40 Millionen Franken weniger Kosten

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Datum: 27.07.2015
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40 Millionen Franken weniger Kosten
Das Bundesamt für Gesundheit lockert die Rationierung bei der Hepatitis-C-Therapie, die Pharmafirmen
senken im Gegenzug ihre Preise. Branchenleader Gilead mag vorläufig nicht mitmachen.
Rita Flubacher
der Anwendung auf Grad-2-Patienten. einer Kombination von Solvaldi und
Die frohe Botschaft der Firma Abbvie Die Kosten würden trotzdem sinken, dem wegen schwerer Nebenwirkungen
mit Sitz in Baar traf Anfang letzte Woche weil die Therapiedauer von 12 auf 8 Wo- gefürchteten Interferon während 24 Mo-
bei Ärzten und Krankenkassen ein. Im
Schreiben teilte die Schweizer Niederlassung des US-Pharmakonzerns mit,
dass ihre beiden Medikamente Viekirax
und Exviera gegen die chronische Hepatitis C des Genotyps 1 ab 21. Juli zu reduzierten Preisen erhältlich sind.
Die beiden Präparate, die kombiniert
eingenommen werden müssen, kosteten
bislang bei einer Standardtherapie von
12 Wochen 61 956 Franken. Neu sind die
Pillen für 46 019 Fr. erhältlich - knapp
26 Prozent billiger als vorher.
Für die Ärzte und ihre Patienten von
fast noch grösserer Wichtigkeit ist die
zweite Ankündigung: Die Kombinations-
therapie muss ab 1. August auch bei
Patienten mit einer sogenannten Leberfibrose Grad 2 von den Krankenkassen
finanziert werden. Die Fibrose oder
Lebervernarbung wird in vier Stufen
eingeteilt, wobei Grad 4 die schlimmste
Form darstellt. In diesem Stadium kann
Leberkrebs ausbrechen und eine Transplantation nötig werden. Bis jetzt durften die Kassen auf Anordnung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) nur die
Therapien bei Grad 3 und 4 vergüten.
Wie das BAG auf Anfrage des TA erklärt, wird auch das Präparat Olysio des
belgischen Herstellers Janssen-Cilag ab
1. August bei F2 bei Genotyp 1 und 4 zu-
gelassen. Der Preisabschlag ist mit 140
Franken allerdings gering. Die Packung
mit 28 Kapseln wird 10 718 Franken kos-
chen reduziert werden könnten, skiz- naten behandelt. Kostenpunkt: 125 200
zierte Lüscher. Von einer eigentlichen Franken. Bei der Kombination von So-
Preisreduktion der Gilead-Arzneien war valdi mit Daklinza entfällt das Interferon
damals allerdings nicht die Rede.
und die Kosten liegen mit 92 600 FranOb und wie die Verhandlungen mit ken knapp 26 Prozent tiefer. Das BAG
Gilead weitergeführt werden, wollte das rechnet mit Einsparungen von 23,47 MilBAG nicht erläutern. Für Sovaldi und lionen Franken.
Harvoni gilt die Rationierung weiter.
Trotzdem ist man im Bundesamt nur
mässig zufrieden. «Die Preise sind noch
Indirekter Preisdruck
Offensichtlich rechnet man in Bern immer auf einem unverständlich hohen
damit, dass die billigeren Konkurrenz- Niveau. Die aktuellen Gewinnmargen
produkte Solvaldi und Harvoni bei der bei diesen Therapien sind im Augenblick
Behandlung von Grad 3 und 4 bald vom weder erklärbar noch vertretbar», kritiRezeptblock verdrängen werden. «Es siert Peters.
Eine Standardtherapie von 12 Wogibt keinen vernünftigen Grund, künftig
mit Sovaldi kostet 57 625 Franken.
die Patienten mit den teureren Me- chen
Für das Nachfolgeprodukt Harvoni müssen 62 363 Franken bezahlt werden. Da«Die Gewinnmargen
bei handelt es sich nur um die Preise für
bei diesen Therapien
die Pillen. Aus Furcht vor einer Kostenexplosion griff das BAG 2014 zum ungesind im Augenblick
wöhnlichen Mittel der Rationierung und
weder erldärbar noch
vertretbar.»
beschränkte den Zugang auf Patienten
mit bereits schweren Lebererkrankun-
gen (F3 und F4). Die Folge davon: Ärzte
mussten Patienten, die nicht in den Rasdikamenten zu behandeln», sagt Peters. ter fielen, wieder nach Hause schicken.
