PflegeKolleg

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ILDU
ZE
Teil 1
Darmkrebs: Behandlungen werden
individueller – und erfolgreicher
Diagnose und aktuelle Therapieverfahren
Teil 2
Das Stoma passend versorgen
Kolostomie, Ileostomie, Urostomie
Teil 3
Ernährung nach Darmkrebs OP
Diät oder alles, was schmeckt?
© dpa/Bildfunk
Zertifizierte Fortbildung in Zusammenarbeit mit
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
G
N
TB
R
Kolorektales
Karzinom
3
Punkte
E
FO
PflegeKolleg
IFIZIE
RT
RT
9
PflegeKolleg
Kolorektales Karzinom
Diagnose und aktuelle Therapieverfahren
Darmkrebs: Behandlungen werden
individueller – und erfolgreicher
Darmkrebs gehört in Deutschland zu den häufigsten Krebserkrankungen des Menschen.
Nach Daten des Robert Koch-Instituts und des Deutschen Krebsforschungszentrums in
Heidelberg ist er die dritthäufigste Krebserkrankung nach Brust- und Prostatakrebs.
Koloskopie
Polypen
Adenomen
Familiäre
Polyposis
Adenokarzinom
Um die Information
über die Möglichkeiten
der Früherkennung
haben sich viele Fachverbände, Krankenkassen und Stiftungen
verdient gemacht –
auch die Stiftung
LebensBlicke
www.lebensblicke.de
10
I
n diesem Jahr werden nach Schätzungen des Robert
Koch-Instituts (RKI) circa 35.500 Männer und
28.400 Frauen erstmals an Darmkrebs erkranken.
Diese Zahlen sind tragisch und immer noch viel zu
hoch, doch in den letzten Jahren ist ein rückläufiger
Trend zu beobachten.
Vorsorge zeigt Erfolge
Der Darmkrebs entwickelt sich aus Vorläuferläsionen,
den Polypen oder Adenomen, die grundsätzlich die
Potenz zur maligen Entartung haben. Ein solcher
Prozess kann sich über 10 bis 15 Jahre erstrecken. Es
werden aber keineswegs alle Adenome auch zu Karzinomen. Die Wahrscheinlichkeit ein Dickdarmkarzinom zu bekommen, liegt bei circa 6%.
Die Gründe für den langsamen Rückgang der Inzidenz – und vor allem der Mortalität – liegen unter
anderem in den seit 2002 von den gesetzlichen Krankenkassen angebotenen Vorsorgeuntersuchungen wie
dem Test auf verborgenes Blut im Stuhl (FOBT) ab
50 Jahren sowie der vollständigen Darmspiegelung
(Koloskopie) ab 55 Jahren, die bisher von einem nicht
unbeträchtlichen Teil der deutschen Bevölkerung
wahrgenommenen worden sind. Die Einführung
dieser Maßnahmen wird begleitet von einer Evaluation durch das Zentralinstitut für die kassenärztliche
Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI).
Nach diesen Erhebungen haben im Laufe der letzten
zehn Jahre etwa 20% der Frauen und 18% der Männer
daran teilgenommen. Mit diesem bimodalen Angebot
allein gelang es, über 300.000 so genannte fortgeschrittene Adenome, also Krebsvorstufen, die in jedem Fall innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre
zu einer Krebserkrankung geführt hätten, zu entdecken, zum größten Teil endoskopisch zu entfernen
und den Krebs damit erst gar nicht entstehen zu lassen. Auf der anderen Seite wurden circa 42.000 Krebse
zumeist in den frühen Stadien (UICC I und II) erkannt und damit in der Regel einer Heilung zugeführt.
Bekannt ist schon lange, dass die 5-Jahres-Überle-
benszeit entscheidend vom Stadium bei Erstdiagnose abhängt.
Darmkrebssymptome treten spät auf
Das grundsätzliche Problem des Darmkrebses ist,
dass die Symptomatik in der Regel erst sehr spät, wenn
der Krebs fortgeschritten ist, auftritt. Zu den wichtigsten Symptomen gehören Blut im Stuhl und Änderungen der Stuhlgewohnheiten (z.B. anhaltender
Durchfall oder Verstopfung). Gewichtsabnahme und
Schmerzen treten erst in einem fortgeschrittenen
Stadium auf. Die Diagnose wird nach ausführlicher
Anamnese mit der Frage nach möglichen Risiken
(familiäre oder erbliche Belastung, entzündliche
Darmerkrankung) und einer klinischen Untersuchung (dazu gehört auch eine digitale Austastung des
Rektums) in der Regel mit der Darmspiegelung (Koloskopie) gestellt.
Risikofaktor für das Kolonkarzinom ist die familiäre Belastung leiblicher Verwandter eines Indexpatienten. So verdoppelt sich bereits das persönliche
Risiko bei einem Betroffenen für dessen leibliche
Nachkommen und steigert sich weiter mit der Zahl
der Krebspatienten in der Familie. Hinzu kommen
seltene, aber, wenn sie auftreten, drastische genetische
Formen wie das HNPCC oder so genanntes LynchSyndrom, bei dem auch Organe außerhalb des Darms
wie die Gebärmutter, die Eierstöcke oder die Schilddrüse befallen sein können. Sie gehen mit einer Erhöhung des Risikos auf bis zu 80% einher.
Das Krankheitsbild der familiären Polyposis (FAP)
stellt das Vollbild einer genetischen Darmkrebsbelastung dar. Dabei treten Polypen zu Hunderten auf.
Derartig Betroffene haben ein 100% Entartungsrisiko spätestens bis zum 35. Lebensjahr und bedürfen
einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung. Für
junge Menschen bedeutet das in der Regel die Entfernung des gesamten Kolorektums mit Anlage eines
Pouches spätestens mit dem 18. bis 20. Lebensjahr.
Ein Stoma kann in der Regel vermieden werden. Die
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
DOI: 10.1007/s00058-014-0996-9
KEYWORDS
Lebensqualität nach solchen Eingriffen ist durchaus
zufrieden stellend.
