3_Organisation des Lebendigen

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Johannes Herlet, 2012-2016
Thema der Arbeit: kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und
Hypothesen der modernen Wissenschaften auf die Fragen: was ist Leben, wie funktioniert
Leben, wie ist das Leben auf der Erde entstanden und wie hat es sich seither entwickelt?
Arbeit in 2 Teilen: I) Organisation des Lebendigen; II) Evolution des Lebens
1. Was ist Leben?
Eine Lehre vom Leben wurde bereits 600 v. Chr. von Thales von Milet entwickelt, der damals
unter anderem glaubte, dass das Leben aus dem Wasser komme. Erst im 19. Jahrhundert
begann jedoch eine systematische Erforschung der Lebensstrukturen und Lebensprozesse.
Die wissenschaftliche Erforschung des Lebens wird heute von mehreren interdisziplinären,
sich teilweise überlappenden Wissenschaften voran getrieben, die oft auch unter dem Begriff
„Biowissenschaften“ zusammen gefasst werden. Als Einzelwissenschaften sind hier an erster
Stelle Biologie, Biochemie und Biophysik zu nennen sowie diverse Teilgebiete der Biologie
wie Physiologie Molekularbiologie, Evolutionsbiologie und Genetik.
Was unterscheidet lebende von unbelebter Materie? Kann Leben aus den Gesetzen der Physik
und Chemie hergeleitet werden, also aus den erkennbaren und messbaren Eigenschaften der
Materie, oder gibt es zusätzlich ein Leben schaffendes und erhaltendes Prinzip jenseits
kausaler Naturerklärung? Auf die zweite Frage, komme ich am Schluss dieser Arbeit zurück.
Zunächst möchte ich die Erkenntnisse kompakt darstellen, die wir in den letzten Jahrzehnten
mittels der modernen Naturwissenschaften über das Leben gewonnen haben.
Was unterscheidet lebende von unbelebter Materie? Als wesentliche Lebensmerkmale
werden meist genannt: ein eigener Stoffwechsel und die Fähigkeit sich zu vermehren.
Da aber z.B. auch Feuer einen eigenen Stoffwechsel unterhält und sich „vermehrt“, ist eine
Präzisierung der Begriffe sinnvoll. „Eigener Stoffwechsel“ bedeutet, dass ein lebender
Organismus mit seiner Umwelt durch eine teil-durchlässige Außenhaut oder Membran in
einem ständigen Stoffwechselaustausch steht, also lebensnotwendige Stoffe aufnimmt und
Abfallstoffe ausscheidet. Die aufgenommenen Stoffe dienen der Energiegewinnung
(Energiestoffwechsel) und zur Synthese neuer Substanzen, die der Organismus zur Steuerung
der lebenserhaltenden Prozesse benötigt (Baustoffwechsel). Die Fähigkeit zur Vermehrung
bzw. Fortpflanzung bedeutet, dass der Organismus - ggf. zusammen mit einem Sexualpartner
der gleichen Art – weitere vermehrungsfähige Organismen der gleichen Art erzeugen kann.
„Eigener Stoffwechsel“ und „Vermehrung“ implizieren weitere Lebensmerkmale, z.B.
• Reizbarkeit: lebende Organismen reagieren auf bestimmte von außen einwirkende Reize
(Umweltänderungen physikalischer oder chemischer Natur) schon allein deswegen, weil
ihr Stoffwechsel zwischen günstigen und giftigen Stoffen unterscheiden muss.
• Aktive Beweglichkeit: diese beruht auf der aktiven Kontraktilität bestimmter Biomoleküle
und ermöglicht die optimale räumliche Ausrichtung des Organismus auf die Umwelt.
• Wachstum: dies ist eine Voraussetzung für Vermehrung (durch Zellteilung).
Auch die Fähigkeit zur Darwinschen Evolution, also die Weiterentwicklung der Arten durch
Mutation und Selektion, wird oft als wesentliches Lebensmerkmal genannt.
Viren gehören nach obiger Definition nicht zu den lebenden Organismen, da sie keinen
eigenen Stoffwechsel besitzen. Sie sind zur Vermehrung auf lebende Zellen angewiesen und
bilden eine Grenzform des Lebens (siehe Kapitel 3)
2. Die Zelle als Grundform allen Lebens
Jeder lebende Organismus ist aus Zellen aufgebaut. Die einfachste und früheste Form des
Lebens sind einzellige Organismen. In Vielzellern haben sich unterschiedliche Zelltypen oder
Zellkomplexe (Gewebe, Organe) mit spezifischen Aufgaben gebildet, die einzelne Zelle ist
dabei in der Regel nicht mehr lebensfähig. Auch Vielzeller entwickeln sich aus einer Zelle.
Im Lauf des individuellen Wachstums differenzieren sich die Zellen jedoch zu verschiedenen
Organen, die jeweils bestimmte Funktionen im Gesamtsystem des Individuums übernehmen.
Der menschliche Körper beispielsweise besteht aus etwa 50 bis 100 Billionen Zellen von über
200 verschiedenen Zell- und Gewebetypen. Jede Zelle enthält in ihrem Erbgut alle
„Programme“, die das Wachstum und die vielfältigen Lebensprozesse des Organismus
steuern. Jede Zelle ist ein hervorragend durchorganisierter Chemiebetrieb mit tausenden
unterschiedlichen, genau und zweckmäßig auf einander abgestimmten Reaktionen.
Im Laufe der Evolution haben sich zwei verschiedene Gruppen von Lebewesen gebildet, die
sich durch die Struktur ihrer Zellen stark unterscheiden: zum einen die meist einzelligen
Prokaryoten (Bakterien und Archaeen), die aus einfach gebauten Zellen ohne Zellkern
bestehen, und zum anderen die Eukaryoten (Tiere, Pflanzen, Pilze und Protisten), die aus
komplizierter strukturierten Zellen mit einem Zellkern und weiteren speziellen Zellorganen
(Organellen) bestehen. Die Protisten sind eine Gruppe ein- bis wenig-zelliger Eukaryoten, sie
beinhalten Vorstufen der Pflanzen, Tiere und Pilze, aber auch Lebensformen, die keinem
dieser Reiche zugeordnet werden, wie z.B. die Amöben und Wimperntierchen. Zu den
einzelligen Lebewesen gehören alle Archaeen, die meisten Bakterien, einige Pilze und viele
Protisten. Der Durchmesser von Prokaryoten-Zellen (Protocyten) variiert i.d.R. zwischen 1
und 5 µm (tausendstel mm), der von Eukaryoten (Eucyten) i.d.R. Zwischen 10-50 µm. Die
Eizelle des Menschen wird 0,1-0,2 mm, die eines Straußes sogar über 7 cm groß.
Aufbau und Grundfunktionen von Zellen:
Jede Zelle besitzt eine von der Außenwelt abgrenzende Zellmembran. Durch diese Membran
wird kontrolliert, was in die Zelle aufgenommen und was hinaus transportiert wird. Alle
Zellen besitzen Desoxyribonukleinsäure (DNS, engl. DNA), in der die Erbinformationen
gespeichert sind, Ribonukleinsäure (RNS, engl. RNA), die zum Aufbau von Proteinen
notwendig ist, und Proteine, welche als Biokatalysatoren (Enzyme) sehr viele chemische
Reaktionen in der Zelle erst ermöglichen und viele weitere wichtige Lebensfunktionen haben.
Das durch die Zellmembran umschlossene Medium (ohne den Zellkern der Eukaryoten) wird
Zytoplasma genannt. Es besteht zu etwa 80% aus Wasser, dem aus Proteinstrukturen
aufgebauten „Zytoskelett“ und weiteren Zellorganen (Organellen). Ein Organell („kleines
Organ“) ist ein strukturell abgrenzbarer Bereich einer Zelle mit einer besonderen Funktion.
Die meisten Organellen haben eine eigene Membran-Hülle und kommen nur bei Eukaryoten
vor. Im Folgenden werden die wichtigsten Zellkomponenten kurz beschrieben:
Der Zellkern bildet die Steuerzentrale aller eukaryotischen Zellen. Er wird durch die
Kernhülle-Membran vom Zytoplasma abgegrenzt. Zu den Aufgaben des Zellkerns gehört es,
das Erbgut (Genom) zu schützen. Er ist auch für dessen Replikation im Zuge der Zellteilung
(Gen-Replikation) verantwortlich, außerdem synthetisiert er die Ribonukleinsäuren RNA,
die den Aufbau der im Stoffwechsel benötigten Proteine steuern (Protein-Biosynthese).
Der Zellkern enthält das Erbgut in Form von Chromosomen. Diese bestehen aus DNA, dem
eigentlichen Träger des Erbguts und einer Verpackung aus Proteinen. Gene sind Abschnitte
auf der DNA, welche die Information zur Steuerung spezifischer Stoffwechselfunktion
enthalten, z.B. die Synthese eines bestimmten, für den Stoffwechsel benötigten Enzyms.
Die Ribosomen sind die Proteinfabriken der Zellen. Sie sind aus RNA und Protein
bestehende Komplexe ohne Membran, die im Zytoplasma der Zellen aller Lebewesen
vorkommen. Die Protein-Biosynthese ist sehr wichtig für alle Zellen, weshalb die Ribosomen
in großer Zahl in den Zellen vorliegen, zum Teil hunderte bis tausende pro Zelle.
Die Mitochondrien sind die "Energiekraftwerke" der eukaryotischen Zellen. In ihnen findet
der Abbau organischer Nährstoffe (primär Glukose) mittels Sauerstoff statt, wobei Energie
freigesetzt und als chemische Energie in geeigneter Form zwischengespeichert wird, so dass
sie für energiebedürftige Zellreaktionen jederzeit abrufbar ist. Diese „Zellatmung“ (auch
aerobe Atmung genannt) findet sich auch bei vielen Prokaryoten, aber nur die Eukaryoten
besitzen dafür spezialisierte Organellen. Besonders viele Mitochondrien befinden sich in
Zellen mit hohem Energieverbrauch; das sind unter anderem Muskelzellen, Nervenzellen und
Sinneszellen. In Herzmuskelzellen erreicht der Volumenanteil von Mitochondrien 36% /(W).
Plastiden (bzw. Chloroplasten bei Grünalgen und höheren Pflanzen) nutzen das Licht zum
Aufbau energiereicher organischer Stoffe (Kohlehydrate) aus Wasser und Kohlendioxid mit
Hilfe von licht-absorbierenden Farbstoffen, meist dem für das Blattgrün verantwortlichen
Chlorophyll. Dabei wird auch molekularer Sauerstoff freigesetzt. Diese oxygene
Photosynthese ist die Grundlage der Nahrungskette des Lebens.
Plastiden existieren nur in eukaryotischen Pflanzen und Algen. Es gibt jedoch auch einige
Bakterienarten (z.B. Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt), die Photosynthese betreiben.
Bei der Photosynthese wird aus Kohlendioxyd, Wasser und Lichtenergie Traubenzucker
(Glukose) und Sauerstoff nach der Formel <6 CO2 + 6 H2O + Licht => C6H12O6 + 6 O2>
erzeugt. Bei der Zellatmung wird die den Zellen in Form von Glukose zugelieferte Energie
nach der Umkehrformel < C6H12O6 + 6 O2 => 6 CO2 + 6 H2O + Energie> abgebaut. Die
Zellatmung ist also im Resultat die Umkehrung der Photosynthese. Beide hier durch ihre
Summenformel dargestellten Prozesse sind jedoch in Wirklichkeit vielstufige chemische
Reaktionsketten. Die das Sonnenlicht nutzende Photosynthese ist der primäre Nährstoff- und
Sauerstoff-Lieferant für das Leben auf der Erde; Pflanzen und Grünalgen bilden den Anfang
der Nahrungskette und sind Voraussetzung für tierisches Leben. Der bei der Photosynthese
entstehende Sauerstoff wird von allen „aeroben“ Lebewesen, also allen Pflanzen, Tieren,
Pilzen und vielen Prokaryoten, für die Zellatmung genutzt. Umgekehrt stellt diese den
Pflanzen das für die Photosynthese benötigte Kohlendioxyd zur Verfügung. So ist der
Energiestoffwechsel aller Lebewesen in einem globalen Kreisprozess miteinander verknüpft.
