschen erreichbares Gut bezweckt. (41) Aristoteles (384-322) Nikomachische Ethik, H.-G. Gadamer (1998), Herausgegeben und übersetzt, Klostermann Verlag, Frankfurt a. Main. Aristoteles (384-322) Nikomachische Ethik, H.-G. Gadamer (1998), Herausgegeben und übersetzt, Klostermann Verlag, Frankfurt a. Main. Phrónesis! Richtiges Sich-Beraten schlechthin schreibt man dem zu, der durch Nachdenken das größte dem Menschen erreichbare Gut zu treffen weiß. Ferner bezieht sich Vernünftigkeit nicht bloß auf das Allgemeine, sondern auch auf die Kenntnis im Einzelnen. Denn sie gehört ja zum Verhalten, und das Sich-Verhalten hat es mit dem Einzelnen zu tun. Daher gibt es auch Leute, die ohne besonderes Wissen in ihrem Verhalten geschickter sind als andere mit all ihrem Wissen; (...). (ebd. 41) . Phronesis! der Wege, die zu einem durch Tugend vorgegebenen Ziel führen. (...) Weil ‚phronesis‘ daher in gewisser Weise für die Wahl der Mittel zu gegebenen Zwecken zuständig ist, wird sie oft mit einer instrumentellen Vernünftigkeit verglichen, die im Deutschen als ‚Klugheit‘ bezeichnet wird. Im Gegensatz zur Klugheit jedoch, die die Mittel zu beliebigen Zwecken auszusuchen versteht, ist die Christof Rapp (2001) Aristoteles zur Einführung. Junius Verlag: Hamburg, Seite 26. Phronesis! „Um im Sinne der ‚phronesis‘ vernünftig zu sein, genügt es nicht, dass man über Allgemeinwissen verfügt, man muss vielmehr das Einzelne kennen, d.h., man muss Erfahrungen mit ähnlichen Handlungsumständen selbst gemacht (...) und ähnliche Entscheidungen selbst oder mithilfe der Gesetze oder des Erziehers getroffen haben. Die praktische Vernünftigkeit bezieht sich auf die Wahl Christof Rapp (2001) Aristoteles zur Einführung. Junius Verlag: Hamburg, Seite 26. Phronesis! ‚phronesis‘ den verfolgten Zielen gegenüber keineswegs neutral, sie bezieht sich stets auf die Mittel zu tugendhaften Zielen und zum guten Leben. Christof Rapp (2001) Aristoteles zur Einführung. Junius Verlag: Hamburg, Seite 26. Wissens- und Gewissheitsarten in der Psychotherapie Welches Wissen? Techne Phronesis PSYCHOTHERAPEUTISCHES WISSEN Episteme – Outcome-Studien, Epidemiologie, Versorgungsforschung, Ausbildungsforschung ... Techne – Erzeugung von Atmosphären ... Episteme Sophia Nous Sophia – Fähigkeit zur Dialektik ... Nous – Prinzipielles Wissen über UbW ... Phronesis – Fähigkeit den jeweils höchsten Wert einer Situation zu sehen ... Überlegen u. Abwägen Welches Wissen? Welche Wissenschaft? DREI-STADIEN-GESETZ ARTEN DES WISSENS Episteme – Wissenschaft Techne – Kunst (Können) Sophia – Weisheit Nous – Geist (Erk. d. Prinzipien) Phronesis – (praktische Klugheit) Glauben Aristoteles (384–322 v. Chr.) Nikomachische Ethik, ἠθικὰ Νικομάχεια, ēthiká Nikomácheia Theologische oder fiktive Stadium -Fetischismus -Polytheismus -Monotheismus Metaphysische o. abstrakte Stadium Das positive oder wissenschaftliche Stadium Comte (1842) Cours de philosophie positive Auguste Comte (* 1798 – † 1857) Soziologe, Begründer des Positivismus Welche Wissenschaft? Welche Wissenschaft? POSITIVISMUS Windelband unterschied zunächst Mathematik und Philosophie als rationale Wissenschaften von den Erfahrungswissenschaften. Letztere werden dann von ihm eingeteilt in die nomothetischen Naturwissenschaften und die ideographischen Geisteswissenschaften. Wilhelm Windelband Die wissenschaftstheoretische Unterscheidung zwischen (* 1848 – † 1915) nomothetischer u. ideographischer