Die meisten Kolonkarzinome sind im Sigma und
im Rektum lokalisiert. Der Untersucher, der für die
Durchführung der Koloskopie qualifiziert sein muss,
kann bereits bei dieser Untersuchung Vorstufen erkennen und entfernen, aber auch Karzinome entdecken, die Hinweise darauf geben, ob es sich um ein
frühes oder um ein fortgeschrittenes Stadium handelt.
Die feingewebliche Untersuchung durch den Pathologen ergibt dann Gewissheit über die Malignität.
Der häufigste histologische Typ ist mit 80–85% das
Adenokarzinom. In der Diagnostik spielen andere
Verfahren wie die virtuelle Kolonographie durch CT
oder MR nur eine untergeordnete Rolle. Ob der Tumor gestreut hat, kann mit bildgebenden Verfahren
wie dem Ultraschall, der Computertomographie oder,
vor allem bei Befall des Enddarms, mit der Magnetresonanztomographie geklärt werden.
© J. Riemann
Einteilung in vier Stadien
Darmkrebs wird nach einer internationalen Klassifikation (UICC) in vier Stadien unterteilt. Während
die Stadien I und II weitgehend auf die Schleimhaut
und die Darmwand beschränkt sind und damit eine
gute Prognose haben, treten bei den Stadien III und
IV regionale (III) und periphere (IV) Lymphknoten
auf, die ein individuell abgestimmtes Therapieverfahren erforderlich machen. Es sollte heute selbstverständlich sein, dass Darmkrebspatienten in dazu
spezialisierten Zentren, den zertifizierten Darmzentren, zumindest vorgestellt, wenn nicht sogar behandelt werden. Auskunft über solche Zentren ist bei der
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Darmkrebs-Zentren
(addz) zu erhalten.
In den Stadien I bis II (ohne Metastasen) ist die
operative Entfernung des betroffenen Darmabschnitts
Methode der Wahl. Dies erfolgt heute in den allermeisten Fällen minimal invasiv, d.h. durch einen
laparoskopischen Eingriff. Langzeituntersuchungen
haben ergeben, dass dieser für die Betroffenen schonendere Eingriff gegenüber der offenen Operation
auch im Langzeitverlauf keine Nachteile hat, dafür
aber eine bessere Frühmobilisation ermöglicht. Das
kann allerdings auch mit dem Konzept der „Fast
Track Chirurgie“ erreicht werden. Dieses beruht auf
dem Verzicht auf die präoperative Darmvorbereitung,
die intra- und postoperative Verwendung eines Periduralkatheters sowie der schnellen Mobilisation.
Bei der Standardoperation sind Tumorsitz, Sicher-
Betroffene Patienten
sollten in zertifizierten
Darmzentren
behandelt werden:
ag-darmzentren.com
Jürgen Riemann bei einer Koloskopie, 2008. In den letzten zehn Jahre haben in Deutschland etwa 20% der Frauen und 18% der
Männer an Darmkrebsvorsorgemaßnahmen teilgenommen.
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
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PflegeKolleg
Kolorektales Karzinom
FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E
▶ Darmkrebs ist in Deutschland die dritthäufigste
Krebserkrankung nach Brust- und Prostatakrebs,
es gibt jedoch einen rückläufigen Trend.
▶ Die Prognose des Darmkrebses hat sich deutlich
verbessert. Das ist vor allem der Früherkennung,
der besseren operativen, medikamentösen und
intensivmedizinischen Behandlung sowie der
Nachsorge zu verdanken.
▶ Die medikamentöse Therapie ist inzwischen durch
große Fortschritte bei der Grundlagenforschung
individualisierbar geworden.
Die medikamentöse
Krebstherapie ist inzwischen individualisierbar geworden.
heitsabstand, Durchblutung und Lymphadenektomie
bestimmende Faktoren für das Ausmaß des Eingriffs.
Beim Rektumkarzinom, dessen Behandlung vielfach
präoperativ mit einer neoadjuvanten Therapie in
Form von Kurzeitbestrahlung in Kombination mit
einer Chemotherapie beginnt, ist nur noch in seltenen
Fällen die Anlage eines Stomas erforderlich. Ganz
frühe Tumorstadien können auch endoskopisch mit
der Schlinge oder durch endoskopische Submukosadissektion lokal entfernt werden.
Bei Tumoren im Stadium III schließt sich in der
Regel vier bis sechs Wochen nach der Operation eine
adjuvante Chemotherapie an, die üblicherweise aus
den Substanzen Oxaliplatin und 5-FU besteht. Sie
wird meistens über sechs Monate gegeben. Damit
lässt sich ein Überlebensvorteil von mindestens 15–
20% erreichen. In Ausnahmefällen kann eine solche
Therapie auch im Stadium II notwendig werden.
Diese adjuvante Therapie wird in der Regel gut vertragen und kann daher auch beim älteren Menschen
eingesetzt werden, sie ist nach den Leitlinien zum
kolorektalen Karzinom heute Standard.
Alle Patienten, die sich einer solchen Therapie unterzogen haben, bedürfen einer sorgfältigen Nachsorge. Die notwendigen Intervalle hängen vom Tumorstadium ab und sind in den entsprechenden
Leitlinien klar definiert (S3 Leitlinie KRK, Update
2014).
Der Tumormarker CEA spielt in der Nachsorge
ebenfalls eine wichtige Rolle, signalisiert er bei Anstieg doch das Vorhandensein eines Rezidivs.
Behandlungen werden individualisierbar
Bei circa 20% der Patienten lassen sich bei der Primärdiagnose bereits Metastasen nachweisen, die am
häufigsten in der Leber und in der Lunge auftreten.
Im diesem Stadium IV, also dem fortgeschrittenen
Darmkrebs, hat sich die palliative Chemotherapie in
den letzten Jahren entscheidend verbessert. Die bisherige Kombinationstherapie aus 5-FU mit Substan-
12
zen wie Capecitabin, Irinotecan oder Oxaliplatin war
zwar wirksam, aber nebenwirkungsreich. Wichtigste
Nebenwirkungen sind Parästhesien, sensorische Defizite und Funktionseinschränkungen.