Die jährlichen Einsparungen werden auf Sie sollten erst wiederkommen, wenn
Oliver Peters, BAG
bis zu 40 Millionen Franken veran- ihre Leber bereits in schlechtem, dafür
schlagt. Das Bundesamt geht von jährlich 3000 Behandlungen bei F3 und F4
aus. Dazu kommen jährlich rund 900
Fälle mit F2, die ab August therapiert
werden dürfen.
Noch eine weitere Einsparmöglichkeit zeichnet sich ab. Auf den 1. August
wird auch Daklinza des US-Herstellers
Bristol-Myers Squibb (BMS) in die Spezialitätenliste aufgenommen und muss
deshalb von den Krankenkassen vergütet werden. Allerdings ist das Mittel auf
die Fibrosegrade 3 und 4 beschränkt.
ten. Oliver Peters, Leiter des Krankenund Versicherungsbereichs im BAG erklärt, Olysio sei von Anfang an preisgünstiger als die Konkurrenz gewesen.
Nicht billiger werden vorläufig die
beim Genotyp 1 marktbeherrschenden
Produkte Sovaldi und Harvoni des US- Daklinza soll in Kombination mit Sovaldi
Herstellers Gilead. Das BAG konnte sich vor allem gegen den Genotyp 3 eingemit der Firma nicht einigen. Im Ge- setzt werden. Davon betroffen sind rund
spräch mit dem TA hatte Gilead-Schweiz- 30 Prozent der Hepatitis-C-Erkrankten.
Chef Andre Lüscher noch Anfang Juni Bis jetzt wurden 90 Prozent der Fälle mit
erklärt, er befürworte eine Ausdehnung
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vergütungsberechtigtem Zustand sei.
Es hagelte Kritik von Ärzten und Pati-
entenorganisationen. Dem Amt wurde
eine zu willfährige Haltung gegenüber
den Pharmaherstellern vorgeworfen.
Das BAG wies die Kritik mit Verweis auf
eine US-Studie ab, wonach die Sterblichkeitsrate bei Patienten, die erst ab Grad 3
behandelt würden, gleich hoch sei wie
in der normalen Bevölkerung. Diese
Schlussfolgerung wurde in medizinischen
Kreisen stark kritisiert. Im Mai machten
namhafte Schweizer Ärzte ihren Unmut
über die Preispolitik der Hersteller und
die Rationierung durch das BAG erstmals
in einem öffentlichen Brief publik.
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Das Ausland machte es vor
teils happige Preisnachlässe ab. Bei der
Preisfestlegung muss das BAG jeweils
die Preise von sechs europäischen Referenzländern berücksichtigen.
Wohl aufgrund der Erfahrungen mit
den Gilead-Blockbustern hat das BAG
die neuen Hepatitis-C-Medikamente nur
Das BAG musste handeln. Laut Oliver
Peters habe man sich im Frühling mit
medizinischen Fachgesellschaften an
einen runden Tisch gesetzt. Danach
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sei man von der Argumentation mit der
US-Studie etwas abgerückt.
Zum Handeln zwang allerdings noch befristet in die Spezialitätenliste aufetwas anderes: In Frankreich und ande- genommen. Das erlaubt es, kurzfristig
ren Ländern pressen staatliche Gesund- auf Preisentwicklungen im Ausland zu
heitsbehörden den Pharmaherstellern reagieren.
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Patienten sollen nicht mehr auf Therpie warten müssen, bis ihre Leber zerstört ist (im Bild: Leberzirrhose). Foto: DDP Images
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Hepatitis-Typen
Die Viren lauern im Wasser,
Essen und in Körperflüssigkeiten
Verlauf, Verbreitung und
Übertragungswege der vier
Hepatitis-Arten sind sehr
unterschiedlich.
kommt. Letzte Woche wurde im Rahmen
der Schweiz eine Person am Kantonsspital St. Gallen gegen Hepatitis C geimpft.