Die Plastiden und Mitochondrien der Eukaryoten sind vermutlich in einer frühen Phase der
Evolution dadurch entstanden, dass prokaryotische Organismen (Bakterien oder Archaeen),
welche bereits die Photosynthese bzw. Zellatmung beherrschten, in voreukaryotische Urzellen
aufgenommen wurden und dort über einen symbiotischen Zwischenzustand den Status von
Organellen erlangt haben (Endosymbionten-Theorie). Beide Organelle besitzen eine eigene
DNA und Außenhülle (Membran).
Lysosomen sind die Verdauungsorganellen der tierischen Zelle. Ihre Hauptfunktion besteht
darin, mittels der in ihnen enthaltenen Enzyme aufgenommene Fremdstoffe abzubauen.
Vakuolen kommen nur in Zellen von Pflanzen und Pilzen vor. Sie sind für die Einlagerung
von Nährstoffen aber auch pflanzlichen Giftstoffen und für den Wasserhaushalt der Zelle
zuständig.
Zellteilung, Vermehrung, Fortpflanzung, Wachstum, Zelldifferenzierung:
Die Zellteilung ist die Basis für Vermehrung, Fortpflanzung und Wachstum von Lebewesen.
Alle Lebewesen sind einmal aus einer Einzelzelle hervorgegangen („alles Leben kommt aus
dem Leben“). Nur am Beginn der Evolution muss durch „Urzeugung“ (Abiogenese) ein
erstes zelluläres Lebewesen aus nicht zellulären Vorformen des Lebens entstanden sein.
Bei der Zellteilung werden die Bestandteile der Mutterzelle auf die Tochterzellen aufgeteilt
und zwischen diese eine trennende Membran eingezogen. Für die Zellteilung muss
insbesondere das Erbgut (die DNA) repliziert werden. Bei Organismen mit Zellkernen, den
Eukaryoten, ist die Zellteilung in der Regel mit einer direkt zuvor stattfindenden Kernteilung
(Mitose) zeitlich und regulatorisch gekoppelt.
Zellen wachsen (Volumenzunahme, Vermehrung ihrer Organellen) bevor sie sich wieder
teilen. Die Abfolge von Zellwachstum-Zellteilung nennt man Zellzyklus.
Vermehrung bzw. Fortpflanzung ist ein essentielles Lebensmerkmal. Die sogenannte
ungeschlechtliche Vermehrung durch Zellteilung ist bei allen Prokaryoten, aber auch einigen
Eukaryoten zu finden. Die Mehrzahl der Tier- und Pflanzenarten pflanzt sich geschlechtlich
(sexuell) fort. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung werden die Gene von verschiedengeschlechtlichen Lebewesen der gleichen Art, den Eltern, oder eines einzelnen Lebewesens,
bezeichnet als Elter, kombiniert an die Nachkommen weitergegeben. Lebewesen, die sich
geschlechtlich fortpflanzen, haben diploide Zellen, d.h. alle Chromosomen der Zelle – und
damit auch alle Gene – liegen in doppelter Ausprägung vor. Zur Fortpflanzung bilden sie
Keimzellen (Geschlechtszellen) durch eine sogenannte Reduktionsteilung (Meiose), bei der
nur ein Chromosomensatz an die Keimzelle übertragen wird. Bei Verschmelzung männlicher
und weiblicher Keimzellen im Akt der Befruchtung entsteht aus diesen beiden haploiden
Chromosomensätzen wieder die diploide Ausgangszelle (Zygote) eines neuen Individuums.
Die zwei-geschlechtliche Fortpflanzung bietet den Vorteil, dass die genetische Variation der
Nachkommen durch die Rekombination der Erbanlagen der beiden Eltern erheblich größer
ist, was die Anpassungsfähigkeit der Art an sich ändernde Umweltbedingungen erhöht. Aber
auch bei ein-geschlechtlicher Fortpflanzung eines Elters durch Selbstbefruchtung, kommt es
zu einer Rekombination von zwei haploiden Chromosomensätzen (des gleichen Individuums).
Da bei sexueller Fortpflanzung jedes Individuum zwei Gene desselben Typs (rekombiniert)
in sich trägt, muss eine nachteilige Mutation eines Gens nicht zum Tragen kommen, wenn
dessen Funktion durch das andere Gen ersetzt wird. Ungeschlechtliche Vermehrung und
Selbstbefruchtung haben den Vorteil, dass sie auch bei sehr geringen Populationsdichten
funktionieren. Manche Pflanzen und weibliche Tiere (z.B. Blattläuse) können sich sowohl
sexuell als auch ein-geschlechtlich fortpflanzen, das heißt ohne von einem männlichen
Artgenossen befruchtet zu werden. Durch bestimmte Hormone wird der unbefruchteten
Eizelle eine Befruchtungssituation „vorgespielt“, worauf diese sich zu teilen beginnt und zu
einem Organismus heranreift.
Zelldifferenzierung – Mehrzeller: Alle höheren eukaryotischen Mehrzeller wie Tiere,
Pflanzen und Pilze bestehen in der Regel aus unterschiedlichen, spezialisierten Zellgeweben.
Die Organe bzw. Gewebe dieser Mehrzeller bestehen jeweils aus ganz spezifischen Zellen,
welche deren Funktion optimal gewährleisten. Diese spezifischen Zellen bilden sich während
der Ausbildung des Organismus aus der befruchteten Zygote durch Zelldifferenzierung
heraus. Die Zelldifferenzierung wird auch durch das Erbgut gesteuert, wie diese Steuerung im
Detail funktioniert, ist bis heute noch ungeklärt. Die ausdifferenzierten Zellen sind für sich
nicht lebensfähig, bei vielen Geweben/ Organen findet nach Ausbildung des Organs eine
weitere Zellteilung nur noch zur Erneuerung beschädigter Gewebeteile oder sogar gar nicht
mehr statt. Als Stammzellen werden allgemein Körperzellen bezeichnet, die sich in
verschiedene Zelltypen oder Gewebe ausdifferenzieren können.
Die Zellen in Mehrzellern müssen miteinander kommunizieren. Dazu dienen Botenstoffe und
entsprechende Rezeptoren an der Zelloberfläche.
Zellzyklen: Bakterien können sich in geeigneter Umgebung alle 20 Minuten teilen, bei
Eukaryoten dauert der Zellzyklus in der Differenzierungsphase i.d.R. 10-20 Stunden, meist
sehr viel länger, wenn die Organe einmal ausgebildet sind.
Damit unser Körper über Jahre seine Lebensfunktionen aufrecht erhalten kann, werden in
jeder Sekunde ca. 50 Millionen Zellen (1/Millionstel seiner Zellen) ersetzt. Die Lebensdauer
menschlicher Zellen hängt von ihrer Aktivität ab. 90% unserer Körperzellen werden jährlich
mindestens einmal gewechselt, die Schleimhautzellen des Dünndarms sogar alle 30 - 35
Stunden, der Umbau der Knochen und Muskelzellen dauert etwa 10 bzw. 15 Jahre. Doch
einige wenige Teile des Körpers bleiben lebenslang dieselben: Teile des Gehirns, des
Nervensystems und der Augen, das Herz und die Schweißdrüsen ändern sich nie.
Stammzellen: Alle Organe und Gewebe des Körpers haben ihren Ursprung in embryonalen
Stammzellen. Späterer Gewebeersatz – bei Verletzungen oder Regeneration des betreffenden
Gewebes – erfolgt über sogenannte „adulte Stammzellen“, die man in diversen Geweben,
etwa im Knochenmark und in der Haut findet. Diese sind jedoch nicht „pluripotent“, d.h. ihr
Differenzierungspotential ist beschränkt. Forschern aus Japan ist es kürzlich gelungen,
normale Körperzellen durch Einschleusung bestimmter Gene mittels Viren in „induzierte
pluripotente Stammzellen (iPS)“ umzuwandeln und aus diesen im Labor bestimmte
Gewebezellen heranzuzüchten. Jüngste Forschungen weisen jedoch darauf hin, dass diese
Technik doch nicht vollständig alle Spuren der ursprünglichen Zellfunktion entfernt, so dass
auch iPS-Zellen nur eingeschränkt differenzierungsfähig sind.
Altern und Tod von Organismen:
Zum Leben gehört der Tod, gekennzeichnet durch den (endgültigen) Abbruch des
Energiestoffwechsels. Alle mehrzelligen Organismen altern im Laufe ihres Lebens und
müssen sterben. Man kann sogar sagen, dass der zu einer organischen Leiche führende
unausweichliche Alterungstod erst mit Erfindung der Mehrzelligkeit in die Welt kam. Heute
lebende sich durch Teilung vermehrenden Einzeller (z.B. Bakterien oder Pantoffeltierchen)
sind noch nie gestorben, sie sind potentiell unsterblich. Sie können aber natürlich auch durch
äußere Einwirkung sterben.
Generell unterscheidet man beim Absterben von Zellen oder Zellpopulationen nach Art der
Ursache zwischen Nekrose (krankhafte Ursache oder äußere Einwirkung, z.B. durch Gifte
oder Radioaktivität) und Apoptose (programmierter Zelltod, als vorgesehener Teil des
Stoffwechsels, z.B. bei starker Schädigung der Erbinformation).
Mit der Erforschung des „biologischen Alterns“ beschäftigt sich die Gerontologie. Das
biologische Altern entsteht durch allmähliche Funktionsverluste der Zellen, ist so gesehen die
Unfähigkeit des Organismus die Selbstregulation aufrecht zu erhalten. Die Ursachen dieses
Prozesses sind noch nicht restlos aufgeklärt. Ist Altern ebenso das Heranwachsen ein
genetisch determinierter Prozess („programmiertes Altern“) oder wird es ausschließlich oder
vorwiegend durch bestimmte Umwelteinflüsse verursacht, die schädigend auf die Zellen
einwirken? Vermutlich wirken mehrere Effekte auf verschiedenen Ebenen zusammen. Dabei
ist die Abgrenzung primärer biologischer Alternsprozesse von durch das Altern ausgelösten
Krankheitsprozessen schwierig.
Oft genannte Alterns-Ursachen sind:
•
Genetische Ursachen: Bestimmte Teilstrukturen der Chromosomen der eukaryotischen
Zellen,Telomere genannt, schützen die Chromosomen vor Beschädigung. Diese Telomere
verkürzen sich jedoch bei jeder Zellteilung und zusätzlich durch die Wirkung freier
Radikale und können daher ihre schützend Wirkung nur zeitlich begrenzt aufrecht
erhalten. (Das Enzym Telomerase, enthalten z.B. in Krebszellen, verhindert die
Verkürzung der Telomere und wird in bestimmten Fällen auch medizinisch genutzt).
•
Zellverschleiß: Äußere Belastungen (z.B. UV-Licht, Ozon, Umweltgifte) und innere
„Fehlreaktionen“ schädigen im Laufe der Zeit nicht nur die Erbsubstanz, sondern auch
andere Moleküle wie Proteine und Fette. Die Reparatursysteme der Zellen verlieren an
Wirkung, die Zellerneuerungsfähigkeit der Gewebe nimmt ab, gewisse Zellen werden
auch gar nicht ersetzt (beim Mensch z.B. Teile des Gehirns und Nervensystems, ferner
die Herzmuskel-Zellen). Die Leistungsfähigkeit und Funktionsfähigkeit der Organe
nimmt kontinuierlich ab.
Studien deuten darauf hin, dass eine Reihe altersbedingte Stoffwechselstörungen auch
durch Mutationen der mitochondrialen DNA hervorgerufen werden. Diese sammeln sich
im Laufe des Lebens an, bis die betroffenen Zellen ein genetisches Selbstmordprogramm
(Apoptose) auslösen.
So verläuft z.B. die Sauerstoffverwertung bei der aeroben Energiegewinnung in den
Mitochondrien der Zellen in einigen Fällen fehlerhaft. Es bleibt ungebundener und damit
sehr reaktionsfreudiger Sauerstoff übrig. Bestimmte Stoffe (u.a. Vitamin A, C, E) fangen
diese freien Sauerstoff-Radikale zum Teil ein. Trotzdem kommt es zu dadurch pro Tag
und Zelle zu einer Vielzahl von DNA-Schädigungen. Diese können zwar zum größten
Teil wieder repariert werden, im Lauf der Zeit sammeln sich jedoch Mutationen an.
Sterblichkeit und Evolution:
Was bedeutet Sterblichkeit? Den Alterungstod des Individuums hat die Natur mit Erfindung
der Mehrzelligkeit eingeführt. Unser sterblicher Körper ist aus Sicht der Evolution nur die
Schutz gewährende Hülle für die der Fortpflanzung dienenden Keimzellen. Aber auch unser
individuelles Erbgut überlebt uns nicht. Mit der Erfindung der sexuellen Fortpflanzung hat die
Natur die Entstehung immer neuer Erbanlagen durch Rekombination zum Prinzip erhoben.