Die medikamentöse Therapie ist inzwischen durch
große Fortschritte bei der Grundlagenforschung individualisierbar geworden. Diese neuen zielgerichteten Therapien sind möglich geworden durch das
Ausschalten tumorspezifischer Eigenschaften wie der
Tumorgefäßneubildung. Sie sind dem Einsatz neuer
Antikörper zu verdanken und bieten den Betroffenen
einen deutlichen Überlebensvorteil. Auch sie sind
mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen wie einer
erheblichen Hauttoxizität belastet, die mitunter aber
sogar ein Ansprechen auf die Therapie signalisiert.
Entscheidend ist ferner, ob im Tumorgewebe genetische Veränderungen des so genannten K-ras oder
des N-ras-Gens vorliegen oder nicht. Solche Biomarker lassen eine Vorhersage auf das Ansprechen mit
bestimmten Antikörpern zu. Die Entscheidung, welche Therapiestrategie in der metastasierten Situation
gewählt werden sollte, hängt davon ab, ob resektable
Metastasen vorliegen, ob eine intensivierte Therapie
nötig ist, um noch eine Operabilität zu erreichen oder
ob multiple Metastasen vorliegen.
Leber- aber auch Lungenmetastasen haben in manchen Fällen ihren Schrecken verloren. Durch chemotherapeutische Vorbehandlung kann in vielen Fällen
eine deutliche Rückbildung erreicht werden, so dass
bisher inoperable Patienten in einen operablen Zustand gebracht werden. Auch damit hat sich ein deutlicher Überlebensvorteil herauskristallisiert.
Insgesamt hat sich in den letzten Jahren die Prognose des Darmkrebses deutlich verbessert. Das ist
vielen Faktoren wie der Früherkennung, der besseren
operativen, medikamentösen und intensivmedizinischen Behandlung sowie der Nachsorge zu zuschreiben. In vielen Fällen wird der Darmkrebs zu
einer chronischen Erkrankung, mit der der Betroffene
über Jahre leben kann. Damit entstehen natürlich
auch andere Probleme, die unter dem Begriff des
„Cancer Survivors“ neue Herausforderungen mit sich
bringen. Nimmt man alle Stadien zusammen, so liegt
die 5-Jahresüberlebenszeit des Dickdarmkarzinoms
inzwischen bei deutlich über 50–60%.
Prof. Dr. med. Jürgen F. Riemann
em Direktor der Med. Klinik C
des Klinikums Ludwigshafen
Vorstandsvorsitzender der
Stiftung LebensBlicke
Parkstr. 49, 67061 Ludwigshafen
[email protected]
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
PflegeKolleg
Kolorektales Karzinom
Präoperative Stomamarkierung durch den Pflegeexperten SKW
Kolostomie, Ileostomie, Urostomie
Das Stoma passend versorgen
Trotz verbesserter Behandlungsverfahren muss immer noch ein Teil der Patienten mit
Darmkrebs damit rechnen, dass der Schließmuskel nicht erhalten bleiben kann. Betroffene erhalten dann ein dauerhaftes Stoma. Vorübergehende Stoma-anlagen dagegen
sollen den Darm entlasten und eine bessere Heilung ermöglichen.
DOI: 10.1007/s00058-014-0997-8
© Werner Droste
I
n der Bundesrepublik Deutschland erhalten im
Jahr etwa 40.000 Menschen im Verlauf der Behandlung ihrer Grunderkrankungen eine Stomaanlage. Ein großer Teil dieser Stomaanlagen kann
nach relativ kurzer Zeit wieder zurück verlagert
werden. Doch eine nicht unbeträchtliche Zahl Betroffener behält das Stoma lebenslang.
Indikationsbezogen und bedingt durch das angewandte chirurgische Verfahren stellen bei mit einem
Stoma lebenden Menschen die Kolostomien mit circa 60% den größten Anteil. Mit etwa 28% folgen die
Ileostomien und etwa 12% Urostomien stellen die
kleinste Gruppe der Stomaarten. Technisch werden
die Stomata entweder einläufig als so genanntes endHeilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
ständiges Stoma oder aber als doppelläufiges Stoma
mit zwei Öffnungen angelegt. Sonderformen gibt es
bei kindlichen Stomaanlagen und bei Urostomien.
Das Körperbild verändert sich
Man kann sich unschwer vorstellen, wie gravierend
sich das Körperbild durch die Stomaanlage verändert
und welche Belastung dies für die betroffenen Menschen bedeutet. Im Lauf der frühkindlichen Erziehung erlernt jeder Mensch den diskreten Umgang
mit seinen Ausscheidungen. Mit der Anlage eines
Stomas wird dieser persönliche Lebensbereich in einer bislang nicht erlebten Art und Weise aus der intimen Sphäre herausgelöst. Ärzte und Pflegekräfte,
KEYWORDS
Kolostomie
Ileostomie
Urostomie
15
Abb. 1: Convex super soft Beutel
Durch ein Stoma wird
Ausscheidung zumindest in einem kleinen
Kreis „öffentlich“.
Kolorektales Karzinom
Abb. 2: Einteilige Ileostomieversorgung
eventuell auch Angehörige und Bezugspersonen
werden in diesen persönlichen Lebensbereich einbezogen. Die Ausscheidung wird zumindest in einem
kleinen Kreis „öffentlich“.
Keine Stomaanlage gleicht der anderen, da die betroffenen Menschen ihre individuellen körperlichen
Ausgangsbedingungen in die Therapie einbringen.
Demzufolge gibt es auch keine Einheitsversorgung
für alle, sondern nur eine individuelle Versorgung.
Ein wichtiges Therapieziel ist daher die dauerhaft
sichere Versorgung durch den Betroffenen selbst.