Hepatitis D: Mit dem Hepatitis-D-
Hepatitis A: Das Virus gehört zur Fa- Virus sind weltweit rund 10 Millionen
milie der Picornaviren, zu der auch der Menschen infiziert. Eine D-Infektion
Erreger der Kinderlähmung gehört. Der kommt nur zusammen mit einer B-InfekKeim wird über schmutziges Wasser tion vor, da das Hepatitis-D-Virus das
oder kontaminierte Speisen übertragen. Hüllprotein des Hepatitis-B-Virus für
Die Vermehrung geschieht in der Darm- seine Vermehrung braucht. Hepatitis D
schleimhaut, später in der Leber, von wird über Blut, Blutprodukte, seltener
wo aus das Virus über die Galle wieder durch Geschlechtsverkehr übertragen.
in die Aussenwelt gelangt. Weltweit infi- Die chronische Hepatitis D ist die
zieren sich 1,4 Millionen Menschen jähr- schwerwiegendste aller Virus-Hepatitislich - die meisten davon Kinder. Oft heilt Erkrankungen. Die Entwicklung zur Ledie Krankheit nach akuter Infektion voll- berzirrhose verläuft schnell. Einen aktiven Schutz bietet die Impfung gegen Heständig aus. Todesfälle sind selten.
Hepatitis B: Das Virus gehört einer patitis B.
anderen Virenfamilie als A an. Es löst die
mit 240 Millionen Infizierten häufigste
und mit fast 800 000 Toten pro Jahr gefährlichste Form der Leberentzündung
aus. Die Erkrankung verläuft in jedem
zehnten Fall chronisch. Das Virus wird
durch direkten Kontakt mit Körperflüs-
Kampf gegen Hepatitis
einer europäischen Studie erstmals in Strategie für die Schweiz
Hepatitis E: Es ist die häufigste akute
Hepatitis in einigen Ländern Asiens und
Afrikas (Indien, Sudan). Die Übertragung erfolgt über kontaminierte Nahrungsmittel und verseuchtes Wasser.
Eine Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus
ist klinisch nicht von einer Infektion mit
sigkeiten (Tränen, Sperma, Mutter- dem Hepatitis-A-Virus zu unterschei-
milch, Blut) übertragen. Für eine Anste- den. Sie verläuft häufig jedoch schwerer.
ckung reichen winzige Mengen Flüssig- Ein Subtyp kann vor allem für Schwankeit. Hepatitis B ist die einzige Form der gere gefährlich werden und findet sich
Leberentzündung, die beim Sex über- in einem Teil der europäischen Blutkon-
tragen wird. Gegen Hepatitis B gibt es serven. Hepatitis E wird in der Regel
nicht chronisch. Eine Impfung befindet
eine wirksame Impfung.
Hepatitis C: Die Krankheit ist heim- sich in der klinischen Testphase.
Ärzte begrüssen die Senkung der Medikamentenpreise und die Lockerung der Rationierung. Doch erachten sie das nur «als einen
von etlichen Ansatzpunkten in der Bekämpfung dieser Epidemie», wie Philip Bruggmann, Chefarzt an den Arud-Zentren für
Suchtmedizin in Zürich erklärt. Solange ein
Betroffener gar nicht wisse, dass er Hepatitis
C hat, nützten ihm die günstigsten Medikamente nichts.
Laut Bruggmann leben in der Schweiz
etwa 80 000 Menschen mit Hepatitis C.
«Wir schätzen, dass mehr als die Hälfte der
Betroffenen nicht weiss, dass sie infiziert ist
und allenfalls schon einen Leberschaden
hat.» Es gelte nun rasch die nicht diagnostizierten Betroffenen mit bereits geschädigter
Leber zu finden und zu behandeln. Eine
Hepatitisinfektion gilt als häufigste Ursache
für eine Lebertransplantation. «Es sterben
mehr Menschen an Hepatitis als an HIV», so
Bruggmann.
Der Arzt arbeitet zusammen mit anderen
Experten seit 2014 an einer nationalen
Hepatitis-Strategie (www.hepatitis-schweiz.
ch). Der Entwurf dazu soll morgen Dienstag
vorgelegt werden. Der 28. Juli ist Welt-Hepatitis-Tag. Bruggmann und seine über 70 Mitstreiter wollen die virale Hepatitis in der
Schweiz bis 2030 eliminieren. (rf)
tückisch, weil man sie fast nicht spürt. In Rita Flubacher
gut zwei von drei Fällen wird sie chronisch und kann nach vielen Jahren ohne
auffällige Symptome zu Leberzirrhosen
und zu Leberkrebs führen, wenn sie
nicht behandelt wird. Die herkömmliche
Therapie ist für die Betroffenen mit vielen Nebenwirkungen verbunden. Die Ansteckung erfolgt über das Blut. Blutkonserven scheiden inzwischen als Überträger aus, weil sie auf den Erreger getestet
werden. Die grösste Gefahr geht von
Spritzen und Kanülen aus, die mehrfach
oder gemeinsam benutzt werden, was
vor allem unter Drogenkonsumenten
und in den Entwicklungsländern vor-
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