Auch das Erbgut der potentiell unsterblichen, sich durch Teilung vermehrenden Bakterien
ändert sich dauernd durch Mutationen und Gen-Austausch zwischen den Individuen. Die
Stammesentwicklung der heutigen Bakterien hat sich weit von den Ursprüngen entfernt.
Allen Organismen ist ein individuelle Lebensdrang (manifestiert im Selbsterhaltungs- und
Sexualtrieb) genetisch einprogrammiert. Dieser Trieb ist dabei aber offensichtlich nicht auf
die Erhaltung der Art optimiert, sondern auf die Erhaltung und Ausbreitung der eigenen
genetischen Information (man spricht auch vom „egoistisches Gen“). Dabei kann individuelle
Opferbereitschaft, z.B. bei sozialen Insekten, durchaus dem Erhaltungsinteresse der eigenen
Gene dienen. Nur beim Menschen kann das Bewusstsein den Trieb kontrollieren.
Was bedeutet unsere Sterblichkeit? Es sind vor allem unsere Erinnerungen und – daraus
genährt - unser Ich-Bewusstsein und unsere Erwartungen und Gefühle, die mit unserm Tod
unwiederbringlich verloren gehen. Dieses Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit ist wohl nur
dem Menschen gegeben. Aus Sicht der Evolution ist der individuelle Tod aber nicht nur
nebensächlich, sondern sogar notwendig, dass das Leben selbst weiter gegeben und sich damit
weiter entwickeln kann. Hoimar von Ditfurth: „Die Spannung zwischen Todeszwang und
Lebensdrang ist das Erfolgsrezept der Evolution.“
3. Die Formen des Lebens
Alle Lebensformen auf der Erde haben sich aus einem gemeinsamen Ursprung im Laufe der
Jahrmilliarden durch Mutation und Selektion zu immer neuen Formen weiter entwickelt.
Jedes Lebewesen ist Resultat einer Entwicklung. Nach Ernst Haeckel lässt sich diese auf zwei
zeitlich unterschiedlichen Ebenen betrachten: die Individualentwicklung eines einzelnen
Organismus von seiner Zeugung über seine verschiedenen Lebensstadien bis hin zum Tod
(Ontogenese) und die Stammesentwicklung (Phylogenese) der Art durch die Evolution.
Eine „Art“ umfasst diejenigen Lebewesen, die von anderen aufgrund vererblicher Merkmale
abgegrenzt werden können. Bei sich sexuell fortpflanzenden Arten sind das diejenigen, die
untereinander fruchtbare Nachkommen zeugen können, die also eine kontinuierliche
Fortpflanzungsgemeinschaft bilden. Auch die weitere systematische Einteilung der
Lebewesen beruht auf dem entwicklungsgeschichtlich (phylogenetisch) begründeten Grad
der Merkmalsübereinstimmung.
Viren: Viren werden im Allgemeinen nicht den lebenden Organismen zugeordnet, sondern
gelten als Grenzform des Lebens. Sie bestehen nicht aus Zellen, sondern lagern sich in Zellen
ein. Sie enthalten zwar das Programm zu ihrer Vermehrung und Ausbreitung, besitzen selbst
aber keinen Stoffwechsel, sondern sind auf den Stoffwechsel der Wirtszelle angewiesen.
Ein Virus ist also im Wesentlichen ein genetisches Programm (in Form einer Nukleinsäure,
DNA oder RNA), das als Virus-Partikel (Virion) in eine Wirtszelle eindringt und den
Stoffwechsel der Wirtszelle so verändert, dass diese das Virus-Programm vervielfältigt und
neue Virionen zur Verbreitung des Virus produziert und freisetzt. Virionen haben typische
Durchmesser von etwa 10-400 Millionstel mm, sind also 10-100-mal kleiner als Bakterien.
Die meisten Forscher nehmen heute an, dass es sich bei Viren nicht um Vorläufer des
zellulären Lebens handelt, sondern eher um Erbgut von Lebewesen, das sich im Laufe der
Zeit aus diesen lösten. Viren wären danach eine degenerierte Form ehemaligen Lebens.
Viren befallen Zellen von Eukaryoten (Pflanzen, Pilze, Tiere) und Prokaryoten (Bakterien und
Archaeen). Viren, die Prokaryoten als Wirte nutzen, werden Bakteriophagen genannt.
Jede Virenart bevorzugt eine mehr oder weniger enge Bandbreite bestimmter Organe und
Lebewesen. Die befallenen Wirtszellen erleiden Viren-spezifische Schädigungen, die oft zur
Zellauflösung führen. Viruserkrankungen ergeben sich in der Regel durch eine unvorteilhafte
Reaktion des Immunsystems auf die befallenen Zellen, welche zu einer Entzündung
befallener Organe führt (z.B. Gehirnentzündung bei Tollwut). Der Tod des Wirtes schadet
auch dem Virus, besonders gefährlich sind daher oft Virenarten, die nicht an den Mensch als
Wirt angepasst sind.
Bei den „echten Lebensformen“ unterscheidet man zunächst die Domäne der Prokaryoten
(Lebewesen mit einfachen Zellen ohne Zellkern, meist einzellig) von der Domäne der
Eukaryoten, die komplexere Zellen mit einem Zellkern besitzen.
Prokaryoten (Bakterien und Archaeen)
Die Prokaryoten teilt man neuerdings in 2 Grundformen ein, die Bakterien (gr. „Stäbchen“)
und die Archaeen (früher Archae-Bakterien). Letztere sind wie die meisten Bakterien
Einzeller, stehen jedoch den Eukaryoten auf Grund molekular-biologischer Eigenschaften
phylogenetisch näher als die Bakterien. Prokaryoten ernähren sich meist von organischen oder
anorganischen Stoffen (z.B. Schwefelverbindungen), einige Bakterienarten gewinnen ihre
Lebensenergie jedoch durch Photosynthese aus Licht, zum Beispiel die früher auch Blaualgen
genannten Cyanobakterien. Die typische Größe von Prokaryoten beträgt 1-5 µm (tausendstel
mm), die so genannte „Schwefelperle von Namibia“ ist mit einem Durchmesser bis zu einem
dreiviertel Millimeter das größte bekannte Bakterium.
Viele Archaeen- und Bakterien-Arten sind an extreme Milieubedingungen angepasst (z.B.
sehr kalte oder kochend heiße Temperaturen, hohe Strahlungsbelastung, sehr hoher Druck,
stark saures oder stark basisches Milieu, hoch-konzentrierte Salzlösungen). Während
Bakterien neben ihrer nützlichen symbiotischen Rolle z.B. im Verdauungstrakt der Menschen
auch Krankheiten auslösen können, sind bei Archaeen keine Krankheitserreger bekannt.
Archaeen-Kulturen werden z.B. bei Boden- und Gewässersanierung eingesetzt oder zur
Methangewinnung in Biogasanlagen. Obwohl jedes Jahr einige 100 Bakterienarten neu
entdeckt werden, geht man davon aus, dass heute höchstens 1-5% aller auf der Erde
vorkommenden Bakterienarten näher bekannt und beschrieben worden sind.
Bakterien und der Mensch:
Schätzungen zufolge leben an und im menschlichen Körper bis zu 100 Billionen Bakterien,
bis 2x so viele wie der Mensch Körperzellen besitzt. Allein im Mund eines Menschen leben
insgesamt etwa 10 Milliarden Bakterien. Auf der menschlichen Haut befinden sich bei
durchschnittlicher Hygiene etwa 1 Billion Bakterien von mehr als 200 Bakterien-Arten.
99% aller im und am menschlichen Körper lebenden Bakterien leben im Verdauungstrakt, vor
allem im Dickdarm und bilden die sog. Darmflora. Darmbakterien helfen dabei, die Nahrung
aufzuspalten und so dem Körper die einzelnen Nährstoffe zur Verfügung zu stellen. Sie
fördern den Aufbau und den Erhalt der Darmschleimhaut und sind darüber hinaus an der
Abwehr von Viren, Pilzen oder krankmachenden Bakterien beteiligt.
Biotechnik: Viele Bakterien besitzen die Fähigkeit für den Menschen wichtige Stoffe zu
produzieren oder problematische Abfälle zu beseitigen. Dies wird in der Biotechnik durch die
gezielte Nutzung des Stoffwechsels geeigneter Bakterien vielfältig genutzt. Auf diese Weise
lassen sich diverse nützliche Chemikalien und Medikamente herstellen (z.B. Antibiotika,
Insulin, Bioethanol, Essigsäure,...). Auch Botox, das als das gefährlichste natürliche Gift der
Welt gilt (etwa eine Million Mal giftiger als Arsen) wird von einer Bakterienart produziert. Es
wirkt an der Übergangsstelle zwischen Nerven- und Muskelzellen und führt zur Lähmung der
betroffenen Muskeln. Das Einspritzen einer winzigen Dosis von Botox in faltenreiche
Gesichtspartien ist jedoch heute der häufigste Schönheitseingriff weltweit. Es reduziert die
Muskelaktivität, die zu Falten führt, das Gewebe entspannt sich (für 3 bis 8 Monate).
Bakterien als Krankheitserreger: Einige Bakterien verursachen eitrige Wundentzündungen
(Infektionen), Sepsis (Blutvergiftung) oder die Entzündung von Organen (z.B. Blasen- oder
Lungenentzündung). Sind die Bakterien einmal in den Körper eingedrungen und haben eine
Infektion ausgelöst, stellen heute die Antibiotika ein wirksames Mittel gegen Bakterien dar.
Viele Bakterien sind jedoch bereits multiresistent. Allein in der EU sterben jedes Jahr viele
tausend Menschen an MRSA, also an Infektionen mit Bakterien, gegen die kein Medikament
mehr hilft.
Eukaryoten (Pflanzen, Tiere, Pilze und Protisten)
Bei den Eukaryoten unterscheidet man traditionell die Reiche der Tiere, Pflanzen und Pilze
sowie die Sammelgruppe der Protisten. Letztere sind ein- bis wenig-zellige Eukaryoten; sie
umfassen die Vorstufen der Pflanzen (Grünalgen), Tiere (Urtiere bzw. Protozoen) und Pilze
oder bilden eigenständige Evolutionslinien (z.B. viele Amöbenarten, diverse Algenarten,
Augentierchen, Wimperntierchen). Die Pilze bilden ein eigenes Reich zwischen Pflanzen- und
Tierreich. Sie betreiben keine Photosynthese sondern ernähren sich wie Tiere ausschließlich
von organischen Substanzen, haben aber auch zellbiologische Gemeinsamkeiten mit Pflanzen.
Nach dem Grad der biologischen Verwandtschaft (Merkmalsübereinstimmung) unterscheidet
man diese Reiche weiter nach Stämmen und Klassen, Ordnung, Familie, Gattung und Art.
Innerhalb der Art kann man noch nach Rassen unterscheiden (z.B. bei Haushunden).
Im Tierreich unterscheiden wir heute knapp 30 Stämme. Wichtige Stämme sind z.B.
• die Hohltiere, mit den Klassen der Polypen, Quallen, Korallen;
• die Weichtiere mit den Klassen der Urmollusken, Schnecken, Muschel, Tintenfische;
• die Gliedertiere mit dem Unterstamm der Gliederfüßer, dem arten- und formenreichsten Stamm der Tierwelt; darin u.a. die Klassen der Krebstiere, Spinnentiere,
Tausendfüßer und Insekten; kennzeichnend sind ein äußeres Chininpanzer und eine
Segmentierung des Körpers, die diesem eine gewisse Beweglichkeit ermöglicht.
• die Chordatiere mit dem Unterstamm der Wirbeltiere und darin den Klassen der
Fische, Lurche (Amphibien), Kriechtiere (Reptilien), Vögel und Säugetiere.
Vögel und Säugetiere sind die Warmblüter unter den Wirbeltieren, d.h. sie halten eine
weitgehend konstante Körpertemperatur aufrecht.
Bei den Säugetieren unterscheidet man die Unterklassen der Kloakentiere (eierlegend; z.B.
Schnabeltier), Beuteltiere (z.B. Känguru, Opossum) und echten Säugetiere (Plazentatiere),
bei letzteren eine Vielzahl von Ordnungen, wie die der Wale, Nagetiere, Huftiere, Rüsseltiere,
Raubtiere und Primaten (Affen und Halbaffen).