Position des Stoma individuell auswählen
In der präoperativen Phase wird die bestmögliche
Position der späteren Stomaanlage auf der Bauchdecke des Patienten sorgfältig ausgewählt. Dieser Vor-
So finden Sie die passende Versorgung
▶ Art und Menge der Ausscheidung
▶ Wechselintervall der Stomaversorgung
▶ Stomaart, -form und -größe
▶ Prominenz des Darmes zur umgebenden
Bauchdecke
▶ Position der Stomaanlage auf der Bauchdecke
▶ Beschaffenheit der stomaumgebenden Haut
▶ Wünsche des Betroffenen
▶ Bekannte Materialunverträglichkeiten des
Betroffenen
▶ Fähigkeiten und Fertigkeiten des Betroffenen
▶ Mobilitätsstatus des Betroffenen
▶ Einfachheit der Anwendung
16
Abb. 3: Einteilige Kolostomieversorgung
gang der präoperativen Stomamarkierung erfolgt
nach definierten Kriterien in der präoperativen oder
auch prästationären Phase. Meist ist diese Markierungsprozedur integrierter Bestandteil des präoperativen Beratungsgespräches bei allen Eingriffen, die
zu einer Stomaanlage führen könnten. Seit Veröffentlichung der AWMF-S3-Leitlinie zur Behandlung des
Kolorektalen Karzinoms ist die Durchführung der
präoperativen Stomamarkierung als Soll-Vorgabe
formuliert und wird in den zertifizierten Darmkrebszentren als Qualitätsparameter erhoben. Damit ist
eine sehr wichtige Voraussetzung erfüllt, durch die
Auswahl der bestmöglichen Position am Körper des
Betroffenen die spätere Versorgungssituation für die
Patienten mit ihrem Stoma möglichst optimal zu gestalten.
Eine weitere Maßnahme zur Gestaltung einer sicheren Stomaversorgung besteht in einer technisch
anspruchsvollen und kunstvoll ausgeführten chirurgischen Stomaanlage. Auch hierzu finden wir in der
AWMF-S3-Leitlinie eine formulierte Vorgabe. Ileostomien sollten demnach eine Prominenz > 1cm über
dem Niveau der umgebenden Bauchdecke aufweisen.
Kolostomien sollten mindestens leicht erhaben angelegt werden. Diese Vorgaben sind aus Sicht der
Stomatherapie als Mindestanforderungen in der Leitlinie zu sehen, da hier vom Operateur die späteren
Gewichtsveränderungen der Betroffenen einzubeziehen sind.
Wie wichtig diese bislang nicht ausreichend gewürdigten Feinheiten der Behandlung einzuschätzen sind,
zeigt der Blick in die aktuelle Studienlage. In vielen
Publikationen finden wir Angaben zu Komplikationsraten von bis zu 70% nach einer Stomaanlage. Ein
großer Teil dieser Komplikationen beruht auf Kontakt
mit Ausscheidungen aufgrund unsicherer Stomaversorgungen bei ungünstigen topografischen Verhältnissen in der Stomaumgebung. Mit einer technisch
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
© StomaTec GmbH; Eakin GmbH (2x)
PflegeKolleg
Abb. 4: Einteilige Urostomieversorgung
Abb. 5:: Zweiteilige Ileostomieversorgung und Kolostomieversorgung
© Dansac GmbH (2x), StomaTec GmbH
optimal angelegten Stomaanlage in optimaler Stomaposition ließen sich die meisten dieser Komplikationen bereits im Vorfeld verhindern. Das gilt auch für
die sorgfältige Auswahl geeigneter Stomaversorgungsprodukte.
Eine technisch korrekte und kunstvoll ausgeführte
Stomaanlage bedeutet eine hohe Gewähr für die sichere Anwendung einfacher Versorgungssysteme
ohne aufwändige Zusatzprodukte und zusätzliche
Sicherungsmaßnahmen. Hier kann sich der Pflegeexperte Stoma, Kontinenz und Wunde (SKW) in der
Auswahl und Empfehlung der geeigneten Stomaversorgungsprodukte ganz nach den individuellen Bedürfnissen des Betroffenen richten.
Auswahlkriterien für Stomaprodukte
Pflegeexperten SKW unterstützen die Operateure
bereits in vielen Kliniken durch Ausführung der präoperativen Stomamarkierung im präoperativen Beratungsgespräch. Im postoperativen Pflegeprozess
wählen sie geeignete Produkte für die individuelle
Stomaversorgung aus und wenden diese an. Generell
stehen einteilige und zweiteilige Versorgungssysteme
zur Verfügung.
Beim einteiligen Versorgungssystem ist eine Hautschutzfläche direkt am Beutel befestigt. Diese Variante ist diskret, da der Hautschutz unmittelbar am
Beutel angeschweißt ist und somit nicht durch einen
sichtbaren Kopplungsmechanismus auffällt. Einteilige
Beutel gibt es für alle Stomaarten mit unterschiedlichen Beutelgrößen, Formen und spezifischen Ausführungsdetails wie Geruchsfilter und Verschlussmechanismen.
Einteilige und zweiteilige Versorgungsprodukte
werden laut Medizinproduktegesetz nach den Empfehlungen der Hersteller, den Empfehlungen der
Fachgesellschaft Stoma, Kontinenz und Wunde e.V.
(FgSKW e.V.) und nach den Empfehlungen des RoHeilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
Abb. 6: Zweiteilige Urostomieversorgung
bert Koch-Institutes verwendet und gewechselt. Diese Empfehlungen sind aber regelmäßig nur grundsätzlich; entscheidend ist immer die individuelle
Versorgungssituation des Betroffenen. Unterschiedliche Verbrauchsmengen der Versorgungsprodukte
resultieren beispielsweise aus individuellen Versorgungsproblemen, veränderlichen Ausscheidungsmengen und Konsistenzen sowie wechselnden Lebenssituationen der Betroffenen.
Beim zweiteiligen Versorgungsprodukt sind Hautschutz und Entleerungsbeutel nicht fest verschweißt,
sondern durch klebende oder einrastende Kunststoffverbindungen miteinander gekoppelt. Im Bedarfsfall
kann so der gefüllte Entleerungsbeutel gewechselt
werden, während die Hautschutzplatte auf der Haut
haften bleiben kann.