Neukantianismus Forschung geht auf ihn zurück. Methodendualismus Posito (lat.): setzen, legen, stellen fest-stellen, fest-legen und fest-setzen von Phänomenen, damit Tat-Sachen entstehen Auguste Comte Evidenz (lat.) videre (sehen) (* 1798 – † 1857) Metrische Evidenz, Zweifelsfreiheit, Soziologe, Begründer absolute Gewissheit des Positivismus Welche Wissenschaft? Welche Wissenschaft? Nomothetisch (von griechisch nomos: ‚Gesetz‘ und thesis: ‚aufbauen‘) bezeichnet eine Forschungsrichtung, bei der das Ziel wissenschaftlicher Arbeit allgemeingültige Gesetze sind. Ihre Methoden sind experimentell, oft reduktionistisch, die erhobenen Daten quantitativ. Nomothetische Theorien abstrahieren von den Phänomenen. Diese Denkweise ist typisch für d. Naturwissenschaften. Idiographisch (von griech. idios: ‚privat‘ ‚eigentümlich‘ ‚individuell‘ und graphein: ‚beschreiben‘) ist eine Forschungsrichtung, bei der das Ziel wissenschaftlicher Arbeit die umfassende Analyse konkreter, also zeitlich und räumlich einzigartiger Gegenstände ist. Wilhelm Windelband (* 1848 – † 1915) Neukantianismus Methodendualismus Wilhelm Windelband Ihr Hauptanwendungsbereich sind die (* 1848 – † 1915) Neukantianismus Geisteswissenschaften. Methodendualismus Gesetzes- und Ereigniswissenschaften Gesetzes- und Ereigniswissenschaften „Die einen suchen allgemeine Gesetze, die anderen besondere geschichtliche Tatsachen (...). So dürfen wir sagen: die Erfahrungswissenschaften suchen in der Erkenntnis des Wirklichen entweder das Allgemeine in Form des Naturgesetzes oder das Einzelne in der geschichtlich bestimmten Gestalt; sie betrachten zu einem Teil die immer sich gleichbleibende Form, zum anderen Teil den einmaligen, in sich bestimmten Inhalt des wirklichen Geschehens. Die einen sind Gesetzeswissenschaften, die anderen Ereigniswissenschaften; jene lehren, was immer ist, diese, was einmal war. Das wissenschaftliche Denken ist – wenn man neue Kunstausdrücke bilden darf – in dem einen Falle nomothetisch, in dem anderen ideographisch.“ Wilhelm Windelband (1894) Geschichte und Naturwissenschaft, In: Hans-Georg Gadamer (Hg.) Philosophisches Lesebuch, Band 3., Fischer Verlag: Frankfurt Main 2004, S. 237 f. Nomothetischer Zugang zu psychischen Störungen „Psychische Krankheiten sind Erkrankungen des Gehirns.“ Wilhelm Griesinger (1817-1868) Psychiater und Internist, Begründer der naturwissenschaftlichen (biologischen) Psychiatrie „Geisteskrankheiten sind Gehirnkranheiten.“ Wilhelm Griesinger (1845) Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten Depression eine Gehirnerkrankung! Neurons use chemicals called neurotransmitters to send messages. The message (neural signal) travels in a specific direction from one cell to the next across a connecting synapse, often transmitted from the axon terminal of one cell (the presynaptic neuron) across the synapse to the dendrites of the next (the postsynaptic neuron). Some antidepressant medications work by targeting levels of serotonin and other neurotransmitters in the synapses. Welche Wissenschaft? Welche Wissenschaft? Mit Windelband kann man sagen: Die biologische Psychiatrie verfährt nomothetisch, da sie psychische Störungen als Störungen des chemischen Gleichgewichts des Gehirn auffasst und an den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten dieser Störungen interessier ist. Die Psychotherapie verfährt ideographisch da sie interessiert warum die individuelle Person in dieser spezifischen Situation an genau dieser Erkrankung erkrankte. Der Gegensatz von Natur und Geisteswissenschaft beruht nach Dilthey auf dem Unterschied von Erklären und Verstehen. „Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir.“ Wilhelm Windelband (* 1848 – † 1915) Neukantianismus Methodendualismus Wilhelm Dilthey (1894) Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, In: Gesammelte Schriften, Bd. V Wilhelm Dilthey (* 1883 – † 1911) Lebensphilosophie Hermeneutik Naturwissenschaften Erklären Gegenstand ist die Natur. Sie kann nur untersucht und beobachtet werden. Über die Ursachen natürlicher Vorgänge werden Annahmen angestellt, ein Nacherleben ist nicht möglich. Das Erklären arbeitet mit KausalVorstellungen. Geisteswissenschaften Verstehen Sie hat die Erzeugnisse des menschlichen Geistes zum Gegenstand. Diese können, weil sie vom Menschen selbst hervorgebracht sind, verstanden werden. Gegenstände geisteswissenschaftlicher „Wenn z.B. jemand einen Text in die Schreibmaschine tippt, kann man das Zustandekommen der Schrift als Ergebnis von mechanischen Vorgängen in der Maschine und physiologischen Zusammenhängen im Körper des Schreibenden erklären; um aber zu verstehen, was niedergeschrieben wird, muß man die Bewußtseinsvorgänge im Schreibenden nacherleben bzw. nachvollziehen. Dabei stellt sich Naturwissenschaften Erklären Vorgänge in der Natur werden als Spezialfall eines abstrakten allgemeinen Gesetzes aufgefasst. Naturwissenschaftliches Begreifen ist seinem Untersuchungsobjekt gegenüber neutral und für die Persönlichkeitsentwicklung von geringerer Bedeutung. Geisteswissenschaften Verstehen Untersuchung werden in ihrem konkreten Zusammenhang aufgefasst. Das Verstehen fremden Daseins, vergangener Kulturen und Persönlichkeiten führt zu einer Umformung des Selbst. Fremde geistige Inhalte werden in die eigenen lebendig einbezogen. der Schreibvorgang als Ausdruck eines bestimmten Erlebens dar, und das Verstehen besteht im Nacherleben dieses Erlebens. Dazu werden wir imstande sein, wenn wir die Situation des Schreibenden kennen, wenn wir aus seinen Äußerungen wissen, zu welchem Zweck er schreibt usw. Während die Erklärung der Vorgänge in der Schreibmaschine die Kenntnis mechanischer Gesetze voraussetzt, beruht das Verstehen nicht auf Gesetzeserkenntnis, sondern auf der Fähigkeit, auf Grund von Lebensäußerungen individuelle Erlebnisse in individueller Weise nachzuvollziehen.“ Zum szientistischen Selbstmissverständnis Freuds (J. Habermas)! Wolfgang Röd (1996) Der Weg der Philosophie, Band II, 17. bis 20. Jahrhundert, C.H. Beck: München. Szientistisches Selbstmissverständnis Szientistisches Selbstmissverständnis „(...) die Wissenschaftstheorie, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das Erbe der Erkenntnistheorie antritt, ist eine im szientistischen Selbstmissverständnis der Wissenschaften betriebene Methodologie. ‚Szientismus‘ meint den Glauben der Wissenschaft an sich selbst, nämlich die Überzeugung, daß wir Wissenschaft nicht länger als eine Form möglicher Erkenntnis verstehen können, sondern Erkenntnis mit Wissenschaft identifizieren müssen.