Der Mensch (Art „homo sapiens“) gehört zur Gattung Homo, zur Familie der Hominiden
(Menschenähnliche), zur Ordnung der Primaten.
In der Tierwelt kennt man heute über eine Million Arten, darunter 750.000 Insektenarten und
etwa 60.000 Arten von Wirbeltieren, darunter ca. 20.000 Fischarten, ca. 9.000 Vogelarten und
ca. 6.000 Arten von Säugetieren.
Das Pflanzenreich beinhaltet etwa 500.000 heute bekannte Pflanzenarten. Pflanzliche Zellen
besitzen im Gegensatz zu tierischen Zellen Plastiden (Chloroplasten) zur Photosynthese,
Vakuolen und eine Cellulose-haltige, Schutz- und Form-gebende Zellwand.
Die Pflanzen haben sich vor etwa 400 bis 450 Millionen Jahren aus den Grünalgen, die zu den
Protisten zählen, entwickelt. Unterschieden werden die Unterreiche der Moose und
Gefäßpflanzen. Moose sind grüne Landpflanzen, die in der Regel kein Stütz- und Leitgewebe
ausbilden. Gefäßpflanzen dagegen sind aufgebaut aus den drei Organen Wurzel, Sprossachse
und Blatt und besitzen spezialisierte Wasser-leitende Zellen. Sie gliedern sich in die BärlappPflanzen, die Farne und die sich aus diesen entwickelten Samenpflanzen.
Die Samenpflanzen bilden Samen (pflanzliche Embryos) zur Ausbreitung. Sie werden in die
Klassen der nacktsamigen Pflanzen (Samen offen auf den oft zu Zapfen zusammengefassten
Fruchtblättern) und der bedecktsamigen Pflanzen (Samen in geschlossenem Fruchtknoten)
gegliedert. Zu den nacktsamigen Pflanzen gehören die Nadelhölzer, Palmfarne und GinkgoPflanzen. Bei den bedecktsamigen Pflanzen unterscheidet man nach Anzahl der Keimblätter
die Einkeimblättrigen (dazu gehören z.B. die Liliengewächse, Getreidearten, Bambus, Gräser)
und die zweikeimblättrigen Pflanzen, die den Hauptteil der Landpflanzen umfassen.
Die Fortpflanzung der Samenpflanzen erfolgt wie bei Moosen und Farnen im Wechsel zweier
Generationen: einmal ungeschlechtlich durch Bildung und Verbreitung von Sporen, aus
denen sich männliche und weibliche Keimzellen-Träger (Gametophyten) entwickeln. Durch
(sexuelle) Verschmelzung dieser Keimzellen entsteht in der nächsten Generation wieder ein
sogenannter Sporophyt. Bei Samenpflanzen ist der Sporophyt die eigentliche Pflanze, die
Gametophyten bestehen aus den männlichen Pollenkörnern (Blütenstaub) und den in den
Fruchtblättern gebildeten weiblichen Samenanlagen. Durch Bestäubung entsteht aus der
Samenanlage ein Same (pflanzlicher Embryo), der nach seiner Verbreitung in neue Erde fällt
und aus dem die neue Pflanze (Sporophyt) keimt.
Das Reich der Pilze (lat. Fungi) umfasst ca. 100.000 heute bekannte Arten, zu denen sowohl
Einzeller wie die Backhefe, als auch Vielzeller wie die Schimmelpilze und die Speisepilze
gehören. In der biologischen Systematik bilden die Pilze neben Tieren und Pflanzen ein
eigenständiges Reich, sind dabei aber näher mit den Tieren verwandt und haben mit diesen
einen gemeinsamen Vorfahr, der als geißeltragender Einzeller vor 1,2-1,5 Milliarden Jahren
gelebt haben dürfte.
Pilze ernähren sich wie Tiere von organischen Nährstoffen, die sie von anderen lebenden
Organismen oder toter organischer Substanz beziehen und durch Abgabe von Enzymen
zerlegen und dann aufnehmen, d.h. Sie verdauen außerhalb des Pilzkörpers.
Unterschieden werden dabei Destruenten, die sich durch den Abbau toter organischer
Materie ernähren, Symbionten, die sich durch Symbiose mit Pflanzen ernähren (z.B.
Wurzelpilze) und Parasiten, die sich von lebender organischer Materie ernähren.
Die Abgrenzung vom Tierreich erfolgt nicht primär durch die Unbeweglichkeit der Pilze, da
auch manche Tiere wie Schwämme oder Steinkorallen den größten Teil ihres Lebens ortsfest
verbringen. Pilze besitzen jedoch wie Pflanzen Zellvakuole als Organelle und der Versteifung
dienende, die Zellmembran umgebende Zellwände, allerdings überwiegend aus Chitin und
nicht wie Pflanzen aus Cellulose-Fasern. Pilze vermehren und verbreiten sich geschlechtlich
oder ungeschlechtlich, oft durch Bildung von Sporen in ihrem Fruchtkörper.
Pilze sind sehr nützlich für die Ökologie, zum einen sind sie neben den Bakterien die
wichtigsten Destruenten im Nahrungskreislauf, zusammen mit diesen erzeugen sie aus
organischem Abfall Humus. Zum anderen fördern sie als Wurzelpilze das Wachstum der
meisten Pflanzen, indem sie für diese zusätzliches Wasser und Mineralstoffe aus dem Boden
lösen und dafür einen Anteil der von den Pflanzen durch Photosynthese erzeugten Nährstoffe
erhalten. Parasitische Pilze können jedoch bei Tieren und Pflanzen Krankheiten hervorrufen.
Vermutlich existieren Pilze schon seit 900 bis 1200 Millionen Jahren. Die ersten weitgehend
unumstrittenen fossilen Pilzfunde sind ca. 450-500 Millionen Jahre alt.
Der größte bekannte Pilz der Welt ist ein Hallimasch. Er befindet sich in Oregon und wird
mit einer Ausdehnung von über 900 Hektar als das größte bekannte Lebewesen der Erde
betrachtet. Sein Gewicht wird von Fachleuten auf 600 Tonnen geschätzt, sein Alter auf über
2000 Jahre.
Zur Biomasse werden sowohl Lebewesen als auch tote organische Substanz wie Totholz,
Laub, Stroh und anderes gezählt. Fossile Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) sind in
Millionen Jahre andauernden chemischen und geologischen Prozessen zwar aus Biomasse
entstanden, werden dieser jedoch nicht zugeordnet. Den größten Teil der Biomasse machen
lebende bzw. abgestorbene Pflanzen aus. Einige Schätzungen vermuten, dass ein erheblicher
Anteil der irdischen Biomasse auch in Form unterirdisch lebender Mikroorganismen vorliegt.
Stoffkreislauf: Biomasse wird zunächst von Primärproduzenten (Pflanzen, Algen und
gewisse Bakterien) vor allem in Form von Kohlehydraten wie Cellulose durch Photosynthese
gebildet. Konsumenten ernähren sich von diesen Pflanzen oder von anderen Konsumenten
und setzen so die pflanzliche in tierische Biomasse um. Tote Biomasse wird wiederum von
Destruenten (Bakterien-, Pilz-, Insekten-Arten) in anorganische Stoffe (z.B. Kohlendioxyd
CO2) zersetzt. Sie vollenden den Stoffkreislauf und stellen die anorganischen Stoffe wieder
für die Primärproduzenten zum Aufbau lebender Biomasse zur Verfügung. Etwa 8-10% der
Biomasse der Erde wird jährlich neu erzeugt und verbraucht (Quelle: Wikipedia).
4. Chemie des Lebens
Jede Lebensäußerung ist mit chemischen Umsetzungen verbunden, Stoffwechsel, Bewegung,
Verarbeitung äußerer Reize, Wachstum, Krankheit, Altern. Diese sind Forschungsgegenstand
der Biochemie. Die Stoffwechselprozesse laufen dabei in langen Reaktionsketten so ab, dass
bei jeder Einzelreaktion nur geringe energetische Umsetzungen erfolgen, und die entstehende
Wärme von den Zellen auch abgeführt werden kann. Jede Zelle ist ein hervorragend
durchorganisierter Chemiebetrieb mit tausenden sehr genau und zweckmäßig auf einander
abgestimmten Reaktionen. Sehr viele dieser chemischen Reaktionen werden durch spezifische
Enzyme gesteuert, die als Biokatalysatoren die Reaktion erst ermöglichen.
Alle Lebewesen bestehen vorwiegend aus Wasser, organischen Kohlenstoffverbindungen
(Biomolekülen) und häufig aus mineralischen oder mineralisch verstärkten Schalen und
Skeletten.
Alle bekannten Lebensvorgänge finden in Anwesenheit von Wasser statt. Wasser dient
als Lösungsmittel für Biomoleküle, es ist in einem Temperaturbereich flüssig, in dem diese
stabil und hinreichend reaktiv sind. Es ist ein ideales Medium für chemische Reaktionen, da
es eine homogene Durchmischung ermöglicht, durch Abgabe von Protonen beschleunigend
(katalytisch) auf chemische Reaktionen einwirken kann und überschüssige Reaktionswärme
durch seine hohe Wärmekapazität aufnehmen kann. Ohne die Anwesenheit von Wasser
würden viele Bio-Reaktionen langsamer und mit höherer Aktivierungsbarriere ablaufen. Die
sogenannte Anomalie des Wassers verhindert, dass Gewässer vom Grund aus vereisen und
sorgt für einen Bereich gleichmäßiger Temperatur unterhalb von Eisflächen.
Biomoleküle sind organischer Substanzen, die in Lebewesen gebildet werden, um biologische
Funktionen zu erfüllen. Wichtigstes Element (vielleicht sogar notwendig für die Entstehung
von Leben) ist dabei Kohlenstoff (C). Das liegt an der Eigenschaft des Kohlenstoffs eine
praktisch unbegrenzte Zahl hochmolekularer Verbindungen einzugehen. Biomoleküle sind oft
Makromoleküle mit tausenden bis hunderttausenden von Atomen. Neben Kohlenstoff,
Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) als Hauptelementen des Grundgerüsts der Biomoleküle
kommen die Elemente Stickstoff (N), Phosphor (P), Schwefel (S), Eisen (Fe), Magnesium
(Mg), Kalium (K), Natrium (Na) und Calcium (Ca) und einige weitere Elemente in
Lebewesen vor. Die weitaus häufiger als Kohlenstoff in der Erdkruste vorkommenden
Elemente Silizium und Aluminium werden wegen eingeschränkter Verbindungsmöglichkeiten
nicht als Bausteine des Lebens genutzt, ebenso wenig Elemente schwerer als Jod.
Biomoleküle sind oft wasserlösliche organische Säuren oder Basen oder aus solchen
zusammen gesetzt. Säuren (S) sind Verbindungen, die in der Lage sind, Protonen (H+) an
einen Reaktionspartner abzugeben (in wässriger Lösung bilden sich H3O+ + <S>- , niedriger
pH-Wert), Basen (B) dagegen nehmen Wasserstoff auf (in Wasser bilden sich H<B>+ + OH− ,
hoher pH-Wert). Basen reagieren mit Säuren unter Bildung von Wasser und Salzen.
Bei Biomolekülen werden nach chemischer Struktur und Eigenschaften einige wesentliche
Stoffklassen unterschieden: Proteine, Kohlehydrate, Nukleotide und daraus aufgebaute
Nukleinsäuren, Lipide (darin Fette) und Porphyrine
(1) Proteine (Eiweiße) sind von überragender Bedeutung für alle lebenden Organismen. Sie
liefern dem tierischen Organismus zwar auch Energie (Abbau zu Harnstoff), ihre wichtigsten
Aufgaben erfüllen sie aber als Biokatalysatoren (Enzyme), als Botenstoffe (Hormone), als
Gerüst- und Struktur-Proteine für Knochen, Gewebe und Muskeln (Muskelkontraktion), als
Antikörper, als Transportproteine (z.B. Hämoglobin für Sauerstofftransport im Blut) sowie als
Rezeptorproteine für die Signalübertragung zwischen und innerhalb von Zellen, für den
Stofftransport durch Zellmembrane und für den Zusammenhalt von Geweben (Zelladhäsion).