Hilfsmittel richtig anwenden
Idealerweise wählt der Pflegeexperte SKW gemeinsam mit dem Betroffenen nach gründlicher Analyse
der Versorgungssituation und unter Berücksichtigung
der Lebensumstände des Betroffenen die geeignete
Versorgung aus und beginnt die Anleitung und Schulung im Gebrauch der Hilfsmittel. Eine Stomaversorgung soll
▶ sicher haften,
▶ Geruchs- und Flüssigkeitsdicht sein,
▶ flexibel und geräuscharm sein,
▶ diskret und optisch nicht auftragend sein,
▶ die stomaumgebende Haut schützen,
▶ leicht und rückstandsfrei zu entfernen sein,
▶ mehrfache Versorgungswechsel pro Tag bei Bedarf
ermöglichen,
▶ auch bei manuellen Einschränkungen leicht anzuwenden sein sowie
▶ lagerfähig und leicht zu entsorgen sein.
Dies gilt grundsätzlich für alle „problemlosen“ Stomaversorgungen. Immer dann aber, wenn das Stoma
Eine technisch
korrekt ausgeführte
Stomaanlage bedeutet
eine hohe Gewähr für
die sichere Anwendung
einfacher Versorgungssysteme.
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PflegeKolleg
Kolorektales Karzinom
FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E
▶ Eine regelhaft durchgeführte präoperative Stomamarkierung sichert die
bestmögliche Stomapositionierung. Eine sorgfältige chirurgische Anlagetechnik ist eine Grundvoraussetzung für eine sichere und zuverlässige
Stomaversorgung.
▶ Die Auswahl der individuell geeigneten Versorgungsprodukte
V
ermöglicht
die Rehabilitation von Menschen mit einem Stoma. Stomaprodukte sollen
sicher haften, unauffällig zu tragen und leicht zu wechseln sein.
▶ Die richtige Auswahl aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Pro-
dukte setzt Erfahrung, technisches Wissen der Pflegeexperten SKW sowie
eine ganzheitliche Betrachtung der Menschen mit einer Stomaanlage voraus. Eine Langzeitbetreuung durch Pflegeexperten SKW sichert eine
rechtzeitige Anpassung der einmal ausgewählten Stomaversorgung im
fortschreitenden Heilungsprozess.
▶ Die Prävention von Komplikationen an der Stomaanlage, der umgebenden
Haut und eine bestmögliche Selbstversorgungskompetenz der Menschen
mit einem Stoma sind Ziele der Beratung, Schulung und Betreuung durch
Pflegeexperten SKW.
Pflegeexperten SKW
sind aufgrund ihrer intensiven und umfassenden Weiterbildung
hochqualifiziert.
ungünstig positioniert, mit unzureichender Prominenz ausgeleitet wurde, oder aber aufgrund einer
Komplikation am Stoma, der stomaumgebenden Haut
oder im Bereich der Nahtverbindung zwischen Darm
und Haut eine Versorgungsproblematik auftritt, reichen die einfachen Versorgungsprodukte meist nicht
aus, um die angestrebte sicher haftende Stomaversorgung zu erzielen. In diesen Fällen kommen zusätzliche Hilfsprodukte zum Einsatz.
Die Hersteller von Stomaversorgungsprodukten
haben für diese Anforderungen eine Vielzahl unterschiedlich wirkender Hilfsprodukte entwickelt. Zum
Zweck der verbesserten Abdichtung von Hautschutzplatten und Haftflächen kann der Betroffene beispielsweise Hautschutzpasten einsetzen, um die Stomaversorgung gegenüber der stomaumgebenden
Haut fugenlos abzudichten. Streifen oder Ringe aus
Hautschutzmaterial in unterschiedlicher Dicke erweitern die Handlungsmöglichkeiten zur Abdichtung
und zum Ausgleich von Höhenunterschieden bei
komplizierten Versorgungsverläufen.
Stomaversorgung regelmäßig anpassen
Die erste Auswahl einer Versorgung sollte nach der
Entlassung des Patienten in die häusliche Versorgung
von den Pflegeexperten SKW in der Nachbetreuung
in geregelten zeitlichen Abständen kontrolliert und
angepasst werden. Ein Grund hierfür ist in der fortschreitenden Wundheilung zu sehen. Sie bringt es
mit sich, dass sich eine Stomaanlage in den ersten
Wochen nach der Operation in der Form, dem
Durchmesser und der Prominenz des Darmes außerhalb der Bauchdecke erheblich verändert. Eine Größenanpassung der Ausschnitte in den Hautschutz-
18
materialien ist vorzunehmen, um die empfindliche
stomaumgebende Haut nicht durch Ausscheidungen
zu belasten, was passieren würde, wenn die Abdichtung in der direkten Stomaumgebung nicht genau
passend wäre. Daher sollte die Stomaanlage in kurzen
Zeitabständen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus vermessen und die Ausschnitte in den Hautschutzflächen den aktuellen Maßen der Stomaanlage
angepasst werden.
In der Langzeitnachsorge erfolgen die Größen- und
Lageveränderungen bei den Stomaanlagen in der
Regel weniger schnell und daher kann die Kontrolle
der Abmessungen in größeren Zeitabständen erfolgen.
Weitere Gründe für eine erforderliche Überprüfung
der Stomaanlage und der verwendeten Versorgungsprodukte ergeben sich aus den Veränderungen im
Lebensalltag der Stomaträger. Während einer begleitenden Radio-Chemotherapie oder auch einer Infektbehandlung mit antibiotischen Medikamenten
kann es beispielsweise zu Veränderungen der Ausscheidung kommen, die eine Anpassung der Versorgungsprodukte notwendig machen. Aber nicht nur
krankheitsbedingte Veränderungen und Komplikationen sind Anlass zur Überprüfung der Stomaversorgung. Es gibt häufig auch Veränderungen im Lebensalltag der Betroffenen, die eine Anpassung der
Stomaversorgung erfordern. Beispielsweise kann dies
notwendig werden, wenn der Patient wieder arbeiten
gehen oder Sport treiben möchte. In all diesen Fällen
wird die neue Situation mit dem Pflegeexperten besprochen und gemeinsam finden Stomaträger und
Pflegeexperte aus dem vorhandenen Versorgungsangebot dann das geeignete Produkt für den individuellen Versorgungsanspruch.