“ Das szientistische Selbstmissverständnis Freuds Jürgen Habermas (1968) Erkenntnis und Interesse. Frankfurt am Main, S. 13. „Freud bekennt in seiner Selbstdarstellung, daß sich sein wissenschaftliches Interesse schon in jungen Jahren eher ‚auf menschliche Verhältnisse als auf natürliche Objekte‘ bezogen habe; (...). Gleichwohl findet der Student erst ‚Ruhe und volle Befriedigung‘ in der Physiologie. Im Laboratorium von Ernst Brücke hat er sechs Jahre lang an Fragen der Histologie des Nervensystems gearbeitet. Diese Zwiespältigkeit des Interesses mag dazu beigetragen haben, daß Freud in Szientistisches Selbstmissverständnis Szientistisches Selbstmissverständnis Das szientistische Selbstmissverständnis Freuds Freud: „Unsere Annahme eines räumlich ausgedehnten, zweckmäßig zusammengesetzten, durch Bedürfnisse des Lebens entwickelten psychischen Apparates, der nur an einer bestimmten Stelle unter gewissen Bedingungen den Phänomenen des Bewußtseins Entstehung gibt, hat uns in den Stand gesetzt, die Psychologie auf einer ähnlichen Grundlage aufzurichten wie jede andere Naturwissenschaft, z.B. die Physik.“ der Tat eine neue Humanwissenschaft begründet, aber in ihr stets eine Naturwissenschaft gesehen hat. Mehr noch, der Neurophysiologie, in der er anthropologisch relevante Fragen mit medizinisch-naturwissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten gelernt hatte, entlehnt Freud die für die Theoriebildung bestimmenden Modelle. Freud hat nie daran gezweifelt, dass die Psychologie eine Naturwissenschaft sei.“ S. Freud, Ges. Werke, XVII, 126; vgl. auch XVII, 80., in: Habermas (ebd.), S. 301. Jürgen Habermas (1968) Erkenntnis und Interesse. Frankfurt am Main, S. 300 f. Szientistisches Selbstmissverständnis Szientistisches Selbstmissverständnis Freud: „Die Zukunft mag uns lehren, mit besonderen chemischen Stoffen die Energiemengen und deren Verteilung im seelischen Apparat direkt zu beeinflussen; (…) vorläufig steht uns nichts besseres zu Gebote als die psychoanalytische Technik.“ S. Freud, Gesammelte Werke Band. XVII., S. 108. Freud: „Eines Tages machte man die Entdeckung, dass die Leidenssymptome gewisser Nervöser einen Sinn haben. Daraufhin wurde das psychoanalytische Heilverfahren begründet. (...)“ entdeckt wurde auch (u.a. durch d. Pat. Anna O.) „dass die Symptome mit dem Wissen um ihren Sinn vergehen (...).“ Freud in: M. Poltrum (2010) Klinische Philosophie. Logos Ästhetikus und Philosophische Therapeutik, Parodos Verlag: Berlin. Psychotherapie als Hermeneutik Psychotherapie als Hermeneutik „Freud hat die Traumdeutung stets am hermeneutischen Vorbild der philologischen Arbeit orientiert. Er vergleicht sie gelegentlich mit der Übersetzung eines fremdsprachigen Autors (...). Aber die Deutungsarbeit des Analytikers unterscheidet sich von der des Philologen nicht nur durch Ausgliederung eines besonderen Objektbereiches; sie verlangt eine spezifisch erweiterte Hermeneutik, die gegenüber der üblichen geisteswissenschaftlichen Interpretation eine neue Dimension berücksichtigt.“ „Die Tiefenhermeneutik, die Freud der philologischen Diltheys entgegensetzt, bezieht sich auf Texte, die Selbsttäuschungen des Autors anzeigen.“ (S. 267) „Die Technik der Traumdeutung geht insofern über die Kunst der Hermeneutik hinaus, als sie nicht nur den Sinn eines möglicherweise entstellten Textes, sondern den Sinn der Textentstellung selber, ... rekonstruieren muß (...).“ (S. 270 f.) Jürgen Habermas (1968) Erkenntnis und Interesse. Frankfurt am Main. Jürgen Habermas (1968) Erkenntnis und Interesse. Frankfurt am Main, S. 263. Freud zum Verhältnis von Geist und Gehirn Freud zum Verhältnis von Geist und Gehirn „Ist es gerechtfertigt, eine Nervenfaser, die über die ganze Strecke ihres Verlaufes bloß ein physiologisches Gebilde und physiologischen Modifikationen unterworfen war, mit ihrem Ende ins Psychische einzutauchen?