Proteine sind aus miteinander verketteten Aminosäuren aufgebaut. Als proteinogene
Aminosäuren werden alle Aminosäuren bezeichnet, die die Bausteine der Proteine von
Lebewesen sind. Bisher sind 23 solcher Aminosäuren bekannt. Beim Menschen kommen 21
dieser Aminosäuren vor, davon sind 8 in dem Sinn essentiell, dass sie lebensnotwendig sind,
aber im menschlichen Organismus nicht synthetisiert werden können, also mit der Nahrung
aufgenommen werden müssen.
Aminosäuren (A) haben die Strukturformel NH2- <A-Rest> -COOH mit der Aminogruppe
NH2 und der Carbonsäuregruppe COOH und einem Aminosäure-Rest mit mindestens einem
C-Atom (z.B. CH2 für Glycin). Alle proteinogene Aminosäuren sind α-Aminosäuren, d.h. die
NH2 - und die COOH-Gruppe hängen am gleichen C-Atom von A-Rest. Sie verbinden sich
unter Abspaltung von H2O nach folgendem Muster zu langen Ketten:
NH2 -<A1-Rest>-CO (OH H) NH-<A2-Rest>-COOH. Bei Kettenlängen bis zu mehreren
1000 (meist jedoch 100 bis 300) und 23 in Proteinen vorkommenden Aminosäuren ist die
Zahl der möglichen Proteine unvorstellbar groß. Bisher sind ca. 200.000 Proteine bekannt.
Unter den Proteinen spielen die eine besonders wichtige Rolle, die als Enzyme wirken.
Von Bakterien bis zum Säugetier wird die Chemie des Lebens von Enzymen gesteuert.
Vorsichtige Schätzungen gehen dahin, dass eine einzelne Zelle eintausend bis mehrere
tausend spezifische Enzyme enthält. Enzyme wirken katalytisch, d.h. sie überwinden die
Reaktionsträgheit der Substrate (Ausgangsstoffe) so, dass die Reaktion sehr viel schneller und
bei normaler Temperatur abläuft. Das Enzym bindet sich vorübergehend an das Substrat, es
verändert dadurch dessen chemische Struktur so weit, dass die gewünschte chemische
Reaktion erfolgen kann. Am Ende der Reaktion steht das Enzym in ursprünglicher Form für
erneute Wirksamkeit zur Verfügung.
Einerseits ist die Reaktionsträgheit der meisten chemischen Substanzen eine fundamentale
Voraussetzung für Leben, da sonst keine hinreichend stabilen Lebensstrukturen entstehen
könnten, andrerseits müssen viele lebenserhaltenden Funktionen millionenfach schneller
ablaufen, also sie das normalerweise tun. Eine chemische Verbindung zwischen 2 Molekülen
kommt durch einen Zusammenschluss ihrer Elektronenhülle zustande. Die Wirkung eines
Enzym-Moleküls besteht nun darin, dass es durch die Beschaffenheit eines Teils seiner
Elektronenhülle, des sogenannten aktiven Zentrums, die Elektronenhülle der SubstratMoleküle so verändert, dass sich für diese eine optimale Reaktionsbereitschaft ergibt. Diese
elektrische Beeinflussung spielt sich im Bereich einer millionstel Sekunde ab, die durch
Enzym katalysierte Reaktion innerhalb einer hunderttausendstel Sekunde. Die biologische
Funktion des Enzyms ist durch seine Aminosäuren-Sequenz (Primärstruktur), aber auch durch
seine sogenannte Sekundärstruktur (räumliche Anordnung, vorwiegend spiralig) und
Tertiärstruktur (Knäuelbildung) bestimmt. Diese wirken zusammen, um das aktive Zentrum
des Enzyms in geeigneter Weise an die Ausgangssubstrate heranzubringen.
Die Bildung von Proteinen (Proteinbiosynthese) wird in einem Folgekapitel beschrieben.
(2) Kohlehydrate dienen in erster Linie als Energiespender, sie werden dabei abgebaut zu
Traubenzucker (Glukose). Nicht unmittelbar verwertete Kohlehydrate können in Fette
(Depotfett) umgewandelt werden, der umgekehrte Vorgang kann im tierischen Organismus
nicht erfolgen. Cellulose und Chitin (sogenannte Polysaccharide) haben wichtige Gerüst- und
Stützfunktionen: Cellulose in pflanzlichen Zellen, Chitin in der Zellwand von Pilzen und dem
Exoskelett von Gliederfüßern. Kohlehydrate (Zucker, Stärke, Cellulose, Glykogen) sind bis
auf wenige Ausnahmen durch die Formel CnH2nOn beschreibbar („Hydrat“, da Wasserstoffund Sauerstoff-Anteile der Zusammensetzung des Wassers H2O entsprechen).
Kohlehydrate entstehen durch Photosynthese und nachgelagerte Prozesse. Ihre Bedeutung im
Energiestoffwechsel der Lebewesen wird in einem Folgekapitel beschrieben.
(3) Nukleinsäuren sind aus Nukleotiden, aufgebaute Makromoleküle.
Ihr bekanntesten Vertreter sind die Desoxyribonukleinsäure (DNS/englisch: DNA), der
Speicher der Erbinformation, und die Ribonukleinsäure (RNS bzw. RNA), welche eine
zentrale Rolle bei der Synthese von Proteinen spielt, aber z.B. auch als Biokatalysator für
bestimmte Stoffwechselreaktionen dient.
Nukleotide dienen als Grundbaustein von Nukleinsäuren (DNA und RNA). Außerdem haben
viele Arten von Nukleotiden lebensnotwendige regulatorische Funktionen in Zellen, z.B. als
ATP im Energiekreislauf. Sie haben die Form: „Phosphat (P)- Zucker(Z)-Base (B)“. Der
Phosphor-Bestandteil ist charakteristisch für Nukleinsäuren, er kommt bei Proteinen nie vor.
Die Verkettung der Nukleotide zu Nukleinsäuren erfolgt über die Phosphat- und ZuckerBestandteile (P-Z-P-Z…), wobei am Z jeweils auch die entsprechende Nukleotid-Base hängt.
In der DNA und RNA aller Lebewesen kommen nun genau 4 verschiedene Nukleotid-Basen
vor. Bei der DNA sind dies Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T), bei der
RNA ist nur Thymin durch die Base Uracil (U) ausgetauscht. In der Aufeinanderfolge
(Sequenz) dieser Basen in der DNA ist die Erbinformation gespeichert.
Die Bedeutung und Funktion von DNA und RNA für die Vererbung (Gen-Replikation) und
die Proteinbiosynthese sowie des Nukleotids ATP für den Energiestoffwechsel wird in
Folgekapiteln beschrieben.
(4) Lipide werden in Organismen hauptsächlich als Energiespeicher, für die Bildung von
Zellmembranen, und zum Aufbau von Hormonen oder hormonähnlich wirkenden Substanzen
benötigt. Sie sind ganz oder größtenteils wasserunlöslich und enthalten mehrere Stoffklassen,
u.a. Fettsäuren, Fette (Triglyceride), Membran-bildende Lipide und Steroide. .
Fette als Energiespeicher finden sich im tierischen Organismus in Fettgeweben (Fettzellen),
aber z.B. auch die Samen der Ölpflanzen enthalten Fette als Energielieferant für die
Keimung. Fettgewebe dienen aber auch zur Wärmeisolierung und als Druckpolster, viele
wichtige Organe werden durch einen Fettmantel geschützt. Fette bestehen aus oder enthalten
Fettsäuren. Fettsäuren werden für diverse Stoffwechselprozesse benötigt. Einige Fettsäuren
sind für den Menschen sogar essentiell. Membran-bildende Lipide sind wesentlicher
Bestandteil aller Zellmembrane (außer bei Archaeen). Steroide kommen in Tieren, Pflanzen
und Pilzen vor. Sie dienen u.a. der Synthese von Sexualhormonen. Das wichtigste Steroid in
tierischen Organismen ist Cholesterin. Es ist ein wichtiger Bestandteil von Zellmembranen
und eine wichtige Substanz beim Aufbau von Sexualhormonen und Gallensäure. Cholesterin
wird zwar auch mit der Nahrung aufgenommen, überwiegend aber im Organismus, vor allem
in der Leber, synthetisiert. Pflanzen und Pilze enthalten kein Cholesterin.
(5) Porphyrine sind organische Farbstoffe mit einer bestimmten chemischen Grundstruktur.
Als Chlorophylle dienen sie im Rahmen der Photosynthese der Lichtabsorption und der
Weiterleitung der absorbierten Energie. Als Bestandteil sogenannter farbiger Proteine dienen
sie dem Transport des Blutsauerstoffs (Häm-Gruppe des Proteins Hämoglobin) oder spielen
eine enzymatische Rolle, z.B. als Häm-Gruppe des für die Zellatmung in den Mitochondrien
wichtigen Proteins Cytochrom c. Dieses besteht aus ungefähr100 Aminosäuren. Es kommt bei
fast allen Lebewesen in sehr ähnlicher Form vor, wobei die Sequenz-Unterschiede ein
wichtiges Mittel zur taxonomischen (evolutionsgeschichtlichen) Einteilung der Arten sind.
(6) Vitamine sind Biomoleküle unterschiedlicher chemischer Struktur, die für den Menschen
essentiell sind, also i.d.R. mit der Nahrung aufgenommen werden müssen.
5. DNA-Replikation und Protein-Biosynthese
Der Mechanismus der Vererbung:
Die Vererbungslehre (Genetik) geht auf den Augustinermönch Gregor Mendel zurück, der in
den Jahren 1856 bis 1865 im Garten seines Klosters systematische Kreuzungsexperimente mit
Erbsen durchführte. Mendel erkannte, dass die materiellen Träger bestimmter vererbbarer
Merkmale in den Zellen in als Merkmalspaar, also in doppelter Ausprägung vorliegen, und
dass bei der geschlechtlichen Fortpflanzung jeweils nur eine Merkmalsausprägung in die
männlichen und weiblichen Geschlechtszellen übernommen und auf die Nachkommen weiter
vererbt wird. Er untersuchte, welche Kombinationen von Merkmalsausprägungen dabei von
Generation zu Generation auftreten können, und wie sich diese im äußeren Erscheinungsbild
der Nachkommen niederschlagen (Mendelsche Regeln).
Treffen beim Nachkommen eine dominante und eine rezessive Merkmalsausprägungen (z.B.
braune und blaue Augen) zusammen, so zeigt sich in dessen Äußeren nur die dominante
Ausprägung, die Erbinformation für die rezessive Merkmalsausprägung (hier "blaue Augen")
bleibt jedoch erhalten und kann an die nächste Generation weitergegeben werden. Bei der
selteneren intermediärer Vererbung wird eine Mischform der beiden Erbanlagen gebildet.
Zum Beispiel ergibt sich bei der japanischen Wunderblume die Blütenfarbe rosa, wenn das
Exemplar die Merkmalsausprägungen rot und weiß besitzt.
Die Chromosomen-Theorie der Vererbung entstand Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts
(1903, Walter Sutton). Danach ist die die Erbinformation im Zellkern aller Eukaryoten (Tiere,
Pflanzen, Pilze) in Form von Chromosomen enthalten. In diesen sind die Gene, als die
materiellen Träger der einzelnen Erbanlagen, wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht. Die
Chromosomen liegen in der Regel immer paarweise vor, daher auch die für die Erbmerkmale
zuständigen Gene oder Gen-Kombinationen. Der Mensch z.B. hat 23 Chromosomenpaare.
Jedes dieser Paare enthält ca. 1000 Gene in jeweils doppelter, aber spezifischer Ausprägung.
Bei normaler Zellteilung (Mitose) wird dieser Chromosomensatz zunächst verdoppelt, jede
Tochterzelle erhält dann wieder den kompletten Chromosomensatz.
Bei der Reduktionsteilung zu Geschlechtszellen (Meiose) werden die Chromosomenpaare
jedoch aufgespalten und jeweils nur ein halber (haploider) Chromosomensatz in diese
übertragen. Durch Verschmelzung von Ei- und Samenzelle bei der Befruchtung wird also
nach Zufall je eines der beiden Chromosomen der Eltern mit seinen spezifischen
Merkmalsausprägungen an die Zygote des Nachkommen weiter gegeben. Dieser
Vererbungsvorgang läuft bei Pflanzen und Tieren in grundsätzlich gleicher Weise ab.