Insgesamt erfordert es viel Erfahrung, eine ganzheitliche Betrachtung des Betroffenen und technisches Einfühlungsvermögen, um gemeinsam mit
den Stomaträgern die jeweils individuell bestmögliche
Versorgung zu finden.
Werner Droste
Gesundheits- und Krankenpfleger
Pflegeexperte Stoma, Kontinenz
und Wunde
Nikolaus-Groß-Weg 6, 59379 Selm
[email protected]
Literatur beim Autor
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
PflegeKolleg
Kolorektales Karzinom
Diät oder alles, was schmeckt?
Ernährung nach Darmkrebs OP
Darmkrebspatienten leiden häufig, auch langanhaltend, an Verdauungsproblemen. Die
Tumorerkrankung, dieDarmentleerung vor Untersuchungen und Eingriffen, die Operation selbst, Chemo- und Strahlentherapie können zu Ernährungsproblemen führen. Dazu
zählen Durchfall oder Verstopfung, starke Blähungen oder Darmgeräusche. Nach der Anlage eines Stoma können sich Ernährungsfehler besonders unangenehm auswirken.
M
Verzögert sich die Ernährung des Darmkrebspatienten postoperativ, ist eine moderate additive parenterale Ernährung erforderlich.
20
Operation – Die beste primäre Therapie
Die beste primäre Therapie eines Darmkarzinoms ist
die operative Versorgung. Bei einer geplanter Operation hat sich zur Verbesserung der intraoperativen
Situation und der postoperativen Komplikationsvermeidung eine präoperative orale Zucker-, Flüssigkeits-und Elektrolytsubstitution bewährt. Auch eine
präoperative Immunonutrition führt zu einer Reduktion der Komplikationen und rascherem Kostaufbau.
Leider ist diese Ernährungsform mit hohen Kosten
verbunden.
Der postoperative enterale beziehungsweise orale
Kostaufbau kann normalerweise zügig erfolgen. Verzögert sich die Ernährung des Darmkrebspatienten
postoperativ, ist eine moderate additive parenterale
Ernährung erforderlich; sie kann helfen, den postoperativen Verlauf zu verbessern.
Die zweite Säule der Behandlung des Darmkarzinoms ist die Chemotherapie. Eine Strahlentherapie
hat auch ihren Stellenwert, aber nur bei der Untergruppe der Rektum- und Analkarzinome. Chemound/oder Radiotherapie führen zu einer ausgeprägten
Entzündung des nicht operierten Rest-Darmes, d.h.
die betroffenen Patienten leiden unter einer ausgeprägten Mukositis/Schleimhautentzündung mit zum
Teil intensiver Diarrhoe, Flüssigkeitsverlust, Eiweißverlust und Verlusten von Vitaminen und Spurenelementen.
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
DOI: 10.1007/s00058-014-0998-7
© Mathias Ernert
eist beklagen Patienten schon vor der Entdeckung der Darmkrebs-Erkrankung einen
Wechsel zwischen Verstopfung (Obstipation) und Durchfall (Diarrhoe). Bedingt durch diese
Symptomatik kommt es zu Flüssigkeitsverlusten und
Exsikkose. Bestehen diese Symptome über einen
längeren Zeitraum, bemerken die Betroffenen häufig auch einen deutlichen Gewichtsverlust. Notwendig ist daher eine möglichst frühzeitige, individuelle Intervention, die sich auf aktuelle, evidenzbasierte, ernährungsmedizinische Erkenntnisse stützt.
Zur Linderung dieser therapieassoziierten Entzündung wird eine ballaststoffarme und eiweißreiche
Kost empfohlen. Insbesondere ist auf die Flüssigkeitssubstitution zu achten. Allen Therapieformen gleich
sind die gastrointestinalen Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Eiweiß- und Flüssigkeitsverlust. Betroffene Patienten benötigen daher eine
intensive Ernährungsberatung und -therapie zur
oralen Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme mit additiver Supplementation (Trinknahrung) und enteraler (Magensonde/PEG/PEJ) oder parenteraler Ernährung, zum Beispiel über einen zentral venösen
Katheter/Port.
Ernährung bei Kurzdarmsyndrom
Patienten, die postoperativ ein Kurzdarmsyndrom
entwickeln, erhalten eine interdisziplinäre Langzeitbetreuung durch ernährungsmedizinisch versierte
Fachkräfte. Durch das Kurzdarmsyndrom erfolgt die
Reduktion der funktionierenden Oberflächen mit
verkürzter Kontaktzeit der Nahrungsmittel. Die vorliegenden Funktionsstörungen entstehen in Abhängigkeit vom Ort, dem Ausmaß der Dünndarmresektion sowie spezieller Segmente und der Stuhlkonzentration im Kolon. Es ist deshalb wichtig genau zu
wissen, welche Darmteile entfernt worden sind.
Postoperativ kann aber langfristig die Resorption von
Protein, Kohlenhydraten und zum Teil auch von Fett
von anderen Dick- und Dünndarmabschnitten wieder übernommen werden. Speziell das Ileum führt
einen Großteil der Funktion des oberen Dünndarms
aus.
Folgen einer Jejunumresektion ist eine beschleunigte Magenentleerung, da die Ankunft des Speisebreis im Dünndarm nicht mehr an den Magen rückgemeldet wird und sich der Magen dementsprechend
schneller entleert. Häufig wird auch eine Laktoseintoleranz beobachtet. Die stärkste Laktaseaktivität
findet man im proximalen Dünndarm.