“ „Die Kette der physiologischen Vorgänge im Nervensystem steht ja wahrscheinlich nicht im Verhältnis der Kausalität zu den psychischen Vorgängen. Die physiologischen Vorgänge hören nicht auf, sobald die psychischen begonnen haben, vielmehr Sigmund Freud (1891) Zur Auffassung der Aphasien Zitat aus: Hartmann Hinterhuber (2001) Die Seele. Natur- und Kulturgeschichte von Psyche, Geist und Bewusstsein, Springer Verlag: Wien New York, Seite 142. Sigmund Freud (1891) Zur Auffassung der Aphasien Zitat aus: Hartmann Hinterhuber (2001) Die Seele. Natur- und Kulturgeschichte von Psyche, Geist und Bewusstsein, Springer Verlag: Wien New York, Seite 142. Freud zum Verhältnis von Geist und Gehirn Freud zum Verhältnis von Geist und Gehirn geht die physiologische Kette weiter, nur dass jedem Glied der selben (oder einzelnen Gliedern) von einem gewissen Moment an ein psychisches Phänomen entspricht. Das Psychische ist somit ein Parallelvorgang des Physiologischen.“ „Es scheint mir ebenso mutwillig, die Natur durchwegs zu beseelen, wie sie radikal zu entgeistern. Lassen wir ihr jedoch ihre großartige Mannigfaltigkeit, die vom Unbelebten zum organischen Belebten, vom Körperlichlebenden zum Seelischen aufsteigt. Gewiss ist das Ubw die richtige Vermittlung zwischen dem Körperlichen und dem Seelischen, vielleicht das langentbehrte ‚missing-link‘.“ Sigmund Freud (1891) Zur Auffassung der Aphasien Zitat aus: Hartmann Hinterhuber (2001) Die Seele. Natur- und Kulturgeschichte von Psyche, Geist und Bewusstsein, Springer Verlag: Wien New York, Seite 142. Sigmund Freud – Zitat aus: H. Hinterhuber (2001) Seite 141 f. Psychotherapie als Hermeneutik Psychotherapie als Hermeneutik Paul Ricœur – Freuds Werk stellt sich: „Psychotherapie ist eine zirkuläre Wissenschaft, hermeneutischen Art. Mit dem wesentlichen Unterschied, daß das Ende des hermeneutischen Kreises eine interpersonale Aktivität darstellt. Der hermeneutische Zirkel endet gewaltsam, an einem bestimmten Punkt.“ „von Anfang an als eine gemischte, sogar zwiespältige Rede“ (...) dar, die (...) „bald Aussagen über – einer Energetik unterworfene – Kräftekonflikte macht, bald Aussagen über – einer Hermeneutik unterworfene – Sinnbeziehungen.“ Paul Ricœur (1974) Die Interpretation. Ein Versuch über Freud, übers. von Eva Moldenhauer, Suhrkamp Verlag: Frankfurt am Main, Seite 79. Fritz Wallner (1996) Eine neue Ontologie für Psychotherapien. Zur Korrektur eines epistemologischen Mißverständnisses, In: A. Pritz (Hg.) Psychotherapie – eine neue Wissenschaft vom Menschen. Wien, New York: Springer. Welche Wissenschaft? Welche Wissenschaft? Der Gegensatz von Natur und Geisteswissenschaft beruht nach Dilthey auf dem Unterschied von Erklären und Verstehen. Windelband unterschied zunächst Mathematik und Philosophie als rationale Wissenschaften von den Erfahrungswissenschaften. Letztere werden dann von ihm eingeteilt in die nomothetischen Naturwissenschaften und die ideographischen Geisteswissenschaften. Wilhelm Windelband Die wissenschaftstheoretische Unterscheidung zwischen (* 1848 – † 1915) nomothetischer u. ideographischer Neukantianismus Forschung geht auf ihn zurück. Methodendualismus „Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir.“ Wilhelm Dilthey (1894) Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, In: Gesammelte Schriften, Bd. V Naturwissenschaften Wilhelm Dilthey (* 1883 – † 1911) Lebensphilosophie Hermeneutik Geisteswissenschaften Naturwissenschaften Geisteswissenschaften Causa efficiens (Aristoteles) Causa finalis (Aristoteles) Causa efficiens (Aristoteles) Causa finalis (Aristoteles) Nomothetisch (Windelband) Ideographisch (Windelband) Nomothetisch (Windelband) Ideographisch (Windelband) Erklären (Dilthey) Verstehen (Dilthey) Erklären (Dilthey) Verstehen (Dilthey) Res Extensa (Descartes) Res Cogitans (Descartes) Res Extensa (Descartes) Res Cogitans (Descartes) Kategorien (Heidegger) Existentialien (Heidegger) Kategorien (Heidegger) Existentialien (Heidegger) 3.-Person Perspektive positivistischer Ansatz, objektivierender Ansatz, liegt der kategorialen Diagnostik d. DSM-V u. d. ICD-10 zugrunde. (T. Fuchs) 1.-Person Perspektive subjektorientierter Ansatz, auf Selbsterleben bezogen. 2.-Person Perspektive intersubjektive Ansatz, DuPerspektive. (T. Fuchs) 3.-Person Perspektive positivistischer Ansatz, objektivierender Ansatz, liegt der kategorialen Diagnostik d. DSM-V u. d. ICD-10 zugrunde. (T. Fuchs) 1.-Person Perspektive subjektorientierter Ansatz, auf Selbsterleben bezogen. 2.-Person Perspektive intersubjektive Ansatz, DuPerspektive. (T. Fuchs) GEMEINSAME TEXTLEKTÜRE THOMAS FUCHS Psychopathologie und Phänomenologie In: 2/08 Spectrum Psychiatrie, M. Musalek (Hg.) MedMedia Verlag: Wien 2008, S. 41-45 Thomas Fuchs: Body-Mind-Circulation Psychotherapie als Wissenschaft Psychotherapie als Wissenschaft „In den meisten Ländern ist Psychotherapie bisher in Medizin und Psychologie eingebunden. Die Verbindung der Psychotherapie mit diesen Disziplinen entspricht einer historisch gewachsenen Struktur, die sich mehr oder weniger bewährt hat. Ungewöhnlich an dieser organisatorischen Einbindung ist, dass eine wissenschaftliche Disziplin ausschließlich im Rahmen von Nachbarfächern angesiedelt ist. Diese folgen ihrer eigenen methodenbedingten Gegenstandsbestimmung, die von der psychotherapeutischen erheblich abweicht bis hin zu Unvereinbarkeiten. ‚Fremdunterbringung‘ schafft ungünstige Voraussetzungen für die Entwicklung einer Disziplin und hat im Falle der Psychotherapiewissenschaft (PTW) wahrscheinlich dazu beigetragen, dass sich das Fach noch heute in einer vor-paradigmatischen Verfassung befindet. (…) Unsere Ausführungen (…) haben schon verdeutlicht, dass eine gründliche Beschäftigung mit Philosophie und mit Themen, die andere sozial- und geisteswissenschaftliche Fächer bearbeiten, wie etwa Soziologie, Pädagogik, Semiotik und Kulturwissenschaften Gottfried Fischer (2008) Logik der Psychotherapie. Philosophische Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft, Asanger Verlag: Kröning, S. 40. Gottfried Fischer (2008) Logik der Psychotherapie. Philosophische Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft, Asanger Verlag: Kröning, S. 40. Psychotherapie als Wissenschaft Psychotherapie als Wissenschaft für die PTW unverzichtbar ist. Die Medizin hat vor mehr als 100 Jahren das ‚Philosophikum‘ abgeschafft, die Psychologie in Deutschland seit etwa drei Jahrzehnten. Psychotherapie kann sich nicht in gleicher Weise von der philosophischen Tradition trennen. Der Kern ihrer Gegenstandsbestimmung und Methodik wurzelt in einer Denktradition, die bis zu den platonischen Dialogen zurückreicht.