Bei Vererbung individueller Merkmale werden viele Anlagen nur gemeinsam mit anderen
vererbt, weil die entsprechenden Gene auf dem gleichen Chromosom liegen, andere (z.B. die
Hautfarbe der Menschen) werden durch mehrere Gene auf unterschiedlichen Chromosomen
festgelegt. Die Geschlechtsbestimmung erfolgt (bei allen Säugetieren und vielen Insekten)
durch ein bestimmtes Chromosomenpaar, das beim weiblichen Tier in so bezeichneter XXbeim männlichen Tier in XY-Ausprägung vorliegt. Je nachdem ob bei der Befruchtung der Xoder der Y- Anteil des Chromosomenpaars des männlichen Tiers weiter vererbt wird, entsteht
ein weiblicher oder männlicher Nachkomme.
Fast alle Gene der Eukaryoten liegen auf den Chromosomen des Zellkerns. Einige wenige
liegen auf DNA-Strukturen in den Mitochondrien, bei Pflanzen auch in den Chloroplasten.
Die DNA in den Mitochondrien wird nur von der Mutter auf die Nachkommen übertragen; sie
eignet sich daher besonders gut zur Erforschung evolutionsgeschichtlicher Zusammenhänge.
Prokaryoten bilden keine Chromosomen, sondern frei in der Zelle schwimmende DNAStrukturen.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die molekular-biologischen Grundlagen der Vererbung
weitgehend geklärt. Danach bestehen die Chromosomen aus DNA (Desoxyribonukleinsäure),
die mit Proteinen verpackt ist. Der eigentliche Träger der Erbinformation im Chromosom ist
die DNA, wobei jedes Chromosom ein fadenförmiges DNA-Molekül enthält, und die Gene
durch aufeinanderfolgende Abschnitte auf diesem DNA-Faden gebildet werden.
Die genaue Struktur der DNA wurde 1953 erkannt (Watson und Crick). Demnach besteht der
DNA-Faden eines Chromosoms in Wirklichkeit aus zwei Einzelstrang-Molekülen, die jeweils
die identische genetische Information enthalten und sich spiralig umeinander winden. Man
spricht daher auch von der DNA-Doppelhelix oder dem DNA-Doppelstrang.
Jeder der beiden Stränge besteht aus einer Kette von Nukleotiden (das sind Bausteine der
Form „Phosphat– Zucker– Base“), wobei jedes Nukleotid genau eine der vier Basen Adenin
(A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T) enthält. Die Erbinformation ist in der DNA
durch die Abfolge der Basen im Strang gespeichert. Der zweite Strang der Doppel-Helix ist
ein komplementäres Spiegelbild des ersten Stranges, das dadurch entsteht, dass man jede Base
eines Stranges im anderen Strang durch die zugehörige komplementäre Base ersetzt. Dabei
sind Guanin und Cytosin zueinander komplementär, ebenso die Basen Adenin und Thymin;
d.h. überall, wo im einen Strang die Base Guanin vorkommt, steht im anderen Strang die Base
Cytosin und umgekehrt, das Gleiche gilt für das Basenpaar Adenin und Thymin. Die beiden
Einzelstränge sind spiralig so umeinander gewunden, dass sich jeweils zwei komplementäre
Basenpaare gegenüberliegen und durch eine sogenannte schwache Wasserstoffbrücke
miteinander verbunden sind. Die beiden Stränge sind also komplementäre Spiegelbilder
voneinander, sie enthalten beide die gleiche Erbinformation.
Gene sind Abschnitte der DNA, welche die Information zur Herstellung einer spezifischen,
biologisch aktiven RNA (Ribonukleinsäure) enthalten. Diese wiederum steuert dann die
Synthese von Proteinen oder die Regulation einer bestimmten Protein-Konzentration in der
Zelle. Das menschliche Erbgut (Genom) umfasst ca. 23.000 RNA-codierende Gene. Diese
machen aber weniger als 10% des menschlichen Genoms aus.
Aber auch für nicht-codierende DNA-Abschnitte wurden bereits Funktionen identifiziert (u.a
regulatorische Zellfunktionen, aber auch „stillgelegte“ evolutionär konservierte Funktionen).
Menschen haben zwei Kopien des Genoms, eine von der Mutter und eine vom Vater, die in
jedem Zellkern in Form von 23 Chromosomenpaaren vorliegen. Die Gesamtlänge der DNA in
jeder menschlichen Zelle beträgt etwa 2 Meter, diese etwa 3,2 Milliarden Basenpaare sind
beim Menschen auf 2x23 = 46 Chromosomen verteilt, so dass ein Chromosom im Schnitt
etwa einen DNA-Faden von knapp 4-5 cm Länge mit etwas über 1000 Genen enthält. (Bei ca.
100 Billionen Zellen pro Mensch ergibt sich eine DNA-Gesamtlänge von 150 Milliarden km.)
DNA-Replikation:
Bevor sich eine Zelle teilt, muss die DNA aller Chromosomen verdoppelt werden. Dieser
DNA-Replikation genannte Vorgang ist erforderlich, damit später beide Tochterkerne das
ganze Erbgut, also Kopien aller Chromosomen, erhalten können.
Wie oben geschildert enthält jedes Chromosom eine DNA- Doppelhelix in Form zweier
spiralig umeinander gewundenen Nukleotid-Stränge, wobei die beiden Stränge in dem Sinn
exakt spiegelbildlich aufgebaut sind, dass jeder Nukleotid-Base eines Stranges im anderen
Strang die komplementäre Nukleotid-Base gegenüberliegt. Die Verdopplung der DNA bei der
Zellteilung erfolgt nun im Prinzip so, dass der Doppelstrang in zwei Einzelstränge aufgelöst
wird, und für die entstehenden Einzelstränge der zugehörige komplementär gespiegelte Strang
sukzessive wieder neu aufbaut wird. Dieser Prozess wird durch spezielle Enzyme
(Polymerasen) gesteuert.
Nach der DNA-Verdopplung hat jedes Chromosom zwei identische DNA-Doppelstränge.
Diese beiden Doppelstränge werden räumlich voneinander getrennt und mit Proteinen zu zwei
identischen Schwester-Chromosomen verpackt. Bei der anschließenden Zellteilung erhält
dann jede der beiden Tochterzellen den gleichen Chromosomensatz.
Protein-Biosynthese:
Die Protein-Biosynthese der Lebewesen wird durch aktive Gene der DNA gesteuert. Viele
dieser Gene enthalten die Information zur Synthese eines bestimmten Proteins. Der Aufbau
eines Proteins erfolgt dann in zwei Teilprozessen:
Zunächst wird eine Kopie des Gens in Form eines RNA-Moleküls erstellt (genannt mRNA=
messanger-RNA/ Boten-RNA). Dieser Transkription genannte Vorgang erfolgt nach dem
gleichen Prinzip wie die Gen-Replikation und wird wie diese durch spezielle Enzyme
gesteuert. Dabei wird die DNA-Doppelhelix entlang des Gen-Abschnitts vorübergehend
aufgetrennt, anschließend wird dort eine RNA mit einer Codierung (Basenfolge) erstellt, die
exakt der des Gens entspricht. Wie das kopierte Gen der DNA besteht die Boten-RNA dann
aus einer Nukleotid-Kette aus 4 „Buchstaben“, den Nukleotid-Basen Adenin (A), Cytosin (C),
Guanin (G) und Uracil (U), d.h. die Base Uracyl ersetzt die Base Thymin der DNA.
Im anschließenden Vorgang der Translation wird das Protein entsprechend der in die mRNA
kopierten Bauvorschrift des Gens synthetisiert. Dies erfolgt an den Ribosomen der Zelle, bei
Eukaryoten also außerhalb des Zellkerns. Wie am Fließband arbeiten die Ribosomen die
Information einer Boten-RNA nach einer für alle Lebewesen gleichen Bauvorschrift ab, in
dem sie für jeweils 3 sukzessive „Buchstaben“ der mRNA das dieser Buchstabensequenz
entsprechende Aminosäure-Molekül an die entstehende Aminosäurenkette anhängen bis die
Boten-RNA abgearbeitet und das Protein-Molekül fertig ist. Jede 3’er Sequenz der 4 RNABasen mit den Kürzeln A, C, G, U bezeichnet also genau eine Aminosäure. Diese Codierung
nennt man den genetischen Code. Er ist bei allen Lebewesen gleich.
Da es 43=64 solcher Tripletts zur Bezeichnung von 20 derart genetisch-codierten Proteinbildenden Aminosäuren (sogenannten „kanonischen Aminosäuren“) gibt, haben einige dieser
Aminosäuren Mehrfach-Codierungen. 2 weitere in Proteinen des Menschen vorkommende
Aminosäuren werden nicht durch Transkription abgeleitet, sondern im Rahmen der
Translation nach einem anderen Zellmechanismus eingebaut.
Alternatives Spleißen (engl. splicing) : dieser Mechanismus im Rahmen der Transkription
bei Eukaryoten erlaubt die Herstellung unterschiedlicher Proteine auf Basis einer DNASequenz (eines Gens). Dabei wird zunächst eine prä-mRNA anhand der DNA-Sequenz
gebildet. Diese kann durch nachträgliches Schneiden und Zusammensetzten unter Steuerung
spezieller Proteine in mehrere unterschiedliche mRNA umgeformt werden und damit im
Rahmen der Translation zur Synthese unterschiedlicher Proteine führen.
Auf diese Weise ist z. B. eine menschliche Zelle in der Lage, mit ihren rund 23.000 proteincodierenden Genen viele hunderttausend verschiedene Proteine herzustellen. Spleißen wird
als wichtiger Faktor bei der Evolution neuer „nützlicher“ Proteine angesehen, ist aber auch für
einige Erbkrankheiten verantwortlich.
6. Der Energie-Stoffwechsel
Zellen müssen ständig Arbeit leisten: mechanische Arbeit (z.B. Kontraktion von
Muskelzellen, Schlagen von Geißeln), Transportarbeit (z.B. zur Herstellung von
Konzentrationsgefällen), chemische Arbeit (zum Antreiben energiebedürftiger StoffwechselReaktionen, wie z.B. die Synthese von DNA oder Proteinen), osmotische Arbeit (z.B.
Sekretion der Drüsen), elektrische Zellarbeit (Nervenzellen) oder thermischer Zellarbeit
(Körpertemperaturregelung).
Mit Energie-Stoffwechsel bezeichnet man alle Stoffwechselvorgänge, welche die Energie für
die Zellarbeit liefern. Energie muss von außen aufgenommen werden, in Form von
Nährstoffen gespeichert oder transportiert werden und für die Arbeit in den Zellen in
geeigneter Form aufbereitet werden. Bei allen energetischen Stoffwechselprozessen entsteht
auch Wärmeenergie, die nach außen abgeführt werden muss. Diese laufen daher in langen
Reaktionsketten so ab, dass bei jeder Einzelreaktion nur geringe energetische Umsetzungen
erfolgen, und die entstehende Wärme von den Zellen auch abgeführt werden kann.
Physikalisch gesehen sind Lebewesen offene thermodynamische Systeme, die ständig Energie
zuführen müssen, um ihre hochgradige innere Ordnung aufrecht zu erhalten und damit ihre
Entropie niedrig zu halten. Gleichzeitig muss die bei energetischen Prozessen entstehende
ungeordnete Wärmeenergie abgeführt, in Summe also Entropie exportiert werden.
Durch Wachstum der Zelle nimmt das Verhältnis Oberfläche/Volumen ab, der Wärmeexport
wird bis zur nächsten Zellteilung erschwert. Kleine warmblütige Tiere müssen daher aber
relativ (d.h. pro cm³) mehr Energie aufwenden als Große, um den Wärmeverlust durch die
Oberfläche auszugleichen und die Körpertemperatur aufrecht zu halten.
Energiegewinnung: Bezüglich der Quelle ihrer Lebensenergie kann man zwei Klassen von
Lebewesen unterscheiden. Tiere, Pilze und die meisten Bakterien und Archaeen gewinnen
ihre Energie ausschließlich aus organischen Nährstoffen (Kohlehydrate, Fette, Proteine), die
sie mit der Nahrung aufnehmen; d.h. sie ernähren sich von organischen Körperbestandteilen
anderer lebender oder gestorbener Organismen. Solche Lebewesen nennt man heterotroph.
Lebewesen, welche die benötigten organischen Stoffe mittels Sonnenlicht oder durch
chemische Umsetzung anorganischer Stoffe selbst aufbauen können, nennt man autotroph.
Pflanzen, Algen und einige Bakterienarten gewinnen die für ihren Stoffwechsel benötigte
Energie aus dem Licht der Sonne durch Photosynthese. Dabei wird Licht bestimmter
Wellenlängen durch einen geeigneten Stoff, meist Chlorophyll, absorbiert. Dessen Farbe
erscheint „Blattgrün“, da der rotwellige Lichtanteil absorbiert und daher grün reflektiert wird.