Nach einer Ileumresektion treten häufig zu viele
Gallensäuren in das Kolon über, da die Resorption
von Gallensäuren ausschließlich im terminalen Ileum
stattfindet. Fehlen die Gallensäuren, kommt es zu
einer Fettmaldigestion und -malabsorption sowie zu
Fettstühlen. Fettstühle wiederum führen zu einem
Verlust von fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K, weil
eine Resorptionsstörung vorliegt. Vitaminmangel hat
entsprechende Symptome wie Nachtblindheit und
Gerinnungsstörung. Ferner wird auch Vitamin B12
im terminalen Ileum absorbiert. Dessen Mangel führt
zu beispielsweise zu Blutbildveränderungen und
Gangstörungen. Eine Folge zu vieler Gallensäuren
bei Patienten mit Ileumresektion ist die Ausbildung
von Gallensteinen.
Ist die Ileozökalklappe operiert, können Darmbakterien aus dem Dickdarm in den Dünndarm gelangen.
Diese Fehlbesiedlung im Ileum führt wiederum verHeilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
mehrt zu Durchfall. Ist zusätzlich zum Dünndarm
auch ein Teil des Dickdarmes reseziert, fehlt die Konzentrationsfähigkeit des Stuhles mit ausgeprägten
Flüssigkeitsverlusten, der besonders beachtet werden
muss. Erfreulicherweise finden im gesunden Restdarm strukturelle und funktionelle Adaptionsmechanismen statt. Das Restepithel proliferiert, es kommt
zu einer Dilatation der verbliebenen Darmabschnitte, aber das benötigt Zeit (drei Monate bis zum Teil
zwei Jahre).
In der frühen Phase I des Kurzdarmsyndroms
(Zeitraum vier bis zwölf Wochen) ist parallel zur enteralen Ernährung auch eine zusätzliche parenterale
Ernährung mit Ersatz von Elektrolyten nötig. In der
Phase II (vier Wochen bis zwei Jahre) kommt es zu
einer langsamen Adaptation, zum Teil ist neben enteraler Ernährung immer noch parenterale Ernährung nötig. Ein vorsichtiger oraler Kostaufbau sollte
durchgeführt werden. In Phase III – auch die kann
bis zu zwei Jahre dauern – sollte eine normale Ernährung, gegebenenfalls mit Supplementierung von
Trink- und Sondennahrung angestrebt werden.
Insgesamt geht es beim Kurzdarmsyndrom um eine
langsame Kostumstellung, beginnend mit einem
niedrigen Energiebedarf und einer Steigerung um
10% alle drei bis sieben Tage.
Ernährung bei Stoma
Jede Nahrungsaufnahme führt zur Entleerung in das
Stoma. Je nach vorhandenem Restdarm muss ein
Flüssigkeits- und Elektrolytverlust vermieden werden.
Ein weiteres besonderes Problem ist die chemische
Reizung des Stomas durch bestimmte Lebensmittel.
Eine einheitliche Diät gibt es nicht. Daher muss immer die individuelle Verträglichkeit jedes Lebensmittels für den Patienten geprüft werden. Das bedeutet,
jeden Tag nur ein Lebensmittel neu hinzu zu nehmen,
um zu beurteilen, was der Patient verträgt. Stopfende
Lebensmittel, flüssigkeitsbindende Präparate sowie
industriell hergestellte Dickungsmittel sind für die
Eindickung des Stuhles hilfreich.
Das Prinzip der Ernährung heißt leichte Vollkost,
säurearm, milchzuckerreduziert, mild gewürzt und
gut gesalzen. Wegen möglicher abdomineller Beschwerden sind gebratenes Fleisch, Fisch, Bohnen,
Erbsen, Blattkohlgemüse und Rhabarber zu vermeiden. Gegebenenfalls muss auf eine nur geringe Ballaststoffmenge geachtet werden. Dagegen sollte viel
getrunken werden, bis zu drei Liter in 24 Stunden.
Stomaträger müssen immer langsam essen und trinken und mindestens einen Liter Urin pro Tag abgeben. Das sollte auch kontrolliert werden.
Dickdarmstoma
Liegt das Stoma im Colon ascendens beziehungsweise im Bereich der Ileozökalklappe sind höhere Flüssigkeitsverluste zu erwarten als bei Anlage des Stomas
KEYWORDS
Kurzdarmsyndrom
Stoma
Mangelernährung
Kostaufbau
Daten zeigen, dass
durch Ernährungsberatung und -intervention
das Überleben der Patienten deutlich gebessert werden konnte.
Buchtipp
H. Bertz, G. Zürcher
Ernährung in
der Onkologie
Schattauer Verlag Stuttgart, 2014. ISBN 978-37945-2804-2; 69,99 €
21
PflegeKolleg
Kolorektales Karzinom
FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E
▶ Jeder Patient mit Darmkrebs sollte bei Erstdiagnose einer Ernährungsberatung/-betreuung
zugeführt werden sollte.
▶ Die Ernährung muss individuell angepasst werden,
speziell auch entsprechend der operativen
Situation.
▶ Mangelernährung sollte in jeder Phase der
Behandlung behandelt werden.
▶ In der frühen Phase des Kostaufbaus ist häufig
parallel zur enteralen Ernährung auch eine
zusätzliche parenterale Ernährung mit Ersatz von
Elektrolyten nötig.
Mangelernährung
ist bei Darmkrebspatienten häufig und
ein schwerwiegendes
Problem.
im Colon transversum oder descendens. Ziel der
Ernährungsbehandlung ist hier eine normale Stuhlkonsistenz und -frequenz, geringe Flatulenz und
Geruchsentwicklung sowie die Verhinderung einer
peristomalen Hautreizung.
Am Anfang des Kostaufbaus sind die Stühle häufig
flüssig und weich. Eine einheitliche Therapie kann
nicht empfohlen werden. Auch im Fall eines Kolonstomas muss ausprobiert werden, was dieser Patient und der vorliegende Restdarm individuell vertragen. Das Prinzip ist auch hier leichte Vollkost bei
ausreichender Nährstoffzufuhr. Individuelle Unverträglichkeiten sind zu beachten. Langsam essen, gut
kauen lautet die Devise. Zu vermeidende blähende
Nahrungsmittel sind: kohlensäurehaltige und koffeinhaltige Getränke, frisches Obst, Birnen, Rhabarber,
Hülsenfrüchte, Kohlgemüse, Paprika, Zwiebeln,
Knoblauch, Spargel, Schwarzwurzeln, Pilze, frisches
Brot, Eier, Eierprodukte, Frittiertes und Mayonnaise.