“ „Der Aufbau einer ‚Mutterdisziplin‘ PTW sollte also nicht zu Lasten der psychotherapeutischen ‚Tochterdisziplinen‘ gehen, die in Medizin und Psychologie schon angesiedelt sind. Der Aufbau der PTW beendet lediglich die im Wissenschaftsraum durchaus ungewöhnliche Existenz von Tochterdisziplinen ohne Mutterdisziplin. Die PTW bündelt das in Medizin und Psychologie vorhandene Erfahrungswissen und sorgt für den Transfer von gesichertem psychotherapeutischem Wissen hin zu Medizin und Psychologie, aber auch zu Pädagogik (…).“ Gottfried Fischer (2008) Logik der Psychotherapie. Philosophische Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft, Asanger Verlag: Kröning, S. 40. Gottfried Fischer (2008) Logik der Psychotherapie. Philosophische Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft, Asanger Verlag: Kröning, S. 305 f. Psychotherapie als Wissenschaft Psychotherapie als Wissenschaft „Um diese vielfältige Integrationsaufgabe leisten zu können, muss die PTW auch in sich selbst integrativ gestaltet sein und nicht nur Natur-, sondern auch Geistes- und Kulturwissenschaften einbinden. Durch die bisherige Zuordnung von Psychotherapie zu Medizin und experimenteller Psychologie wurde in den letzten Jahrzehnten eine naturwissenschaftliche Ausrichtung der Psychotherapie übermäßig betont, wofür die Verhaltenstherapie ein anschauliches Beispiel darstellt. „In der vorliegenden Untersuchung wurden demgegenüber vielfache Gründe angeführt, dass Psychotherapie wesentlich als Kommunikationswissenschaft zu verstehen ist, die in naturwissenschaftliche Bereiche zwar hineinreicht, ihrer inneren Logik und Gegenstandsbestimmung nach jedoch primär Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften verankert ist.“ Gottfried Fischer (2008) Logik der Psychotherapie. Philosophische Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft, Asanger Verlag: Kröning, S. 306. Gottfried Fischer (2008) Logik der Psychotherapie. Philosophische Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft, Asanger Verlag: Kröning, S. 306. Psychotherapie als Wissenschaft „Dem psychotherapeutischen Gegenstand sind in besonderer Weise Methoden angemessen, die in den Geistes- und Sozialwissenschaften entwickelt wurden. Dabei handelt es sich insbesondere um Phänomenologie, Hermeneutik und Dialektik.“ Gottfried Fischer (2008) Logik der Psychotherapie. Philosophische Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft, Asanger Verlag: Kröning, S. 145. Psychotherapie als Wissenschaft „Das Verhältnis der Philosophie zur so genannten positiven Wissenschaft lässt sich auf die Formel bringen: Philosophie stellt diejenigen Fragen, die nicht gestellt zu haben die Erfolgsbedingung des wissenschaftlichen Verfahrens war.“ Carl Friedrich von Weizsäcker (1978): Deutlichkeit – Beiträge zu politischen und religiösen Gegenwartsfragen, Deutscher Taschenbuchverlag, München. Psychotherapie als Wissenschaft Literaturwissenschaften (Beschreibung von suizidalen Erfahrungen, Beschreibungen von Rauscherfahrungen …) Filmwissenschaften (der Psychotherapeut im Film, Psychopathologische Störungen im Film, Psychose im Film, Sucht im Film, Cinematherapie ...) Philosophie (Phänomenologie, Hermeneutik, Dialektik, Ideologie-Kritik, Dekonstruktion, Rhetorik, Mäeutik ...) Soziologie (Pathologien des Zeitgeistes, Kritik an der Privatisierung von Störungen ...) Ethnologie (kulturvergleichende Psychotherapie, Krankheits- und Behandlungskonzepte anderer Kulturen)