Die Licht-absorbierenden Moleküle gelangen in einen angeregten, energiereichen Zustand.
Diese elektromagnetische Energie wird in einer vielstufigen Reaktionskette in chemische
Energie umgewandelt und zum Aufbau energiespeichernder Kohlehydrate aus Wasser und
Kohlendioxyd verwendet. Primär entsteht dabei Glukose (Traubenzucker) nach folgender
Summenformel: 6 CO2 + 6 H2O + Licht => C6H12O6 + 6 O2.
Die Photosynthese ist nicht nur der bedeutendste biochemische Prozess der Erde, sondern
auch einer der ältesten. Sie ist der Primärproduzent organischer Stoffe, die heterotrophen
Lebewesen als Energie- und Baustoffquelle dienen, sie bildet den Anfang der Nahrungskette
des Lebens. Die von allen Pflanzen und Algen genutzte, sogenannte oxygene Photosynthese,
bei der freier Sauerstoff entsteht, liefert darüber hinaus den atmosphärischen Sauerstoff, den
alle aeroben Organismen zum Leben benötigen. Gewisse Bakterien nutzen auch eine
ursprünglichere, anoxygene Form der Photosynthese, bei der nicht Wasser sondern z.B.
Schwefelwasserstoff genutzt wird und daher auch kein freier Sauerstoff entsteht (CO2 + 2H2S
+ Licht -> CH2O + H2O + 2S).
Einige Bakterien (z.B. Schwefel- oder Nitratbakterien) können benötigte organische Stoffe
aber auch ohne Licht durch Oxidation anorganischer Stoffe (z.B. Schwefelwasserstoff H2S
oder Ammoniak NH3) aufbauen. Vermutlich war diese Chemosynthese die ursprünglichste
Form der Energiegewinnung bei der Evolution des Lebens auf der Erde. Man findet sie nur
bei aeroben Bakterien, vorwiegend in extremen Habitaten, z.B. heißen Quellen, in der
Tiefsee, in aktiven Vulkanen. Schwefelbakterien z.B. gewinnen ihre Energie durch
Oxydation von Schwefelwasserstoff: 2H2S + O2 → S2 + H2O + Energie.
Nährstoffverwertung: Tiere, Pilze und die meisten Bakterien und Archaeen gewinnen ihre
Energie ausschließlich aus organischen Nährstoffen (Kohlehydrate, Fette, Proteine), die sie
mit der Nahrung aufnehmen. Von der Nahrungsaufnahme bis zur Energiegewinnung in den
Zellen laufen eine Vielzahl Enzym-gesteuerter chemischer Prozesse ab. Im tierischen
Organismus müssen die Nährstoffe im Verdauungsvorgang zunächst so aufbereitet werden,
dass sie im Blut gelöst an die Orte des Energiebedarfs transportiert werden können.
Kohlehydrate werden dabei zu Glukose abgebaut, Proteine in Aminosäuren und Peptide
gespalten, Fette in Fettsäuren und Glyzerin zerlegt.
Kohlenhydrate sind der hauptsächliche Energielieferant für die Zellen. Sie sind im Gegensatz
zu den Fetten relativ schnell verwertbar, da sie auch anaerob (d.h. ohne Sauerstoff) Energie
liefern. Die akute Energieversorgung tierischer Zellen wird im Wesentlichen über die im Blut
gelöste Glukose gewährleistet. Ihre Konzentration im Blut, der Blutzuckerspiegel, wird in
engen Grenzen reguliert. Jede Körperzelle kann Glukose durch die Zellmembran aufnehmen
bzw. wieder abgeben. Nicht unmittelbar zur Zellarbeit benötigte Glukose kann in bestimmten
Gewebezellen - bei Tieren vor allem Leber und Muskel-Zellen - in Form von Glukose-Ketten
zwischengespeichert werden, als Glykogen bei Tieren und Pilzen, als Stärke bei Pflanzen.
Ist die Versorgung der Gewebe mit Kohlenhydraten dauerhaft größer als ihr Verbrauch, wird
der Überschuss in tierischen Organismen in Fett (Depotfett) umgewandelt und gespeichert.
Glykolyse und Zellatmung: Der Abbau der Glukose in den Zellen erfolgt entweder unter
Mitwirkung von Sauerstoff (aerob) oder ohne Sauerstoff durch Gärung (anaerob).
Der anaerobe Abbau, Glykolyse genannt, wird von fast allen Lebewesen beherrscht, was auf
eine sehr frühe Entstehung hinweist. Er ist meist eine Vorstufe des aeroben Abbaus. Bei der
Glykolyse wird je ein Molekül Glukose in mehreren enzymatisch katalysierten Reaktionen
u.a. in zwei sogenannte Pyruvat-Moleküle gespalten. Dabei wird chemische Energie in Form
von 2 ATP-Molekülen für weitere Zellarbeit gewonnen. Die Pyruvat-Moleküle werden nun
entweder ohne weitere Energiegewinnung durch Milchsäure-Gärung zu Lactat („SummenFormel“: C6H12O6 -> 2C3 H6 O3 +2 ATP) oder durch alkoholische Gärung (z.B. bei Hefen) zu
Ethanol abgebaut oder sie werden dem weiteren aeroben Abbau zugeführt.
Beim aeroben Abbau von Glukose wird chemische Energie in Form von 34 ATP-Molekülen
erzeugt (Summenformel: <C6H12O6 + 6 O2 -> 6 CO2 + 6 H2O + 34 ATP>) und Kohlendioxyd
ausgeschieden. Diesen Vorgang bezeichnet man als Zellatmung oder aerobe Dissimilation.
Er ist 17x effektiver als die Glykolyse, wird von allen Eukaryoten beherrscht und findet bei
diesen in den Mitochondrien der Zellen statt.
Die Zellatmung ist im Resultat also die Umkehrung der Photosynthese. Beides sind
vielstufige chemische Reaktionsketten, die unter Mitwirkung zahlreicher Enzyme ablaufen.
Alle Eukaryoten und viele Prokaryoten sind aerobe Organismen, sie benötigen Sauerstoff für
die Zellatmung. Dieser wird fast komplett durch die Photosynthese der Pflanzen, Algen und
Cyanobakterien erzeugt. Umgekehrt wird bei der Zellatmung das Kohlendioxid an die
Atmosphäre abgegeben, das für die Photosynthese benötigt wird. So sind beide StoffwechselProzesse in einem globalen Kreisprozess miteinander verknüpft.
Der zentrale biochemische Prozess der Zellatmung ist der sogenannte Citratzyklus. In den
Citratzyklus münden aber auch die Abbauprodukte anderer Nährstoffe, wie z.B. Fettsäuren
und Proteine. Sogenannte „Acetyl-CoA Moleküle“ bilden dabei das zentrale Abbauprodukt
der verschiedenen Nährstoffklassen. Diese Moleküle werden durch den Citratzyklus unter
(anschließender) Zufuhr von Sauerstoff vollständig zu CO2 und H2O abgebaut. Das Prinzip
der Energiegewinnung ist wie bei einer Knallgasreaktion, in der Wasserstoff und Sauerstoff
zu Wasser reagieren. Durch den Citratzyklus wird der Wasserstoff aber in chemisch
gebundener Form sogenannter Reduktionsäquivalente bereitgestellt und anschließend
kontrolliert zu Wasser oxidiert.
ATP-Zyklus: Beim Abbau der Glukose in den Zellen (aber auch beim Abbau anderer
Nährstoffe wie Fettsäuren und Proteine) wird das Nukleotid ATP (Adenosintriphosphat)
gebildet. ATP dient zur Zwischenspeicherung und zum Austausch von Energie für alle
Stoffwechselvorgänge, es setzt die Energie in kleinen, biologisch brauchbaren Mengen frei,
wann und wo immer sie bei der Verrichtung von Zellarbeit benötigt wird, und nimmt in dieser
Funktion eine Monopolstellung in der gesamten Welt der lebenden Materie ein.
ATP ist sozusagen die universelle Energiewährung aller lebenden Organismen.
Die ATP-Moleküle werden gemäß der Formel „ADP + P (Phosphor) + Energie -> ATP“
erzeugt. Auch bei der Photosynthese und Chemosynthese wird die gewonnene chemische
Energie zunächst durch Phosphorylierung von ADP zu ATP gespeichert. Wird nun die
chemische Energie der ATP-Moleküle für Zellarbeit benötigt, spaltet sich das ATP wieder
gemäß „ATP -> ADP + P + Energie“ auf und gibt Energie frei. Die Komponenten ADP und
Phosphor stehen für eine erneute ATP-Synthese wieder zur Verfügung. In Realität liegen
obigen summarischen Formeln komplexere, katalytisch unterstützte Reaktionen zu Grunde.
Da ATP in den Zellen jedoch nur in geringer Konzentration vorliegt, muss es durch den
Abbau energiereicher Nährstoffe ständig nachgebildet werden. Für einen täglichen Bedarf von
3000 Kilokalorien müssen etwa 75 Kilogramm ATP gebildet werden. Da im menschlichen
Körper aber nur ca. 50 Gramm ATP ständig vorhanden sind, muss jedes ATP-Molekül täglich
1500-mal gespalten und neu gebildet werden; d.h. ein Zyklus ATP -> ADP+P -> ATP dauert
im Mittel eine Minute. Pro Sekunde und Zelle werden im Schnitt etwa 1 bis 2 Millionen ATPMoleküle verbraucht aber auch wieder neu generiert.
Das verfügbare ATP in der Muskulatur reicht ohne Nachschub nur für circa 2 – 3 Sekunden
Belastung. ATP muss daher ständig nach produziert werden. Für die blitzschnelle Resynthese
von ATP wird Kreatin-Phosphat aus dem Proteinstoffwechsel genutzt. Der vorhandene Vorrat
ist aber sehr gering und reicht für circa 5 – 7 Sekunden. Der nächste Schritt ist die ATPResynthese durch anaeroben Glucose-Abbau (Glykolyse). Dieser Vorgang geht zwar sehr
rasch vor sich, ist aber ebenfalls nicht sehr ergiebig. Soll dauerhaft Hochleistung erbracht
werden, muss genug Sauerstoff zu den Zellen transportiert werden, dass der aerobe Abbau
von Glucose und Fetten aufrecht erhalten werden kann, der zwar vergleichsweise sehr viel
mehr ATP liefert, aber auch wesentlich mehr Zeit beansprucht. Die Energieausbeute pro g bei
Fettverbrennung ist dabei etwa 2 mal so hoch wie bei Kohlehydraten, dauert aber länger und
erfordert mehr Sauerstoff.
Die ATP-Konzentration in der Zelle ist eine Regelgröße, sinkt sie unter einen Schwellwert ab,
werden Energie-liefernde Reaktionen aktiviert, übersteigt sie einen anderen Schwellwert, so
bewirkt dies eine Energiespeicherung, z.B. durch Bildung von Kreatin-Phosphat als schnell
verfügbaren Speicher im Muskel oder durch Aufbau von Glykogen in Muskeln und vor allem
in der Leber. Diese Protein- und Kohlenhydrat-Speicher sind allerdings limitiert; weiterer
Energieüberschuss führt zur Speicherung von Fett (Depotfett).
7. Das Leben als System von Regelkreisen
Seit Begründung der Kybernetik durch Norbert Wiener Mitte das 20. Jahrhunderts wurde
zunehmend erkannt und erforscht, dass jeder lebende Organismus auch ein äußerst
kompliziertes, aufeinander abgestimmtes und vernetztes System von Regelkreisen darstellt.
Ein Regelkreis mit negativer Rückkopplung ist ein System, das durch eine regelnde
Einrichtung nach gewissen Sollgrößen ausgerichtet wird; erfährt das zu regelnde System eine
Störung durch die Umwelt und dadurch eine Abweichung von den Sollgrößen, so wird diese
Abweichung an die regelnde Einrichtung gemeldet (Rückkopplung), die dann dieser
Abweichung durch die Beeinflussung einer Stellgröße gegensteuert. Dies setzt natürlich einen
Steuerungs- und Rückkopplungskanal für die Nachrichtenübertragung zwischen geregeltem
System und regelnder Einrichtung voraus.