Blähungshemmend wirken Kümmel, Schwarzkümmel, Fencheltee, Anis, Heidelbeeren und Preiselbeeren und deren Säfte sowie Joghurt.
Geruchsfördernde Nahrungsmittel sind Kohlgemüse, Bohnen, Spargel, Pilze, Zwiebeln, Fleischerzeugnisse, tierische Fette, Fisch, Krabben, Hummer,
vollreifer Käse und scharfe Gewürze. Geruchshemmend wirken Heidelbeeren und Preiselbeeren und
deren Säfte, grüner Salat, Joghurt, Petersilie und Spinat.
Problem der Mangelernährung
Bereits vor der Diagnose Darmkrebs, unter Therapie
und auch bei nichtkurativer Therapie ist Mangelernährung ein häufiges und schwerwiegendes Problem.
Der Patient sollte bei der Diagnosestellung einer ernährungsmedizinischen Fachkraft zugewiesen werden, die in regelmäßigen Abständen (z.B. alle drei
Monate) den Ernährungszustand des Patienten überprüft und ihre Empfehlungen und Interventionen
22
anpasst. Speziell zu achten ist auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr und eine ausreichende Eiweißversorgung in Kombination mit regelmäßiger Bewegungstherapie.
Rezidive vermeiden
In der Tertiärprävention – der Vermeidung des Rezidivs des Darmkrebses – entsprechen die Ernährungs- und Sportempfehlungen denen in der Primärprävention:
▶ Lebensstiländerung mit ausreichend Bewegung,
respektive Sport
▶ ballaststoffreiche Ernährung in Kombination mit
Obst und Gemüse
▶ Reduktion des Übergewichts mit Vermeidung einer
chronischen Inflammation
▶ Möglicherweise hilft hier auch die regelmäßige
Einnahme von Aspirin®
Die Verminderung von Fleischkonsum, speziell des
roten Fleisches, scheint in geringem Maße die Inzidenz des Darmkrebses zu vermindern. Viele Patienten
haben bei Erstdiagnose des Tumors einen niedrigen
Vitamin D- beziehungsweise Vitamin B6-Spiegel. Ob
die regelmäßige Einnahme dieser Vitamine das Auftreten des Darmkrebses verhindert, ist jedoch nicht
geklärt. Auch die früher klaren Aussagen, dass Darmkrebs durch das Essen von viel Obst und Gemüse
vermieden werden kann, sind nicht mehr so eindeutig und vor allem nicht durch gute Studien belegt.
Prof. Dr. med. Hartmut Bertz
Klinik für Innere Medizin I
Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg
[email protected]
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (9)
IFIZIE
1. Welches sind die ersten Symptome einer möglichen Darmkrebserkrankung?
A Blut im Urin
B Heftige Bauchschmerzen
C Blut im Stuhl und Änderungen der Stuhlgewohnheiten (z.B. anhaltender Durchfall, Verstopfung)
2. Wie viele Menschen erhalten in Deutschland im
Jahr eine Stomaanlage?
A Etwa 40.000 Menschen
B Etwa 30.000 Menschen
C Etwa 60.000 Menschen
3. Welches ist bei mit Stoma lebenden Menschen
die häufigste Stomaanlage?
A Ileostomien
B Urostomien
C Kolostomien
4. In welcher Behandlungsphase findet die
Stomamarkierung statt?
A Die Stomamarkierung erfolgt in der präoperativen
oder prästationären Phase.
B Die Stomamarkierung findet während der OP statt.
C Sie findet nach der OP statt.
5. Welche Anforderungen muss eine Stomaanlage
erfüllen?
A Die Stomaversorgung soll sicher haften,
geruchs- und flüssigkeitsdicht sein und die
stomaumgebende Haut schützen.
B Sie soll möglichst lange, ohne Wechsel, getragen
werden können.
C Sie sollte blickdicht sein.
6. Ab welchem Lebensjahr bieten die gesetzlichen
Krankenkassen als Vorsorgeuntersuchungen die
Koloskopie an?
A Ab dem 50. Lebensjahr
B Ab dem 55. Lebensjahr
C Ab dem 60. Lebensjahr
Name, Vorname
Straße
G
ILDU
7. Welche ist heute die beste primäre Therapie
eines Darmkarzinoms?
A Die beste primäre Therapie eines Darmkarzinoms
ist die Chemotherapie.
B Die beste primäre Therapie eines Darmkarzinoms
ist die operative Versorgung.
C Die beste primäre Therapie eines Darmkarzinoms
ist die Strahlentherapie, kombiniert mit einer
Hormonbehandlung.
8. Wie verläuft der Kostaufbau nach Darm-OP
normalerweise?
A Der postoperative Kostaufbau verläuft
normalerweise sehr langsam.
B Der postoperative Kostaufbau kann zügig erfolgen.
C Der postoperative Kostaufbau verläuft stufenweise,
die Nahrungsmenge wird täglich um 10%
gesteigert.
9. Chemo- und/oder Radiotherapie bei Darmkrebs
können zu einer Entzündung des nicht operierten Rest-Darmes führen. Welche Ernährungstherapie kommt dann zur Anwendung?
A Das Prinzip der Ernährung heißt in diesem Fall
leichte Vollkost.
B Um den Darm zu schonen, wird ausschließlich
Flüssigkeit substituiert.
C Die Ernährungstherapie der Wahl ist eine ballaststoffarme und eiweißreiche Kost.
10. Im gesunden Restdarm finden nach einer
Darm-OP Adaptionsmechanismen statt. Wie
lange kann es dauern, bis es zu einer Dilatation
der verbliebenen Darmabschnitte kommt?
A Minimal drei Monate bis zu zwei Jahren.
B Das benötigt Zeit, mindestens zwei Jahre.
C Das geht relativ schnell, maximal drei Monate.
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ist der 31.12.2014
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Datum/Unterschrift
2014; 66 (9)
23
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