So wird z.B. die ausreichende Sauerstoffversorgung der Körperzellen dadurch geregelt, dass
die Abweichung von Sollwerten durch Fühler in den Arteriewänden registriert werden, diese
über Nervenbahn zu einer bestimmten Gehirnpartie geleitet werden, welche dann wieder über
die Nervenbahn die Stellgröße „Atemfrequenz“ entsprechend verändert. Auch Blutdruck,
Blutzuckerspiegel, ATP-Konzentration in den Zellen, Wärmehaushalt und Körpertemperatur
sind Beispiele für geregelte Systeme. Die Körperhaltung der Wirbeltiere muss laufend durch
Regelvorgänge stabil gehalten werden. Auch Willenshandlungen wie das Greifen nach einem
Gegenstand sind Regelkreis-gesteuert. Die vielfältigen Regelkreise in Organismen sind oft
miteinander gekoppelt. Der Sollwert eines Regelkreises kann durch einen weiteren Regelkreis
vorgegeben werden. So verändert sich der Sollwert für die Körpertemperatur, wenn der
Körper mit Fieber auf eine Erkrankung reagiert.
Die Nachrichtenübermittlung im lebenden Organismus geschieht dabei entweder in Form
elektrischer Impulse über die Nervenbahnen oder durch die Ausschüttung von Hormonen.
Nervenbahnen werden genutzt für die Übertragung von Sinnesreizen (der Seh-, Hör- und
Gefühlsnerven) an das Gehirn, aber auch für die Steuerung vieler Willensprozesse, wie z.B.
beim Spannen von Muskeln. Hormone werden zur Erfüllung von Funktionen eingesetzt, bei
denen Informationen an mehrere Stellen im Organismus übertragen werden muss, vielfach bei
Steuerungsvorgängen, die zu vorherbestimmten Zeiten ausgelöst werden. Durch Hormone
werden z.B. Zellteilung, Wachstum der Organismen, Fortpflanzungs- und Kampfinstinkte,
Geburt der Säugetiere und Wandertrieb der Zugvögel gesteuert. Die Übertragung dieser
Wirkstoffe erfolgt durch das Blut (Übertragungszeit ca. 1 Sek., Wirkung Minuten bis Tage).
Das Versagen eines Steuerungs- oder Rückkopplungskanals z.B. durch Entzündungsherde,
mangelnde Hormonproduktion oder toxische Substanzen ist die Ursache vieler chronischer
Erkrankungen.
Unser Organismus (und auch jede Zelle) ist ein offenes System, d.h. dass es mit seiner
Umwelt in einem ständigen Stoffwechselaustausch steht. Die Zufuhr benötigter Stoffe von
außen (Nahrung, Sauerstoff) führt in den Organen und Zellen zu einer Vielzahl gekoppelter
Stoffwechselreaktionen, die in der Summe die Lebensfähigkeit sichern. Die meisten dieser
internen Stoffwechselreaktionen werden durch Enzyme reguliert, die immer in benötigter
Konzentration bereitgestellt werden müssen, damit das angelieferte Zwischenprodukt auch
ausreichend schnell umgesetzt wird. Dabei stellt sich von Stoffzufuhr über alle interngekoppelten Stoffwechselreaktion bis zur Abfuhr von Abfallsubstanzen und Wärmeenergie
ein sogenanntes Fließgleichgewicht ein. Das offene System muss in der Lage sein, über die
gesamte Reaktionskette auf Störungen der Stoffzufuhr oder Umweltbedingungen zu
reagieren. Dies geschieht durch viele Regelungsvorgänge: z.B. Regelung der Enzymaktivität,
Regelung der Enzymsynthese, Regelung der Membrandurchlässigkeit, Regelung der
Transportvorgänge. Die langsamste Teilreaktion bestimmt dabei den "Gesamtdurchfluss"
durch das System. Die Ursache vieler Stoffwechselkrankheiten liegt daran, dass dieses
Fließgleichgewicht an einer Stelle z.B durch einen erworbenen oder genetisch bedingten
Enzymdefekt gestört wird. Auf zellularer Ebene werden diese Stoffwechsel-Regelkreise
durch die Gene der DNA gesteuert. Als Botenstoffe für Steuerungs- und RückkopplungsKanal dienen Biomoleküle wie mRNA.
8. Organisation des Lebendigen: Zusammenfassung
Alle Lebewesen bestehen aus Zellen (Einzeller, Vielzeller). Jede Zelle ist ein hervorragend
durchorganisierter Chemiebetrieb, in der in jeder Sekunde tausende unterschiedlicher und sehr
genau und zweckmäßig auf einander abgestimmten Reaktionen ablaufen. Sehr viele dieser
chemischen Reaktionen werden durch spezifische Enzyme gesteuert, die als Biokatalysatoren
die Reaktion erst ermöglichen. Enzyme sind Proteine, ihre Moleküle bestehen aus einer
Sequenz von 23 in lebenden Organismen vorkommenden Aminosäuren. Die AminosäureSequenz eines Enzyms bestimmt entscheidend seine biologische Funktion.
Der Aufbau und die zeit- und mengen-gerechte Bereitstellung der benötigten Enzyme in den
Zellen werden durch die Erbinformation des Organismus gesteuert. Diese liegt in jedem
Organismus als DNA vor. Das DNA-Molekül realisiert eine Kette aus 4 verschiedenen Basen
und unterteilt sich in Abschnitte, die jeweils eine ganz bestimmte Erbinformation tragen und
Gene genannt werden. Ein Teil der Gene enthalten jeweils einen Bauplan für ein bestimmtes
Enzym, der durch die spezielle Sequenz der 4 Basen auf dem Gen codiert ist.
Dieser genetische Code, der der Basen-Sequenz eines Gens die Bauvorschrift für ein
entsprechendes Protein zuordnet, ist für alle Lebewesen gleich. Die Proteinsynthese in den
Zellen ist ein komplexer biochemischer Vorgang und verbraucht Energie.
Die Vermehrung von Zellen durch Zellteilung ist ein Grundprinzip des Lebens. Fortpflanzung
und Wachstum der Organismen beruhen auf der Zellteilung. Jede Zelle enthält die komplette
Erbinformation. Vor jeder Zellteilung muss daher der komplette DNA-Strang in der Zelle
nachgebaut (repliziert) werden. Auch diese „Gen-Replikation“ wird gesteuert durch Enzyme
und verbraucht Energie.
Der Kern aller Lebensprozesse besteht also aus einem komplexen Regelkreis-gesteuerten
Zusammenspiel zwischen der in den Genen der DNA enthaltenen Erbinformation, welche den
Aufbau und die mengen- und zeitgerechte Bereitstellung von Enzymen steuert, und diesen
Enzymen selbst, welche viele andere Lebensprozesse steuern, insbesondere auch die für die
Zellteilung erforderliche Gen-Replikation und die Prozesse, die der Energiegewinnung für die
Zellarbeit dienen.
9. Anhang: Moderne Anwendungen der GEN-Technik
Stammzellenforschung:
Alle Organe und Gewebe des Körpers haben ihren Ursprung in embryonalen Stammzellen.
Späterer Gewebeersatz – bei Verletzungen oder Regeneration des betreffenden Gewebes –
erfolgt über sogenannte „adulte Stammzellen“, die man in diversen Geweben, etwa im
Knochenmark und in der Haut findet. Diese sind jedoch nicht „pluripotent“, d.h. ihr
Differenzierungspotential ist beschränkt und damit gewisse Gewebe auch nicht ersetzbar.
Die Stammzellenforschung verfolgt die Idee der Heilung von Krankheiten und Verletzungen
durch gezieltes Nachzüchten von Geweben. Adulte Stammzellentherapien werden schon seit
vielen Jahren z.B. zur Behandlung von Leukämie oder zur Regeneration von Knochen
eingesetzt. Da dem Organismus relativ leicht zu entnehmende adulte Stammzellen aber nur
eingeschränkt differenzierungsfähig sind, ist es ein erklärtes Ziel der Forschung zu
pluripotenten Stammzellen zu gelangen, die wie embryonale Stammzellen uneingeschränkt
differenzierungsfähig sind.
Die Verwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen ist moralisch umstritten, da
zu ihrer Gewinnung die Zerstörung von frühen menschlichen Embryonen erforderlich ist.
Nach dem Embryonenschutzgesetz ist es in Deutschland z.B. verboten, menschliche
Embryonen für Forschungszwecke herzustellen, zu klonen oder zu zerstören. Die Forschung
an importierten embryonalen Stammzellen ist jedoch unter Auflagen möglich.
Für die Heilung von Krankheiten durch Gewebeersatz würden sich aber aus Embryos
gewonnene Stammzellen schon allein deshalb nicht eignen, weil diese Zellen ja nicht von
dem Erkrankten stammen können und daher vermutlich auch Abstoßungsreaktionen für das
nachgezüchtete Gewebe hervorrufen. Bei Heranzüchtung von Ersatzgewebe aus embryonalen
Stammzellen besteht außerdem eine Neigung zur Tumorbildung nach einer Transplantation,
wenn das Ersatzgewebe noch undifferenzierte Stammzellen enthält.
Forschern aus Japan und England ist es 2006/2007gelungen, normale Körperzellen durch
Einschleusung bestimmter Gene mittels Viren in induzierte pluripotente Stammzellen
(iPS) umzuwandeln und aus diesen im Labor bestimmte Gewebezellen heranzuzüchten
(Nobelpreis 2013). Jüngste Forschungen weisen jedoch darauf hin, dass diese Technik doch
nicht vollständig alle Spuren der ursprünglichen Zellfunktion entfernt, so dass auch iPSZellen nur eingeschränkt differenzierungsfähig sind.
Gen-Editing:
Gen-Editing bezeichnet eine molekularbiologische Methode zu einer gezielten Veränderung
der DNA in Zellen von Organismen. Dabei werden bestimmte Enzyme eingesetzt, welche die
DNA an einer vorgegebenen Zielsequenz schneiden, also einen Doppelastrangbruch erzeugen.
Die nun einsetzenden Reparaturmechanismen der Zelle können gezielt beeinflusst werden um
eine DNA-Sequenz herauszuschneiden, einzufügen oder punktuell zu verändern. Es gibt
mehrere Methoden mit gleichem Funktionsprinzip. Als besonders leistungsfähig und
vielseitig nutzbar gilt das sogenannte CRISPR/Cas-System, welches 2012 von Emmanuelle
Charpentier und Jennifer Doudna entdeckt wurden und auf einem adaptiven antiviralen
Abwehrmechanismus von Bakterien und Archaeen beruht.
Dieses funktioniert im Prinzip so:
Das Bakterium schneidet bei erstmaligem Virenbefall einen Teil seiner durch den Virus
(Bakteriophage) veränderten DNA heraus und fügt diesen in einen sogenannten CRISPRBereich seiner DNA ein (das sind sich wiederholende, identische DNA-Abschnitte zur
Phagenabwehr). Durch Transkription des veränderten DNA-Bereichs und unter Mitwirkung
von sogenannten Cas-Proteinen (das sind bestimmte von am CRISPR-Bereich angelagerten
Cas-Genen erzeugte Proteine) wird ein RNA-Teilstring erzeugt, der genau auf die FremdDNA Sequenz passt. Dieser führt nun ein weiteres Cas-Protein (eine Endonuklease, meist
Cas9) an die entsprechende DNA-Stelle heran und schneidet diese heraus. Auf diese Weise
wird die Bakteriophage unschädlich gemacht und das Bakterium dagegen immun.
Das System erkennt also mithilfe einer Nukleinsäure (RNA), wo es im Erbgut schneiden soll.
"Der Gentechniker muss lediglich eine RNA konstruieren, die genau auf den Bereich der
DNA passt, der verändert werden soll. Die RNA führt das Protein „Cas 9" zur DNA, und das
schneidet genau an dieser Stelle. Die Reparatur-Maschinerie der Zelle baut schließlich eine
Mutation ein, ein DNA-Stück, das der Zelle vorgegeben wird."
Mögliche Anwendungen: Untersuchung der Funktion von Genen und die gezielte
Veränderung des Genoms von Mikroorganismen, von Pflanzen (durch Veränderung der
Keimzellen-DNA) oder auch von höheren Tieren oder Menschen durch Einbringung der
DNA-Veränderung in deren embryonale Keimbahn. Möglich werden sowohl die
Eliminierung von Erbkrankheiten im Rahmen von Gentherapie, als auch die Erschaffung von
Designer-Organismen im Rahmen der Gen-Technik, bis hin zur Erschaffung einer neuen
Menschenlinie. (Daher wird in Wissenschaftskreisen derzeit eine freiwillige
Selbstbeschränkung diskutiert).
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